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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 10/228 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 228. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 10. September 1986 Inhalt: Wahl des Abg. Hiller (Lübeck) zum Schriftführer als Nachfolger des Abg. Heyenn . 17659A Begrüßung des Außenministers der Republik Malta 17727 D Fortsetzung der ersten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1987 (Haushaltsgesetz 1987) — Drucksache 10/5900 — in Verbindung mit Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Der Finanzplan des Bundes 1986 bis 1990 — Drucksache 10/5901 — Dr. Dregger CDU/CSU 17659 B Schmidt (Hamburg) SPD 17668 B Dr. Bangemann, Bundesminister BMWi 17685 B Dr. Kohl, Bundeskanzler 17692 B Frau Hönes GRÜNE 17703A Dr. Waigel CDU/CSU 17707 A Dr. Ehmke (Bonn) SPD 17715B Dr. Barzel CDU/CSU 17721A Genscher, Bundesminister AA 17727 D Frau Borgmann GRÜNE 17731 D Frau Dr. Däubler-Gmelin SPD . 17734 A Dr. Wörner, Bundesminister BMVg . . 17738 C Gansel SPD 17742 A Frau Seiler-Albring FDP 17745 B Lange GRÜNE 17747 D Dr. von Bülow SPD (Erklärung nach § 30 GO) 17751 C Vizepräsident Cronenberg 17721 A Vizepräsident Westphal 17742 A Nächste Sitzung 17751 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 17753* A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 17753* B Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 228. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 10. September 1986 17659 228. Sitzung Bonn, den 10. September 1986 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Berichtigung 226. Sitzung, Seite 17578* C: In der Anlage 32 ist die Vorlage Unterrichtung durch das Europäische Parlament: Entschließung zum Abschluß des Verfahrens der Konsultation des Europäischen Parlaments zum Vorschlag der Kommission der Europäischen Gemeinschaften an den Rat für einen Entwurf einer Entschließung betreffend ein mittelfristiges Programm der Gemeinschaft (1986-1990) zur Chancengleichheit der Frauen (Drucksache 10/5627) zuständig: Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit (federführend) Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung zu streichen. Einzufügen ist: Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht über die Entwicklung der mit den Verkaufserlösen und Betriebsausgaben in der Land- und Forstwirtschaft anfallenden Umsatzsteuer (Vorsteuerbelastung) (Drucksache 10/5631) zuständig: Finanzausschuß (federführend) Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 227. Sitzung, Seite 17585 D, Zeile 3: Statt „Zuruf von der CDU/CSU:" ist „Zuruf von der SPD:" zu lesen. Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens * 12. 9. Antretter * 11. 9. Büchner (Speyer) * 11. 9. Dr. Bugl 10. 9. Eigen 12. 9. Dr. Emmerlich 12. 9. Frau Fischer * 11. 9. Dr. Götz 12. 9. Dr. Haack 10. 9. Hanz (Dahlen) 12. 9. Heimann 10. 9. Jahn (Marburg) 10. 9. Klein (München) 10. 9. Dr. Klejdzinski * 11. 9. Dr. Köhler (Wolfsburg) 10. 9. Dr. Kreile 12. 9. Dr. Kronenberg 12. 9. Dr. Kübler 10. 9. Landré 11. 9. Lenzer * 11. 9. Dr. Mitzscherling 12. 9. Dr. Müller * 12. 9. Nagel 12. 9. Frau Pack * 11. 9. Pöppl 12. 9. Reddemann * 10. 9. Dr. Riedl (München) 12. 9. Schlaga 10. 9. Dr. Schmude 10. 9. Sielaff 10. 9. Dr. Soell 12. 9. Voigt (Sonthofen) 12. 9. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 27. Juni 1986 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen: Gesetz zur Entlastung landwirtschaftlicher Unternehmer von Beiträgen zur landwirtschaftlichen Sozialversicherung (Sozialversicherungs-Beitragsentlastungsgesetz - SVBEG) Gesetz zu dem Übereinkommen von 1976 über die Beschränkung der Haftung für Seeforderungen Gesetz zur Änderung des Handelsgesetzbuchs und anderer Gesetze (Zweites Seerechtsänderungsgesetz) Gesetz über das Verfahren bei der Errichtung und Verteilung eines Fonds zur Beschränkung der Haftung für Seeforderungen (Seerechtliche Verteilungsordnung) Erstes Gesetz zur Änderung des Tierschutzgesetzes Zu dem letztgenannten Gesetz hat der Bundesrat folgende Entschließung gefaßt: Anlagen zum Stenographischen Bericht Der Bundesrat geht bei seiner Zustimmung davon aus, daß im Vollzug des § 8 des Tierschutzgesetzes an die wissenschaftlich begründete Darlegung der Genehmigungsvoraussetzungen strenge Anforderungen gestellt werden. Die wissenschaftliche Darlegung muß den Verwaltungsbehörden die Grundlage für einen zuverlässigen Schluß auf das Vorliegen der Genehmigungsvoraussetzungen liefern. Die Verwaltungsbehörde darf sich selbst nicht auf die bloße formelle Prüfung, etwa ob der Genehmigungsantrag durch wissenschaftliche Gutachten belegt ist, beschränken. Sie hat sich vielmehr mit aller Gewissenhaftigkeit und unter Heranziehung der ihr zugänglichen Erkenntnisquellen zu überzeugen, daß die materiellen Voraussetzungen für den Tierversuch vorliegen. Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 11. Juli 1986 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen: Erstes Gesetz zur Änderung des Schwerbehindertengesetzes Zweites Gesetz zur Änderung des Arzneimittelgesetzes Fünftes Gesetz zur Änderung des Wasserhaushaltsgesetzes Drittes Gesetz zur Änderung der Bundeshaushaltsordnung Gesetz zu dem Übereinkommen vom 19. Juni 1980 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht Gesetz zur Neuregelung des Internationalen Privatrechts Gesetz zu den Haager Übereinkommen vom 2. Oktober 1973 über die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen sowie über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht Gesetz zur Ausführung des Haager Übereinkommens vom 2. Oktober 1973 über die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen (Unterhaltsvollstreckungs-Übereinkommens-Ausführungsgesetz ) Gesetz zur Änderung des Gebrauchsmustergesetzes Gesetz zur Änderung tarifrechtlicher Bestimmungen im Seehafenhinterlandverkehr Fünftes Gesetz zur Änderung des Textilkennzeichnungsgesetzes Gesetz über die Feststellung des Wirtschaftsplans des ERPSondervermögens für das Jahr 1987 (ERP-Wirtschaftsplangesetz 1987) Zweites Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Durchführung der Gemeinsamen Marktorganisationen Gesetz zu dem Abkommen vom 7. Januar 1986 zur Änderung des Abkommens vom 17. Dezember 1973 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staat Israel über Soziale Sicherheit Gesetz über die Anpassung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und Ländern 1986 (Bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetz 1986 - BBVAnpG '86) Gesetz über die Vermeidung und Entsorgung von Abfällen (Abfallgesetz - AbfG) Gesetz zur Änderung wirtschafts-, verbraucher-, arbeits- und sozialrechtlicher Vorschriften Zu den drei letztgenannten Gesetzen hat der Bundesrat folgende Entschließungen gefaßt: 1. Der Bundesrat hält eine Erhöhung der Stundensätze der Zulage für Dienst zu ungünstigen Zeiten für Polizeibeamte allgemein für gerechtfertigt. Er bittet die Bundesregierung, die Erschwerniszulagenverordnung alsbald entsprechend zu ändern. 2. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, die nach § 14 Abs. 2 des Abfallgesetzes zur Vermeidung oder Verringerung von Abfallmengen der Wirtschaft zu setzenden Frist möglichst kurz zu bemessen, zumal sich die Wirtschaft auf Grund der bereits geführten Gespräche hierauf einstellen konnte. Er geht davon aus, daß im Falle einer erkennbaren fehlenden Bereitschaft der Wirtschaft oder Teilen davon zur Reduzie- 17754* Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 228. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 10. September 1986 rung der Abfallmengen aus Einwegverpackungen die Bundesregierung auch ohne Fristsetzung von den Ermächtigungen des § 14 Abs. 2 Gebrauch macht. Die Bundesregierung wird gebeten, für solche Fälle umgehend entsprechende Rechtsverordnungen vorzubereiten. 3. Im Hinblick auf die in der Anhörung im Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages zum Ausdruck gekommenen Bedenken gegen einzelne Bestimmungen des Gesetzentwurfs bittet der Bundesrat die Bundesregierung, bis zum 1. Januar 1989 einen Bericht über die praktischen Erfahrungen mit den novellierten Vorschriften vorzulegen. Dies gilt insbesondere für die neuen Regelungen im UWG über das Verbot der öffentlichen Werbung mit mengenmäßiger Beschränkung, das Verbot der öffentlichen Werbung mit Preisgegenüberstellungen sowie das nunmehr durchweg zivilrechtlich ausgestaltete Verfahren bei Räumungsverkäufen. Die in Drucksache 10/5706 unter Nummer 28 aufgeführte EGVorlage Vorschlag für eine Empfehlung des Rates über die koordinierte Einführung des dienstintegrierenden digitalen Fernmeldenetzes (ISDN) in der Europäischen Gemeinschaft — auf dem Weg zu einem europaweiten Telematikmarkt — KOM (86) 205 endg. — Rats-Dok. Nr. 7308/86 ist als Drucksache 10/5933 verteilt.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Alfred Dregger


