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ID1022705500

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    Plenarprotokoll 10/227 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 227. Sitzung Bonn, Dienstag, den 9. September 1986 Inhalt: Glückwünsche zu den Geburtstagen des Abg. Dr. Hupka und des Vizepräsidenten Stücklen 17579 D Verzicht des Abg. Schröder (Hannover) auf die Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag 17580 B Eintritt des Abg. Möhring in den Deutschen Bundestag 17580 B Eröffnung Präsident Dr. Jenninger 17579 A Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1987 (Haushaltsgesetz 1987) — Drucksache 10/5900 — in Verbindung mit Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Der Finanzplan des Bundes 1986 bis 1990 — Drucksache 10/5901 — Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMF . . 17580 B, 17620 D Dr. Apel SPD 17594 D Carstens (Emstek) CDU/CSU 17610 D Dr. Müller (Bremen) GRÜNE 17612 D Dr. Weng (Gerlingen) FDP 17616 C Dr. Spöri SPD 17628 B Spilker CDU/CSU 17631 D Suhr GRÜNE 17635 A Dr. Graf Lambsdorff FDP 17637 D Frau Simonis SPD 17644 B Echternach CDU/CSU 17646 D Dr. von Wartenberg CDU/CSU 17649 D Roth (Gießen) CDU/CSU 17652 A Kraus CDU/CSU 17654 A Nächste Sitzung 17656 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten 17657* A Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 227. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 9. September 1986 17579 227. Sitzung Bonn, den 9. September 1986 Beginn: 11.02 Uhr
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    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens * 12. 9. Antretter* 11. 9. Bastian 9. 9. Frau Borgmann 9. 9. Büchler (Hof) 9. 9. Büchner (Speyer) * 11. 9. Curdt 9. 9. Dr. Emmerlich 12. 9. Frau Fischer * 11. 9. Dr. Haack 10. 9. Haehser 9. 9. Handlos 11. 9. Hanz (Dahlen) 12. 9. Heimann 10. 9. Hiller (Lübeck) 9. 9. Klein (München) 9. 9. Dr. Klejdzinski * 11. 9. Dr. Köhler (Wolfsburg) 10. 9. Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Kreile 12. 9. Lenzer * 11. 9. Matthöfer 9. 9. Dr. Mitzscherling 12. 9. Dr. Müller * 12. 9. Frau Pack * 11. 9. Pöppl 12. 9. Reddemann * 10. 9. Dr. Riedl (München) 12. 9. Schlaga 10. 9. Dr. Schmude 10. 9. Sielaff 10. 9. Dr. Soell 12. 9. Voigt (Frankfurt) 10. 9. Vosen 9. 9. Dr. Warnke 9. 9. Wissmann 12. 9. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Heide Simonis


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eloquenz, Graf Lambsdorff, ist vielleicht ein politisches Stilmittel, aber sie ist mit Sicherheit kein Politik-Ersatz.

    (Beifall bei der SPD)

    Und die minimalen zoologischen Kenntnisse über die Speisegewohnheiten des Wiesels haben bis jetzt noch niemanden als seriösen Wirtschaftspolitiker ausgewiesen. Vielleicht sollten Sie sich mit Ihren Kenntnissen über das Wiesel bei der Volkshochschule in Ihrem Wahlkreis melden. Vielleicht suchen die noch jemanden, der ihnen da helfen kann.

    (Zurufe von der FDP: Ach Gott! — Billiger geht's ja wohl nicht!)

    Ich glaube, aus der Wirtschaftspolitik müssen Sie sich langsam abmelden. Man könnte Ihnen sagen: Das Ende eines Conférenciers zeigt sich meist in öden . Wortspielereien. Die öden Wortspielereien habe ich bei Ihnen entdeckt; auf Ihr Ende warte ich.

