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ID1022803600

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    Plenarprotokoll 10/228 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 228. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 10. September 1986 Inhalt: Wahl des Abg. Hiller (Lübeck) zum Schriftführer als Nachfolger des Abg. Heyenn . 17659A Begrüßung des Außenministers der Republik Malta 17727 D Fortsetzung der ersten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1987 (Haushaltsgesetz 1987) — Drucksache 10/5900 — in Verbindung mit Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Der Finanzplan des Bundes 1986 bis 1990 — Drucksache 10/5901 — Dr. Dregger CDU/CSU 17659 B Schmidt (Hamburg) SPD 17668 B Dr. Bangemann, Bundesminister BMWi 17685 B Dr. Kohl, Bundeskanzler 17692 B Frau Hönes GRÜNE 17703A Dr. Waigel CDU/CSU 17707 A Dr. Ehmke (Bonn) SPD 17715B Dr. Barzel CDU/CSU 17721A Genscher, Bundesminister AA 17727 D Frau Borgmann GRÜNE 17731 D Frau Dr. Däubler-Gmelin SPD . 17734 A Dr. Wörner, Bundesminister BMVg . . 17738 C Gansel SPD 17742 A Frau Seiler-Albring FDP 17745 B Lange GRÜNE 17747 D Dr. von Bülow SPD (Erklärung nach § 30 GO) 17751 C Vizepräsident Cronenberg 17721 A Vizepräsident Westphal 17742 A Nächste Sitzung 17751 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 17753* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 17753* B Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 228. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 10. September 1986 17659 228. Sitzung Bonn, den 10. September 1986 Beginn: 9.00 Uhr
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    Berichtigung 226. Sitzung, Seite 17578* C: In der Anlage 32 ist die Vorlage Unterrichtung durch das Europäische Parlament: Entschließung zum Abschluß des Verfahrens der Konsultation des Europäischen Parlaments zum Vorschlag der Kommission der Europäischen Gemeinschaften an den Rat für einen Entwurf einer Entschließung betreffend ein mittelfristiges Programm der Gemeinschaft (1986-1990) zur Chancengleichheit der Frauen (Drucksache 10/5627) zuständig: Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit (federführend) Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung zu streichen. Einzufügen ist: Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht über die Entwicklung der mit den Verkaufserlösen und Betriebsausgaben in der Land- und Forstwirtschaft anfallenden Umsatzsteuer (Vorsteuerbelastung) (Drucksache 10/5631) zuständig: Finanzausschuß (federführend) Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 227. Sitzung, Seite 17585 D, Zeile 3: Statt „Zuruf von der CDU/CSU:" ist „Zuruf von der SPD:" zu lesen. Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens * 12. 9. Antretter * 11. 9. Büchner (Speyer) * 11. 9. Dr. Bugl 10. 9. Eigen 12. 9. Dr. Emmerlich 12. 9. Frau Fischer * 11. 9. Dr. Götz 12. 9. Dr. Haack 10. 9. Hanz (Dahlen) 12. 9. Heimann 10. 9. Jahn (Marburg) 10. 9. Klein (München) 10. 9. Dr. Klejdzinski * 11. 9. Dr. Köhler (Wolfsburg) 10. 9. Dr. Kreile 12. 9. Dr. Kronenberg 12. 9. Dr. Kübler 10. 9. Landré 11. 9. Lenzer * 11. 9. Dr. Mitzscherling 12. 9. Dr. Müller * 12. 9. Nagel 12. 9. Frau Pack * 11. 9. Pöppl 12. 9. Reddemann * 10. 9. Dr. Riedl (München) 12. 9. Schlaga 10. 9. Dr. Schmude 10. 9. Sielaff 10. 9. Dr. Soell 12. 9. Voigt (Sonthofen) 12. 9. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 27. Juni 1986 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen: Gesetz zur Entlastung landwirtschaftlicher Unternehmer von Beiträgen zur landwirtschaftlichen Sozialversicherung (Sozialversicherungs-Beitragsentlastungsgesetz - SVBEG) Gesetz zu dem Übereinkommen von 1976 über die Beschränkung der Haftung für Seeforderungen Gesetz zur Änderung des Handelsgesetzbuchs und anderer Gesetze (Zweites Seerechtsänderungsgesetz) Gesetz über das Verfahren bei der Errichtung und Verteilung eines Fonds zur Beschränkung der Haftung für Seeforderungen (Seerechtliche Verteilungsordnung) Erstes Gesetz zur Änderung des Tierschutzgesetzes Zu dem letztgenannten Gesetz hat der Bundesrat folgende Entschließung gefaßt: Anlagen zum Stenographischen Bericht Der Bundesrat geht bei seiner Zustimmung davon aus, daß im Vollzug des § 8 des Tierschutzgesetzes an die wissenschaftlich begründete Darlegung der Genehmigungsvoraussetzungen strenge Anforderungen gestellt werden. Die wissenschaftliche Darlegung muß den Verwaltungsbehörden die Grundlage für einen zuverlässigen Schluß auf das Vorliegen der Genehmigungsvoraussetzungen liefern. Die Verwaltungsbehörde darf sich selbst nicht auf die bloße formelle Prüfung, etwa ob der Genehmigungsantrag durch wissenschaftliche Gutachten belegt ist, beschränken. Sie hat sich vielmehr mit aller Gewissenhaftigkeit und unter Heranziehung der ihr zugänglichen Erkenntnisquellen zu überzeugen, daß die materiellen Voraussetzungen für den Tierversuch vorliegen. Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 11. Juli 1986 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen: Erstes Gesetz zur Änderung des Schwerbehindertengesetzes Zweites Gesetz zur Änderung des Arzneimittelgesetzes Fünftes Gesetz zur Änderung des Wasserhaushaltsgesetzes Drittes Gesetz zur Änderung der Bundeshaushaltsordnung Gesetz zu dem Übereinkommen vom 19. Juni 1980 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht Gesetz zur Neuregelung des Internationalen Privatrechts Gesetz zu den Haager Übereinkommen vom 2. Oktober 1973 über die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen sowie über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht Gesetz zur Ausführung des Haager Übereinkommens vom 2. Oktober 1973 über die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen (Unterhaltsvollstreckungs-Übereinkommens-Ausführungsgesetz ) Gesetz zur Änderung des Gebrauchsmustergesetzes Gesetz zur Änderung tarifrechtlicher Bestimmungen im Seehafenhinterlandverkehr Fünftes Gesetz zur Änderung des Textilkennzeichnungsgesetzes Gesetz über die Feststellung des Wirtschaftsplans des ERPSondervermögens für das Jahr 1987 (ERP-Wirtschaftsplangesetz 1987) Zweites Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Durchführung der Gemeinsamen Marktorganisationen Gesetz zu dem Abkommen vom 7. Januar 1986 zur Änderung des Abkommens vom 17. Dezember 1973 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staat Israel über Soziale Sicherheit Gesetz über die Anpassung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und Ländern 1986 (Bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetz 1986 - BBVAnpG '86) Gesetz über die Vermeidung und Entsorgung von Abfällen (Abfallgesetz - AbfG) Gesetz zur Änderung wirtschafts-, verbraucher-, arbeits- und sozialrechtlicher Vorschriften Zu den drei letztgenannten Gesetzen hat der Bundesrat folgende Entschließungen gefaßt: 1. Der Bundesrat hält eine Erhöhung der Stundensätze der Zulage für Dienst zu ungünstigen Zeiten für Polizeibeamte allgemein für gerechtfertigt. Er bittet die Bundesregierung, die Erschwerniszulagenverordnung alsbald entsprechend zu ändern. 2. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, die nach § 14 Abs. 2 des Abfallgesetzes zur Vermeidung oder Verringerung von Abfallmengen der Wirtschaft zu setzenden Frist möglichst kurz zu bemessen, zumal sich die Wirtschaft auf Grund der bereits geführten Gespräche hierauf einstellen konnte. Er geht davon aus, daß im Falle einer erkennbaren fehlenden Bereitschaft der Wirtschaft oder Teilen davon zur Reduzie- 17754* Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 228. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 10. September 1986 rung der Abfallmengen aus Einwegverpackungen die Bundesregierung auch ohne Fristsetzung von den Ermächtigungen des § 14 Abs. 2 Gebrauch macht. Die Bundesregierung wird gebeten, für solche Fälle umgehend entsprechende Rechtsverordnungen vorzubereiten. 3. Im Hinblick auf die in der Anhörung im Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages zum Ausdruck gekommenen Bedenken gegen einzelne Bestimmungen des Gesetzentwurfs bittet der Bundesrat die Bundesregierung, bis zum 1. Januar 1989 einen Bericht über die praktischen Erfahrungen mit den novellierten Vorschriften vorzulegen. Dies gilt insbesondere für die neuen Regelungen im UWG über das Verbot der öffentlichen Werbung mit mengenmäßiger Beschränkung, das Verbot der öffentlichen Werbung mit Preisgegenüberstellungen sowie das nunmehr durchweg zivilrechtlich ausgestaltete Verfahren bei Räumungsverkäufen. Die in Drucksache 10/5706 unter Nummer 28 aufgeführte EGVorlage Vorschlag für eine Empfehlung des Rates über die koordinierte Einführung des dienstintegrierenden digitalen Fernmeldenetzes (ISDN) in der Europäischen Gemeinschaft — auf dem Weg zu einem europaweiten Telematikmarkt — KOM (86) 205 endg. — Rats-Dok. Nr. 7308/86 ist als Drucksache 10/5933 verteilt.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Hannegret Hönes


