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    Plenarprotokoll 10/205 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 205. Sitzung Bonn, Freitag, den 14. März 1986 Inhalt: Begrüßung einer Delegation der Nationalversammlung der Portugiesischen Republik unter Leitung ihres Präsidenten, Dr Fernando Monteiro do Amaral 15777 B Aktuelle Stunde betr. Möglichkeiten, die Neue Heimat Wohnungsbau und deren Eigentümer daran zu hindern, Sozialwohnungen an Dritte zu verkaufen, ohne die betreffenden Mieter darüber zu unterrichten Dr. Graf Lambsdorff FDP 15741 B Müntefering SPD 15742 C Frau Rönsch (Wiesbaden) CDU/CSU . 15743 C Werner (Westerland) GRÜNE 15745 A Dr.-Ing. Kansy CDU/CSU 15746 A Menzel SPD 15747 A Niegel CDU/CSU 15748 B Dr. Sperling SPD 15749 A Dr. Möller CDU/CSU 15750 B Grünbeck FDP 15751 C Dr. Schneider, Bundesminister BMBau 15752 D Schmitt (Wiesbaden) SPD 15754 C Bericht zur Lage der Nation im geteilten Deutschland in Verbindung mit Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für innerdeutsche Beziehungen zu dem Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU und FDP zum Bericht zur Lage der Nation im geteilten Deutschland und zu dem Entschließungsantrag der Fraktion der SPD zum Bericht zur Lage der Nation im geteilten Deutschland — Drucksachen 10/2935, 10/2927, 10/4560 — Dr. Kohl, Bundeskanzler 15755 D Dr. Vogel SPD 15764 B Dr. Waigel CDU/CSU 15769 C Dr. Schierholz GRÜNE . . . . 15773D, 15791C Ronneburger FDP 15777 C Diepgen, Regierender Bürgermeister des Landes Berlin 15781A Löffler SPD 15783 C Windelen, Bundesminister BMB . . . 15785 D Büchler (Hof) SPD 15787 C Voigt (Sonthofen) fraktionslos 15789 B Frau Terborg SPD 15790 B Heimann SPD 15792 C Namentliche Abstimmung 15794 D Nächste Sitzung 15796 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 15797* A II Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 205. Sitzung. Bonn, Freitag, den 14. März 1986 Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 15797* B Anlage 3 Äußerungen des Parl. Staatssekretärs Erhard im Zusammenhang mit den Ermittlungen gegen den Bundeskanzler wegen Falschaussage vor dem Untersuchungsausschuß MdlAnfr 74, 75 07.03.86 Drs 10/5156 Bachmaier SPD SchrAntw StSekr Dr. Kinkel BMJ . . 15798* D Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 205. Sitzung. Bonn, Freitag, den 14. März 1986 15741 205. Sitzung Bonn, den 14. März 1986 Beginn: 8.01 Uhr
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    Berichtigung 204. Sitzung, Titelseite linke Spalte: Statt „Oostergetelo FDP" ist „Oostergetelo SPD" zu lesen. Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Abelein ** 14. 3. Dr. Ahrens * 14. 3. Amling 14. 3. Bindig 14. 3. Böhm (Melsungen) * 14. 3. Dr. Corterier ** 14. 3. Cronenberg 14. 3. Dr. Dollinger 14. 3. Duve 14. 3. Dr. Enders * 14. 3. Ertl 14. 3. Dr. Geißler 14. 3. Freiherr Heereman von Zuydtwyck 14. 3. Franke (Hannover) 14. 3. Ganz (St. Wendel) 14. 3. Dr. Götz 14. 3. Haase (Fürth) * 14. 3. Jung (Düsseldorf) 14. 3. Dr. Kreile 14. 3. Frau Krone-Appuhn 14. 3. Landré 14. 3. Lemmrich * 14. 3. Link (Diepholz) 14. 3. Dr. Müller * 14. 3. Neumann (Bramsche) 14. 3. Petersen 14. 3. Pfeifer 14. 3. Pohlmann 14. 3. Reuschenbach 14. 3. Dr. Riesenhuber 14. 3. Rühe 14. 3. Rusche 14. 3. Schlaga 14. 3. Schmidt (Hamburg) 14. 3. Schröder (Hannover) 14. 3. Schulte (Unna) 14. 3. Dr. Schwenk (Stade) 14. 3. Sieler (Amberg) 14. 3. Stommel 14. 3. Vosen 14. 3. Dr. Voss 14. 3. Witek 14. 3. Dr. Wittmann 14. 3. Wittmann (Tännesberg) 14. 3. Zander 14. 3. Zierer * 14. 3. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Präsident hat gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 der Geschäftsordnung die nachstehenden Vorlagen überwiesen: Unterrichtung durch die Bundesregierung: 7. Bericht des Ausschusses für die Hochschulstatistik für den Berichtszeitraum 1984/85 (Drucksache 10/5114) zuständig: Ausschuß für Bildung und Wissenschaft Verordnung der Bundesregierung: Nichtaufhebbare Sechsundneunzigste Verordnung zur Änderung der Einfuhrliste -Anlage zum Außenwirtschaftsgesetz - (Drucksache 10/5136) zuständig: Ausschuß für Wirtschaft Unterrichtung durch die Bundesregierung: Entwurf eines Gesetzes über das Baugesetzbuch; hier: Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrates (Drucksache 10/5111) zuständig: Ausschuß für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau (federführend) Innenausschuß Rechtsausschuß Ausschuß für Wirtschaft Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Ausschuß für Verkehr Haushaltsausschuß Unterrichtung durch das Europäische Parlament: Entschließung zum Abschluß des Verfahrens der Konsultation des Europäischen Parlaments zu dem Vorschlag der Kommission der Europäischen Gemeinschaften an den Rat für eine Richtlinie zur Änderung der Richtlinie 83/643/EWG zur Erleichterung der Kontrollen und Verwaltungsformalitäten im Güterverkehr zwischen Mitgliedstaaten (Drucksache 10/4685) zuständig: Ausschuß für Verkehr Der Vorsitzende des Ausschusses für Verkehr hat mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen hat: Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über den Nachweis der Übereinstimmung von Fahrzeugen mit der Richtlinie 85/3/EWG - KOM (85) 147 endg. - EG-Dok. Nr. 6164/85 (Drucksache 10/3352 Nr. 18) Vorschlag einer Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie Nr. 83/643/EWG zur Erleichterung der Kontrollen und Verwaltungsformalitäten im Güterverkehr zwischen Mitgliedstaaten - KOM (85) 436 endg. - Rats-Dok. Nr. 8800/85 (Drucksache 10/3957 Nr. 4) Der Vorsitzende des Ausschusses für Wirtschaft hat mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen hat: Jahreswirtschaftsbericht 1985 bis 1986 Eine Kooperative Wachstumsstrategie für mehr Beschäftigung - KOM (85) 570 endg. - Rats-Dok. Nr. 9792/85 (Drucksache 10/4400 Nr. 2) Vorschlag für eine Verordnung (EWG) des Rates zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren von basischem Chromsulfat mit Ursprung in Jugoslawien - KOM (85) 629 endg. - Rats-Dok. Nr. 10393/85 (Drucksache 10/4495 Nr. 1) Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über die Verpflichtungen bestimmter Ausfuhrkreditversicherungsinstitute der Mitgliedstaaten im Falle der Versicherung bestimmter Ausfuhrgeschäfte - KOM (85) 595 endg. - Rats-Dok. Nr. 10366/ 85 (Drucksache 10/4495 Nr. 2) Vorschlag für eine Verordnung (EWG) des Rates zur Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung eines Gemeinschaftszollkontingents für bestimmte handgearbeitete Waren (1986) - KOM (85) 600 endg. - Rats-Dok. Nr. 10515/85 (Drucksache 10/4583 Nr. 1) 15798* Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 205. Sitzung. Bonn, Freitag, den 14. März 1986 Vorschlag einer Verordnung (EWG) des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 950/68 über den Gemeinsamen Zolltarif — KOM (85) 656 endg. — Rats-Dok. Nr. 10489/85 (Drucksache 10/4583 Nr. 2) Entwurf einer Verordnung (EWG) des Rates über die Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung eines Gemeinschaftszollkontingents für bestimmte Güteklassen von Ferrochrom der Tarifstelle ex 73.02 E I des Gemeinsamen Zolltarifs — KOM (85) 618 endg. — Rats-Dok. Nr. 10517/85 (Drucksache 10/4583 Nr. 3) Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 71/316/EWG des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten betreffend gemeinsame Vorschriften über Meßgeräte sowie über Meß- und Prüfverfahren — KOM (85) 627 endg. — Rats-Dok. Nr. 10738/ 85 (Drucksache 10/4681 Nr. 1) Vorschlag einer Verordnung (EWG) des Rates zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls auf Einfuhren von Rollenketten mit Ursprung in der Volksrepublik China und zur endgültigen Vereinnahmung der auf Einfuhren von Rollenketten für Fahrräder mit Ursprung in der UdSSR und der Volksrepublik China erhobenen vorläufigen Antidumpingzölle — KOM (85) 679 endg. — Rats-Dok. Nr. 10696/85 (Drucksache 10/4681 Nr. 2) Entwurf einer Verordnung (EWG) des Rates zur Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung eines Gemeinschaftszollkontingents für Boysenbeeren, gefroren, ohne Zusatz von Zucker, für jegliche Verarbeitung, ausgenommen zum Herstellen von vollständig aus Boysenbeeren bestehender Konfitüre, der Tarifstelle ex 08.10 D des Gemeinsamen Zolltarifs — KOM (85) 653 endg. — Rats-Dok. Nr. 10519/85 (Drucksache 10/4681 Nr. 3) Vorschlag für eine Verordnung (EWG) des Rates über die Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung eines Gemeinschaftszollkontingents für bestimmtes