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ID1022802700

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Metadaten
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    Vokabeln: 3
    1. —: 2
    2. Herr: 1
    3. Bundeskanzler: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 10/228 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 228. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 10. September 1986 Inhalt: Wahl des Abg. Hiller (Lübeck) zum Schriftführer als Nachfolger des Abg. Heyenn . 17659A Begrüßung des Außenministers der Republik Malta 17727 D Fortsetzung der ersten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1987 (Haushaltsgesetz 1987) — Drucksache 10/5900 — in Verbindung mit Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Der Finanzplan des Bundes 1986 bis 1990 — Drucksache 10/5901 — Dr. Dregger CDU/CSU 17659 B Schmidt (Hamburg) SPD 17668 B Dr. Bangemann, Bundesminister BMWi 17685 B Dr. Kohl, Bundeskanzler 17692 B Frau Hönes GRÜNE 17703A Dr. Waigel CDU/CSU 17707 A Dr. Ehmke (Bonn) SPD 17715B Dr. Barzel CDU/CSU 17721A Genscher, Bundesminister AA 17727 D Frau Borgmann GRÜNE 17731 D Frau Dr. Däubler-Gmelin SPD . 17734 A Dr. Wörner, Bundesminister BMVg . . 17738 C Gansel SPD 17742 A Frau Seiler-Albring FDP 17745 B Lange GRÜNE 17747 D Dr. von Bülow SPD (Erklärung nach § 30 GO) 17751 C Vizepräsident Cronenberg 17721 A Vizepräsident Westphal 17742 A Nächste Sitzung 17751 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 17753* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 17753* B Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 228. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 10. September 1986 17659 228. Sitzung Bonn, den 10. September 1986 Beginn: 9.00 Uhr
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    Berichtigung 226. Sitzung, Seite 17578* C: In der Anlage 32 ist die Vorlage Unterrichtung durch das Europäische Parlament: Entschließung zum Abschluß des Verfahrens der Konsultation des Europäischen Parlaments zum Vorschlag der Kommission der Europäischen Gemeinschaften an den Rat für einen Entwurf einer Entschließung betreffend ein mittelfristiges Programm der Gemeinschaft (1986-1990) zur Chancengleichheit der Frauen (Drucksache 10/5627) zuständig: Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit (federführend) Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung zu streichen. Einzufügen ist: Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht über die Entwicklung der mit den Verkaufserlösen und Betriebsausgaben in der Land- und Forstwirtschaft anfallenden Umsatzsteuer (Vorsteuerbelastung) (Drucksache 10/5631) zuständig: Finanzausschuß (federführend) Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 227. Sitzung, Seite 17585 D, Zeile 3: Statt „Zuruf von der CDU/CSU:" ist „Zuruf von der SPD:" zu lesen. Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens * 12. 9. Antretter * 11. 9. Büchner (Speyer) * 11. 9. Dr. Bugl 10. 9. Eigen 12. 9. Dr. Emmerlich 12. 9. Frau Fischer * 11. 9. Dr. Götz 12. 9. Dr. Haack 10. 9. Hanz (Dahlen) 12. 9. Heimann 10. 9. Jahn (Marburg) 10. 9. Klein (München) 10. 9. Dr. Klejdzinski * 11. 9. Dr. Köhler (Wolfsburg) 10. 9. Dr. Kreile 12. 9. Dr. Kronenberg 12. 9. Dr. Kübler 10. 9. Landré 11. 9. Lenzer * 11. 9. Dr. Mitzscherling 12. 9. Dr. Müller * 12. 9. Nagel 12. 9. Frau Pack * 11. 9. Pöppl 12. 9. Reddemann * 10. 9. Dr. Riedl (München) 12. 9. Schlaga 10. 9. Dr. Schmude 10. 9. Sielaff 10. 9. Dr. Soell 12. 9. Voigt (Sonthofen) 12. 9. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 27. Juni 1986 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen: Gesetz zur Entlastung landwirtschaftlicher Unternehmer von Beiträgen zur landwirtschaftlichen Sozialversicherung (Sozialversicherungs-Beitragsentlastungsgesetz - SVBEG) Gesetz zu dem Übereinkommen von 1976 über die Beschränkung der Haftung für Seeforderungen Gesetz zur Änderung des Handelsgesetzbuchs und anderer Gesetze (Zweites Seerechtsänderungsgesetz) Gesetz über das Verfahren bei der Errichtung und Verteilung eines Fonds zur Beschränkung der Haftung für Seeforderungen (Seerechtliche Verteilungsordnung) Erstes Gesetz zur Änderung des Tierschutzgesetzes Zu dem letztgenannten Gesetz hat der Bundesrat folgende Entschließung gefaßt: Anlagen zum Stenographischen Bericht Der Bundesrat geht bei seiner Zustimmung davon aus, daß im Vollzug des § 8 des Tierschutzgesetzes an die wissenschaftlich begründete Darlegung der Genehmigungsvoraussetzungen strenge Anforderungen gestellt werden. Die wissenschaftliche Darlegung muß den Verwaltungsbehörden die Grundlage für einen zuverlässigen Schluß auf das Vorliegen der Genehmigungsvoraussetzungen liefern. Die Verwaltungsbehörde darf sich selbst nicht auf die bloße formelle Prüfung, etwa ob der Genehmigungsantrag durch wissenschaftliche Gutachten belegt ist, beschränken. Sie hat sich vielmehr mit aller Gewissenhaftigkeit und unter Heranziehung der ihr zugänglichen Erkenntnisquellen zu überzeugen, daß die materiellen Voraussetzungen für den Tierversuch vorliegen. Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 11. Juli 1986 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen: Erstes Gesetz zur Änderung des Schwerbehindertengesetzes Zweites Gesetz zur Änderung des Arzneimittelgesetzes Fünftes Gesetz zur Änderung des Wasserhaushaltsgesetzes Drittes Gesetz zur Änderung der Bundeshaushaltsordnung Gesetz zu dem Übereinkommen vom 19. Juni 1980 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht Gesetz zur Neuregelung des Internationalen Privatrechts Gesetz zu den Haager Übereinkommen vom 2. Oktober 1973 über die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen sowie über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht Gesetz zur Ausführung des Haager Übereinkommens vom 2. Oktober 1973 über die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen (Unterhaltsvollstreckungs-Übereinkommens-Ausführungsgesetz ) Gesetz zur Änderung des Gebrauchsmustergesetzes Gesetz zur Änderung tarifrechtlicher Bestimmungen im Seehafenhinterlandverkehr Fünftes Gesetz zur Änderung des Textilkennzeichnungsgesetzes Gesetz über die Feststellung des Wirtschaftsplans des ERPSondervermögens für das Jahr 1987 (ERP-Wirtschaftsplangesetz 1987) Zweites Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Durchführung der Gemeinsamen Marktorganisationen Gesetz zu dem Abkommen vom 7. Januar 1986 zur Änderung des Abkommens vom 17. Dezember 1973 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staat Israel über Soziale Sicherheit Gesetz über die Anpassung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und Ländern 1986 (Bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetz 1986 - BBVAnpG '86) Gesetz über die Vermeidung und Entsorgung von Abfällen (Abfallgesetz - AbfG) Gesetz zur Änderung wirtschafts-, verbraucher-, arbeits- und sozialrechtlicher Vorschriften Zu den drei letztgenannten Gesetzen hat der Bundesrat folgende Entschließungen gefaßt: 1. Der Bundesrat hält eine Erhöhung der Stundensätze der Zulage für Dienst zu ungünstigen Zeiten für Polizeibeamte allgemein für gerechtfertigt. Er bittet die Bundesregierung, die Erschwerniszulagenverordnung alsbald entsprechend zu ändern. 2. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, die nach § 14 Abs. 2 des Abfallgesetzes zur Vermeidung oder Verringerung von Abfallmengen der Wirtschaft zu setzenden Frist möglichst kurz zu bemessen, zumal sich die Wirtschaft auf Grund der bereits geführten Gespräche hierauf einstellen konnte. Er geht davon aus, daß im Falle einer erkennbaren fehlenden Bereitschaft der Wirtschaft oder Teilen davon zur Reduzie- 17754* Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 228. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 10. September 1986 rung der Abfallmengen aus Einwegverpackungen die Bundesregierung auch ohne Fristsetzung von den Ermächtigungen des § 14 Abs. 2 Gebrauch macht. Die Bundesregierung wird gebeten, für solche Fälle umgehend entsprechende Rechtsverordnungen vorzubereiten. 3. Im Hinblick auf die in der Anhörung im Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages zum Ausdruck gekommenen Bedenken gegen einzelne Bestimmungen des Gesetzentwurfs bittet der Bundesrat die Bundesregierung, bis zum 1. Januar 1989 einen Bericht über die praktischen Erfahrungen mit den novellierten Vorschriften vorzulegen. Dies gilt insbesondere für die neuen Regelungen im UWG über das Verbot der öffentlichen Werbung mit mengenmäßiger Beschränkung, das Verbot der öffentlichen Werbung mit Preisgegenüberstellungen sowie das nunmehr durchweg zivilrechtlich ausgestaltete Verfahren bei Räumungsverkäufen. Die in Drucksache 10/5706 unter Nummer 28 aufgeführte EGVorlage Vorschlag für eine Empfehlung des Rates über die koordinierte Einführung des dienstintegrierenden digitalen Fernmeldenetzes (ISDN) in der Europäischen Gemeinschaft — auf dem Weg zu einem europaweiten Telematikmarkt — KOM (86) 205 endg. — Rats-Dok. Nr. 7308/86 ist als Drucksache 10/5933 verteilt.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Helmut Kohl


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Debatte zum Haushalt 1987 ist natürlicherweise eine Generalaussprache für die ganze Legislaturperiode von 1983 bis 1987. Es ergibt sich auch zwingend aus dem nahen Termin der Bundestagswahl am 25. Januar — das ist in knapp vier Monaten —, daß bei dieser parlamentarischen Auseinandersetzung nicht nur Rechenschaft gefordert und Kritik geübt wird, sondern auch Perspektiven für die Zukunft erwartet werden.