    (Beifall bei SPD)

    Sie haben vom schöpferischen Unternehmer gesprochen. Der schöpferische Unternehmer dürfte dann höchstwahrscheinlich bei AEG und MBB, bei
    Dornier und Mercedes sitzen. Der schöpferische Unternehmer muß von Strauß gesagt kriegen, wer mit wem fusioniert, wer der nächste Aufsichtsratsvorsitzende ist, der sich dann dankenswerterweise ins Ausland absetzt. Der schöpferische Unternehmer muß von Herrn Riesenhuber mehrere Millionen Mark zugeschoben kriegen — der schöpferische Unternehmer ist in diesem Fall das notleidende Unternehmen Siemens —, damit er begreift, wo unter Umständen seine Marktchancen sind, nämlich in der Erforschung neuer Technologien. Der schöpferische Unternehmer muß sich bei den Werften von den Betriebsräten die Hausaufgaben zur Erhaltung der Arbeitsplätze vormachen lassen. Der schöpferische Unternehmer muß sich vom sparsamen Finanzminister und vom ausgabenfreudigen Verteidigungsminister noch schnell mehrere Panzer genehmigen lassen, damit es wenigstens bis zum 25. Januar so aussieht, als ob unsere Rüstungsunternehmen von schöpferischen Unternehmern geleitet würden. Der schöpferische Unternehmer lebt von Subventionen, wie MBB beim Airbus, wie die Werften bei den Schiffen.

    (Frau Hürland [CDU/CSU]: Halten Sie diese Rede doch einmal in Bremen!)

    Der schöpferische Unternehmer ist vielleicht auch noch bei Großbauern zu finden. Auf jeden Fall ist der schöpferische Unternehmer offensichtlich beim notleidenden Unternehmen Siemens zu finden; das habe ich durch Ihre Rede begriffen. Das heißt also, lieber Graf: Wenn ich das, was Sie danach noch zum Facharbeiter ausgeführt haben, hinzurechne, komme ich zu dem traurigen Ergebnis: Ihre Zeit ist auch vorbei.

    (Lachen und Beifall bei der SPD — Dr. Müller [Bremen] [GRÜNE]: Wen meinten Sie mit „auch"?)

    — Also, bei „auch" bräuchte ich bloß einmal nach rechts zu gucken, dann fällt mir jede Menge ein.

    (Beifall bei der SPD)

    Sein Nachfolger ist auch nicht überzeugend, wie SDI gezeigt hat.

    (Dr. Müller [Bremen] [GRÜNE]: Genau!)

    Und wenn man die Zahlen von Herrn Stoltenberg auseinandernimmt, dann stellt man fest, daß da einiges ist, was nicht überzeugend ist.

    (Frau Berger [Berlin] [CDU/CSU]: Also, Heide, du warst auch schon mal besser! — Weitere Zurufe)

    — Der Herr Bangemann hat diesen Flop mit SDI geschafft, wofür er heute von den schöpferischen Unternehmern geprügelt wird. Ich weiß nur noch nicht, ob die schöpferischen deutschen Unternehmer prügeln, weil sie Angst haben, daß ihnen frische Luft um die Nase weht, oder weil sie einmal zufällig begriffen haben, daß ihnen vom Wirtschaftsminister da ein Ei hineingelegt worden ist.

    (Im Plenarsaal werden Jalousien hochgefahren — Kühbacher [SPD]: Jetzt kommt mehr Licht herein! — Weitere Zurufe von der SPD)


    Frau Simonis
    — Ja, das hätte man vorhin machen sollen. Vielleicht wäre dann Erleuchtung über den Grafen gekommen; ich brauch's nicht.

    (Beifall bei SPD)

    Sie haben ausgeführt — ich nehme an, Sie haben unsere Parteitagsbeschlüsse irgendwelchen Parteiblättern, die Ihnen auch zugestellt werden, so FDP-Hausmitteilungen entnommen —, daß auch schon der Facharbeiter unter unsere Ergänzungsabgabe fallen werde. Es wäre nett, Sie würden uns einmal das Blatt zuschicken, aus dem Sie diese Informationen haben. Da ich vermute, daß es ein FDP-Blättchen ist, ist es für uns im Wahlkampf hervorragend zu gebrauchen. Sie können nicht rechnen, Sie können nicht lesen, und zuhören können Sie auch nicht.

    (Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

    Wenn Sie dann noch — offensichtlich in Ihrer Kenntnis über das Einkommen von 120 000 Mark im Jahr bei Facharbeitern —

    (Zurufe von der SPD: In Saudi-Arabien!)

    hinzuverschlimmbessern, daß derselbe Facharbeiter zwar noch nicht mit seinem Grundgehalt, aber sicher mit seinen Überstunden und mit anderen Zuschlägen, die übrigens steuerfrei sind — er ist von Verheirateten ausgegangen —, darunterfalle, dann frage ich mich: Um Gottes willen, wo waren Sie in letzter Zeit? Ich habe dann allerdings eine Erklärung für die absurden Steuersenkungsvorschläge der Koalition. Sie gehen wohl offensichtlich alle von diesem merkwürdigen papierenen Facharbeiter mit einem Jahreseinkommen von 120 000 DM aus.