Sperrholz aus Nadelholz der Tarifnummer ex 44.15 des Gemeinsamen Zolltarifs (1986) — KOM (85) 662 endg. — Rats-Dok. Nr. 10970/85 (Drucksache 10/4681 Nr. 4) Vorschlag für eine Verordnung (EWG) des Rates über die Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung des Gemeinschaftszollkontingents für Zeitungsdruckpapier der Tarifstelle 48.01 A des Gemeinsamen Zolltarifs (1986) und zur Ausdehnung dieses Kontingents auf bestimmte andere Papiere — KOM (85) 672 endg. — Rats-Dok. Nr. 10971/85 (Drucksache 10/4681 Nr. 5) Vorschlag für eine Verordnung (EWG) des Rates zur Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung der Gemeinschaftszollkontingente für bestimmte Gewebe und bestimmten Samt und Plüsch, auf Handwebstühlen hergestellt, Tarifnummern ex 50.09, ex 55.09 und ex 58.04 des Gemeinsamen Zolltarifs (1986) — KOM (85) 596 endg. — Rats-Dok. Nr. 10516/85 (Drucksache 10/4681 Nr. 6) Entwurf einer Verordnung (EWG) des Rates zur Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung eines Gemeinschaftszollkontingents für Süßkirschen, in Alkohol eingelegt, zur Herstellung von Schokoladenwaren, der Tarifstelle ex 20.06 B I e) 2 bb) des Gemeinsamen Zolltarifs — KOM (85) 631 endg. — RatsDok. Nr. 10518/85 (Drucksache 10/4681 Nr. 7) Vorschlag für eine Verordnung (EWG) des Rates zur Änderung des Anhangs der Verordnung (EWG) Nr. 288/82 aufgrund des Beitritts Spaniens und Portugals — KOM (85) 769 endg. — Rats-Dok. Nr. 11624/85 (Drucksache 10/4681 Nr. 8) Vorschlag einer Verordnung EWG des Rates betreffend den Abschluß einer Vereinbarung zur Verlängerung und Änderung der Vereinbarung vom 21. Oktober 1982 über den Handel mit Stahlerzeugnissen Vorschlag einer Verordnung EWG des Rates zur Änderung der Verordnung Nr. 2870/82/EWG über Beschränkungen für die Ausfuhr von Stahlerzeugnissen in die Vereinigten Staaten von Amerika Vorschlag einer Verordnung EWG des Rates über den Abschluß einer Vereinbarung vom 10. Januar 1985 über den Handel mit Stahlrohren - Vorschlag einer Verordnung EWG des Rates zur Änderung einer Verordnung (EWG) Nr. 60/85 über die Beschränkung der Ausfuhr von Stahlrohren nach den Vereinigten Staaten von Amerika Entwurf einer Entscheidung der Kommission betreffend den Abschluß einer Vereinbarung zur Verlängerung und Änderung der Vereinbarung vom 21. Oktober 1982 über den Handel mit Stahlerzeugnissen Entwurf einer Entscheidung der Kommission zur Änderung der Entscheidung Nr. 2872/82/EGKS über Beschränkungen für die Aufruhr von Stahlerzeugnissen in die Vereinigten Staaten von Amerika — KOM (85) 635 endg. — Rats-Dok. Nr. 10281/85 (Drucksache 10/4681 Nr. 9) Anlage 3 Antwort des Staatssekretärs Dr. Kinkel auf die Fragen des Abgeordneten Bachmaier (SPD) (Drucksache 10/ 5156 Fragen 74 und 75): Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß sich Äußerungen wie diejenigen des Parlamentarischen Staatssekretärs Erhard in der Bild-Zeitung vom 3. März 1986 zum Ermittlungsverfahren gegen den Bundeskanzler nach den bisherigen Gepflogenheiten aller Bundesregierungen verbieten? Welche Maßnahmen wird die Bundesregierung wegen dieser Äußerungen des Parlamentarischen Staatssekretärs ergreifen? Zu Frage 74: Nein. Parlamentarische Staatssekretäre sind nicht gehindert, persönliche Auffassungen zu äußern. Zu Frage 75: Die Bundesregierung hält Maßnahmen irgendwelcher Art nicht für erforderlich.
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    Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Eine Debatte über die Lage der deutschen Nation kann nicht ohne Anmerkungen über Berlin erfolgen. Ich möchte mich bei allen, die Anmerkungen über die Stadt gemacht haben, auch über aktuelle Situationen, bedanken, auch soweit sie kritisch waren, soweit sie aufmunternd und anspornend waren. Und je kritischer sie waren, desto anspornender sind sie für mich persönlich.
    Seien Sie sicher — das sage ich in die Richtung des Kollegen Vogel, der im Augenblick nicht hier ist —: Ich empfinde Berlin in der Tat auch als einen Härtetest für unsere Gesellschaftsordnung, und gerade weil dies so ist, werden wir in Berlin auch alle Probleme gleichzeitig mit Augenmaß und Zügigkeit lösen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Dr. Schierholz [GRÜNE]: Da sind wir aber gespannt!)