    (Kühbacher [SPD]: Da sind wir aber gespannt!)

    Wir haben, meine Damen und Herren, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, eben die eindrucksvolle Abschiedsrede von Helmut Schmidt gehört. Es waren die Erfahrungen und die Reflexionen eines der großen Parlamentarier und politischen Gestalten in der Geschichte unserer Bundesrepublik.

    (Beifall bei der CDU/CSU, der FDP und der SPD)

    Ich stehe nicht an, Herr Kollege Schmidt, gerade auch im Sinne der Worte, die die Frau Präsidentin gefunden hat, in diesem Augenblick meinen persönlichen Respekt zu bekunden vor einer Lebensleistung im Dienste der Republik.

    (Beifall bei der CDU/CSU, der FDP und der SPD)

    Wenn ich dies sage, Herr Kollege Schmidt, denke ich natürlich dabei auch — und wer versteht das besser als Sie selbst? — an manche harte parlamentarische Auseinandersetzung — Sie sprachen davon — der letzten Jahre, an manche heftige Kontroverse. Parlamentarische Auseinandersetzung, das heißt ja nicht, daß man sich gegenseitig Freundlichkeiten sagt, aber daß man sich gegenseitig, wie ich denke, wie sicher auch Sie denken, unterstellt, daß auch der andere, der politisch eine andere Perspektive und Meinung vertritt, das Beste für das Land will. Und unter diesem Gesichtspunkt will ich Ihnen, auch gerne zu vielem zustimmend, ein Wort zu dem sagen, was Sie ausgeführt haben. Vor allem will ich einen Satz aufgreifen. Ich will es in meinen Worten sagen: Sie haben Stellung bezogen gegen ein Freund-Feind-Verhältnis in der parlamentarischen Demokratie. Ich halte das für einen wichtigen Satz; denn ich glaube, daß der erste große demokratische Versuch der Deutschen, nämlich die Weimarer Republik, nicht zuletzt daran zugrunde gegangen ist, daß man den Graben zwischen politischen Meinungen auch unter Demokraten hatte zu tief werden lassen. Sie verstehen natürlich auch, daß ich vieles von dem, was Sie dann noch gesagt haben, überhaupt nicht akzeptiere. Dazu gehörten Ihre Worte als Oppositionsredner. Insofern waren Sie der erste Oppositionsredner.
    Ich habe auch bemerkt — das ist eben schon von Martin Bangemann mit Recht gesagt worden —, daß Sie oft Ihren Kanzlerkandidaten zitiert haben. Herr Kollege Schmidt, wir haben uns ja einmal in der umgekehrten Funktion gegenübergestanden. Ich stelle Ihnen einfach die Frage: Wie hätten Sie es damals, 1976, kommentiert, wenn ich als einer neben zehn anderen, wie Sie zu sagen beliebten, der parlamentarischen Auseinandersetzung im Deutschen Bundestag aus dem Weg gegangen wäre?

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Bei dem, was Sie aus der Vergangenheit gesagt haben — und das räume ich gerne ein —, hat sicherlich der Blick zurück manches verklärt, und manches ist auch durch die Brille Ihres Temperaments gesehen worden.

    (Roth [SPD]: Das Bild könnte glücklicher nicht sein!)

    Für eines wäre ich Ihnen allerdings dankbar gewesen: wenn Sie heute bei dieser Abschiedsrede auch noch einmal zu den Punkten Position bezogen hätten, von denen ich sicher bin, daß Sie in entscheidenden Teilen den Regierungsfraktionen des Hauses näher stehen als Ihrer eigenen Partei.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Bei allem Respekt, Herr Kollege Schmidt — und dafür habe ich auch viel Sympathie —, für die Solidarität zur eigenen Partei, die ja in Jahrzehnten nicht nur irgendeine Interessengemeinschaft ist, sondern ein Stück persönlicher Heimat, glaube ich schon, daß Sie der deutschen Öffentlichkeit auch ein Wort darüber schulden, welche Wege Ihre eigene Partei heute geht in der Außen-, in der Sicherheitspolitik, in der Wirtschafts-, in der Energiepolitik.



    Bundeskanzler Dr. Kohl
    Und Sie haben mit sehr viel Wärme von der Einheit unserer Nation gesprochen. Sie wissen, Herr Kollege Schmidt, daß starke Kräfte Ihrer Partei aufgebrochen sind, die Präambel des Grundgesetzes zu ändern.

    (Dr. Vogel [SPD]: Das ist eine Unwahrheit! Das ist eine unglaubliche Unwahrheit!)

    Das verträgt sich überhaupt nicht miteinander.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Und ein letztes, Herr Kollege Schmidt: Ich glaube, es wäre auch richtig — ob dies heute oder anderswo geschieht —, daß Helmut Schmidt, den ich eben in meiner Weise anzusprechen versucht habe, der deutschen Öffentlichkeit sagt, was er von einem Bündnis der traditionsreichen deutschen Sozialdemokraten mit der Gruppe der GRÜNEN hält. Auch das ist eine Frage, die zur Beantwortung ansteht.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Becker [Nienberge] [SPD]: Die ist beantwortet!)

    Herr Kollege Schmidt, Sie haben in der Vorbereitung — und das ist ja auch ganz verständlich — zum heutigen Tag manches nachgelesen. Sie haben daraus zitiert. Auch ich habe mir erlaubt, das zu tun, und zitiere einen Satz vom 24. November 1980 — aus Ihrer Regierungserklärung nach der Wahl —:
    Wir sind nicht Objekt der Geschichte. Wir sind handlungsfähig — und wir sind handlungswillig. Je nachdem, wie wir uns politisch entscheiden, kann unser Land in zehn oder zwanzig Jahren sehr verschieden aussehen.
    Ich stimme diesem Satz voll und ganz zu. Meine Damen und Herren, weil dies so ist, ergibt sich für die Wahl am 25. Januar, daß es eine Richtungswahl für die Zukunft der Bundesrepublik Deutschland ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Dr. Vogel [SPD]: Richtig!)

    Und weil dies so ist, muß klargestellt werden, auf welcher Seite jeder Bewerber um einen Wahlkreis, um ein Mandat im Deutschen Bundestag in den Kernfragen der Republik steht.
    Herr Kollege Schmidt, Sie haben dann einiges zum Thema Arbeitslosigkeit gesagt. Ich will nur noch mit einer Lesefrucht — dann will ich Sie nämlich verschonen — daran erinnern, daß Sie im Juni 1982, zu einem Zeitpunkt, wo von Kennern der Verhältnisse in Bonn die Frage des Fortbestandes Ihrer Regierung schon sehr diskutiert wurde, vor Ihrer Fraktion eine bemerkenswerte Rede gehalten haben; eine Rede, die es gerade jetzt im Blick auf die kommende Richtungswahl im Januar nächsten Jahres lohnt nachzulesen. Sie haben dabei gesagt — ich zitiere: „In diesen zwölf Jahren — gemeint ist die Zeit zwischen 1970 und Anfang 1982 — ist die Zahl der Arbeitsplätze von 26,7 Millionen auf 25,4 Millionen gefallen, also um 1,3 Millionen; gleichzeitig ist die Arbeitslosigkeit von 0 auf 1,8 Millionen gestiegen."
    Herr Kollege Schmidt, daraus ergibt sich doch zwingend, daß das, was an Arbeitslosigkeit von der von mir geführten Regierung übernommen wurde, in der Tat eine Erblast Ihrer Zeit ist. Daran führt doch gar kein Weg vorbei.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Wenn Sie dieses Zitat zugrunde legen — ich sagte schon, es war im Juni 1982 —, dann wissen Sie, daß im Oktober 1982 die saisonbereinigte Arbeitslosenzahl bereits die 2-Millionen-Grenze überschritten hatte. Genau waren es 2 040 000 Arbeitslose.
    Sie wissen auch, Herr Kollege Schmidt, denn daran führt auch kein Weg vorbei: Die Bundesrepublik Deutschland stand am Ende Ihrer Amtszeit mitten in der tiefsten Krise der Nachkriegszeit. Meine Damen und Herren, die Gründe waren vielfältig. Darüber kann man durchaus reden. Aber eines hat Martin Bangemann eben zu Recht gesagt: Am Ende der von einem Sozialdemokraten geführten Regierung stand in diesem Land eine depressive Stimmung, standen Pessimismus und Zukunftsangst. Das sind Tatsachen, die unbestreitbar sind.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Sie haben viel Beherzigenswertes zum Thema Außen- und Sicherheitspolitik gesagt. Aber auch hierzu muß ich doch als Nachtrag erwidern: Das Problem für die deutsche Außen- und Sicherheitspolitik im Oktober 1982 bestand doch nicht in den politischen Meinungsäußerungen der FDP, Ihres damaligen Koalitionspartners, und der CDU/CSU, der damaligen Opposition. Im Herbst 1982 standen die Bündnistreue und die Verläßlichkeit der Bundesrepublik Deutschland als Partner wegen der Entwicklung in der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands auf dem Spiel. Das ist doch die Wahrheit.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Es gab damals die Abwendung der deutschen Sozialdemokratie unter Führung von Willy Brandt und vielen anderen von Ihrer Sicherheits- und Außenpolitik, wie Sie sie in jener Zeit vertreten haben. Sie haben in den letzten Monaten Ihrer Regierungszeit von der Opposition, der CDU/CSU, und von Ihrem Koalitionspartner FDP weit mehr Unterstützung erfahren als von Ihrer eigenen Partei.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Sehen Sie, Herr Kollege Schmidt, wir haben seit 1982 das Notwendige getan, um die Verteidigungsbereitschaft der Allianz zu sichern. Wir haben wichtige Initiativen ergriffen und unterstützt. Wir haben das vor allem auch im Blick auf den Dialog mit dem Osten auf dem Feld der Abrüstung und der Rüstungskontrolle getan.
    Meine Damen und Herren, die konventionelle Verteidigungsleistung der Bundesrepublik Deutschland stellt im Zusammenhang Mit den amerikanischen Potentialen und Garantien — Sie haben das heute wiederholt; ich unterstreiche das — den Kern der Sicherheit Westeuropas und damit selbstverständlich immer auch der Bundesrepublik Deutschland dar. Wir, diese Koalition von FDP, CSU und