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Ja.


Rede von Dr. Dieter Spöri
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Kollege Dregger, ist Ihnen bekannt, daß die Abgabenquote noch nie so hoch war wie unter Ihrer Regierung, nämlich 43%?

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    Rede von Dr. Alfred Dregger


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Mir ist bekannt, daß unsere Bemühungen, die Abgabenquote zu senken, in der zweiten Legislaturperiode durch unsere große Steuer- und Finanzreform

    (Lachen bei der SPD — Dr. Vogel [SPD]: Das habt ihr schon einmal versprochen!)

    — nein, das habe ich doch eben angekündigt — und durch die Bemühungen, die Beiträge zur Krankenversicherung in den Griff zu bekommen, ihre Haupterfolge haben wird. So schnell kann man das nicht alles beseitigen, was Sie an Unheil hinterlassen haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Dr. Spöri [SPD]: Ja, ja, übermorgen!)

    Das dritte, meine Damen und Herren: Sie wollen nicht nur mehr Staat, mehr Steuern und Abgaben, Sie wollen auch mehr Schulden. Da die Steuer- und Abgabenschraube immer unwirksamer wird, je mehr man sie überdreht, bliebe das Ingangsetzen der Schuldenrakete Ihr einziger Ausweg. Sie schließen ihn in Ihrem Programm auch keineswegs aus.
    Es ist ja bemerkenswert, daß in Ihrem Wahlprogramm wie in der Grundsatzrede Ihres Kanzlerkandidaten in Nürnberg das Wort „Staatsverschuldung" überhaupt nicht vorkommt, und genausowenig kommt in Ihrem Programm und dieser Rede von Herrn Rau das Ziel „Geldwertstabilität" vor. Das interessiert Sie gar nicht. Kosten und Schulden und Inflation, das führen Sie herbei, nicht wahr; die Ideologie stimmt.

    (Dr. Vogel [SPD]: Das steht im Programm! — Wieczorek [Duisburg] [SPD]: Sie haben ein anderes Programm als wir!)

    Meine Damen und Herren, weit wirklichkeitsblinder und gefährlicher noch als Ihr wirtschafts- und finanzpolitisches Programm ist das, was Sie in Nürnberg zur Sicherheitspolitik beschlossen haben.

    (Lachen bei der SPD)

    Meine Damen und Herren, bei dem zweiten geht es um unsere nationale, unsere freiheitliche, unsere demokratische Existenz. Sie wollen einseitig auf die atomare Komponente bei der Abschreckung eines konventionellen Angriffs auf Deutschland verzichten, ohne das durch Stärkung der konventionellen Abwehr ausgleichen zu wollen. Sie wollen bei westlichem Totalverzicht der Sowjetunion im Mittelstreckenbereich ein Monopol einräumen. Die schöne Hegemonialwaffe der Sowjetunion SS-20 soll uns erhalten bleiben: 140 SS-20 mit 420 Sprengköpfen. Sie fürchten sich offenbar davor überhaupt nicht. Sie fürchten sich nur vor den eigenen Waffen, nicht vor den Waffen, die auf uns gerichtet sind.