    (Zurufe von der CDU/CSU: 60 000, Frau Kollegin! — Gegenruf von der SPD: Die heiraten doch auch! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU und der FDP)

    Ich sagte ja, Sie können nicht lesen, Sie können nicht zuhören. Der Graf hat 120 000 gesagt. Ich sagte ja, er brauchte Licht, um wenigstens zu lesen, was er sagen wollte. — Wer davon ausgeht, daß das die Realität ist, der scheint nicht wahrnehmen zu wollen, daß die Realität in der Bundesrepublik aus Facharbeitern besteht, die weit unter 120 000 DM im Jahr verdienen, daß die Welt aus Putzfrauen, aus Lokführern, aus Werftarbeitern — alles Facharbeiter übrigens — besteht, die bei uns in SchleswigHolstein 1 400 DM netto im Monat nach Hause bringen.

    (Zuruf von der FDP: Wieviel ist das denn brutto?)

    Das hätte zumindest der Finanzminister aus seinem Wahlkreis wissen müssen. Dies scheinen offensichtlich nicht die Facharbeiter zu sein, mit denen Sie sich unterhalten. Das ist in doppelter Hinsicht traurig; denn es zeigt erstens, daß Ihre Politik in Zukunft nicht besser werden kann — denn Sie unterhalten sich offensichtlich mit den falschen Leuten —, und zweitens zeigt es, daß es zu Ihren politischen Stilelementen gehört, sich mit den falschen Leuten zu unterhalten.

    (Beifall bei der SPD)

    Wenn, Herr Lambsdorff, das alte Sprichwort stimmt, daß man den Sack schlägt und den Esel meint, dann versuche ich Ihre Rede mal da reinzusortieren. Sie haben immer gesagt: Die SPD. Wäre es nicht richtiger gewesen, Sie hätten gesagt: Herr Stoltenberg? Wer ist denn für die Steigerung der Nettokreditaufnahme, der Schulden, um es mit dem richtigen Wort zu benennen, auf 100 Milliarden DM in den letzten drei Jahren verantwortlich? Wir?

    (Zuruf von der SPD: Weiter so!)

    — „Weiter so, Deutschland"? Um Gottes willen! Das war Herr Stoltenberg.

    (Hornung [CDU/CSU]: Wir zahlen doch 30 Milliarden DM Zinsen!)

    Wenn ich es richtig sehe, Graf Lambsdorff, haben weder Sie noch irgend jemand anders von der FDP an dieser Stelle die Hand hochgehoben.

    (Zurufe von der CDU/CSU und der FDP)

    Sie haben jedem Haushalt zugestimmt. Und jetzt sitzen Sie hier und tun so wie die Jungfrau, die ans Kind gekommen ist, als ob Sie nicht wüßten, wie Schulden, wie Subventionen bzw. wie Kinder, um das Bild weiterzuführen, zustande kommen.

    (Beifall bei der SPD)

    Wer hat denn zu verantworten, daß allein die steuerlichen Subventionen in den letzten Jahren um 50% gestiegen sind? Etwa wir? Um Himmels willen, das war doch wohl derselbe Herr, mit dem Sie sich in einer Koalition befinden, nämlich Herr Stoltenberg, der Bundesfinanzminister.

    (Dr. Vogel [SPD]: Steuerfacharbeiter! — Lachen bei der SPD und den GRÜNEN)

    Wer hat denn dafür gesorgt, daß die regionalen Gefälle bei uns in der Bundesrepublik von Norden nach Süden zunehmen, weil er sich auf das Prinzip Markt und auf den schöpferischen Unternehmer verlassen hat? Wer hat zugelassen, daß die Kaufkraft der Deutschen — sozusagen als Beweis für Ihre hervorragende Politik bei der Preissteigerung
    — durch sinkende Löhne und hohe Arbeitslosigkeit beschnitten worden ist? Wir doch nicht. Das war doch die Regierung, die Sie tragen und für die Sie die Hand hochheben.

