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    Plenarprotokoll 10/205 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 205. Sitzung Bonn, Freitag, den 14. März 1986 Inhalt: Begrüßung einer Delegation der Nationalversammlung der Portugiesischen Republik unter Leitung ihres Präsidenten, Dr Fernando Monteiro do Amaral 15777 B Aktuelle Stunde betr. Möglichkeiten, die Neue Heimat Wohnungsbau und deren Eigentümer daran zu hindern, Sozialwohnungen an Dritte zu verkaufen, ohne die betreffenden Mieter darüber zu unterrichten Dr. Graf Lambsdorff FDP 15741 B Müntefering SPD 15742 C Frau Rönsch (Wiesbaden) CDU/CSU . 15743 C Werner (Westerland) GRÜNE 15745 A Dr.-Ing. Kansy CDU/CSU 15746 A Menzel SPD 15747 A Niegel CDU/CSU 15748 B Dr. Sperling SPD 15749 A Dr. Möller CDU/CSU 15750 B Grünbeck FDP 15751 C Dr. Schneider, Bundesminister BMBau 15752 D Schmitt (Wiesbaden) SPD 15754 C Bericht zur Lage der Nation im geteilten Deutschland in Verbindung mit Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für innerdeutsche Beziehungen zu dem Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU und FDP zum Bericht zur Lage der Nation im geteilten Deutschland und zu dem Entschließungsantrag der Fraktion der SPD zum Bericht zur Lage der Nation im geteilten Deutschland — Drucksachen 10/2935, 10/2927, 10/4560 — Dr. Kohl, Bundeskanzler 15755 D Dr. Vogel SPD 15764 B Dr. Waigel CDU/CSU 15769 C Dr. Schierholz GRÜNE . . . . 15773D, 15791C Ronneburger FDP 15777 C Diepgen, Regierender Bürgermeister des Landes Berlin 15781A Löffler SPD 15783 C Windelen, Bundesminister BMB . . . 15785 D Büchler (Hof) SPD 15787 C Voigt (Sonthofen) fraktionslos 15789 B Frau Terborg SPD 15790 B Heimann SPD 15792 C Namentliche Abstimmung 15794 D Nächste Sitzung 15796 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 15797* A II Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 205. Sitzung. Bonn, Freitag, den 14. März 1986 Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 15797* B Anlage 3 Äußerungen des Parl. Staatssekretärs Erhard im Zusammenhang mit den Ermittlungen gegen den Bundeskanzler wegen Falschaussage vor dem Untersuchungsausschuß MdlAnfr 74, 75 07.03.86 Drs 10/5156 Bachmaier SPD SchrAntw StSekr Dr. Kinkel BMJ . . 15798* D Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 205. Sitzung. Bonn, Freitag, den 14. März 1986 15741 205. Sitzung Bonn, den 14. März 1986 Beginn: 8.01 Uhr
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    Berichtigung 204. Sitzung, Titelseite linke Spalte: Statt „Oostergetelo FDP" ist „Oostergetelo SPD" zu lesen. Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Abelein ** 14. 3. Dr. Ahrens * 14. 3. Amling 14. 3. Bindig 14. 3. Böhm (Melsungen) * 14. 3. Dr. Corterier ** 14. 3. Cronenberg 14. 3. Dr. Dollinger 14. 3. Duve 14. 3. Dr. Enders * 14. 3. Ertl 14. 3. Dr. Geißler 14. 3. Freiherr Heereman von Zuydtwyck 14. 3. Franke (Hannover) 14. 3. Ganz (St. Wendel) 14. 3. Dr. Götz 14. 3. Haase (Fürth) * 14. 3. Jung (Düsseldorf) 14. 3. Dr. Kreile 14. 3. Frau Krone-Appuhn 14. 3. Landré 14. 3. Lemmrich * 14. 3. Link (Diepholz) 14. 3. Dr. Müller * 14. 3. Neumann (Bramsche) 14. 3. Petersen 14. 3. Pfeifer 14. 3. Pohlmann 14. 3. Reuschenbach 14. 3. Dr. Riesenhuber 14. 3. Rühe 14. 3. Rusche 14. 3. Schlaga 14. 3. Schmidt (Hamburg) 14. 3. Schröder (Hannover) 14. 3. Schulte (Unna) 14. 3. Dr. Schwenk (Stade) 14. 3. Sieler (Amberg) 14. 3. Stommel 14. 3. Vosen 14. 3. Dr. Voss 14. 3. Witek 14. 3. Dr. Wittmann 14. 3. Wittmann (Tännesberg) 14. 3. Zander 14. 3. Zierer * 14. 3. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Präsident hat gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 der Geschäftsordnung die nachstehenden Vorlagen überwiesen: Unterrichtung durch die Bundesregierung: 7. Bericht des Ausschusses für die Hochschulstatistik für den Berichtszeitraum 1984/85 (Drucksache 10/5114) zuständig: Ausschuß für Bildung und Wissenschaft Verordnung der Bundesregierung: Nichtaufhebbare Sechsundneunzigste Verordnung zur Änderung der Einfuhrliste -Anlage zum Außenwirtschaftsgesetz - (Drucksache 10/5136) zuständig: Ausschuß für Wirtschaft Unterrichtung durch die Bundesregierung: Entwurf eines Gesetzes über das Baugesetzbuch; hier: Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrates (Drucksache 10/5111) zuständig: Ausschuß für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau (federführend) Innenausschuß Rechtsausschuß Ausschuß für Wirtschaft Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Ausschuß für Verkehr Haushaltsausschuß Unterrichtung durch das Europäische Parlament: Entschließung zum Abschluß des Verfahrens der Konsultation des Europäischen Parlaments zu dem Vorschlag der Kommission der Europäischen Gemeinschaften an den Rat für eine Richtlinie zur Änderung der Richtlinie 83/643/EWG zur Erleichterung der Kontrollen und Verwaltungsformalitäten im Güterverkehr zwischen Mitgliedstaaten (Drucksache 10/4685) zuständig: Ausschuß für Verkehr Der Vorsitzende des Ausschusses für Verkehr hat mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen hat: Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über den Nachweis der Übereinstimmung von Fahrzeugen mit der Richtlinie 85/3/EWG - KOM (85) 147 endg. - EG-Dok. Nr. 6164/85 (Drucksache 10/3352 Nr. 18) Vorschlag einer Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie Nr. 83/643/EWG zur Erleichterung der Kontrollen und Verwaltungsformalitäten im Güterverkehr zwischen Mitgliedstaaten - KOM (85) 436 endg. - Rats-Dok. Nr. 8800/85 (Drucksache 10/3957 Nr. 4) Der Vorsitzende des Ausschusses für Wirtschaft hat mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen hat: Jahreswirtschaftsbericht 1985 bis 1986 Eine Kooperative Wachstumsstrategie für mehr Beschäftigung - KOM (85) 570 endg. - Rats-Dok. Nr. 9792/85 (Drucksache 10/4400 Nr. 2) Vorschlag für eine Verordnung (EWG) des Rates zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren von basischem Chromsulfat mit Ursprung in Jugoslawien - KOM (85) 629 endg. - Rats-Dok. Nr. 10393/85 (Drucksache 10/4495 Nr. 1) Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über die Verpflichtungen bestimmter Ausfuhrkreditversicherungsinstitute der Mitgliedstaaten im Falle der Versicherung bestimmter Ausfuhrgeschäfte - KOM (85) 595 endg. - Rats-Dok. Nr. 10366/ 85 (Drucksache 10/4495 Nr. 2) Vorschlag für eine Verordnung (EWG) des Rates zur Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung eines Gemeinschaftszollkontingents für bestimmte handgearbeitete Waren (1986) - KOM (85) 600 endg. - Rats-Dok. Nr. 10515/85 (Drucksache 10/4583 Nr. 1) 15798* Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 205. Sitzung. Bonn, Freitag, den 14. März 1986 Vorschlag einer Verordnung (EWG) des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 950/68 über den Gemeinsamen Zolltarif — KOM (85) 656 endg. — Rats-Dok. Nr. 10489/85 (Drucksache 10/4583 Nr. 2) Entwurf einer Verordnung (EWG) des Rates über die Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung eines Gemeinschaftszollkontingents für bestimmte Güteklassen von Ferrochrom der Tarifstelle ex 73.02 E I des Gemeinsamen Zolltarifs — KOM (85) 618 endg. — Rats-Dok. Nr. 10517/85 (Drucksache 10/4583 Nr. 3) Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 71/316/EWG des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten betreffend gemeinsame Vorschriften über Meßgeräte sowie über Meß- und Prüfverfahren — KOM (85) 627 endg. — Rats-Dok. Nr. 10738/ 85 (Drucksache 10/4681 Nr. 1) Vorschlag einer Verordnung (EWG) des Rates zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls auf Einfuhren von Rollenketten mit Ursprung in der Volksrepublik China und zur endgültigen Vereinnahmung der auf Einfuhren von Rollenketten für Fahrräder mit Ursprung in der UdSSR und der Volksrepublik China erhobenen vorläufigen Antidumpingzölle — KOM (85) 679 endg. — Rats-Dok. Nr. 10696/85 (Drucksache 10/4681 Nr. 2) Entwurf einer Verordnung (EWG) des Rates