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (GRÜNE)

    Lieber Heinz, ich habe schon ganz zu Anfang bemerkt, daß es mit der Dialogbereitschaft in diesem Hause nicht sehr weit her ist.

    (Beifall bei den GRÜNEN — Dr. Klejdzinski [SPD]: Frau Kollegin, er war noch nicht anwesend, als Sie das gesagt haben! von Hammerstein [CDU/CSU]: Suhr ist später gekommen!)

    — Deshalb habe ich es speziell für ihn wiederholt.
    — Ich möchte mich noch einmal wiederholen und noch einmal ausdrücklich begrüßen, daß die SPD ihrerseits auf ihrem Nürnberger Parteitag den Ausstieg aus der Atomtechnologie propagiert hat, denn wenn die Partei, die in der Hauptsache für den Ausbau verantwortlich zu machen ist, jetzt für den Abbau plädiert, ist das fraglos ein wichtiger Schritt nach vorn.

    (Dr. Klejdzinski [SPD]: Wir sind lernfähig!)

    Das hindert uns freilich nicht daran, genau zu registrieren, was die SPD beschlossen hat. Sie hat einen Ausstieg nur bei einem ganz breiten Konsens beschlossen, also nur im Einvernehmen mit Kraftwerksbetreibern und Unionspolitikern. Sie hat ferner nur einen langfristigen Ausstieg beschlossen. Wir registrieren, daß nichts zum Hochtemperaturreaktor in Hamm-Uentrop beschlossen wurde, und wir registrieren vor allem, daß kein Antrag an die sozialdemokratisch regierten Länder Hamburg, Nordrhein-Westfalen und Hessen ergangen ist, dort, wo es ja geht, schon heute mit der Ausstiegspolitik zu beginnen. Dann wundert es natürlich nicht, wenn man in der Früh in der Zeitung liest, daß sich die SPD des Landkreises Mayen/Koblenz für die Inbetriebnahme des AKW Mülheim-Kärlich ausgesprochen hat.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Cattenom auch!)

    Es bleibt der Eindruck: In der Opposition anti AKW, aber in der Regierung bleibt die SPD Atompartei.

    (Beifall bei den GRÜNEN — Vogel [München] [GRÜNE]: Leider, leider! — Bundeskanzler Dr. Kohl: Das ist ein Irrtum: Die Koblenzer SPD ist in der Opposition! Sie täuschen sich!)