    (Zustimmung bei der SPD)

    Ein merkwürdiger Leistungsbegriff, wo Unternehmer Subventionen bekommen, damit sie ein bißchen über Produkte von morgen forschen, aber Arbeitnehmer flexible Löhne haben sollen. Was wollen Sie bei 1 400 DM netto im Monat noch herunterflexibilisieren?

    (Hornung [CDU/CSU]: Machen Sie doch keine solchen Sprüche!)

    Machen Sie mir doch mal drei Monate lang vor, wie Sie ohne Nebeneinkommen mit 1 400 DM, allerdings auch ohne Bundestagswagen und ohne Freifahrten bei der Bundesbahn — —(Kuhlwein [SPD]: Und ohne Spenden!)

    — Ich behaupte ja nicht, daß 1 400 DM zuviel sind, nur der Graf erzählt uns das unter beifälligem Nikken der rechten Seite. Machen Sie uns doch einmal



    Frau Simonis
    vor, wie man davon leben kann. Haben Sie den Mut, sich vor Werftarbeitern und Bergarbeitern hinzustellen und ihnen zu sagen: 1 400 und 1 600 DM sind zuviel, ihr müßt mit weniger auskommen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das hat er nicht gesagt!)

    — Die flexiblen Löhne hatte er wieder drauf, den alten Bontjen mit den flexiblen Löhnen. Ich gehe nicht davon aus, Graf, daß Sie in der Zwischenzeit Ihre Ansichten über Flexibilität geändert haben. Sie haben doch nicht etwa Flexibilität nach oben gemeint? Sie meinten doch Flexibilität nach unten, und dann müssen Sie Roß und Reiter nennen, dann müssen Sie sagen, ab welcher Mindestgrenze die Flexibilität nach unten bei Ihnen ansetzt.

    (Beifall bei der SPD)

    Dies alles, denke ich, ist der Sachverstand der FDP, der in die Regierung einfließt. Dies wäre sozusagen die Erklärung dafür, daß sich Herr Stoltenberg heute nachmittag hier herstellte und sagte, er sei zu Unrecht angegriffen worden hinsichtlich der Ungerechtigkeit der Finanzpolitik.
    Herr Stoltenberg reden Sie nicht mit den Beamten im Finanzministerium sondern reden Sie mit Ihrem Fahrer, reden Sie mit Ihrer Sekretärin, reden Sie mit Ihrer Reinemachefrau, die bei Ihnen vorbeikommt.

    (Dr. Müller [Bremen] [GRÜNE]: Der Graf putzt selber!)

    Reden Sie mal mit ganz normalen Menschen, z. B. auch mit unseren Saaldienern, und dann sagen Sie mir doch mal bitte, wo denn die Steuersenkung beim normalen Menschen geblieben ist. Offensichtlich sind die 6,33 bis 12,50 DM, die uns immer gezeigt werden, wenn wir in den Wahlkreis kommen und die richtigen Leute fragen, bei Ihnen nie angenommen. Sie scheinen immer von den Steuersenkungen in unserem und Ihrem Portemonnaie auszugehen. Das ist aber nicht die Realität. Das ist nicht die Mehrheit.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Sie reden von steuerlichen Spielräumen und wollen 40 bis 45 Milliarden DM mal eben so rüberschieben.

    (Zuruf von der FDP: Nicht rüberschieben, senken!)

    Offensichtlich scheint in Ihrem Haushalt Luft zu sein. Spielraum heißt Luft.

    (Wieczorek [Duisburg] [SPD]: Heiße Luft!)

    Wenn Sie den Haushalt unsauber angesetzt haben, dann würde ich sagen: Raus mit der Luft, und zwar für ein Beschäftigungsprogramm.

    (Beifall bei der SPD)

    Bewahren Sie diesen Spielraum, von dem ich vermute, daß er nur heiße Luft ist, nicht für Versprechungen auf, wonach die Reichen noch mehr bekommen und die Beschäftigungslosen weiter ohne Beschäftigung sind.

    (Glos [CDU/CSU]: Was haben Sie gegen die Reichen, Frau Kollegin?)