    Bundeskanzler Dr. Kohl
    CDU und diese Bundesregierung, haben die Strukturen und die Einsatzbereitschaft unserer Streitkräfte verbessert. Wir haben die Deckung des Personalbedarfs durch die Verlängerung der Wehrpflicht und durch die gleichzeitige Erhöhung der Wehrgerechtigkeit sichergestellt.
    Herr Kollege Schmidt, muß es Sie nicht nachdenklich machen, daß in der Zeit von 1969 bis zum Ende Ihrer Amtszeit 1982 wenigstens — wenn ich die Zahl richtig im Kopf habe — in der Hälfte der Jahre der Verteidigungsetat hier im Deutschen Bundestag einstimmig beschlossen wurde — wenn ich von den paar Stimmen innerhalb der SPD absehe, die immer dagegen abgegeben wurden?
    Wir haben eine solche Haltung seitens der Opposition nicht erfahren. Der NATO-Doppelbeschluß ist aus gutem Grund von Ihnen und anderen in einer richtigen Erkenntnis der weltpolitischen Lage und der sowjetischen Rüstungspolitik innerhalb der NATO herbeigeführt worden. Sie haben in den damaligen Debatten im Deutschen Bundestag eine breite Zustimmung dafür erfahren, nicht zuletzt deswegen, weil Ihr damaliger Koalitionspartner, die FDP, und die jetzige Regierungspartei CDU/CSU Ihnen Unterstützung gewährt haben. Sie konnten zu jeder internationalen Konferenz — das gilt übrigens auch für EG-Besprechungen — immer mit der Gewißheit fahren, daß in der Außen- und Sicherheitspoiitik ein breiter Konsens im Haus bestand. Ich war nie, zu keiner Stunde meiner Amtszeit, in der glücklichen Lage, die Zustimmung der großen Oppositionspartei SPD zu einer Konferenz mitnehmen zu können.
    Meine Damen und Herren, wir haben den NATODoppelbeschluß ja dann durchgeführt. Sehen Sie, Herr Kollege Schmidt, das Problem ist doch, daß viele Äußerungen — etwa das Ja zur NATO, die Freundschaft zu den Amerikanern oder die Partnerschaft mit den Amerikanern — deswegen nicht überzeugend sind, weil, während Herr Rau das in Washington sagt, führende Leute Ihrer eigenen Partei — das ist nicht irgendwer, sondern das sind wesentliche politische Kräfte Ihrer Partei — überall draußen im Lande, wenn es darum geht, gegen die Amerikaner zu demonstrieren, in der ersten Reihe marschieren und Antiamerikanismus fördern.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Herr Kollege Schmidt, wir haben doch nicht aus Lust und Freude am Beschluß die schwierige Entscheidung getroffen, die Wehrpflicht auf Grund der demographischen Grundlagen von 15 auf 18 Monate zu verlängern. Das war doch in der Tat wieder einmal eine Chance, Gemeinsamkeit in der Sicherheitspolitik zu demonstrieren. Ich bin ganz sicher, daß, wenn unter den gegebenen Verhältnissen anstelle von Manfred Wörner Helmut Schmidt Bundesverteidigungsminister gewesen wäre, Sie zu dem gleichen Ergebnis gekommen wären, nämlich daß die Wehrpflicht verlängert werden mußte. Ihre Partei hat sich dieser Pflicht entzogen, und deswegen verdient sie kein Vertrauen in Sachen Verteidigung.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Ich sage es noch einmal: Die Sozialdemokratie bekennt sich zwar öffentlich zum Bündnis

    (Kühbacher [SPD]: Sie meint das auch so!)

    und zur Freundschaft mit den USA, aber die Entfremdung von der Allianz und die Verstrickung in ein wertneutrales Äquidistanzdenken, die völlig neue und den einstigen Konsenz verleugnende außenpolitische Grundorientierung rühren natürlich an den Grundfesten des Bündnisses. Meine Damen und Herren — auch davon hat Martin Bangemann im Zusammenhang mit der Wirtschaftspolitik zu Recht gesprochen —, Sie brauchen sich doch nur in Europa umzusehen. Sprechen Sie mit Ihren sozialistischen Freunden in Frankreich, sprechen Sie mit Ihren sozialistischen Freunden in Spanien, sprechen Sie mit Ihren sozialistischen Freunden in Italien — ich meine jetzt nicht mit den Feunden von der KPI, mit denen Sie sich neuerdings treffen, ich meine die Sozialisten Craxis.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe von der SPD)

    Wenn Sie mit all jenen sprechen, dann werden Sie doch feststellen, daß diese sozialistischen Parteien und die aus diesem Lager kommenden regierungsverantwortlichen Persönlichkeiten froh und dankbar dafür sind, daß wir als Bundesregierung und damit als Bundesrepublik Deutschland in Sachen Verteidigung eine so klare und damit natürlich auch berechenbare Position vertreten und vertreten haben, auch dann, wenn dies Stimmen gekostet hat. Die Entscheidung beispielsweise vor der Wahl in Nordrhein-Westfalen, das damals notwendige Gesetz zur Verbesserung der Altersstruktur in der Bundeswehr durchzusetzen, war eine bittere Notwendigkeit, hat aber der Demagogie in Ihren Kreisen Tür und Tor geöffnet.
    Meine Damen und Herren, noch ein Wort zum Verhältnis zu den Amerikanern. Herr Kollege Schmidt, Sie waren viele Jahre Regierungschef. Ich verstehe, daß Sie als Oppositionsredner die Dinge etwas salopp formuliert haben, aber Sie wissen doch auf Grund Ihrer über hundert Besuche in den Vereinigten Staaten, von denen Sie sprachen, daß diese Bundesregierung und vor allem ich in einer Fülle von Kontakten und Konsultationen mit der amerikanischen Regierung selbstverständlich deutsche Politik vertreten haben,

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    daß doch überhaupt gar keine Rede davon sein kann, daß wir nicht nachdrücklich unsere Interessen vertreten, daß also — —

    (Wolfram [Recklinghausen] [SPD]: Nennen Sie mal ein Beispiel!)

    — Ich brauche Ihnen nur ein Beispiel zu nennen, das sogar Ihre Zustimmung gefunden hat.

    (Wieczorek [Duisburg] [SPD]: SDI!)

    Wir haben ganz konkret, als es um die Vorgänge in Libyen ging, eine Position bezogen, die nicht die Zustimmung der Amerikaner gefunden hat. Das war doch erst vor ein paar Monaten. Ich kann die Liste beliebig erweitern.



    Bundeskanzler Dr. Kohl
    Herr Kollege Schmidt, Sie wissen auch so gut wie ich, daß all das, was Sie zum Thema SDI gesagt haben, einfach so nicht stimmt.

    (Dr. Vogel [SPD]: Viel schlimmer! — Weitere Zurufe von der SPD)

    Im übrigen, denke ich, werden wir noch sehr viel Gelegenheit haben, hoffentlich auch mit Ihnen — dann in anderer Eigenschaft —, über dieses Thema zu diskutieren. Wenn Sie die jüngste japanische Entscheidung in Sachen SDI zur Kenntnis nehmen, dann können Sie sehen, daß der Hintergrund dessen, was Sie gesagt habe, so einfach nicht stimmt.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Wir legen großen Wert darauf, daß die traditionelle Freundschaft und die enge Partnerschaft mit den Vereinigten Staaten von uns wie von den Amerikanern pfleglich behandelt wird. Wir legen aber selbstverständlich auch Wert darauf, daß wir, die wir die Souveränität unseres Landes und unsere wohlverstandenen Interessen zu vertreten haben, dafür den nötigen Respekt und die nötige Anerkennung finden, und das ist ja auch der Fall.
    Wenn es jetzt — ich werde gleich darauf zu sprechen kommen — nach all den Indikatoren, die wir sehen, mit großer Wahrscheinlichkeit zu dem nächsten Treffen zwischen Generalsekretär Gorbatschow und Präsident Reagen kommt, finden Sie bei den Vorschlägen, die dort unterbreitet werden, vieles von dem wieder, was wir über Konsultationen mit in die Entscheidung eingebracht haben.
    Nicht nur uns, sondern allen Europäern, meine Damen und Herren, sind Aufgaben in diesem Feld gestellt, und wir müssen glaube ich, gemeinsam der Gefahr begegnen, daß die Öffentlichkeit eines auch in seinem Selbstbewußtsein wiedererstarkten Amerika immer mehr zur Skepsis gegenüber Europa neigt und daß das Selbstmitleid, das manche Europäer deutlichmachen, dort immer weniger verstanden wird.
    Damit bin ich beim Stichwort „Europa". Sie haben dazu sehr viel Beherzigenswertes gesagt, was ich absolut akzeptiere. Sie haben aber im Blick zurück auch vieles verdrängt. Nahezu alles, Herr Kollege Schmidt, was Sie zur europäischen Agrarpolitik aus Ihrer Zeit gesagt haben, ist schlicht und einfach historisch falsch. Ich muß es noch einmal deutlich sagen: Wenn es eine Erblast gab

    (Zurufe von der SPD: „Wenn"!)