    — Noch schlimmer.
    Aber ich komme nun auf Ihr schäbigstes Kapitel der geistig-moralischen Erneuerung zu sprechen, Herr Bundeskanzler, auf den Versuch der Koalition, mit dem Schüren von Fremdenhaß und Ausländerfeindlichkeit auf Stimmenfang zu gehen. Ziemlich genau im Juni dieses Jahres entdeckten die Wahlkampfstrategen der Unionsparteien das sogenannte Asylantenproblem. Seither vergeht kein Tag, ohne daß führenden Christdemokraten den Untergang des Vaterlandes beschwören, wenn dem sogenannten Flüchtlingsstrom nicht energisch Einhalt geboten werde. Kein Wort, Herr Waigel, dazu, welchen Schwierigkeiten und Diskriminierungen politische Flüchtlinge in der Bundesrepublik ausgesetzt sind, kein Wort dazu, daß die Asylbewerber nach ihrer Ankunft in Lager gesperrt werden, in denen sie, isoliert von der Umwelt, unter katastrophalen Wohn- und Sanitärverhältnissen leben müssen. Kein Wort dazu, daß beispielsweise die Stadt Aachen politischen Flüchtlingen aus der Türkei die Sozialhilfe um 20 % gekürzt hat, mit dem infamen Argument, Türken hätten j a einen — so wörtlich — „geringeren Ernährungsbedarf als Deutsche", oder — so die zuständige Behörde weiter — „sie müßten ja auch in der Türkei zu Fuß gehen", weshalb ihnen dann auch das Fahrgeld für die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel gestrichen wurde!
    Kein Wort dazu, daß Asylbewerber mit einem zweijährigen Arbeitsverbot bestraft werden, um sie gleichzeitig als angeblich faule Schmarotzer diffamieren zu können, kein Wort über die Gründe, die diese Menschen aus ihrer Heimat fliehen lassen, über die Hunderttausende, die vor Krieg, Verfolgung, Folter aus dem Iran fliehen, während bundesdeutsche Rüstungsunternehmen mit Ihrer Billigung, Herr Bundeskanzler, Unsummen an der nun schon seit sechs Jahren dauernden Menschenschlächterei zwischen Iran und Irak verdienen!

    (Beifall bei den GRÜNEN)




    Frau Hönes
    Kein Wort darüber, daß der Staatspräsident von Sri Lanka der Volksgruppe der Tamilen den totalen Krieg erklärt hat und seine Armee systematisch Jagd auf diese Menschen macht. Im Libanon herrscht Bürgerkrieg, in Ghana werden Menschen von einem diktatorischen Regime mißhandelt und und und!

    (von Hammerstein [CDU/CSU]: Und überall haben wir Schuld?)

    Nein, das Schicksal dieser Menschen schert jene, die jetzt über politische Flüchtlinge hetzen, nicht im geringsten.

    (Zuruf von der CDU/CSU. Aber Angstmacherei hilft nichts!)

    Humanität — so lautet die Kalkulation — kostet Wahlprozente, also weg damit.
    Insgesamt 125 000 Flüchtlinge leben nach Angabe des UNO-Flüchtlingshochkommisariats in der Bundesrepublik; das sind 0,2 % der Gesamtbevölkerung. Ganze 64 000 Menschen wurden seit Bestehen der Bundesrepublik als politisch Verfolgte anerkannt. 64 000 in 37 Jahren! Dann wird so getan, als wäre die Bundesrepublik jahrelang humanitätsduselig gewesen, als stünde der wirtschaftliche Bankrott bevor, weil ziemlich genau 0,3% aller öffentlichen Ausgaben für politisch Verfolgte und von Hunger Bedrohte ausgegeben werden.

    (Dr. Bötsch [CDU/CSU]: Nicht mal die könnte man mit Ihnen erwirtschaften!)