    Dr. Dregger
    Meine Damen und Herren, damit würde das herbeigeführt, was die Initiative des Bundeskanzlers Helmut Schmidt und die Standfestigkeit des Bundeskanzlers Helmut Kohl, unterstützt von der CDU/ CSU und der FDP — übrigens auch von unseren ausländischen Verbündeten; ich erinnere an die Rede von Staatspräsident Mitterrand und von Präsident Reagan hier im Hause —, verhindert haben. Das wollen Sie jetzt der Sowjetunion kostenlos auf den Tisch legen.
    Meine Damen und Herren, Sie wollen das Unterstützungsabkommen für amerikanische Verstärkungskräfte, die uns im Notfall helfen sollen, kündigen. Starke Kräfte in der SPD wollen den Abzug der amerikanischen Truppen aus Europa bis auf einen symbolischen Rest.

    (Zuruf von der SPD: Wer denn?)

    Sie wollen bei alledem auch noch die Bundeswehr schwächen. Sie wollen sie verkleinern, größere Teile kadern, die Wehrpflichtverlängerung rückgängig machen

    (Vogel [München] [GRÜNE]: Jawohl, das stimmt!)

    und ihr Haushaltsmittel entziehen. Die GRÜNEN sind begeistert. Meine Damen und Herren von der SPD, Sie sind inzwischen fast wie die GRÜNEN geworden, gerade in der Sicherheitspolitik.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Lachen bei der SPD)

    Ihr insbesondere in der Sicherheitspolitik wenig sachkundiger Kanzlerkandidat hat auf einer sicherheitspolitischen Tagung vor Offizieren der Bundeswehr erklärt,

    (Zuruf von der SPD: Ich dachte, Sie würden etwas davon verstehen!)

    die NATO müsse sich — ich zitiere — „vom selbstauferlegten Zwang befreien, den Einsatz nuklearer Waffen als Kern der Abschreckung zu verstehen". Weiter: Die NATO müsse nach einer neuen, glaubwürdigen Strategie der Kriegsverhütung suchen. Und jetzt ein wörtliches Zitat: Wer an der jetzigen Strategie der NATO festhalte, nehme in Kauf, das zu vernichten, was wir alle verteidigen wollten.

    (Dr. Vogel [SPD]: Was ist denn daran falsch?)

    Meine Damen und Herren, das sind Aussagen, die töricht und beleidigend zugleich sind.

    (Vogel [München] [GRÜNE]: Wieso denn?)

    Die NATO-Strategie war immer und ist auch heute keine Kriegsführungsstrategie, sondern eine Kriegsverhütungsstrategie,

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    und zwar eine recht erfolgreiche. Wir haben die längste Friedensperiode in der europäischen Geschichte, Gott sei Dank. Da der Zweck der NATOStrategie nicht Kriegsführung, sondern Kriegsverhütung ist, nehmen wir auch keineswegs in Kauf, durch diese Strategie das zu vernichten, was wir schützen wollen.
    Im übrigen: Die NATO kann nur in dem Umfang die atomare Schwelle anheben, also sich von ihr unabhängiger machen, wie sie ihre konventionelle Abwehrkraft verstärkt. Ihre SPD-Devise, die auch Rau übernommen hat, statt atomarer Waffen weniger konventionelle Waffen, ist doch sicherheitspolitischer Blödsinn, meine Damen und Herren; das kann man doch wirklich nicht anders bezeichnen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Mir steht kein anderer parlamentarischer Ausdruck zur Verfügung.

    (Zuruf von den GRÜNEN)

    Die einzige Gefahr für den Frieden ist eine Politik, wie Sie sie empfehlen; denn die würde es der Sowjetunion erlauben, ohne eignes Existenzrisiko die Teilungsgrenze nach Westen zu überschreiten. Schon die Möglichkeit dazu würde uns auch ohne Krieg dem politischen Willen der Sowjetunion unterwerfen.