    Meine Damen und Herren, in Berlin bündeln sich alle Elemente der Lage der Nation: die Teilung, die unterschiedliche, ja, gegensätzliche Bindung an Bündnisse, die gemeinsame Suche der Menschen nach nationaler Einheit, all das findet in Berlin seinen deutlichen Ausdruck. Ich zitiere ganz bewußt den Generalsekretär der SED, Erich Honecker, der sagt, Berlins Geschichte sei tief verwurzelt in der Geschichte des deutschen Volkes, auf vielfältige Weise verknüpft mit der Entwicklung in Europa und in der Welt. Er hat dies im Zusammenhang mit der 750-Jahr-Feier Berlins im kommenden Jahr gesagt, und dies kann sich doch wohl nur auf die ganze deutsche Geschichte und auf ganz Berlin beziehen.
    Wer also über Berlin spricht, muß die gesamte geschichtliche, aber auch die aktuelle Entwicklung der Ost-West-Beziehungen mit bedenken. Das gilt auch umgekehrt, und das muß auch für unsere Verbündeten gelten. Mein Eindruck ist, daß das von der anderen Seite oft genauer als bei uns gesehen wird.

    (Dr. Schierholz [GRÜNE]: Interessant!)

    Die aus ihrer eigenen Sicht insgesamt sicher erfolgreiche Westpolitik der DDR hat immer auch zum Ziel und in der Regel mindestens zur Folge eine Aufwertung des Ostteils der Stadt. Berlin, d. h. der freie Teil Berlins, soll dabei durchaus nicht etwa
    abgewürgt, sondern abgemeldet und vergessen werden. Ich sage: Dieser Versuch wird nicht gelingen. Aber, meine Damen und Herren, wir sollten diesen Versuch auch nicht unterschätzen.
    Unsere Antwort kann in diesem Zusammenhang kein starres Festhalten an bisher vielleicht erfolgreichen Antworten sein. Der Status der Stadt muß uneingeschränkt erhalten bleiben, und zwar für ganz Berlin. Er darf aber kein Korsett sein, das am Atmen hindert. Keine formalen, zögerlichen Rückzugsgefechte, sondern nach vorn weisende politische Antworten sind gefragt. Wir bauen dabei auf folgendes Konzept: Wir bauen unsere Stadthälfte als moderne, leistungsfähige und weltoffene Metropole aus und bewahren uns zugleich den Blick für die Einheit Berlins und seine nationale Aufgabe.
    Wir Berliner wissen es dabei zu schätzen, daß unsere alliierten Schutzmächte ganz in diesem Sinne ihre Aufgabe in Berlin immer mehr auch darin sehen, die innere Lebensfähigkeit und die Attraktivität der Stadt zu stärken, in der Zusammenarbeit in der Wirtschaft, in der Kultur, um nur zwei Beispiele zu nennen. Der Bundesregierung, allen voran dem Bundeskanzler, gebührt für das Berlin-Engagement — weil das hier kritisch angesprochen worden ist, will ich auch die Entscheidung über das Deutsche Historische Museum ausdrücklich mit einbeziehen — ein herzlicher Dank.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Mann [GRÜNE]: Das ist ein schlechtes Beispiel, das Sie anführen!)

    Zukunft und Geschichte, Zukunft durch Geschichte zu gewinnen — das sind Zeichen, die Berlin braucht.
    Meine Damen und Herren, ich habe Zweifel, ob es auf Dauer — auch vor dem Hintergrund dieser Diskussion — durchhaltbar ist, wenn man aus außenpolitischen und wirtschaftlichen Interessenlagen heraus etwas tut, was man deutschlandpolitisch im Blick auf Berlin ablehnt oder ablehnen muß. Ich will nicht das Diktat einer angeblich juristisch starren Deutschlandpolitik über eine flexible und interessengeleitete Außenpolitik. Berlin ist kein Hemmschuh — es darf sich niemals so verstehen — für bessere deutsch-deutsche oder bessere Ost-WestBeziehungen. Ganz im Gegenteil! Das hat auch der französische Staatspräsident Mitterrand in der Formulierung seiner bemerkenswerten Rede vom 10. Oktober 1985, die auf den Status Bezug nimmt, aber die Entwicklung gegenüber dem Umfeld und die Entwicklung gegenüber dem Bund betont, ausdrücklich unterstrichen. Ich vermisse im Bündnis zuweilen aber dennoch eine bessere Abstimmung zwischen den Verantwortlichkeiten in der Berlin- und Deutschlandpolitik und den berechtigten Wünschen der Außenpolitik nach einem breiteren Dialog zwischen Ost und West — unter Einbeziehung der DDR.

    (Dr. Ehmke [Bonn] [SPD]: Sehr interessant!)

    Die Deutschlandpolitik muß die Realitäten in Deutschland und Europa und dabei auch die Grenzen zur Kenntnis nehmen. Ich meine damit nicht in



    Regierender Bürgermeister Diepgen (Berlin)

    erster Linie Territorialgrenzen. Das, was Deutschland und Europa heute teilt, ist eine Machtgrenze, eine Ideologiegrenze und eine Sicherheitsgrenze. Jede Krise in den letzten 40 Jahren hing mit einer dieser Fragen zusammen. Jeder ost- und deutschlandpolitische Ansatz, der die Machtfrage oder eine Veränderung der Rechtslage, eine Veränderung der Abgrenzung zwischen den Sicherheitsblöcken in den Mittelpunkt der Politik stellt, bei dem also auch die Ideologiefrage oder die Sicherheitsfrage gestellt wird, bewirkt gewollt oder ungewollt eine Vertiefung der Teilung.

    (Zuruf des Abg. Dr. Ehmke [Bonn] [SPD])

    Dabei beziehe ich ausdrücklich — ich nehme hier Bezug auf Ihren Zwischenruf — das ein, was immer wieder gefordert wird, nämlich eine Aufnahme der Geraer Forderungen. Die Ausklammerung der Geraer Forderungen gehört zu einer solchen interessenbezogenen, an der Einheit des Landes orientierten Politik.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Dr. Ehmke [Bonn] [SPD]: Das hat weder etwas mit Ideologie noch etwas mit Macht zu tun!)