    Das ist halb so viel Geld, wie die pharmazeutische Industrie jährlich allein für Werbung ausgibt.
    Es ist eher Scham angebracht, daß die reiche Bundesrepublik nur so wenigen Menschen Zuflucht gewährt hat und daß sie jene, die sie vorübergehend aufnimmt, so schlecht behandelt. Die GRÜNEN sagen an dieser Stelle ganz eindeutig: Wir werden das Grundrecht auf Asyl, eine der wenigen politischen Konsequenzen aus unserer faschistischen Vergangenheit, gegen alle Angriffe verteidigen. Das ist eine Selbstverständlichkeit.

    (Beifall bei den GRÜNEN und der Abg. Frau Schmidt [Nürnberg] [SPD])

    Aber wir wollen zugleich, daß das Asylrecht in der Bundesrepublik auch verwirklicht wird. Die menschenunwürdige Behandlung von Flüchtlingen muß aufhören, Krieg muß in jedem Fall als Asylgrund anerkannt werden, und wir fordern, daß die Bundesrepublik endlich die Verantwortung für das Elend und die Not übernimmt, die Ihre Außen- und Entwicklungspolitik in der Dritten Welt angerichtet hat.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    In den dreieinhalb Jahren, in denen wir GRÜNEN dem Bundestag angehören, haben wir bei unserer Oppositionsarbeit folgende Erfahrung gemacht: Keines der wesentlichen Anliegen, für die wir 1983 gewählt wurden, konnten wir durchsetzen. Immerhin können wir aber heute feststellen: Als Waltraud Schoppe hier vor gut drei Jahren die erste wirklich feministische Rede gehalten hat, tobte dieses Männer-Parlament noch in übelster Stammtischmanier.

    (Dr. Bötsch [CDU/CSU]: Die Rede war wirklich schlimm! Die habe ich allen Frauen bei mir zugeschickt!)

    Heute muß sich sogar Herr Geißler als Freund der Frauenbewegung geben, und die Quotierung ist ein geläufiger Begriff geworden.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Als wir vor zwei Jahren unser Atomsperrgesetz einbrachten, in dem der sofortige Ausstieg aus der Atomtechnologie gefordert und dessen Machbarkeit begründet wurde, ist das von allen Parteien — ich zitiere — als „billiger Klamauk" abgetan worden.

    (Vogel [München] [GRÜNE]: Hört! Hört!)

    Heute bestätigen sogar Regierungsgutachten, daß grüne Alternativen ernstzunehmen und machbar sind.
    Schließlich: Als Otto Schily hier in seinen ersten Reden die kriminelle Spendenpraxis aller anderen Parteien von der CDU/CSU über die FDP bis hin zur SPD offenlegte und geißelte, traf er dort nur auf heuchlerische Unschuldslämmer mit den angeblich ganz blütenweißen Westen.

    (Zuruf von der CDU/CSU)

    Heute wissen alle und viele geben offen zu: Es wurden jahrelang Industriespenden illegal in die Parteikassen gelenkt. Der Korruptionssumpf der Altparteien ist tiefer und morastiger als je vermutet, Herr Kollege.

    (Dr. Bötsch [CDU/CSU]: Alu beziehen ist bequemer!)

    Viele von uns haben sich anfangs gefragt, ob es sich denn überhaupt lohnt, so viel Energie und Fleiß in diese parlamentarische Arbeit zu stecken, die von Ihnen überhaupt nicht ernstgenommen wird, meine Damen und Herren.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Fleiß? Schau, nicht Fleiß! — Ihre kann man kaum ernst nehmen!)

    Ich glaube, es hat sich gelohnt, weil wir als parlamentarischer Arm und als Sprecherin der Ökologie-, der Friedens- und Frauenbewegung oder für die Anliegen von Bürgerinitiativen tätig werden konnten. Daran werden wir uns auch in dieser Haushaltsdebatte und bei unserer Arbeit im letzten Halbjahr orientieren, um dann im Wahlkampf gegen diese Wende-Regierung zu mobilisieren und erneut für die Ziele zu werben, für die wir GRÜNEN seit jeher stehen: Abschaltung aller Atomanlagen und ökologischer Umbau der Industrie, konsequente Abrüstung und Friedenspolitik gegen die NATO-Kriegspolitik,

    (Stockhausen [CDU/CSU]: Bezug von Alu für jedermann!)

    einseitige Parteinahme für die Interessen von Frauen, weil nur so deren Diskriminierung und Benachteiligung beseitigt werden können.