    (Zuruf von der SPD)

    Vor den Folgen Ihrer selbstmörderischen Beschlüsse, muß ich schon sagen, sind Sie rechtzeitig gewarnt worden, auch aus Ihren eigenen Reihen. Ich nenne auf diesem Felde — zum Teil sind die wohl inzwischen ausgeschlossen oder aus der Partei hinausgedrängt, aber es sind sachkompetente Leute — die Namen der Professoren Karl Kaiser, Gesine Schwan, Hartmund Jäckel, Martin Kriele und Manfred Wilke. Dieser schreibt:
    Schon der Kölner Parteitag bedeutet die völlige Abwendung der SPD von der Grundlinie sozialdemokratischer Friedens- und Sicherheitspolitik, wie sie seit der denkwürdigen Bundestagsrede Herbert Wehners vom 30.6. 1960 gegolten hat.
    Er wirft seiner Parteiführung vor, sich geopolitisch an den russischen Großmachtinteressen zu orientieren und dadurch zur russischen Partei in Deutschland zu werden.

    (Lachen und Zurufe von der SPD)

    Meine Damen und Herren, in Nürnberg war häufig von der Selbstbehauptung Europas die Rede. Aber vor wem denn? Wenn Sie diese Selbstbehauptung nicht auf das sowjetische Imperium beziehen, dessen Grenze mitten durch Deutschland verläuft und unsere Landsleute jenseits der Grenze einsperrt und das uns mit einer ungeheuren Rüstung bedroht, wenn Sie diese Selbstbehauptung Europas auf unseren wichtigsten Verbündeten, die Vereinigten Staaten von Amerika beziehen, dann muß ich sagen: Das ist doch der Höhepunkt der Perversion des Denkens, die Egon Bahr erfunden hat; anders kann man das doch wirklich nicht sagen.

    (Zurufe von der SPD)

    Meine Damen und Herren, ich empfehle Ihnen, sich einmal vom jetzt scheidenden Generalinspekteur der Bundeswehr, der, glaube ich, von allen Fraktionen anerkannt ist, über seine Bedrohungsanalyse unterrichten zu lassen. Er hat es dem Kabinett vorgetragen. Er war sehr zurückhaltend in seinem Urteil und hat nichts aufgenommen, was nicht



    Dr. Dregger
    absolut gesichert ist, also keine Vermutungen. Ich muß sagen, diese Bedrohungsanalyse ist erschrekkend. Wer die sowjetische Hochrüstung, die unter Entspannungsschalmaien ihren Fortgang nimmt, kennt, wer sich mit ihrer Militärdoktrin und ihrer ideologisch-politischen Zielsetzung befaßt hat, der weiß, daß es für die sicherheitspolitischen Beschlüsse der SPD in der Realität Deutschlands und Europas leider keinerlei Grundlage gibt.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Meine Damen und Herren, Sie täuschen mit diesen Beschlüssen unser Volk, Sie beschädigen die Allianz und gefährden unsere Sicherheit.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Die Mitgliederzeitung der Industriegewerkschaft Bergbau und Energie schrieb kürzlich — ein Zitat —:
    Der einstmals Sozialdemokraten ehrende Kampfbegriff „Antikommunist" ist inzwischen zu einem allseits akzpetierten Schimpfwort umgedeutet worden. Dieser sprachliche Umerziehungsprozeß ist die eigentliche strategische Meisterleistung der deutschen Kommunisten und wiegt weit mehr als Mitgliederzahlen oder Wahlprogramme der DKP.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    So schreibt die Mitgliederzeitung der IG Bergbau und Energie.
    Meine Damen und Herren, in Wahrheit ist diese strategische Meisterleistung weniger den deutschen Kommunisten zuzuschreiben, sondern der Führung der SPD von Brandt bis Lafontaine. Die haben das zustande gebracht.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Gesine Schwan, die einmal Ihrer Grundsatzkommission angehört hat, kritisiert — wie ich finde: mit Recht —, der neue deutschland-, außen- und sicherheitspolitische Kurs der SPD führe — jetzt wörtlich — „geradewegs dahin, die im Zeichen der Freiheit angetretene deutsche Sozialdemokratie zu einem der wirksamsten Instrumente sowjetischer Hegemonialpolitik zu machen".

    (Dr. Vogel [SPD]: Unglaublich!)