    Entweder stimmt es, daß in Ihrem Haushalt Luft ist — dann können Sie ohne weitere Kreditaufnahme ein Beschäftigungsprogramm finanzieren —, oder aber Sie können es nicht finanzieren, weil Sie kein Geld haben; dann haben Sie auch keinen Spielraum für Steuersenkungen in Ihrem Haushalt.
    Dies alles, Herr Stoltenberg, ist von Ihnen nicht gemacht worden, weil Sie zu dumm wären, um es zu begreifen, sondern weil Sie die Masse für verteilungspolitische Spielräume brauchen. Sie meinten nicht Steuerpolitik, Sie meinten Verteilungspolitik.

    (Frau Dr. Timm [SPD]: Sehr richtig!)

    Verteilungspolitik heißt bei Ihnen Geld behalten und nicht ausgeben für BAföG, für das Babyjahr von Rentnerinnen, für Beschäftigungsprogramme, für Regionalpolitik.

    (Hornung [CDU/CSU]: Falsch, falsch, vollkommen falsch!)

    Dies heißt bei Ihnen Geld in der Kasse behalten. — Ich glaube Ihnen nicht, daß Sie Geld in der Kasse haben. Da erzählen Sie nicht ganz die Wahrheit. Aber ich halte mich an Ihre Worte. Sie behalten also Spielräume — wie Sie sagen —, um Verteilungspolitik zu machen.
    Ich komme zu dem Ergebnis, Sie scheinen etwas den Überblick über Ihren Haushalt verloren zu haben und hoffen, daß Sie damit bis zum 25. Januar über die Runden kommen.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN)



Rede von Heinz Westphal
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Echternach.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Jürgen Echternach


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eine Zwischenbilanz dieser Debatte zeigt: Der vom Oppositionsführer vollmundig angekündigte Generalangriff auf den Bundesfinanzminister ist gründlich danebengegangen.

    (Lachen bei der SPD)

    Es war schon tollkühn genug, daß ausgerechnet Sie, die Sie mit Ihrer maßlosen Ausgaben- und Schuldenpolitik unser Land in die schwerste Wirtschafts- und Finanzkrise gesteuert haben, dem Mann, der den entscheidenden Beitrag zur Meisterung dieser Krise geleistet hat, der das Vertrauen der Bürger zurückgewonnen hat, mit einer Generalabrechnung kommen. Die Reden der Sprecher der Opposition zeigen, daß dieser Versuch scheitern mußte, einfach mangels Masse.

    (Zuruf von der SPD: Der GebetsmühlenEchternach!)

    Denn offensichtlich ist dieser Versuch nur ein

    (Dr. Vogel [SPD]: Springprozession!)

    Ablenkungsmanöver gewesen. Sie wollten wegspringen,

    (Dr. Vogel [SPD]: Springprozession! — Wieczorek [Duisburg] [SPD]: Nach vorn, nicht nach hinten!)




    Echternach
    Herr Kollege Vogel, weg von dem Dilemma der Opposition, das wir heute in den Reden der Sprecher der Opposition immer wieder gespürt haben,

    (Zuruf von der SPD: Abwarten, Junge!)

    daß sie zum zweitenmal mit ihrer Finanzpolitik gescheitert ist,

    (Wieczorek [Duisburg] [SPD]: Sakrament!)

    zum zweitenmal vor einem Scherbenhaufen ihrer Finanzpolitik steht.

    (Wieczorek [Duisburg] [SPD]: Wo denn? — Dr. Vogel [SPD]: Wer regiert hier eigentlich?)

    Für das erste Scheitern Ihrer Finanzpolitik in den Jahren 1969 bis 1982 haben Sie schwer genug büßen müssen.

    (Bindig [SPD]: Reden Sie mal zur FDP rüber!)

    Man hätte eigentlich meinen können, daß eine Partei, die irgendwann einmal wieder regieren will, sich intern über die Ursachen ihres Scheiterns Gedanken macht und daraus Konsequenzen zieht.

    (Kuhlwein [SPD]: Reden Sie jetzt von Hamburg?)

    Es hat in Ihren eigenen Reihen Ansätze dafür gegeben.

    (Dr. Vogel [SPD]: Das machen Sie in Hamburg seit dreißig Jahren!)

    Ein so kluger Mann wie der Thilo Sarrazin, der frühere Mitstreiter des Kollegen Matthöfer, hat kürzlich in einem Beitrag einer Festschrift, die Helmut Schmidt und Werner Hesselbach herausgegeben haben,

    (Dr. Vogel [SPD]: Walter! Immer exakt sein! Walter, nicht Werner!)

    und zwar anläßlich des 60. Geburtstags des Kollegen Matthöfer im letzten Jahr, sehr genau die Fehler analysiert, die Sie in Ihrer Finanzpolitik gemacht haben.