    — ich sage das übrigens ohne Vorwurf —, dann gab es sicherlich in diesem Feld eine Erblast; denn Sie wissen so gut wie ich, Herr Kollege Schmidt, daß das Konzept der Römischen Verträge von einer schnellen Einführung europäischer Politiken in vielen Feldern ausging, daß dies dann nicht eintrat, daß sich das dann durch viele Jahre, ja Jahrzehnte, in der Agrarpolitik fixierte. Sie wissen, daß man in allen europäischen Staaten — das gilt auch für die Bundesrepublik, und daran sind alle politischen Kräfte beteiligt, das muß man auch sagen — den Bauern die Lösung der Überproduktion anbot. Herr Kollege Schmidt, ich verstehe nicht, daß Sie, der Sie gern von Solidarität sprechen, in diesem Zusammenhang den Vorwurf machen — ich rede nicht von dem, was Herr Apel gestern sagte, das hat sich in sich selbst disqualifiziert — —

    (Beifall bei der CDU/CSU und bei Abgeordneten der FDP — Zurufe von der SPD)

    — Meine Damen und Herren, wer so wie Herr Apel gestern von Solidarität spricht und dann so zynisch über die Bauern spricht, der hat für mich das Recht verwirkt, über Bauern und von Solidarität zu sprechen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Zurufe von der SPD)

    Herr Kollege Schmidt, wir haben die Agrarpolitik übernommen, und wir sind jetzt dabei — und das wissen Sie wiederum so gut wie ich —, Stück für Stück, in einem Moment, wo die Dinge nach dem Beitritt von Spanien und Portugal nicht leichter, sondern schwerer geworden und mit den Problemen des Mittelmerraumes noch angereichert sind, die Dinge in eine vernünftige Richtung zu bringen.
    Wir haben 1985 beim Europäischen Rat in Mailand zusammen mit Frankreich — wie Sie es mit Recht hier angemahnt haben — den Entwurf eines Vertrages über die außenpolitische Zusammenarbeit eingebracht und zum Bestandteil einer europäischen Akte weiterentwickelt. Aber, meine Damen und Herren, diese europäische Außenpolitik steht natürlich in Wahrheit am Anfang. Wir müssen alle zusammen in Europa ein stärkeres Bewußtsein für eine gemeinsame europäische Interessenlage in der Welt entwickeln. Dabei geht es mir nicht um eine unabhängige Rolle Europas zwischen den Blöcken, sondern darum, den europäischen Pfeiler im Bündnis zu stärken.
    Herr Kollege Schmidt, die Luxemburger Beschlüsse mit — ich will nur einen wichtigen Teilpunkt nennen — der Öffnung zum Binnenmarkt in den nächsten Jahren sind ja schließlich eine beachtliche Leistung. Wenn Sie schon anmahnen, dann kann ich doch zurückgebend sagen: Warum haben Sie das nicht zu Ihrer Zeit mit Präsident Giscard d'Estaing entwickelt. Ich kann fortführen, ich kann sagen: Warum ist die militärpolitische Zusammenarbeit zu Ihrer Zeit nicht weiter gediehen? Wir haben jetzt ganz entscheidende und — wie ich denke — bahnbrechende Entscheidungen für die Zukunft getroffen. Deswegen läßt sich die Europa-Politik dieser Regierung sehr wohl sehen.
    Um Europa voranzubringen, müssen vor allem — und da sind wir einer Meinung — die Bundesrepublik Deutschland und die Französische Republik zusammenwirken. Daß auch wir engste Beziehungen zu Frankreich haben — so wie das zu Ihrer Zeit auch der Fall war —, mit dem Präsidenten der Republik, mit dem Premierminister, das steht doch außer Frage.
    Diese Zusammenarbeit findet ihren Ausdruck in Abstimmung und Zusammenarbeit in allen Fragen der europäischen Integration und im Bereich der Zusammenarbeit bei den neuen Technologien. Ich kann Sie also beruhigen: Herr Chirac und ich, wir



    Bundeskanzler Dr. Kohl
    haben gerade gestern abend über den Hubschrauber gesprochen. Wir werden hier gemeinsam tätig werden.

    (Zuruf des Abg. Schulte [Menden] [GRÜNE])

    Aber, Herr Kollege Schmidt, Sie wissen so gut wie ich, daß man, wenn Militärs die Dispositionen über die Machbarkeit und die Einsetzbarkeit eines Gerätes vorlegen, nicht einfach sagen kann, daß das so entschieden werde, sondern das muß mühsam im Detail durchgesprochen werden.
    Ich sage noch einmal: Wir haben auf dem Gebiet der Verteidigung und der Sicherheitspolitik kräftige Schritte in die Zukunft gemacht.
    Es ist das Werk aller demokratischen Parteien seit 1949, daß die deutsch-französische Freundschaft ein Kernstück jeder deutschen Politik ist. Darauf sollten wir auch gemeinsam stolz sein und uns nicht gegenseitig nachrechnen, wer da möglicherweise um ein Gramm mehr getan hat.
    Meine Damen und Herren, es ist auch wahr — und das ist ein wesentlicher Bestandteil unserer Politik gewesen; und wir dürfen auch sagen, wir haben Anteil an der Entwicklung —, daß die WestOst-Beziehungen in Bewegung geraten sind. Wenn Sie nur die Summe der Vorschläge — ob man sie immer akzeptieren mag oder nicht, ist jetzt gar nicht die Frage —, die jetzt für die Besprechung Reagan-Gorbatschow auf dem Tisch liegen, im Blick auf Abrüstung und Entspannung vor sich sehen und sich vorstellen, wir hätten vor zwei Jahren hier über dieses Thema bei der Haushaltsdebatte gesprochen, dann spüren Sie: Damals hätten die wenigsten diese Entwicklung für möglich gehalten. Die Dinge sind in Bewegung geraten.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Ich bin sicher: Wenn dieses Treffen zustande-kommt, werden davon neue Anstöße für die Zukunft für eine wirkliche Entspannung ausgehen. Dabei weiß ich auch — wir bleiben realistisch — , daß das nur kleine Schritte sind. Aber es werden Schritte in die richtige Richtung sein, etwa in Richtung auf ein weltweites Verbot chemischer Waffen, in der Frage eines Zwischenabkommens, das die Zahl der Mittelstreckenwaffen in West und Ost verringert, beim Problem der Verbesserung der Verifikation eines Teststoppabkommens, hinsichtlich einer Vereinbarung über die Errichtung von Zentren zur Verhinderung nuklearer Risiken und auf dem Gebiet der von der Stockholmer Konferenz behandelten sicherheits- und vertrauensbildenen Maßnahmen und Abrüstungsfragen in Europa.
    In den Rüstungskontrollverhandlungen, meine Damen und Herren, ist auf Grund der Vorschläge von beiden Seiten eine Lage entstanden, in der bei Verhandlungswillen und Kompromißbereitschaft konkrete Ergebnisse erzielt werden können. Ich gehe davon aus, daß heute dieser Wille auf beiden Seiten vorhanden ist. Wir haben dazu als Bundesregierung wichtige Beiträge und Anstöße geliefert.

    (Gansel [SPD]: Zu was denn?)

    — Ja, wenn Sie nicht einmal die Tageszeitung lesen, kann ich Ihnen auch nicht helfen, meine Damen und Herren.

    (Dr. Vogel [SPD]: Warum reden Sie dann über Tageszeitungsmeldungen?)

    Wenn Sie morgens nur den neuen „Vorwärts" zur Hand nehmen, soweit Sie den wenigstens noch lesen, kann Ihre Information natürlich nicht umfassend sein.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Waigel [CDU/CSU]: Solange es ihn noch gibt!)

    — Solange es ihn noch gibt, ja.
    Wir haben im Rahmen der Konsultation mit den USA und im Bündnis Beiträge zu den amerikanischen Rüstungskontrollvorschlägen und zum Fortgang der Verhandlungen erarbeitet. Wir sind überzeugt, daß unsere Mitwirkung dazu beigetragen hat, daß die amerikanische Antwort auf den sowjetischen Vorschlag vom 11. Juni dieses Jahres weiterführend war.

    (Abg. Gansel [SPD] meldet sich zu einer Zwischenfrage)



Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Bundeskanzler — —

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Helmut Kohl


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Nein, ich bin nicht bereit, die Redezeit jetzt zu unterbrechen.