zur Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung eines Gemeinschaftszollkontingents für Boysenbeeren, gefroren, ohne Zusatz von Zucker, für jegliche Verarbeitung, ausgenommen zum Herstellen von vollständig aus Boysenbeeren bestehender Konfitüre, der Tarifstelle ex 08.10 D des Gemeinsamen Zolltarifs — KOM (85) 653 endg. — Rats-Dok. Nr. 10519/85 (Drucksache 10/4681 Nr. 3) Vorschlag für eine Verordnung (EWG) des Rates über die Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung eines Gemeinschaftszollkontingents für bestimmtes Sperrholz aus Nadelholz der Tarifnummer ex 44.15 des Gemeinsamen Zolltarifs (1986) — KOM (85) 662 endg. — Rats-Dok. Nr. 10970/85 (Drucksache 10/4681 Nr. 4) Vorschlag für eine Verordnung (EWG) des Rates über die Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung des Gemeinschaftszollkontingents für Zeitungsdruckpapier der Tarifstelle 48.01 A des Gemeinsamen Zolltarifs (1986) und zur Ausdehnung dieses Kontingents auf bestimmte andere Papiere — KOM (85) 672 endg. — Rats-Dok. Nr. 10971/85 (Drucksache 10/4681 Nr. 5) Vorschlag für eine Verordnung (EWG) des Rates zur Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung der Gemeinschaftszollkontingente für bestimmte Gewebe und bestimmten Samt und Plüsch, auf Handwebstühlen hergestellt, Tarifnummern ex 50.09, ex 55.09 und ex 58.04 des Gemeinsamen Zolltarifs (1986) — KOM (85) 596 endg. — Rats-Dok. Nr. 10516/85 (Drucksache 10/4681 Nr. 6) Entwurf einer Verordnung (EWG) des Rates zur Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung eines Gemeinschaftszollkontingents für Süßkirschen, in Alkohol eingelegt, zur Herstellung von Schokoladenwaren, der Tarifstelle ex 20.06 B I e) 2 bb) des Gemeinsamen Zolltarifs — KOM (85) 631 endg. — RatsDok. Nr. 10518/85 (Drucksache 10/4681 Nr. 7) Vorschlag für eine Verordnung (EWG) des Rates zur Änderung des Anhangs der Verordnung (EWG) Nr. 288/82 aufgrund des Beitritts Spaniens und Portugals — KOM (85) 769 endg. — Rats-Dok. Nr. 11624/85 (Drucksache 10/4681 Nr. 8) Vorschlag einer Verordnung EWG des Rates betreffend den Abschluß einer Vereinbarung zur Verlängerung und Änderung der Vereinbarung vom 21. Oktober 1982 über den Handel mit Stahlerzeugnissen Vorschlag einer Verordnung EWG des Rates zur Änderung der Verordnung Nr. 2870/82/EWG über Beschränkungen für die Ausfuhr von Stahlerzeugnissen in die Vereinigten Staaten von Amerika Vorschlag einer Verordnung EWG des Rates über den Abschluß einer Vereinbarung vom 10. Januar 1985 über den Handel mit Stahlrohren - Vorschlag einer Verordnung EWG des Rates zur Änderung einer Verordnung (EWG) Nr. 60/85 über die Beschränkung der Ausfuhr von Stahlrohren nach den Vereinigten Staaten von Amerika Entwurf einer Entscheidung der Kommission betreffend den Abschluß einer Vereinbarung zur Verlängerung und Änderung der Vereinbarung vom 21. Oktober 1982 über den Handel mit Stahlerzeugnissen Entwurf einer Entscheidung der Kommission zur Änderung der Entscheidung Nr. 2872/82/EGKS über Beschränkungen für die Aufruhr von Stahlerzeugnissen in die Vereinigten Staaten von Amerika — KOM (85) 635 endg. — Rats-Dok. Nr. 10281/85 (Drucksache 10/4681 Nr. 9) Anlage 3 Antwort des Staatssekretärs Dr. Kinkel auf die Fragen des Abgeordneten Bachmaier (SPD) (Drucksache 10/ 5156 Fragen 74 und 75): Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß sich Äußerungen wie diejenigen des Parlamentarischen Staatssekretärs Erhard in der Bild-Zeitung vom 3. März 1986 zum Ermittlungsverfahren gegen den Bundeskanzler nach den bisherigen Gepflogenheiten aller Bundesregierungen verbieten? Welche Maßnahmen wird die Bundesregierung wegen dieser Äußerungen des Parlamentarischen Staatssekretärs ergreifen? Zu Frage 74: Nein. Parlamentarische Staatssekretäre sind nicht gehindert, persönliche Auffassungen zu äußern. Zu Frage 75: Die Bundesregierung hält Maßnahmen irgendwelcher Art nicht für erforderlich.
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    Rede von Franz Müntefering