    (Wieczorek [Duisburg] [SPD]: Und das haben Sie alles gelesen?)

    Er stellt fest, die Koalition und Ihre Regierung seien letztlich an der Finanzpolitik gescheitert. Er kommt zum Ergebnis, der entscheidende Grund für Ihr Scheitern sei das Scheitern Ihrer finanzpolitischen Konzeption gewesen, nämlich der Konzeption, es sei der staatlichen Finanzpolitik möglich, über eine entsprechende Steuerung der Nachfrage auch das gewünschte Wirtschaftswachstum zu erzielen. Genau an dieser falschen Konzeption sind Sie gescheitert.

    (Dr. Kunz [Weiden] [CDU/CSU]: So ist es!)

    Sie haben, wie alle Reden heute gezeigt haben, nichts, aber auch gar nichts, aus Ihrem Scheitern gelernt.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Hornung [CDU/CSU]: Und sie werden auch nichts lernen!)

    Das ist um so erstaunlicher, als Sie nicht nur in den Jahren von 1969 bis 1982 mit dieser Konzeption gescheitert sind, sondern auch nachher, in den letzten vier Jahren, mit dieser falschen Konzeption von uns und dieser Bundesregierung glänzend widerlegt worden sind,

    (Zuruf von der SPD: Abwarten, Tee trinken!)

    weil nicht Ihre Konzeption durch die nachfolgende Entwicklung bestätigt wurde, sondern unsere Politik.

    (Zuruf von der SPD: Abwarten!)

    Und was haben Sie nicht alles vorausgesagt! Sie haben am Anfang behauptet, unsere Wirtschafts-, unsere Finanzpolitik würden die wirtschaftliche Entwicklung totsparen, kaputtsparen.

    (Dr. Kunz [Weiden] [CDU/CSU]: 3 Millionen Arbeitslose!)

    Sie haben weiter vorausgesagt — durch den Kollegen Apel —, wir würden noch tiefer in die Depression abrutschen. Sie haben noch vor zwei Jahren durch den Kollegen Roth erklärt, wir ließen den Binnenmarkt zusammenbrechen. Sie sagten mehr als 3 Millionen Arbeitslose voraus.

    (Zurufe von der SPD)

    Sie verstiegen sich zu der kühnen Behauptung, dieser Bundeskanzler Helmut Kohl schaffe den Aufschwung nie.

    (Wieczorek [Duisburg] [SPD]: Trotz Kohl!)

    Sie haben noch in einem offiziellen Fraktionsantrag das Gespenst einer Rezession für das Jahr 1985 an die Wand gemalt. Nichts ist eingetreten. Alles ist falsch gewesen. Sie sind widerlegt worden, sind wieder einmal gescheitert mit Ihrer falschen Konzeption.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Wieczorek [Duisburg] [SPD]: Sagen Sie doch mal was zu den Arbeitslosen!)

    Sie wissen genau, daß wir einen wirtschaftlichen Aufschwung haben, inzwischen im vierten Jahr, der sich stabilisiert hat, der sich selbst trägt, der eine wachsende Dynamik entfaltet. Ein solcher wirtschaftlicher Aufschwung ohne jede Überhitzungserscheinung ist geradezu beispielhaft. Alle Sachverständigen sagen uns voraus, daß dieser Aufschwung auch im nächsten Jahr anhalten wird.

    (Wieczorek [Duisburg] [SPD]: Das glauben Sie doch selbst nicht! Sie haben doch keine Ahnung!)

    Wenn Sie, Herr Kollege Wieczorek, jetzt von den Arbeitslosen sprechen: Sie wissen, daß auch da Ihre Prognose falsch gewesen ist. Sie haben immer gesagt, als Sie den Aufschwung nicht mehr leugnen konnten, der Aufschwung gehe am Arbeitsmarkt vorbei.

    (Wieczorek [Duisburg] [SPD]: Richtig!) Das Gegenteil ist richtig.


    (Wieczorek [Duisburg] [SPD]: Wo denn?)