    (Zurufe von der SPD)

    Zusammen, meine Damen und Herren, mit den europäischen Bündnispartnern sind wir für die Weiterbeachtung von SALT II eingetreten, sowohl gegenüber der Sowjetunion wie gegenüber den USA. Wir haben entschieden die Auffassung vertreten — Herr Kollege Schmidt, Sie haben nach diesem Punkt gefragt —, daß der ABM-Vertrag bis zu einer beiderseitigen, einvernehmlichen Lösung der Frage des Zusammenhangs zwischen Offensiv- und Defensivwaffen fortgelten muß. Ich habe übrigens bereits im Mai 1985 in meiner Rede auf dem letzten CDU-Parteitag darauf hingewiesen, daß zwischen dem Ausmaß der Reduzierung von Offensivwaffen und der Notwendigkeit und der Zahl von Defensivsystemen ein logischer Zusammenhang besteht. In der Frage eines allgemeinen Abkommens über den nuklearen Teststopp haben wir zum Ausdruck gebracht, daß ein schrittweises Herangehen über eine zeitliche und quantitativ-qualitative Beschränkung von Tests geboten ist. Wir haben eigene Vorschläge zur Verifikation von nuklearen Tests sowie zur Nichtproduktion und Nichtlagerung chemischer Waffen in die Verhandlungen eingebracht. Wir haben gemeinsam mit Großbritannien, meine Damen und Herren, Vorschläge zu MBFR innerhalb der Allianz und schließlich auch in Wien vorgelegt. Wir haben auch die Stockholmer Verhandlungen, wie jeder von Ihnen erkennen kann, ganz maßgeblich mitbestimmt.
    Letztlich will ich nur noch darauf hinweisen, daß wir bei der Tagung in Montebello gemeinsam mit unseren Bündnispartnern beschlossen haben, 2 400 nukleare Sprengköpfe in Europa einseitig abzubauen.



    Bundeskanzler Dr. Kohl
    Ich stelle also fest, daß sich diese Bundesregierung mit ihren Initiativen und Beiträgen auf allen Ebenen tatkräftig und energisch in den Prozeß der Abrüstungsverhandlungen eingeschaltet hat. Wenn wir jetzt bei dem Gipfeltreffen weitere Fortschritte erreichen, dann, denke ich, darf man mit Recht am Ende dieser vier Jahre sagen: Wir haben einen wesentlichen Beitrag dazu geleistet, daß wir sagen können: Frieden schaffen mit weniger Waffen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Wir waren auch immer der Meinung, daß eine Stabilisierung der West-Ost-Beziehungen, die von allen gewünscht wird, nicht allein auf dem Wege von Rüstungskontrollverhandlungen erreicht werden kann. Auch die anderen Probleme müssen Lösungen zugeführt werden. Zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Sowjetunion zeichnet sich nach dem Austausch mehrerer Botschaften zwischen Generalsekretär Gorbatschow und mir eine Verbesserung der bilateralen Beziehungen ab, die man jetzt durchaus als konstruktiv bezeichnen kann. Sie haben ja äußere Zeichen dieser Entwicklung zur Kenntnis genommen anläßlich des Moskau-Besuches der Bundesminister Genscher und Riesenhuber vom 20. bis 23. Juli 1986. Meine Damen und Herren, bei diesem Anlaß erfolgte die Unterzeichnung des deutsch-sowjetischen Rahmenabkommens über wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit und die Paraphierung dazugehörender Ressortabkommen und Programmabsprachen auf den Gebieten der Landwirtschaft, des Gesundheitswesens und der friedlichen Nutzung der Kernenergie.
    Meine Damen und Herren, auf diesen Erfolg hat die Bundesrepublik seit 1972 gewartet; auch das ist doch ein Erfolg, der nicht geleugnet werden kann.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich bin auch in diesem Feld ohne jede Illusion; mit dieser Anbahnung eines konstruktiveren Arbeitsverhältnisses sind natürlich nicht alle Schwierigkeiten in den deutschsowjetischen Beziehungen ausgeräumt. Aber ich denke, es sind gute Grundlagen geschaffen für die Zukunft. Vieles deutet darauf hin, daß wir schon in nächster Zeit erleben werden, daß die daraus erwachsenden Chancen von beiden Seiten wahrgenommen werden.
    Ich erinnere in diesem Zusammenhang nur an den Besuch des Kollegen Wallmann in diesen Tagen in Moskau

    (Gansel [SPD]: Kriegt er denn nun Schadenersatz?)

    und an die Entwicklung im Zusammenhang mit dem Abschluß eines Umweltabkommens. — Ach, Herr Kollege, Sie wollen doch hier nicht diskutieren, sondern Sie wollen Ihre Häme ausbreiten, mit dem Ziel, die Wähler zu verwirren. Das ist doch eine ganz andere Vorstellung von Politik.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Wir bereiten den Abschluß von Umweltabkommen, von Kulturabkommen und von wissenschaftlich-technischen Abkommen mit einer ganzen Reihe von Ländern des Warschauer Pakts vor. Die
    Entwicklung wird uns auch auf diesem Feld recht geben.
    Meine Damen und Herren, es ist ganz natürlich, daß in dieser Debatte nach den letzten vier Jahren die Wirtschafts-, die Finanz- und die Sozialpolitik eine große Rolle spielt. Für mich ist nur erstaunlich, mit welch einem Maß von Verwegenheit die Spitze der Sozialdemokratischen Partei auf die Vergeßlichkeit, um nicht zu sagen: auf die Dummheit der Wähler spekuliert.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Professor Krupp, im Falle eines Wahlsiegs von Hans-Jochen Vogel 1983 als Wirtschaftsminister vorgesehen, hat am 14. Oktober 1982 geschrieben:
    Die Lage am Arbeitsmarkt hat sich im Herbst — gemeint war: Herbst 1982 —
    dramatisch verschlechtert. Der Rückgang der Beschäftigung hat sich verstärkt, der Anstieg der Arbeitslosigkeit ist steiler geworden.
    Die wirtschaftswissenschaftlichen Institute haben im Oktober 1982 in ihrem Ausblick auf das Jahr 1983 hinzugefügt:
    Die Zahl der Arbeitslosen dürfte 1983 etwa 2,3 Millionen betragen und damit um mehr als 450 000 höher sein als 1982.
    Herr Kollege Vogel, im Februar 1983 und in den Tagen bis zu der großen Fernsehdebatte am Donnerstag vor der Bundestagswahl am 6. März 1983 sind Sie und andere durch das Land gezogen und haben dann noch einen Oppositionszuschlag draufgesattelt. 2,3 Millionen war Ihnen als Horrorzahl zu gering; Sie sprachen von 3 Millionen Arbeitslosen, die unsere Politik herbeiführen würde.

    (Dr. Vogel [SPD]: 2,6 Millionen haben Sie! — Weitere Zurufe von der SPD)

    Meine Damen und Herren, das, was Sie uns vor allem hinterlassen haben — ich sage es noch einmal —, war eine depressive Stimmung, war Pessimismus, war Untergangsszenario.
    Es ist auch Übung geworden — wir haben heute wieder etwas davon gehört —, daß ein katastrophaler Abwärtstrend bei Wachstum, Stabilität und Beschäftigung mit dem Hinweis auf die ungünstigen internationalen wirtschaftlichen Verhältnisse entschuldigt wird. Ich bin immer der Meinung gewesen, daß eine solide Diskussion, eine intellektuell redliche Diskussion in diesem Feld natürlich auch die internationalen Gegebenheiten beachten muß.

    (Zurufe von der SPD)

    Aber das ist eben nur die Hälfte der Wahrheit. Wenn die OECD — das sollten Sie sich merken, weil es für Ihre Politik steht — für den Zeitraum von 1969 bis 1982 unter den Kanzlern Brandt und Schmidt feststellt, daß in den USA mehr als 20 Millionen, in Japan 6 Millionen, in Kanada 2,5 Millionen und in Italien und in Frankreich jeweils 1 Million neue Arbeitsplätze hinzugekommen sind, dann sind das Zahlen, die Sie bitte mit den Ausführungen



    Bundeskanzler Dr. Kohl
    des Kollegen Schmidt vor Ihrer Fraktion im Juni 1982 vergleichen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Meine Damen und Herren, hier bei uns, unter den gleichen internationalen Bedingungen, waren es am Ende Ihrer Regierungsverantwortung nicht mehr Arbeitsplätze, sondern rund 700 000 Arbeitsplätze weniger als 1969. Deswegen frage ich Sie schlicht und einfach: Woher nehmen Sie den Mut, hier den Arbeitslosen zu sagen, daß sozialistische Politik in Deutschland für sie Zukunft bedeutet?