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Heute also der Groteske dritter Teil. Stellen Sie sich vor, der Herr Flick — man kennt ihn — hätte sich beschwert, daß Arbeitnehmer, organisierte oder nicht organisierte, zukünftig bei Streiks außerhalb des Kampfgebiets in der Regel kein Arbeitslosengeld bekommen sollen. Oder stellen Sie sich vor, daß der Herr Kaußen — man kannte ihn — dem Mieterbund beigetreten wäre. Man fände das alles komisch.
    Nach den Auftritten Ende September und Ende Januar heute zum drittenmal Graf Lambsdorff und die FDP als Freund der Mieter. Der Bock als Gärtner.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Immerhin, der Graf hat Sinn für das, was Schlagzeilen macht. Sein dauernder Aufenthalt im Landgericht fällt auf. •
    Seine Lust, sich als Minister in spe hofieren zu lassen, fällt auf. Eine ganze Stunde im Deutschen Bundestag, in der nicht über § 116, nicht über Massenarbeitslosigkeit, nicht über Kontrollgesetze, nicht über die Probleme der Landwirtschaft, nicht über den Unsinn von SDI und nicht über Kanzlers dumpfe Tatenlosigkeit gesprochen wird — Graf Lambsdorff freitags um 8 Uhr im Bundestag und dann ab ins Landgericht.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN — Zuruf von der CDU/CSU: Was ist denn nun mit Ihrer Neuen Heimat?)