    (Beifall bei den GRÜNEN)






Rede von Dieter-Julius Cronenberg
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Waigel.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Theodor Waigel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Oppositionsführer und die Opposition haben uns für diese Haushaltsdebatte eine Generalabrechnung angekündigt. Da kann ich nur sagen: Das hätte dann anders angepackt und anders durchgeführt werden müssen, denn das ganze gerät zu einer Generalabrechnung mit der Opposition, die nur unterbrochen wurde durch eine Rede von Helmut Schmidt, die aber aus ganz anderem Grunde auch über Parteigrenzen und Fraktionsgrenzen hinweg akzeptiert oder — besser gesagt — respektiert worden ist, wobei ich ihm allerdings sagen möchte — er ist im Moment noch nicht da —, daß eigentlich zum Inhalt und zum Stil seiner Rede die Bemerkungen über Dr. Dregger nicht gepaßt haben. Das hätte er sich sparen können.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe von der SPD)

    Meine Damen und Herren, wenn Herr Vogel als General der Opposition — der Feldherr, der Feldherr aus Düsseldorf, hat ja keinen Mut, sich an der Front zu zeigen — Abrechnungen vorlegt, dann wäre er gut beraten, die SPD-Bilanzen der frühen achtziger Jahre auf den Tisch zu legen. Denn diese waren allein durch rote Zahlen gekennzeichnet. Das reale Bruttosozialprodukt war rückläufig. Die Bruttoinvestitionen nahmen von 1980 bis 1982 um real 46 Milliarden DM ab, und vom 4. Quartal 1980 bis zum 1. Quartal 1983 ging die Zahl der Beschäftigten saisonbereinigt um 920 000 zurück. Die Zahl der Kurzarbeiter erreichte die Millionengrenze, und der Anstieg der Verbraucherpreise lag bei über 6%.

    (von Hammerstein [CDU/CSU]: Das haben die alles vergessen!)

    Wenn man heute noch behaupten will, es sei Ende 1982 versucht worden, einen stocksoliden Haushalt vorzulegen, dem dann allerdings ein Defizit von über 50 Milliarden DM drohte, dann kann man nur sagen, das war nicht stocksolid, sondern der Haushalt ging am Stock. Die Rentenversicherung stand vor gravierenden Liquiditätsproblemen, und, was das Allerschlimmste war, das Vertrauen von Konsumenten, Investoren und der internationalen Finanzmärkte hatte den absoluten Nullpunkt bereits unterschritten.
    Es ist heute bereits auf eine Rede von Helmut Schmidt am 22. und am 30. Juni 1982 vor der SPDBundestagsfraktion hingewiesen worden. Damals mußte sich j a der amtierende Bundeskanzler gegen die Kritik aus seinen eigenen Reihen verteidigen. Er hat versucht, dieser Kritik die Grundlage mit folgender Argumentation zu entziehen. Von 1970 bis 1982 stieg der Anteil der staatlichen Sozialausgaben von 16 auf 23% des Sozialprodukts. Finanziert wurde dies — so Helmut Schmidt damals — erstens durch eine wesentlich höhere Belastung der Arbeitnehmer — bezogen auf ein durchschnittliches Arbeitseinkommen, stieg die Belastung nämlich von 22,7 % auf 31,7 % —, zweitens durch die Nettokreditaufnahme am Kapitalmarkt — ihr Anteil an den
    Gesamtausgaben des Bundeshaushalts stieg in diesen 12 Jahren von knapp 3 auf weit über 10 % —, drittens schließlich durch ein Herunterfahren der öffentlichen Investitionen zugunsten von Leistungsgesetzen.
    Das hat damals Helmut Schmidt seiner eigenen Fraktion gesagt. Wenn uns dann gestern vorgehalten wurde, unsere Investitionen gingen zurück, und zwar deswegen, weil wir Geld und Leistungsbefugnis an die Länder abgetreten und damit einen Beitrag zur Stärkung des Föderalismus geleistet haben, dann ist das ein blankes Eigentor, das gestern Hans Apel geschossen hat.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — von Hammerstein [CDU/CSU]: Er hat gestern mehrere geschossen!)