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Martin Bangemann hat schon ganz recht: Sie können solche Horrorszenarien hier im Haus entwickeln, Sie können sich vielleicht auch bei Ihrer Vorstandssitzung daran berauschen; im Land glaubt Ihnen dies kein Mensch.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Aus der Rezession ist wieder Wachstum geworden, und die marxistisch unterbauten Zukunftspropheten, die uns ja, auch aus Ihrem Lager kommend, zu Beginn der achtziger Jahre für ein ganzes Jahrzehnt — übrigens sehr zum Ärger des Kollegen Schmidt — Nullwachstum prophezeit haben, für die überhaupt das Thema „Null" immer etwas Positives enthielt,

    (Heiterkeit bei der CDU/CSU)

    all diese falschen Propheten sind ja ad absurdum geführt worden.
    Dabei räume ich ein — da hat der Kollege Schmidt natürlich recht —, daß Dollarkurs und Exporte zu diesem Ergebnis ganz wesentlich beigetragen haben. Aber, meine Damen und Herren, es zeigt sich doch inzwischen, daß die Aufwärtsentwicklung in der Bundesrepublik Deutschland ganz entscheidend vom inländischen Impuls, d. h. vom privaten Verbrauch und von Investitionen in Maschinen und Anlagen, getragen wird und daß sich auch der so kritische und auf Grund der gegebenen schwierigen — nicht zuletzt demographischen — Verhältnisse beeinträchtigte Baubereich zunehmend stabilisiert hat.
    Wir können doch heute mit Fug und Recht behaupten, daß — und das ist ja die gemeinsame Leistung aller Bürger guten Willens in unserem Lande — der Aufschwung in der Bundesrepublik Deutschland auf einem breiten, auf einem soliden Fundament steht.
    Die Preise sind so stabil, daß man weit in die Vergangenheit zurückgehen muß, um Vergleichbares zu finden. Wenn Sie nun dauernd die Preisentwicklung bei Öl und Benzin vorrechnen, dann lassen Sie uns das abziehen; dann bleiben wir trotzdem noch bei 1,5 %, und das ist eine Stabilitätsrate, die in der Tat Weltspitze ist. Darauf können wir doch stolz sein!

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Im übrigen wissen Sie doch, weil Sie es draußen in Ihren Versammlungen erleben: Die große Mehrheit unserer Bevölkerung — gerade die Leute mit den kleinen Einkommen, die keine Gelegenheit hatten, in irgendwelche Sachwerte zu flüchten — weiß, daß die größte soziale Tat, die ein Land sich selbst antun kann, die ist, stabile Preise zu haben, und die haben wir.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Es ist erstaunlich, wenn Sie, meine Damen und Herren, trotz dieses Beispiels, an dem sich ja im übrigen — das ist doch nicht nur eine Frage von Regierung und Opposition — viele verantwortliche Persönlichkeiten auch aus Ihrem Kreis mit beteiligt haben, an dem sich auch viele Gewerkschaftsführer durch vernünftige Lohnabschlüsse — auch das gehört doch in das Gesamtbild hinein — mit beteiligt haben, ein Szenario entwickeln, das besagt, dies alles gebe es nicht. Das glaubt Ihnen schlicht und einfach niemand.
    Nehmen Sie das als einen Rat von mir an.

    (Lachen und Zurufe von der SPD)

    — Hören Sie doch erst einmal zu! Das ist doch die politische Debatte der Steinzeit; es sind nur noch Töne, die herausgestoßen werden,

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zustimmung bei der SPD)

    das ist völlig unartikuliert.
    Mein Rat auf Grund der leidvollen Erfahrung meiner eigenen Partei — ich denke an die Oppositionszeit — ist, daß es wenig sinnvoll ist, dann, wenn das Bild draußen Sonnenschein zeigt, der Bevölkerung klarmachen zu wollen, es sei finstere Nacht mit Sturm und Schnee.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Wenn Sie jetzt Ihre Beschlüsse von Nürnberg unter diesem Gesichtspunkt betrachten — oder auch das, was gestern einer Ihrer Sprecher vorgetragen hat, der es ja als früherer Finanzminister nun wirklich besser weiß, weshalb ich nur sagen kann, daß ich vermute, daß er es zum Teil wider besseres Wissen so vorgetragen hat —, dann ist das doch der Rückfall in den alten Kreislauf einer verhängnisvollen sozialistischen Wirtschaftspolitik, die über die Verhältnisse lebt, die einfach nicht die Grunderkenntnis wahrhaben will, daß auch der Staat nur das ausgeben kann, was wir gemeinsam erwirtschaftet und erarbeitet haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Wir setzen auf eine Stabilitätspolitik mit langem Atem, auf eine Politik mit greifbaren Ergebnissen. Ich räume ein, das war in diesen vier Jahren oft schwierig genug. Wenn Sie am Abend einer Landtagswahl eine Niederlage eingestehen müssen, ist es für diese Stunde nur ein geringer Trost, daß Sie fest davon überzeugt sind und wissen, daß in Jahresfrist Erfolge sichtbar werden. Wir haben diesen langen Atem gehabt; wir werden ihn auch in Zukunft haben.
    In diesem Jahr steigen die Nettorealeinkommen, d. h. die Einkommen der Arbeitnehmer nach Abzug von Steuern, Abgaben und Preisanstieg, um rund 4 %. Das ist der höchste Anstieg seit 1970, also seit



    Bundeskanzler Dr. Kohl
    16 Jahren. Das ist soziale Politik für die Arbeitnehmer.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Sehen Sie, Herr Kollege Schmidt, das wissen j a auch alle, die der großen demokratischen Tradition der deutschen Gewerkschaftsbewegung verpflichtet sind.

    (Gansel [SPD]: Netto!)

    — Ach wissen Sie, meine Damen und Herren von der SPD: Über „brutto" und „netto" rede ich mit Ihnen nicht,

    (Lutz [SPD]: Das glaube ich!)

    da sind Sie Spezialisten, wenn ich beispielsweise Ihre Politik in Sachen Neue Heimat betrachte.

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Dieses Realeinkommen der Arbeitnehmer mußte natürlich auch jeder Betriebsrat zur Kenntnis nehmen. Deswegen, Herr Kollege Schmidt, geht es hier nicht darum, eine antigewerkschaftliche Politik zu konzipieren.

    (Immer [Altenkirchen] [SPD]: Haben Sie aber gemacht!)

    — Das glauben Sie doch selber nicht.

    (Zurufe von der SPD)

    Vor einem Vierteljahr haben Sie doch noch proklamiert, wir würden das Streikrecht abschaffen. Das glaubt doch heute kein Mensch. Sie haben beim § 116 AFG gemeinsam mit Teilen der Gewerkschaftsbewegung, die Ihrer Partei angehören, probieren wollen, wer die Macht im Staat hat. Das Parlament und die Regierung entscheiden, der Wähler entscheidet — und nicht die Straße.

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Dr. Vogel [SPD]: Das ist ja Hochverrat! Seien Sie vorsichtig!)

    Alles, was wir zur Wiederbelebung der Wirtschaft getan haben — Preisstabilität, gefüllte Auftragsbücher —,

    (Gansel [SPD]: Unglaublich!)

    hat etwas mit sozialer Politik für Arbeitnehmer und ihre Familien zu tun.
    Nach den neuesten Zahlen des Statistischen Bundesamts lag die saisonbereinigte Zahl der Arbeitsplätze zuletzt um mehr als eine halbe Million über dem Tiefstand von Anfang 1984. Sie lag damit um mehr als 250 000 über dem Stand vom Herbst 1982.
    Das heißt — und das können Sie nicht hinwegreden -:

    (Lutz [SPD]: Doch! — Lachen bei der CDU/ CSU und der FDP)

    Arbeitsplätze und Beschäftigung liegen heute bereits deutlich über dem Stand, den diese Regierung bei ihrem Amtsantritt vorgefunden hat.
    Ich füge gleich hinzu, damit auch da kein Zweifel aufkommt: Wir sind in Sachen Arbeitslosigkeit mit dem bisher Erreichten noch keineswegs zufrieden.
    Wir sind noch nicht über den Berg. Aber wir haben ein gutes, ja ein entscheidendes Stück des Aufstiegs geschafft. Solides Wirtschaftswachstum, stabile Preise, wachsendes Realeinkommen, zunehmende Beschäftigung: Das sind die Markenzeichen der Sozialen Marktwirtschaft auch in der Mitte der 80er Jahre, und das wird der Wähler bestätigen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Wir haben hier im Parlament wichtige Grundsatzentscheidungen auf diesem Weg getroffen. Ich bin vor allem dafür dankbar, daß die große Mehrheit unserer Bürger diese Entscheidungen letztendlich doch akzeptiert hat.
    Zu diesen Entscheidungen gehört die Rückkehr zu soliden Staatsfinanzen. Sie können noch so viele Rechenkünste hier aufbieten, und Sie können den Kollegen Stoltenberg noch so persönlich dabei angehen — er eignet sich ja so ziemlich gar nicht für dieses Verfahren, wie Sie genau wissen —:

    (Zurufe von der SPD)

    Jedermann in der Bundesrepublik, der wirklich Einsicht in die Dinge hat — und das ist wiederum die Mehrheit der Bürger —, weiß, daß wir auf dem Weg einer sparsamen Haushaltsführung, die natürlich auch Opfer gekostet hat, das Land wieder auf den richtigen Weg gebracht haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Heute, vier Jahre später, ist deutlich sichtbar, was mit der Rückgewinnung des finanzpolitischen Handlungsspielraums erreicht werden konnte.

    (Kühbacher [SPD]: Die Reichen!)

    — Wissen Sie: Aus Ihrem Lager würde ich über die Reichen so nicht reden.

    (Kühbacher [SPD]: Doch! Es ist aber so!)

    Ich finde: Diese Mottenkiste können Sie doch wirklich im 19. Jahrhundert belassen. Wollen Sie denn im Ernst sagen, daß Sie hier mit Ihrer Partei für die sozial Schwachen stehen?

    (Lutz [SPD]: Ja!)