    Meine Damen und Herren, die Beziehungen zwischen den beiden deutschen Staaten sind durch Gegensätze und durch Gemeinsamkeiten bestimmt. Eine pragmatisch ausgerichtete Berlin- und Deutschlandpolitik muß sich zum Ziel setzen, die Gegensätze zu beachten und die Gemeinsamkeiten zu vertiefen.
    Ich will einige dieser Gemeinsamkeiten oder mindestens gemeinsamer Herausforderungen hier ganz kurz andeuten: Umweltverschmutzung, Anforderungen einer dynamischen Wirtschaftsentwicklung, Entsorgungsprobleme, Verkehr, Tourismus, Zivilisationskrankheiten, Probleme der Stadtgestaltung, der Nord-Süd-Konflikt, aber auch die Suche nach Geschichte, Geborgenheitsverlust, Aussteigertum — das finden wir ja in beiden Teilen Deutschlands.
    In all diesen Entwicklungen stecken bisher noch nicht genutzte Chancen für eine aktive Politik gegenüber dem Osten. Bisher sind diese Gemeinsamkeiten auch von der anderen Seite nicht in ausreichender Form aufgenommen worden. Möglichkeiten, j a, Zwänge zur Zusammenarbeit, die bei aller Divergenz im übrigen, die es hier nicht zu verschleiern gilt und die in dieser Debatte zu Recht auch nicht verschleiert worden ist, gegeben sind, würden beiden Seiten zugute kommen; das gilt jedenfalls für die Ausnutzung der Möglichkeiten zur Zusammenarbeit. Der eigentliche Gewinner einer in dieser Weise breit angelegten Politik ist die Nation im Ganzen.
    Meine Damen und Herren, Verständnis für die Einheit der deutschen Nation werden wir bei uns selbst allerdings nur dann finden, wenn wir die Deutschlandpolitik innenpolitisch lebendiger gestalten. Damit meine ich allerdings nicht die Lebendigkeit der Spannungen und der primär innenpolitischen Profilierung.

    (Vorsitz: Vizepräsident Stücklen)

    Ich halt es vielmehr für ärgerlich, wenn die Opposition die deutschland- und außenpolitische Handlungskompetenz der Bundesregierung in Frage stellt, wenn Sie allein um der Abgrenzung willen — den Eindruck habe ich oft — gemeinsame Positionen aufgibt und aus falsch verstandenem Föderalismus das Gebot der Bundestreue, das auch in der Deutschlandpolitik gilt, verletzt.
    Meine Damen und Herren, die Lebendigkeit der Deutschlandpolitik muß sich auf die Anziehungskraft der Deutschlandpolitik für unsere Bürger auswirken.

    (Dr. Schierholz [GRÜNE]: Was ist denn das?)

    — Herr Kollege, das kann vor allen Dingen dadurch geschehen, daß wir auch Interesse an dem wecken, was in der DDR geschieht. Dazu werde ich gleich noch etwas sagen.
    Der Bundeskanzler hat hier vorhin in seiner Rede auf die Mauer und den 25. Jahrestag des Mauerbaues am 13. August dieses Jahres hingewiesen. Lassen Sie mich hier dazu nur noch folgendes sagen: Wir müssen die Mauer von uns aus immer wieder gedanklich überwinden. Wir dürfen sie nicht als geistige Mauer zu den Menschen in Ost-Berlin und in der DDR akzeptieren. Genau das muß die eigentliche Botschaft des 13. August 1986 sein.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Schierholz [GRÜNE]: Heute ist der 14. März! Er ist seiner Zeit voraus!)

    Fortschritte bei menschlichen Erleichterungen, mehr Freiheit und Selbstbestimmung sind zentrale Voraussetzungen für stabilen Frieden und Vertrauensssicherheit in Europa, aber nicht nur dort, sondern auch in der gesamten Welt. Wir dürfen nicht lediglich — das ist auch in das einzuordnen, was deutschland- und berlinpolitisch zu machen ist — über die Folgen der Spannungen, nämlich die Rüstung, sprechen, sondern wir müssen auch über die Ursachen der Spannungen reden, wir müssen bei den Ursachen der Spannungen ansetzen.
    In diesem Zusammenhang ist hier auch über einen vermeintlichen Gegensatz zwischen einer Politik, die die Friedenssicherung in den Vordergrund stellt, und einer mehr pragmatischen Deutschlandpolitik diskutiert worden. So habe ich die Ansätze hier verstanden. Insbesondere die DDR legt j a auch stets größten Wert darauf, ihre Politik gegenüber dem Westen unter die Überschrift Friedenspolitik zu stellen. Dabei erhebt sich die Frage, ob dieser friedenspolitische Ansatz wirklich ein Gegensatz zu einer pragmatischen Deutschlandpolitik ist, so wie ich es hier darzustellen versucht habe, nämlich unterhalb jener Grenzen, die Machtsysteme, Sicherheitssysteme, Ideologiesysteme gezogen haben. Das ist so in etwa die Fragestellung: hie diejenigen, die davon reden, Frieden über Blockgrenzen hinweg zu schaffen, und da diejenigen, die sich tagtäglich um menschliche Erleichterungen abmühen. Einen sol-



    Regierender Bürgermeister Diepgen
    chen Gegensatz gibt es natürlich überhaupt nicht. Richtig ist vielmehr, daß es keinen Gegensatz zwischen einer pragmatisch orientierten Deutschlandpolitik und einer Friedenspolitik geben darf. Mehr noch: Deutschlandpolitik ist zugleich immer auch ein Beitrag zur Friedens- und Abrüstungspolitik.

    (Mann [GRÜNE]: Schön wär's!)