    Aber der Graf ist auch nicht mehr der, der er war. Das Thema dieser Aktuellen Stunde heißt: „Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, die Neue Heimat Wohnungsbau und deren Eigentümer daran zu hindern, ... ?" Fragt die FDP wirklich die Bundesregierung? Da gibt es doch einen Justizminister in Ihren Reihen, der die Antwort geben können sollte. Aber ich kann mir ja vorstellen, Graf Lambsdorff, wie Ihr Blutdruck steigt, wenn Sie mit ansehen müssen, wie sich der Justizminister beim Gehen die Schuhe sohlen läßt. Falls Sie aber tatsächlich nicht wissen, wie man gewährleisten kann, daß Eigentümer beim Verkauf auf jeden Fall ihre Mieter unterrichten müssen, will ich Ihnen gerne den Tip geben: Ändern Sie das BGB, § 571 Abs. 2. Das bietet sich an.

    (Niegel [CDU/CSU]: Hat die Neue Heimat Pleite gemacht oder nicht?)

    Aus dieser Vorschrift ergibt sich, daß der Mieter bis jetzt nicht unbedingt Bescheid wissen muß. Man könnte das ändern, und die Sozialdemokraten wären bei einer solchen Änderung dabei. Wir können



    Müntefering
    gerne gemeinsam die nötigen Beschlüsse fassen, damit das zukünftig sichergestellt ist.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Bei der Neuen Heimat waren es weniger als 1 000 Wohnungen, die hier angesprochen sind. Wir bedauern, daß das passiert ist. Aber Sie wissen wie wir, daß in einem Jahr Zehntausende von Wohnungen in der Republik den Besitzer wechseln, ohne daß bisher hinreichend gesichert ist, daß die Mieter immer informiert sind. Wir sind gern bereit, mit Ihnen zusammen die nötigen neuen gesetzlichen Regelungen dafür zu treffen.
    Vielleicht wissen sie auch — wollen es nur nicht sagen —, daß die Neue Heimat inzwischen in einer besonderen Aktion den Mietern zehn Projekte mit über 900 Wohnungen in neun Städten zum attraktiven Preis anbietet, zu Konditionen, die zehn Jahre lang stabil sind und die dazu führen, daß die Mieter Eigentümer ihrer Wohnungen werden können. Nun wird sich das Problem der Mieter der Neuen Heimat nicht allein durch Umwandlung ihrer Wohnungen in Einzeleigentum und durch Verkauf dieser Wohnungen an den Mieter lösen. Das wird zwar ein interessanter, doch bescheidender Beitrag zur Lösung bleiben müssen.
    Hauptziel muß es sein, insbesondere in den Bedarfsschwerpunkten, die Wohnungseinheiten zu ihrem ursprünglichen Zweck zu nutzen, nämlich als preiswerte Sozialmietwohnungen. Deshalb ist es richtig, daß Nordrhein-Westfalen Wohnungen der Neuen Heimat im Interesse der Mieter und zur Sicherung dieses sozialen Mietwohnungsbestandes übernommen hat.

    (Beifall bei der SPD)

    Übrigens sind das jetzt nicht die ersten Neue-Heimat-Wohnungen in NRW, die einen seriösen, neuen Besitzer erhalten. Es dürfte Ihnen nicht verborgen geblieben sein, daß sich da in den vergangenen Jahren so einiges an Eigentumsverhältnissen verschoben hat. Der Unterschied ist nur der: Vor zwei, drei Jahren hatte der Graf noch keine Landgerichtstermine, der Kanzler lächelte immer,

    (Zuruf von der CDU/CSU: So etwas Primitives!)

    und die Welt schien in Ordnung. Jetzt aber brauchen Sie einen Blitzableiter, und deshalb gibt es von dieser Stelle aus alle 14 Tage einen kurzen Auftritt für den Grafen in Sachen Neue Heimat, damit die Leute wissen, daß er auch noch da ist.

    (Beifall bei der SPD — Kalisch [CDU/ CSU]: Kommen Sie doch einmal zur Sache! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    Fragen Sie doch einmal die Mieter der 2 385 Sozialwohnungen in NRW, und fragen Sie auch einmal die Mieter der übrigen rund 40 000 Wohnungen in NRW, ob sie nicht lieber vom Land übernommen werden möchten, statt in die Hand eines anderen solventen neuen Eigentümers zu kommen.
    Johannes Rau macht das richtig.

    (Beifall bei der SPD — Lachen und Widerspruch bei der CDU/CSU und der FDP)

    — Dieses Gelächter fällt auf Sie zurück.
    Fragen Sie doch einmal die Mieter, was die darüber denken, daß die Landesregierung NordrheinWestfalen jetzt daran geht, ihnen zu helfen. Wir unterstützen das Bemühen der Landesregierung Nordrhein-Westfalen. Wir meinen nach wie vor, daß angesichts der unterschiedlichen Situationen in den Bundesländern unterschiedliche Lösungen gesucht werden müssen. Das wird nicht alles nach der Methode in Nordrhein-Westfalen gehen. Deshalb gilt unsere Forderung weiter: Die Eigentümer, die Banken, der Bund und die Länder müssen im Laufe dieses Jahres miteinander Lösungen im Interesse der Mieter finden, und das ist möglich. Allerdings ist das nicht mit Aktuellen Stunden, sondern nur mit konkretem Handeln möglich, so wie das in Nordrhein-Westfalen bereits geschieht.