    Es ist ja ohnehin ein Jammer — ich sehe im Moment den geschätzten Kollegen Apel nicht und auch den geschätzten Kollegen Roth nicht —, wenn ich mir vorstelle, daß die Leute, die finanz- und wirtschaftspolitisch und auch theoretisch noch so einigermaßen den Kurs des früheren Bundeskanzlers Helmut Schmidt halten oder zu halten versuchen, zwar hier bei Debatten noch in den ersten Reihen sitzen dürfen, wenn sie anwesend sind, aber beim Parteitag jeweils in den zweiten Wahlgang gehen müssen und dann händeringend von Vogel beschworen werden müssen, doch überhaupt in den zweiten Wahlgang zu gehen. Wenn der Kollege Roth — er ist nicht da —

    (Zuruf von der SPD: Das haben Sie schon gesagt!)

    — ich möchte es aber wiederholen, weil Sie es vorher nicht gehört haben — vom Juso-Vorsitzenden, ohne daß er sich persönlich sehr stark geändert hat, heute zum Rechtsaußen der SPD geworden ist und rechts von ihm in der SPD nur noch die Wand steht, dann muß innerhalb der SPD das Koordinatensystem sich schon ganz gründlich verändert und verschoben haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Sie haben damals, Herr Kollege Schmidt, einen harten Satz gesagt. Ich habe ihn oft wiederholt. Der Satz stimmt, auch wenn er bitter ist für Freund und Feind. Sie haben damals gesagt: Wer mehr für beschäftigungswirksame Ausgaben des Staates tun will, muß tiefer, noch viel tiefer in die Sozialleistungen reinschneiden. Sie haben recht gehabt, Herr Kollege Schmidt. Es war notwendig. Es ist bitter, daß das, was wir, von Ihnen als richtig erkannt, anschließend in die Tat umgesetzt haben, uns so viel Kritik, Häme und Verleumdung eingetragen hat. Sie müßten uns eigentlich gegenüber dem in Schutz nehmen, was uns in den letzten vier Jahren an böser, bösartiger Kritik aus den Reihen der SPD widerfahren ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Da Sie anwesend sind, Herr Kollege Schmidt, möchte ich die Gelegenheit nutzen, Ihnen nicht nur in meinem persönlichen Namen, sondern namens der gesamten Fraktion der CDU/CSU Respekt auszudrücken vor einer persönlichen und politischen



    Dr. Waigel
    Lebensleistung, vor der Verantwortungsbereitschaft und vor dem Verantwortungsbewußtsein, das Sie in Ihrem politischen Leben unter Beweis gestellt haben. Den Beifall, den Sie über die Fraktionen hinweg erhalten haben, haben Sie verdient, auch für eine große Rede, die Sie heute gehalten haben und die jedem, über Parteien hinweg, etwas gesagt hat.
    Ich bin nicht Ihr Zensor, da ich wesentlich jünger bin. Aber erlauben Sie mir doch nochmals die Anmerkung — ich habe sie vorhin schon gebracht —: Die Bemerkungen über Dr. Alfred Dregger waren eigentlich dieser großen Rede nicht angemessen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und bei Abgeordneten der FDP)