    Da schauen Sie sich doch einmal um! Da werden Sie doch selber über das lachen müssen, was Sie jetzt sagen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Wir haben auf den Kreditmärkten für den privaten Nachfrager Platz gemacht. Verbraucher und Investoren sind heute in der Lage, das notwendige Geld zu günstigen Bedingungen zu erhalten.
    Wir haben die Steuern für Arbeitnehmer und Unternehmen gesenkt, weil wir mehr Freiheit für die private Entscheidung des Bürgers haben wollen, weil wir gegen mehr staatliche Umverteilung und Bevormundung sind.
    Wir haben Spielraum für eine aktive Arbeitsmarktpolitik geschaffen. Mit mehr als 10 Milliarden DM pro Jahr hat sich diese Bundesregierung auf -diesem wichtigen Feld jedenfalls mehr engagiert als Sie zuvor. Hunderttausend Plätze für Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen sind mehr als das Dreifache dessen, was wir im Jahre 1982 vorgefunden haben.



    Bundeskanzler Dr. Kohl
    Meine Damen und Herren, wir treiben eine aktive Politik zugunsten der Familie. Das erste Steuersenkungspaket in der Größenordnung von über 10 Milliarden DM dient vor allem auch diesem Ziel. Mit dem Erziehungsgeld, mit steuerlichen Erleichterungen, mit der Anrechnung von Erziehungszeiten in der Rentenversicherung haben wir neue familienfreundliche Wege beschritten.
    Wir treiben eine aktive Sozialpolitik. Wir haben die Renten für die vor uns liegenden Jahre auf eine sichere Grundlage gestellt, die Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes zweimal verlängert, das Wohngeld um 1 Milliarde DM angehoben, die Sozialhilfe erhöht und das Kindergeld für arbeitslose Jugendliche wiedér eingeführt,

    (Seiters [CDU/CSU]: Wieder!)

    das Sie, meine Damen und Herren von der SPD, gestrichen haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Die wenigen Beispiele zeigen, daß wir eine solide Politik betrieben haben, die nicht Illusionen nachgelaufen ist, sondern die mit Solidität und Augenmaß immer auch die Finanzen in der Perspektive hat. Deswegen stellt sich natürlich vor der Wahl an Sie alle die Frage, wie Sie Ihre vielen Versprechungen halten wollen.
    In Nürnberg ist j a in der Tat niemand zu kurz gekommen. Sie haben allen alles versprochen, den Schülern BAföG, den jungen Männern einen kürzeren Wehrdienst, den Frauen die berufliche Wiedereingliederung, den Bauern ein Aktionsprogramm, dem Mittelstand die Investitionsrücklage und den Arbeitslosen Hunderttausende von Arbeitsplätzen. Sie haben nur nicht gesagt, wie Sie es finanzieren würden. Das ist der Punkt, zu dem sich Fragen stellen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Der Weg, den Sie vorschlagen, ist klar: zurück zu höheren Schulden, höheren Steuern und zum Verlust von Arbeitsplätzen. Das ist die Konsequenz Ihrer Politik.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Lachen und Zurufe von der SPD)

    Das gilt auch für ein anderes wichtiges Kapitel — Herr Kollege Schmidt, ich hätte dazu gerne auch von Ihnen ein Wort gehört —, nämlich Kernenergie und Kernkraft.
    Die SPD hat trotz aller Warnungen aus den Gewerkschaften, von führenden Gewerkschaftlern aus ihrer eigenen Fraktion, Warnungen aus den Betrieben die Abschaltung der Kernkraftwerke innerhalb von zehn Jahren beschlossen, und dies, obwohl doch gerade unter ihrer Regierungsverantwortung 16 von den 20 deutschen Kernkraftwerken genehmigt wurden. Sie haben doch in der Nachbarschaft — ich war gerade letzte Woche in Stockholm —, in Schweden, einem Land, dessen Regierung Ihnen nun wirklich sympathisch sein sollte, ein Beispiel dafür bekommen,

    (Zurufe von der SPD: Die steigen auch aus!)

    daß sich die Schweden, von jetzt an gerechnet, einen Zeithorizont von 24 Jahren setzen.

    (Zurufe von der SPD: Und Sie? — Dr. Vogel [SPD]: Und Sie 25 Jahre?)

    — Herr Kollege Vogel, Sie haben zur Kernkraft fast jeden Tag etwas anderes gesagt,

    (Dr. Vogel [SPD]: So ein Unsinn!)

    nur Herr Rau hat zu diesem Thema noch nebulöser gesprochen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Ebenso wie in der Außen- und Sicherheitspolitik steuern Sie in der Kernkraftfrage einen unberechenbaren Kurs.

    (Zuruf von der SPD: Ein nebulöser Kanzler!)

    Für diese Bundesregierung spielen Arbeitsplätze und Beschäftigung eine zentrale Rolle.

    (Lachen bei der SPD)

    Deswegen steuern wir auch in der Energiepolitik einen klaren Kurs.

    (Zurufe des Abg. Dr. Ehmke [Bonn] [SPD] sowie weitere Zurufe von der SPD)

    — Herr Abgeordneter Professor Dr. Ehmke, wenn Sie über die Not von Arbeitslosen sprechen, denkt sich jeder in diesem Haus seinen Teil. Das will ich Ihnen doch einmal sagen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Wir wollen einen akzeptablen Sicherheitsstandard, und zwar nicht nur bei uns, sondern in allen Ländern, die Kernkraftwerke betreiben. Denn was nützt es uns, um bei Ihrer Vorstellung zu bleiben, wenn wir alle Kernkraftwerke abschalten, sich ringsherum aber nichts verändert?

    (Dr. Vogel [SPD]: Was ist mit Cattenom?)

    Sie wissen, daß weder die DDR noch die Französische Republik noch irgendein Land — —

    (Walther [SPD]: Das ist doch Ihre Sache, Sie sind doch Regierung! — Weitere Zurufe von der SPD)

    — Entschuldigung, Cattenom ist doch wirklich zu Ihrer Amtszeit genehmigt und gebaut worden.

    (Lachen bei der SPD)

    Die entscheidenden Genehmigungen sind doch alle zu Ihrer Amtszeit nach Konsultationen gegeben worden. Das wissen Sie doch so gut wie ich.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Dr. Vogel [SPD]: Was haben Sie gestern gemacht? Worüber reden Sie eigentlich? — Weitere Zurufe von der SPD)

    Es ist doch absurd, nachdem Sie in Ihrer Verantwortung viele Jahre hindurch in bezug auf Cattenom nichts getan haben,

    (Dr. Vogel [SPD]: Das ist dumm und töricht!)




    Bundeskanzler Dr. Kohl
    daß Sie jetzt so tun, als sei dieses inzwischen gebaute Kernkraftwerk einfach stillzulegen.

    (Dr. Vogel [SPD]: Was haben Sie denn gemacht?)

    Die einfachsten internationalen Gegebenheiten auf diese Art zu leugnen ist doch wirklich absurd.

    (Dr. Vogel [SPD]: Euratom-Vertrag, was?)

    Meine Damen und Herren, ich habe nach dem Reaktorunfall in Tschernobyl

    (Wieczorek [Duisburg] [SPD]: Nichts getan!)

    die Initiative für eine internationale Konferenz über die Sicherheit kerntechnischer Anlagen ergriffen.

    (Dr. Dregger [CDU/CSU]: Sehr wichtig!)

    Die Konferenz beginnt in vierzehn Tagen in Wien.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Meine Damen und Herren, wir werden nach der Rückkehr von Bundesminister Walter Wallmann Gelegenheit haben, nach einer Regierungserklärung hier im Haus über die Ergebnisse und die Perspektiven insgesamt zu diskutieren.
    Wir jedenfalls haben, was die Bundesregierung betrifft, nach Tschernobyl die notwendigen Konsequenzen gezogen. Wir haben in der vergangenen Woche ein Aktionsprogramm beschlossen, um alle Erfahrungen aus dem Reaktorunfall zu verwerten. Hierzu gehört auch der nach dem Unfall an die Reaktorsicherheitskommission erteilte Auftrag, alle in Betrieb, in Bau oder in Planung befindlichen Kernkraftwerke in der Bundesrepublik angesichts der Erfahrungen einer Überprüfung zu unterziehen.
    Meine Damen und Herren, wir wollen auch zur Entwicklung alternativer Energien unseren Beitrag leisten und jede Anstrengung zur Energieeinsparung weiter unterstützen.

    (Zuruf von der SPD: Wo denn?)

    Dies hat ja auch sehr konkrete Folgen, die Sie im Haushalt, der jetzt beraten wird, erkennen können. Die Bundesregierung schlägt vor, für alternative Energien, Energieeinsparung mehr Geld zur Verfügung zu stellen, als dies je zuvor der Fall war. Ich glaube, daß noch Chancen für neue Entwicklungen bestehen.
    Aber ich weiß auch, daß niemand von uns zum gegenwärtigen Zeitpunkt sagen kann, wann sich diese Chancen so realisieren, daß sie in praktische und praktizierbare Technologien umgesetzt werden können.

    (Senfft [GRÜNE]: Das wird in Dänemark schon lange gemacht!)

    Es ist einfach richtig, daß im Augenblick niemand sagen kann, zu welchem Zeitpunkt neue Entwicklungen welche Beiträge zur Energieversorgung leisten können.
    Und solange wir das nicht wissen, meine Damen und Herren, ist es eine bewußte Täuschung des Bürgers, mit der Ankündigung fester Zeitpunkte und Zeiträume hinsichtlich des Verzichts auf Kernenergie den Eindruck zu erwecken, wir hätten diese Entwicklung bereits jetzt fest im Griff. Dies ist einfach nicht wahr!