    Zu unserem Verhältnis zur Sowjetunion möchte ich bemerken: Man muß sie nicht entweder lieben oder hassen. Ich liebe sie nicht, aber ich hasse sie auch nicht; ich hasse niemanden. Man muß vor der Sowjetunion auf der Hut sein und mit ihr auf den Feldern zusammenarbeiten, wo die beiderseitigen Interessen es ermöglichen.
    Das gilt übrigens nicht nur für das „europäische Haus", von dem Herr Gorbatschow gern redet. Das muß gelten für den ganzen eurasischen Kontinent, dessen Halbinsel Europa ist. Zwischen dem europäischen und dem asiatischen Teil der Sowjetunion gibt es weder eine Grenze noch einen Ozean.

    (Zurufe von der SPD)

    Es kann daher nicht zugelassen werden, daß weitreichende und mobile Waffensysteme, die im asiatischen Teil der Sowjetunion stationiert sind, bei Rüstungsabkommen über Europa außer Betracht bleiben.

    (Dr. Spöri [SPD]: Der ist belesen!)

    Meine Damen und Herren, die deutschsowjetischen Beziehungen dürfen nicht auf Rüstung und Rüstungskontrolle eingeengt werden. Im Bereich von Wirtschaft und Technik ergeben sich für unsere Zusammenarbeit großartige Perspektiven. Die Sowjetunion — das wurde uns Parlamentariern unter Führung von Philipp Jenninger in Moskau erklärt — sieht in der Bundesrepublik Deutschland ihren solidesten Wirtschaftspartner. Sie hat erklärt, sie erwarte, daß die Deutschen bei ihrem großen Ziel, das der Generalsekretär verkündet hat, nämlich die Produktivität der sowjetischen Wirtschaft zu erhöhen, ihren Beitrag leisten würden.
    Dazu sind wir selbstverständlich bereit, meine Damen und Herren. Aber über diese Zusammenarbeit können und dürfen wir nicht einen Augenblick vergessen, daß die Sowjetunion nicht nur Partner, sondern auch Bedrohung für uns ist. Ihre geographische Nähe können wir nur aushalten, solange die Bundeswehr und die Atlantische Allianz intakt sind.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Herr Vogel und andere Sozialdemokraten vergessen oder verkennen das offenbar. Sie diffamieren unsere Anstrengungen, das Bündnis mit unseren Hauptverbündeten, unserem eigentlichen Sicherheitspartner, den Vereinigten Staaten von Amerika, intakt zu halten, als — ich zitiere — „vorauseilenden Gehorsam".
    Meine Damen und Herren, wer das sagt, hat keine Ahnung von der geopolitischen Lage unseres Landes und von den Kräften, die wir auszubalancieren haben. Wenn man die Nürnberger Sicherheitsbeschlüsse der SPD in der Sprache des Kollegen Vogel bewerten würde, dann müßte man sagen, daß ihnen nicht vorauseilender Gehorsam, sondern eine vorauseilende Kapitulation vor der Weltmacht Sowjetunion zugrunde liegt.

    (Beifall bei der CDU/CSU) Das ist Ihre Sprache.

    Meine Damen und Herren, die Bedeutung der kommenden Bundestagwahlen liegt in dem grundsätzlichen Kurswechsel der SPD — der NachSchmidt-SPD, muß man sagen —: weg von der Mitte, hin zu den grünen Aussteigern.

    (Dr. Diederich [Berlin] [SPD]: Hören Sie doch endlich mit Ihren Unterstellungen auf!)

    Der 1960 durch die Rede Herbert Wehners hergestellte Konsens der demokratischen Parteien in der Bündnis-, Außen- und Sicherheitspolitik und auch in den Grundfragen der Wirtschafts- und Finanzpolitik ist von der SPD in Nürnberg aufgekündigt worden.
    Wie 1949 stehen die deutschen Wähler 1987 vor der Frage, ob sie an den 1949 getroffenen Kardinalentscheidungen, die 1960 von Herbert Wehner für die SPD übernommen worden sind — und das heißt



    Dr. Dregger
    nach meiner Überzeugung: an der Staatsräson der Bundesrepublik Deutschland — festhalten wollen oder nicht. 1987 geht es wieder um die Frage: westliche Allianz — und das heißt: Sicherheit — oder neutralistisches Hin und Her, und das heißt: Gefahr und Unsicherheit.