    Aber ich möchte mir natürlich schon erlauben, ein paar Bemerkungen auch zu dieser Rede, Herr Kollege Schmidt, zu machen. Sie haben mit einem Zitat von Oscar Wilde über Irrtümer begonnen. Mir ist dabei ein Zitat von Max Frisch aus seinen Tagebüchern in den Sinn gekommen, in dem es heißt — es ist vielleicht manchmal, wenn man selbstkritisch ist, ein gefährliches Zitat —: „Überzeugungen sind der beste Schutz vor dem lebendig Wahren." Das heißt nicht, daß Überzeugungen nicht notwendig sind. Es heißt aber: Überzeugungen müssen begründet werden, Überzeugungen müssen immer wieder dargestellt werden, und nichts ist von selbst.
    Ich frage mich aber — und auch Sie, Herr Kollege Schmidt —: Sind nicht heute Ihre treuen Weggefährten, die ihre Überzeugung auch heute noch aufrechterhalten, innerhalb der SPD längst in die Isolierung geraten? Ich frage mich: Mußten nicht andere ihre Überzeugungen ändern, um in der SPD überleben zu können? Ich denke an Hauff, ich denke an von Bülow und andere.

    (Vogel [München] [GRÜNE]: Vielleicht haben sich die Zeiten geändert!)

    Ich frage mich nochmals, ob das eigentlich noch Ihre SPD ist, bei der ein Hans Apel und ein Kollege Roth in die zweite Abstimmung gehen müssen, um überhaupt noch in den Parteivorstand gelangen zu können.
    Sie haben dann gesagt, der Einfluß der derzeitigen Regierung auf die Vereinigten Staaten, unseren stärksten Bündnispartner, sei zu gering. Ich halte diese Behauptung für falsch. Ich erlaube mir die Gegenfrage, Herr Kollege Schmidt: Wie ist denn der gegenwärtige Einfluß der SPD in den Vereinigten Staaten? Wird Ihre Haltung, wird Ihre Auffassung überhaupt noch zur Kenntnis genommen? Die Partei muß ja nach jedem Parteitag Emissäre nach drüben schicken, um überhaupt noch erklären und verdeutlichen zu können, was der bündnispolitische Kurs der SPD darstellt.
    Sie haben eine kritische Bemerkung zum europäischen Agrarmarkt gemacht. Sie, Herr Kollege Schmidt, haben damals die Misere frühzeitig erkannt und sich dazu auch geäußert. Nur: Sie haben resigniert und bis 1982 nichts Entscheidendes getan, um das zu beheben, woran wir heute so schwer zu tragen haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Sie haben an Kollegen dieses Hauses, was den DGB betrifft, einen Appell zur Mäßigung gerichtet. Ich wäre Ihnen dankbar gewesen, wenn Sie diesen Appell zur Mäßigung auch an den DGB gerichtet hätten bezüglich des Umgangs mit einem Gewerkschaftler namens Norbert Blüm und anderen, die sich redlich bemühen, für die Arbeitnehmer etwas zu tun.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Allerdings hat dies — das will ich auch dankbar anmerken — Ihr früherer Pressesprecher Bölling in der ihm geeignet erscheinenden Weise getan.
    Es war von großem Interesse, Herr Kollege Schmidt, daß Sie heute Konrad Adenauer in seiner Politik 1960 und 1961 gegenüber Frankreich gerechtfertigt und dargestellt haben, daß es in manchen Parteien — nicht nur in der SPD, sondern auch in anderen Parteien — damals nicht so gesehen wurde, wie es die beiden großen Staatslenker Europas gesehen haben und wie es für unsere Zukunft richtig gewesen wäre.
    Ich darf nur am Rande vermerken, daß Franz Josef Strauß dies schon damals so erkannt hat, wie Sie es heute darstellen.
    Eines allerdings, Herr Kollege Schmidt, lasse ich Ihnen — bei allem Respekt vor der heutigen Rede — nicht durchgehen, und zwar Ihre Bemerkung über den DDR-Kredit. Sie wissen ganz genau, wie der Kredit zustande gekommen ist, wie er läuft und was damit verbunden ist. Sie wissen das ganz genau, aber die rhetorische Versuchung hat Sie wahrscheinlich dazu verleitet, hier diesen Seitenhieb zu probieren.