    Ich sehe auch überhaupt keine Probleme darin, dies stärker — vielleicht stärker als bisher — auch von uns aus zu betonen, allerdings unter folgender Voraussetzung: Dadurch darf unsere Bündnisloyalität nicht in Zweifel gezogen werden. Beide Staaten in Deutschland können und müssen sich unter dieser Voraussetzung in ihrem jeweiligen Bündnis für die Abrüstung und Rüstungskontrolle einsetzen und auch Beiträge zu den laufenden Abrüstungsverhandlungen leisten. Hier besteht nun gerade kein Gegensatz, sondern geradezu eine Ergänzung einer pragmatischen Deutschlandpolitik.
    Meine Damen und Herren, Westbindung, gemeinsame Sicherheit im westlichen Bündnis und auch westeuropäische Integration im Rahmen der Europäischen Gemeinschaft bedeuten nicht, daß Europa für uns an der Grenze der Europäischen Gemeinschaft, an der Elbe, der Spree oder an der Weichsel endet. Unsere mehrfache Westbindung darf — insbesondere auch im kulturellen Bereich — nicht zu einer Abkoppelung der osteuropäischen Staaten jenseits der Blockgrenze führen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, so notwendig die Besinnung Europas auf sich selbst ist: sie würde mißverstanden, wenn einerseits die atlantischen Bindungen dadurch gelockert würden oder wenn andererseits die Teilung und Entfremdung der beiden Teile Europas dadurch gefördert würde. Stärkung der europäischen Identität darf weder das eine noch das andere bewirken. Hier liegen auch eine wesentliche Aufgabe und ein wesentliches Interesse meiner Heimatstadt Berlin, und zwar nicht nur im Bereich der kulturellen Identität Europas, sondern ganz konkret auch hinsichtlich der europäischen Dimensionen von Verbesserung der Kommunikation, der Verkehrsverbindung — bis hin zu den konkreten Verkehrsverbindungen in West-Ost-Richtung — und vor allen Dingen im Hinblick auf alle Elemente des Zusammenarbeit-Korbes der KSZE-Schlußakte von Helsinki und der Madrider Folgekonferenz.
    Impulse in der Deutschlandpolitik müssen sich in erster Linie auf die Wahrung und Stärkung des Zusammengehörigkeitsgefühls der deutschen Nation beziehen. Im Sinne eines aufgeklärten, eines weltoffenen Patriotismus müsen von uns — möglichst in Gemeinsamkeit — Beiträge dazu geleistet werden, die deutsche Nation entwicklungsfähig zu halten. Eine pragmatische Berlin- und Deutschlandpolitk stellt den Menschen und damit die deutsche Nation in den Mittelpunkt, ohne den Freiheits-, den Sicherheits- und Friedensaspekt zu vernachlässigen.
    Eine solche Politik muß, damit sie erfolgreich ist, gewissermaßen vergesellschaftet werden. Sie muß in die Herzen der Menschen getragen werden. Das ist unsere Aufgabe und dies muß auch von einer solchen Debatte ausgehen.

    (Mann [GRÜNE]: Das ist Ihr Modell von Vergesellschaftung, Herr Diepgen?)

    Wenn uns das einmal gelungen ist, wird dieses Parlament bei diesem Thema sicherlich auch etwas gefüllter sein.
    Vielen Dank.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Rede von Richard Stücklen
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Löffler.

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    Rede von Lothar Löffler


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nicht Gleichgültigkeit, sondern Einsicht in die Notwendigkeit des Friedens läßt uns Deutsche seit fast 40 Jahren die Spaltung unseres Landes ertragen. Wir wissen, daß Frieden die höchste Priorität in dieser Welt hat. Wir wünschen uns, daß auch andere so denken und handeln und nicht nur so reden.

    (Dr. Schierholz [GRÜNE]: Sonntagsrede!)

    Niemand kann und wird uns die Hoffnung auf die eine Welt nehmen können, in der Menschen unter gleichen Freiheiten und unter annähernd gleichen wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen leben und sich entfalten können.

    (Zustimmung bei der SPD — Dr. Schierholz [GRÜNE]: „Annähernd gleichen"?)

    Der beste Weg dahin ist das Selbstbestimmungsrecht der Völker. Nicht trennen, sondern vereinen schafft Frieden. Das gilt auch für die Mitte Europas. Nichts trennt Völker mehr als Krieg. Europa hat davon in seiner Geschichte viele gehabt. An den meisten trugen wir Deutschen keine Schuld. Viele Kriege gingen nicht von deutschem Boden aus, aber sie fanden auf ihm statt, Not und Tod über die Menschen bringend. Das gilt mit Einschränkungen z. B. für den 30jährigen Krieg und ohne Einschränkungen für die Türkeneinfälle, die Kriege Ludwig XIV., Karl XII. und Napoleon I.
    In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts war das anders. Das zweite Reich wurde durch Eisen und Blut geschaffen. Bismarck war sich der Problematik seiner Schöpfung in der Mitte Europas bewußt. Deshalb trat er später für den Status quo in Europa ein, um Frieden bewahren zu können.
    Seine Nachfolger begriffen nichts davon. In zwei Weltkriegen verspielten sie das Reich. Beide Weltkriege waren schaurige und blutige Anachronismen. Spätestens seit Anfang dieses Jahrhunderts war in der Welt die Hegemonie in Europa nicht mehr die entscheidende politische Frage. Andere Fragen und andere Gebiete als die europäischen wurden für das Weltgeschehen immer stärker bestimmend, z. B. Sozialfragen, Technik, die Befreiungsbewegung in den Kolonien und die Selbstbestimmung der Völker. Die blutige und launische Dame namens Hegemonie hatte bereits ausgespielt, als sich Deutschland um sie bewarb.