    (Beifall bei der SPD)



Rede von Dr. Philipp Jenninger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat die Abgeordnete Frau Rönsch.

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    Rede von Hannelore Rönsch


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Herren! Meine Damen! Herr Kollege Müntefering, diese Rede war Ihrer nicht würdig.

    (Lachen und Zurufe von der CDU/CSU: Doch!)

    Normalerweise kenne ich Sie durch sachliche Arbeit. Aber heute morgen haben Sie sehr enttäuscht. Ich verstehe zwar, daß Sie bei diesem Thema ohnmächtig sind und auch nichts sagen können, da Sie ja Genossen anklagen müßten, aber so sollte man hier im Plenum nicht vorgehen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Müntefering [SPD]: Auf Lambsdorff muß ein grober Keil, Kollegin!)

    Ich will jetzt einmal einiges zur Sache sagen: Ist der Ruf erst ruiniert, lebt's sich völlig ungeniert.

    (Vogel [München] [GRÜNE]: Das können Sie sagen, jawohl!)

    Nach diesem Motto verfährt jetzt täglich die Neue Heimat. Fast täglich werden die Parlamente mit der Neuen Heimat beschäftigt:

    (Müntefering [SPD]: Das ist doch Ihr Problem!)

    in Nordrhein-Westfalen ein Untersuchungsausschuß wegen der Probleme, gestern haben wir von dieser Stelle aus über die Parteispenden der Neuen Heimat an die SPD reden müssen, und jetzt reden wir über Geschäftspraktiken der Neuen Heimat, die sich erst neuerdings herausgestellt haben. Anläßlich einer Mietsteigerung von nicht weniger als 23 % wurden die erstaunten Mieter der Neuen Heimat gewahr, daß sie zwischenzeitlich, ohne dies zu wissen, Untermieter einer Versicherungsgruppe geworden sind. Die Neue Heimat hat es nicht für nötig gehalten, den Verkauf von 439 Wohnungen und zwölf Läden den Mietern mitzuteilen.

    (Conradi [SPD]: Sie haben keine Ahnung! Die sind doch nicht Untermieter geworden!)




    Frau Rönsch
    Ein Sprecher der Neuen Heimat drückte das so aus: Es war keine Notwendigkeit zur Information gegeben.
    Ich möchte den DGB einmal an seine Grundsätze erinnern,

    (Zustimmung bei der CDU/CSU)

    die da lauten: Verhinderung des Mißbrauchs wirtschaftlicher Macht, Offenlegung aller Daten. Ich frage mich: Wie läßt sich die Praktik der Neuen Heimat mit den Grundsätzen des DGB vereinbaren? Die Mieter und Steuerzahler haben gegenüber einem gemeinnützigen Wohnungsunternehmen das Recht auf Information.
    Was die Neue Heimat jetzt in Ermangelung eines Sanierungskonzepts des verantwortlichen DGB sonst noch zu bieten hat, mutet tatsächlich wie ein Witz an. In einer Art Winterschlußverkauf und mit Fangprämien sollen jetzt Wohnungen losgeschlagen werden. Die Vermittlung eines Mieters für eine Neue-Heimat-Wohnung bringt dem Vermittler 400 DM Prämie und dann noch die Teilnahme an einer Verlosung einer Wochenendreise nach Rom, Wien oder Paris.

    (Hornung [CDU/CSU]: Wer bezahlt das alles?)