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Wer es dennoch tut, muß auch über die Konsequenzen einer solchen Aussteigerpolitik sprechen:
    Erstens. Konsequenzen für die Umwelt. Denn der Rückgriff auf die fossilen Energieträger, auf Öl, Gas und vor allem Kohle, wäre j a dann wohl unausweichlich.

    (Senfft [GRÜNE]: Das ist falsch, schon das ist falsch!)

    Und dieser Rückgriff würde doch, wie wir alle wissen — und Gutachten, die Sie gerne heranziehen, sagen das ja auch —, die Schadstoffbelastung der Umwelt beträchtlich erhöhen. Gestern noch hörte ich von seiten der SPD — ich denke an die Debatte im Bundestag zum Thema Buschhaus;

    (Zustimmung bei der CDU/CSU — Zurufe von der SPD und den GRÜNEN)

    das ist ja so lange noch nicht her —: Kohlekraftwerke sind Dreckschleudern und damit Gift für Wald und menschliche Gesundheit. Stirbt aber erst der Wald, so lautete doch die Parole, so stirbt auch bald der Mensch.

    (Frau Hönes [GRÜNE]: Das ist richtig!)

    Heute werden uns Kohlekraftwerke demgegenüber als die ideale Lösung angepriesen.

    (Senfft [GRÜNE]: Das ist doch Blödsinn! — Frau Hönes [GRÜNE]: Umgerüstete! — Lachen bei der CDU/CSU — Kolb [CDU/ CSU]: Und wer rüstet sie um?)

    Zweitens. Die Konsequenzen für die Entwicklungsländer, meine Damen und Herren, von denen Sie doch so gerne sprechen, werden von Ihnen in dieser Debatte überhaupt nicht erwähnt. Jeder von Ihnen weiß, daß die Industrieländer und damit auch die Bundesrepublik Deutschland höhere Preise für 01, Gas und Kohle noch bezahlen können. Für die große Mehrheit der Entwicklungsländer würde dies aber das Ende ihrer wirtschaftlichen Zukunft bedeuten,

    (Seiters [CDU/CSU]: Das ist der SPD egal!)

    und zwar zu einem Zeitpunkt, in dem die Zukunft in vielen Ländern noch gar nicht richtig begonnen hat.
    Drittens. Die Konsequenzen für unsere wirtschaftliche und damit auch politische Abhängigkeit von Ölförderländern, die wir doch gerade erst in den letzten Jahren gemeinsam verringert haben: Stehen Sie wirklich noch zu der Politik „Weg vom 01", die wir in den 70er Jahren gemeinsam diskutiert und beschlossen haben?

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    In der Energiepolitik kann es — bei allem Verständnis, ja Sympathie für Ängste von Menschen — nicht um eine Politik des Alles oder Nichts gehen, d. h. um das sofortige Abschalten oder Nichtab-



    Bundeskanzler Dr. Kohl
    schalten von Kernkraftwerken. Denn jeder weiß, daß eine abrupte Änderung in der Energiepolitik ohne schwerste Belastungen für die Umwelt, für die Wettbewerbsfähigkeit und für die Arbeitsplätze nicht denkbar ist.
    Unsere Energiepolitik muß sich an drei Leitlinien orientieren.
    Erstens. Die Sicherheit und die Gesundheit des Bürgers müssen absoluten Vorrang vor allen anderen — auch ökonomischen — Überlegungen haben.

    (Zuruf von den GRÜNEN)

    Das heißt, es muß ein hoher und zugleich vertretbarer Sicherheitsstandard durchgesetzt werden, und zwar natürlich selbstverständlich über Ländergrenzen hinaus.
    Wir haben dazu vieles auf den Weg gebracht.
    Ich füge aber gleich hinzu: Ich sehe auch den Wiener Verhandlungen ohne Illusion entgegen. Wir müssen uns darüber im klaren sein, daß dies keine Frage des Ost-West-Verhältnisses ist, sondern — ich habe das gestern abend wieder in einem Gespräch in Paris erfahren —, daß die Einschätzung, auch die tiefenpsychologischen Vorgänge im Zusammenhang mit Kernkraftwerken und nuklearen Vorgängen überhaupt in den einzelnen Ländern sehr unterschiedlich aussehen und wir das natürlich bei internationalen Gesprächen in Rechnung stellen müssen.
    Wir müssen zweitens am Ziel, die Umweltbelastung zu verringern, konsequent festhalten, und zwar nicht erst mit Blick auf das Jahr 2000, sondern auch heute.
    Wenn uns heute die Waldbauern im Schwarzwald sagen: Unser Wald geht kaputt; wenn sie sagen: Was seid ihr bereit zu tun, damit unsere Existenz erhalten bleibt?, dann muß diese Anstrengung schon jetzt und heute unternommen werden.

    (Zuruf von den GRÜNEN: Ja eben, was tut ihr denn?)

    — Da Sie, meine Damen und Herren, auf diesem Feld in der Vergangenheit wirklich wenig aufzuweisen haben, schlage ich vor, daß Sie am besten dazu schweigen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wir müssen zum dritten trotz des niedrigen Ölpreisniveaus, das viele dazu verleitet, vom Energiesparen abzusehen, dabei bleiben, daß Energieeinsparung und die Entwicklung alternativer Energien wichtige Ziele unserer Politik sind — auch dann — das füge ich ausdrücklich hinzu —, wenn wir nicht bei jeder Maßnahme und bei jedem Unternehmen, das gestartet wird, den Erfolg vorhersehen können.
    Meine Damen und Herren, wir halten am Kurs der deutschen Energiepolitik fest.

    (Senfft [GRÜNE]: Das ist schlimm!)

    Es kann dabei sehr wohl sein — niemand wird
    etwas dagegen haben —, daß wir Kernenergie zu
    einem späteren Zeitpunkt rückblickend als eine
    Energieform des Übergangs betrachten können. Aber heute können wir das so noch nicht sagen.
    Meine Damen und Herren, wenn wir diese letzten vier Jahre rückblickend betrachten und den politischen Standort der Bundesrepublik Deutschland im Herbst 1982 oder am Wahltag, 6. März 1983, mit dem im Herbst 1986 vergleichen, können wir mit Genugtuung und Dankbarkeit sagen: Wir haben in diesen vier Jahren ein gutes Stück Weg zurückgelegt.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Die Talsohle, von der Karl Schiller früher einmal gesprochen hat, liegt glücklicherweise ein gutes Stück hinter uns. Die OECD kommt im Sommer dieses Jahres zu dem Urteil: „Die Aussichten für die deutsche Wirtschaft sind gut. Das Risiko einer Wiederbelebung der Inflation dürfte gering sein, die Realeinkommen erholen sich, und die Arbeitslosigkeit dürfte zu sinken beginnen."
    Das ist eine ermutigende Bilanz. Es ist aber keine Bilanz, die uns den Hinweis gibt, daß es an der Zeit sei, die Hände in den Schoß zu legen, sondern eine Bilanz, die uns den Auftrag gibt, noch entschiedener an den Problemen in Zukunft zu arbeiten.
    Auf der internationalen Tagesordnung steht unverändert das große Thema Friedenssicherung und Abrüstung an erster Stelle. Wir wissen als Deutsche, daß wir nur durch das Zusammenwachsen Europas in Zukunft auch die Einheit der Nation gewinnen können.
    Wir wissen, daß auch hierzulande viele wichtige Themen anstehen. Der Satz „Leistung muß sich lohnen" bedeutet für uns, daß wir die wirklich große Steuerreform durchführen müssen, die auch ein Stück Abbau von Bürokratie und Staatsfeindlichkeit beim Bürger ermöglichen wird.
    Ich möchte wiederholen, was Norbert Blüm immer wieder gesagt hat — und ich bin sehr dankbar, Frau Kollegin Fuchs, daß Sie Ihre Reaktion zu diesem Thema so ausgedrückt haben, wie es zu lesen war —, daß wir vielleicht doch bei allem, was uns trennt, den Versuch unternehmen können, in der neuen Legislaturperiode in Sachen Sicherung des Lebensabends der alten Mitbürger, der Rentenversicherung eine gemeinsame und tragfähige Grundlage zu finden.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Wir alle wissen, daß wir im Felde des Gesundheitswesens noch schwierigste Aufgaben zu erledigen haben.
    Ich habe nur diese drei Punkte unter vielen herausgegriffen, um deutlich zu machen, daß auch in der nächsten Legislaturperiode, in den nächsten vier Jahren wichtige Entscheidungen anstehen.
    Wir werden gemeinsam, FDP, CSU und CDU, für die Zukunft diesen Weg einer soliden und solidarischen Politik fortsetzen. Ich bin ganz sicher, daß wir im Blick zurück auf die letzten vier Jahre mit dem Nachweis einer erfolgreichen Politik und mit der überzeugenden Kraft unserer Ideen für die nächsten vier Jahre am Wahltag gut bestehen werden.



    Bundeskanzler Dr. Kohl
    Meine Damen und Herren, wir werden in diesen Monaten miteinander viele Auseinandersetzungen haben. Ich möchte mit einem Satz schließen, den der Kollege Schmidt ausgesprochen hat: daß wir bei aller Härte der Auseinandersetzung in diesem Haus und noch mehr außerhalb des Hauses nicht vergessen sollten, daß wir gemeinsam unserer Republik dienen wollen.

    (Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)