    Echternach
    Wir haben nicht nur den rasanten Anstieg der Arbeitslosigkeit, der in Ihren beiden letzten Regierungsjahren jeweils über 40 % ausgemacht hat, gestoppt,

    (Wieczorek [Duisburg] [SPD]: Heiliges Kanonenrohr! Sie haben 300 000 mehr, als Sie übernommen haben!)

    wir haben darüber hinaus inzwischen den Höhepunkt der Arbeitslosigkeit überwunden, und seit 1984 steigt die Zahl der Beschäftigten an, inzwischen um über 500 000.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Hornung [CDU/CSU]: Aber das wollen sie nicht wahrhaben! — Wieczorek [Duisburg] [SPD]: Rechnen kannst du auch nicht!)

    Für diese wirtschaftliche Entwicklung hat unsere Haushaltspolitik die entscheidende Grundlage gelegt. Und die Bürger spüren die erfreulichen Erfolge dieser Politik auch selbst. So stabile Preise, wie wir heute erreicht haben, hatten wir zuletzt vor 32 Jahren. Die Arbeitnehmer erhalten eine so hohe reale Einkomenssteigerung wie zuletzt vor 16 Jahren. Nur die Opposition verschließt, wie ihre Zwischenrufe wieder zeigen, den Blick vor der Wirklichkeit, einfach nach dem Motto von Morgenstern: weil nicht sein kann, was nicht sein darf.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Hornung [CDU/CSU]: Die Wahrheit können sie nicht ertragen!)

    Immer wieder dienen Sie uns die gleichen gescheiterten Rezepte an, mit denen Sie schon in die Krise von 1982 hineingesteuert sind.

    (Bindig [SPD]: Sie sind nicht auf der CDUDelegiertenkonferenz!)

    Mit mehr Staatsausgaben wollen Sie die Nachfrage steuern, weil Sie sich davon mehr Beschäftigung erhoffen, und nehmen nicht zur Kenntnis, daß dies nicht funktionieren kann.
    Sie haben zwar inzwischen das Einwickelpapier geändert — was damals, in den 70er Jahren, das „moderne Deutschland" hieß, die „Bildungsreform", die „Steigerung der Lebensqualität", das heißt heute „Arbeit und Umwelt", das heißt „Energiesparen", das heißt „Stadterneuerung" und was es noch alles so Schönes gibt —, aber hinter allem wird immer die gleiche Linie erkennbar, nämlich Ausweitung des staatlichen Korridors,

    (Zuruf von der SPD: Na und?)

    Zurückdrängung der Ihnen suspekten Marktkräfte. Dahinter wird der alte sozialistische Aberglaube von der alleinseligmachenden Rolle des Staates sichtbar.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Meine Damen und Herren, wohin diese falschen Rezepte führen, kann man überall dort studieren, wo die Sozialdemokraten regieren.

    (Zuruf von der SPD: Besonders in England!)

    So ist es in allen von Ihnen regierten Ländern, z. B.
    in der Stadt Hamburg, aus der auch der Kollege
    Apel kommt, der die Debatte inzwischen wieder verlassen hat.

    (Dr. Müller [Bremen] [GRÜNE]: Der geht ständig rein und raus!)

    Diese Stadt erlebt zur Zeit eine erschreckende wirtschaftliche und finanzielle Talfahrt. Als der Kollege Apel vor fünf Jahren Herrn von Dohnanyi als Bürgermeister nach Hamburg holte, konnte Herr von Dohnanyi in seiner ersten Rede als Bürgermeister erklären, sozialdemokratische Politik habe dafür gesorgt, daß in Hamburg die Arbeitslosigkeit niedriger liege als im Bundesdurchschnitt. Ein Jahr später war es bereits anders, und seither koppelt sich diese Stadt Monat für Monat und Jahr für Jahr in immer erschreckenderem Maße von der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung des Bundesgebietes und ihrer Beschäftigungsentwicklung ab.

    (Dr. Vogel [SPD]: Reden Sie doch nicht gegen Ihre eigene Stadt! Es kommen immer mehr Pendler aus Niedersachsen!)

    Inzwischen haben wir bereits eine Arbeitslosenquote, die um die Hälfte höher liegt als der Bundesdurchschnitt und die weit höher liegt als in den Nachbarländern. Hamburg hat als einziges Bundesland bisher keinen Beschäftigungszuwachs erzielt.