    Die Wohnungen der Neuen Heimat in Paris haben uns hier ja auch schon einmal beschäftigt.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU)

    In Paris hat die Neue Heimat International Luxusappartements gebaut. Vielleicht kann sich einer der glücklichen Gewinner diese Wohnungen dann von außen ansehen. Einziehen oder darin zur Miete wohnen kann er nicht; denn sie sind zu teuer.
    Da macht dann das „WiM"-Projekt — „Wohnung in Mieterhand" — der Beteiligungsgesellschaft für Gemeinwirtschaft schon mehr Sinn. Wenigstens in diesen Fällen ist dann die Gefahr eines heimlichen Verkaufs an Dritte gebannt. Für den — bisher allerdings ausgesprochen schleppenden — Wohnungsverkauf hat dann das Vorstandsmitglied Wiesmeier die Erklärung: Dem Verkauf von Wohnungen steht. weniger ein zu geringes Einkommen der Mieter, sondern mehr das negative Image der Neuen Heimat im Wege. Wie recht er hat!

    (Hornung [CDU/CSU]: So ist es!)

    Die partiellen Aktivitäten der Neuen Heimat fruchten nicht. Die Verantwortung für die Sanierung der Neuen Heimat liegt nach wie vor beim Eigentümer DGB. Der macht aber bisher keine Anstalten, ein geeignetes Sanierungskonzept vorzulegen.

    (Hornung [CDU/CSU]: Der will aus Schulden noch Gewinn machen!)

    Krisensitzungen werden anberaumt. Und der DGBChef tut überhaupt nichts. Die Rechnung des DGB sieht indes so aus. Gewinne aus Gesellschaften wie z. B. Volksfürsorge oder Bank für Gemeinwirtschaft werden privatisiert.

    (Zuruf des Abg. Müntefering [SPD])

    Die Verluste der Neuen Heimat werden dann sozialisiert — auf Kosten des Steuerzahlers.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Eine grundsolide Haltung, meine ich. Die Gewerkschaften wälzen ihre Verantwortung auf die zwei Hauptgruppen ab. Da sind zum einen die Steuerzahler,

    (Müntefering [SPD]: Warten Sie doch mal ab, bis in zwei Monaten das Programm vorliegt!)

    die auf Grund der Gemeinnützigkeit der Neuen Heimat im Lauf der letzten Jahre 10 Milliarden an Steuerbefreiung zur öffentlichen Förderung zugeschossen haben. Die so entstandenen Mietvorteile werden dann beim Verkauf zum Verlustausgleich mißbraucht. Das funktioniert dann so — Sie wissen das —: Der DGB gründet die BGI, die ihrerseits zunächst einmal in großen Mengen Neue-HeimatWohnungen zu Preisen verkauft, die weit unter dem liegen, die die Mieter dieser Wohnung bei Kauf bezahlen müßten.

    (Hornung [CDU/CSU]: Unglaublich!)

    Auf die Gemeinnützigkeitsbindung muß die Immobiliengesellschaft ja dann keine Rücksicht mehr nehmen.
    Die zweite Gruppe findet man unter den zahlenden Gewerkschaftsmitgliedern. Auch für die müßten Sie doch eintreten. Die haben dann mit ihren Beiträgen schon einmal bei der Sanierung der kommerziellen Neue Heimat Städtebau mit 1,5 Milliarden beigetragen. Pro Gewerkschaftsmitglied sind das 160 DM. Ein stolzer Betrag.
    Glücklicherweise sind die Mieter von der finanziellen Seite noch nicht betroffen. Es muß allerdings alles getan werden — und wir werden darüber wachen —, um Nachteile von den Mietern abzuwenden und ihre verständliche Unruhe zu beenden.

    (Müntefering [SPD]: Sie werden wachen?)

    — Ja. Von Ihnen können wir da keine Hilfe erwarten; ich weiß es.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Zuruf des Abg. Müntefering [SPD])

    Rein rechtlich können dem Mieter beim Verkauf keine Nachteile entstehen. Denn es gilt weiter der Grundsatz: Kauf bricht nicht Miete.

    (Müntefering [SPD]: Lambsdorff kann sich das Lachen kaum verbeißen!)

    An die Adresse des DGB geht jetzt mein Appell: Er soll endlich Klarheit über die wirtschaftliche Situation des Unternehmens schaffen. Er soll sich nicht aus seiner Verantwortung stehlen. Und er soll endlich Schluß machen mit der Verunsicherung der Mieter, die für die Mißwirtschaft des Unternehmens jetzt bezahlen müssen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)