    Löffler
    Das führte zu grausamen Fehlentwicklungen in der deutschen Politik in der ersten Hälfte unseres Jahrhunderts. Diese Fehlentwicklungen waren nicht das Werk einzelner Personen. Die nationalistischen, völkischen und antisemitischen Ideologien als geistige Grundlage für diesen kontinentalen Imperialismus nisteten in vielen Köpfen. Diesem Ungeist dürfen wir nicht wieder verfallen, auch wenn er unter anderen Vorzeichen erscheint.
    Das Zentrum Europas war nicht nur Schlachtfeld. Häufig hatte es auch die Funktion des Ausgleichs und des Brückenschlages zwischen Gedanken, Ideen und Mächten des Westens und des Ostens. Durch Verständnis und Ausgleich und durch Vermittlung und Adaption zwischen Ost und West hatte die Mitte Europas eine wichtige Funktion für den gesamten Kontinent. Diese Funktion ist durch den Zweiten Weltkrieg verlorengegangen. Unter diesem Verlust leidet nicht nur unser Volk, sondern auch der ganze Kontinent. Die beiden großen unterschiedlichen Weltsysteme stehen sich auf deutschem Boden auf Sichtweite gegenüber. Ihre Grenzen starren vor Waffen, obwohl es auf dem Boden, auf dem sie stehen, keine aktuellen Probleme gibt, die die Anwesenheit von Waffen rechtfertigen würden, schon gar nicht in dieser ungeheuren Fülle.
    Zwischen den beiden deutschen Staaten wird seit der Entspannungspolitik ein friedliches Nebeneinander angestrebt. Das war nicht immer so. Im Harmel-Bericht von 1967 heißt es noch:
    Eine endgültige und stabile Regelung in Europa ist jedoch nicht möglich ohne eine Lösung der Deutschlandfrage, die den Kern der gegenwärtigen Spannungen in Europa bildet.
    Gelöst ist die Deutsche Frage zwar noch nicht endgültig, aber wir haben eine tragfähige Zwischenlösung.

    (Dr. Schierholz [GRÜNE]: Das nationale Zwischenlager!)

    In den letzten 200 Jahren gab es überhaupt nur solche Zwischenlösungen. Auch das Bismarck-Reich mit seiner verhältnismäßig kurzen Dauer von 75 Jahren war so eine Zwischenlösung. Heute ist das Verhältnis der beiden deutschen Staaten nicht mehr der Kern der Spannungen in Europa. Im Gegenteil: Das Verhältnis zwischen den beiden deutschen Staaten ist in den letzten Jahren immer etwas besser gewesen als die sonstigen Ost-West-Beziehungen. Dadurch konnten die beiden deutschen Staaten auf das politische Weltklima mäßigend einwirken und dem Frieden dienen. Dieser Erfolg sollte uns mit Genugtuung erfüllen,

    (Beifall bei der SPD)

    alle in diesem Hause, egal, wo sie vor 15 Jahren standen, als diese Politik in Gang gesetzt wurde.
    Statt dessen sind einige Politiker dabei, die Spannweite deutschlandpolitischer Vorstellungen zu überdehnen.

    (Kittelmann [CDU/CSU]: Sehr gut!)

    Wenn so fortgefahren wird, ist der große Riß in der Deutschlandpolitik unvermeidlich.

    (Beifall des Abg. Kittelmann [CDU/CSU])

    Die deutsche Zwietracht wird sich bei uns in der Bundesrepublik wieder einmal mehr einnisten: Auf der einen Seite wird versucht, mit allen juristischen Spitzfindigkeiten und Vorstellungen vom Fortbestand des Reiches mit seinen Grenzen von 1937 auszugehen und diesen Zustand tatsächlich aufrechtzuerhalten. Das bedeutet: An die Stelle der politischen Realität kurz vor dem Ende unseres Jahrhunderts wird eine nationalistisch gefärbte Illusion gesetzt, die am Anfang unseres Jahrhunderts Wirklichkeit war, aber es heute ganz bestimmt nicht mehr ist. Auf der anderen Seite wird über die ständige Garantie für den Bestand der DDR, über die Abschaffung der einheitlichen Staatszugehörigkeit und über die Änderung des Status von Berlin nachgedacht.

    (Schulze [Berlin] [CDU/CSU]: Zu laut!)

    — Ob zu laut oder zu leise, Herr Kollege Schulze, das mag dahingestellt sein. Ich frage mich hinsichtlich beider Überlegungen auf den Flügeln nur: Was helfen sie für den Zusammenhalt der Nation, der außerordentlich wichtig ist? Und wenn der Herr Kollege Hoppe den Vorwurf in erster Linie an die Sozialdemokratische Partei richtet, dann möge er bitte die Papiere von Freunden seiner Partei in Berlin durchlesen, die durchaus ähnliche Gedanken enthalten. Allein die Vorstellungen, die in der CDU/ ' CSU-Fraktion in den letzten Wochen und Monaten laut geworden sind, zeigen, wie groß die Spannweite deutschlandpolitischer Vorstellungen ist. Allein das Maß der Uneinigkeit in ihr ist mehr, als sich ein ganzes Volk an Uneinigkeit in grundsätzlichen politischen Fragen leisten sollte.

    (Beifall bei der SPD)

    Und ich stehe nicht an, an dieser Stelle zu sagen, daß sich Ihre Rede, Herr Regierender Bürgermeister, in diesem Zusammenhang wohltuend abgehoben hat.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN — Zurufe von der CDU/ CSU)

    Ich kann das leider nicht von allen Reden sagen, die heute von der Mitte der CDU-Fraktion geboten wurden. Das ist schade. Das gilt ganz besonders für Ihre Rede, Herr Dr. Waigel. Aber es ist für Sie sicher kein Geheimnis, daß das meine Auffassung ist.

    (Dolata [CDU/CSU]: Wir können es umgekehrt sagen! — Zuruf des Abg. Dr. Waigel [CDU/CSU])

    Die Zustände in der Mitte Europas werden nicht in erster Linie durch Rechtstitel, Verträge und Texte bestimmt, sondern durch Macht. Reale Machtverhältnisse bestimmen das gegenwärtige Schicksal der Menschen in Europa.

    (Zuruf des Abg. Werner [Ulm] [CDU/ CSU])




    Löffler
    Die Deutschen müssen in zwei unterschiedlichen Gesellschaftssystemen leben. Diese Systeme sollen sich gegenseitig friedlich annähern und nicht gewaltsam überwinden. Das ist der Kern, das ist die Philosophie der Entspannungspolitik.
    Diese Entspannungspolitik — das darf ich als Berliner sagen — darf nicht an Berlin vorbeilaufen. Die Bundesregierung möge bei den verschiedenen Abmachungen und Absprachen mit der DDR besser darauf achten, als es geschehen ist.
    Die Funktion der alten europäischen Mitte könnte heute wenigstens teilweise durch das deutsch-deutsche Verhältnis wahrgenommen werden. Ansätze dazu sind glücklicherweise vorhanden.
    Diese ausgleichende Aufgabe zwischen den Machtblöcken können die beiden deutschen Staaten allerdings nur dann wahrnehmen, wenn der Kern der Gemeinsamkeit von beiden Staaten bejaht wird.
    Helmut Schmidt sagt dazu:
    Die gewaltsame Teilung einer Nation schafft nicht zwei Nationen. Wer meint, aus den unterschiedlichen Gesellschaftssystemen heraus zwei Nationen konstruieren zu müssen, gleicht nicht aus, vermittelt nicht, sondern grenzt ab; er ist nicht Brücke, sondern Mauer.

    (Beifall bei der SPD)

    Alle Vorstellungen, die auf mehr Abgrenzung zwischen den Menschen bei uns und in der DDR hinauslaufen, sind abzulehnen. Wir drängen nicht, wir schaffen keinen Unfrieden, wir wollen keine Unruhe, aber wir fordern für alle Deutschen auch das Selbstbestimmungsrecht. Diese Forderung ist kein Wechsel, der an einen bestimmten Termin gebunden ist. Aber sie sollte ein unübersehbarer Merkposten sein.

    (Beifall bei der SPD)

    Es gibt nämlich nicht nur ungünstige Perspektiven für diese Entwicklung zu mehr Einheit in Europa. Helmut Schmidt hat darauf bei der Vorstellung seines Buches hingewiesen.
    In diesem Jahr jährt sich zum 40. Male der Tag der Zwangsvereinigung zwischen SPD und KPD in der damaligen sowjetisch besetzten Zone. Wer damals diesen Vorgang erlebt hat, weiß, daß er anders verlief, als er gestern im „Neuen Deutschland" dargestellt wurde. Das war damals nicht der große Augenblick in der Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, wie es Horst Sindermann in seiner Rede im Institut für Marxismus-Leninismus dargestellt hat. Sindermann sagte auf dieser Konferenz:
    Damit hatte die Arbeiterklasse in unserem Land die Partei, die auf marxistisch-leninistischer Grundlage zur Führerin auf dem noch steinigen Weg in eine sozialistische Zukunft wurde.
    — Das stimmt sicherlich. Aber wollte die Arbeiterklasse diese Partei? Gefragt wurde sie jedenfalls
    nicht vor 40 Jahren. Und dort, wo sie gefragt werden
    konnte — nämlich in West-Berlin — lehnte sie die Vereinigung mit über 80% ab.

    (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)

    Vor 40 Jahren war die Politik der Kommunisten darauf gerichtet, durch Aktionseinheiten und Bündnisse mit anderen politischen Kräften ihren Einfluß weit über das Maß hinaus auszudehnen, das ihnen auf Grund demokratischer Legitimation zugestanden hätte. Diese Taktik haben sie noch nicht aufgegeben.

    (Werner [Ulm] [CDU/CSU]: So ist es!)

    Sindermann lobt in der gleichen Rede die Zusammenarbeit mit vielen politischen Kräften der Bundesrepublik Deutschland, z. B. mit der Sozialdemokratischen Partei und den Gewerkschaften. Hoffentlich stehen nicht die gleichen Motive dahinter wie vor 40 Jahren. Die Geschichte zumindest mahnt uns zur Vorsicht.

    (Werner [Ulm] [CDU/CSU]: Sagen Sie das bitte Ihren Leuten!)

    — Ich sage es hier, an dieser Stelle, wo man so etwas sagen muß.

    (Beifall bei der CDU/CSU und Beifall des Abg. Dr. Vogel [SPD])

    Kurt Schumacher gab vor 40 Jahren eine andere Bewertung der Vereinigung von SPD und KPD. Er sagte:
    Die deutsche Arbeiterklasse und all die Menschen, die jetzt gewillt sind, sich der Sozialdemokratie geistig und politisch anzuschließen, sind uns einfach zu schade dazu, das bloße Instrument einer fremden Außenpolitik zu sein.
    Den Beweis dafür, daß diese Bewertung heute nicht mehr zutrifft, sind die Kommunisten uns noch schuldig.
    Wir kennen unsere Nachbarn. Wir wollen mit Ihnen in Frieden leben, auch natürlich mit denen im Osten. Wir wollen unser Streben nach Einheit nicht aufgeben. Unsere Mittel dazu sind Verständigung, friedlicher Ausgleich, Anpassung der Lebensbedingungen, soziale Ausgestaltung, Freizügigkeit, Selbstbestimmungsrecht. Daran mitzuwirken, sind wir bereit, aber auch entschlossen.
    Schönen Dank.

    (Beifall bei der SPD)