Rede von
Franz
Sauter
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr verehrte Frau Blunck, die Rede, die Sie hier eben gehalten haben,
war eher für eine Nominierungsversammlung der SPD in Schleswig-Holstein geeignet denn als Sachbeitrag zu dieser Debatte.
Ich möchte Sie, verehrte Frau Blunck, wenn Sie glauben, wir hätten in den Ausschußberatungen zu wenig Zeit, übrigens einladen, an der Gestaltung dieses Gesetzentwurfes immer aktiv mitzuarbeiten.
Es ist nicht ganz einfach — da gebe ich Ihnen recht —, auf dem Gebiet von Naturschutz und Landschaftspflege gesetzgeberisch tätig zu sein. Erinnern wir uns: Vor zehn Jahren haben wir das Gesetz verabschiedet, und manche haben geglaubt, es sei ein Jahrhundertwerk. Diejenigen, die die Vorgeschichte noch kennen, wissen, wie schwierig es gewesen ist, die Länder auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen. Frau Blunck, das ist auch ein entscheidender Grund dafür, daß die Vorbereitung dieser Novelle so lange gedauert hat. Wir mußten uns eben mit den Ländern abstimmen, denn es handelt sich beim Naturschutzgesetz um eine Rahmengesetzgebung, zu der wir selbstverständlich auch die Länder brauchen.
Es war damals eine schwierige Geburt, aber ich denke, daß das Gesetz von 1976 seinen Zweck erfüllt hat und daß es sich insgesamt bewährt hat. Dennoch sind wir der Auffassung — und unterstützen da die Meinung der Bundesregierung —, daß wir einige Korrekturen vornehmen müssen. Was die Abschaffung der Landwirtschaftsklausel und die Einführung der Verbandsklage betrifft, so komme ich darauf, wenn die Zeit reicht, nachher noch kurz zu sprechen. Nur, was haben Sie und Ihre Fraktion inzwischen getan? Sie haben einen Gesetzentwurf eingebracht, in dem erstens steht, die Landwirtschaftsklausel wird abgeschafft, und zweitens steht, die Verbandsklage wird eingeführt. Mehr haben Sie dazu eigentlich nicht beigetragen. Ich muß da ausnahmsweise einmal die Kollegen von den GRÜNEN loben; die haben sich mit ihrem Gesetzentwurf ein bißchen mehr angestrengt. So überzeugend ist das, was Sie hier bisher gebracht haben, also nicht.
Ich meine, daß dieser Gesetzentwurf die erfolgreiche Politik zur Bewahrung und Erhaltung der Umwelt, wie die Regierung sie bisher betrieben hat, fortsetzt. Dies ist nach unserer Auffassung konservative Politik im guten Sinne des Wortes.
Ich denke auch, daß darauf hingewiesen werden muß, daß in § 1 des neuen Naturschutzgesetzes ausdrücklich steht, daß die Natur und die Landschaft Werte an sich sind. Dies ist, glaube ich, von erheblicher Bedeutung.
Richtig ist — darauf ist schon hingewiesen worden —, daß wir ein sehr kompliziertes Naturschutzgesetz haben, daß wir das Artenschutzgesetz haben und daß wir eine Reihe von Bestimmungen haben, die dieses ganze Recht unüberschaubar machen. Deshalb ist es notwendig, daß wir hier Klarheit schaffen; denn wir sind der Auffassung, daß gesetzliche Bestimmungen, die vom Bürger nicht mehr überschaut werden können, wirkungslos bleiben. Auch die Verwaltung ist mit der Durchführung dieses Gesetzes überfordert. Wir brauchen aber die Akzeptanz der Bürger, wenn wir aktiv Umweltschutz betreiben wollen.
Ich denke, daß das, was in den Einfuhr- und Ausfuhrregelungen vorgesehen ist, einen besonderen Schutz für Tiere und Pflanzen darstellt. Die Haltung und Zucht von Tieren der besonders geschützten Arten soll durch Rechtsverordnung begrenzt werden können und von einer Genehmigung abhängig sein. Die Tiere dürfen künftig nicht mehr zu gewerblichen oder privaten Zwecken verkauft, befördert oder zu kommerziellen Zwecken zur Schau gestellt werden. Von dieser schärferen Regelung nicht betroffen sind Tiere, die aus legaler Zucht stammen. Wir wollen aber auch — lassen Sie mich das hinzufügen — verhindern, daß diejenigen, die sich über Jahrzehnte hinweg mit der Haltung und Pflege von Tieren und besonders mit der Haltung und Pflege von Vögeln beschäftigt haben, in irgendeiner Weise diffamiert oder gar kriminalisiert werden, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Ich will ein Wort zum Biotopschutz sagen, der hier in besonderer Weise angesprochen worden ist. Ich halte es für wichtig, daß wir den Biotopschutz verstärken. Wir haben in der Vergangenheit negative Erfahrungen auf diesem Gebiet sammeln müssen. Hier sind wir gleichermaßen alle mitschuldig geworden. Ich brauche nur daran zu denken, was im Zusammenhang mit Straßenbaumaßnahmen, mit dem Bau von Kanälen geschehen ist, was in Zusammenhang mit der Be- und Entwässerung geschehen ist, was früher auch im Zusammenhang mit Flurbereinigungsverfahren erfolgt ist. Zum Schluß stand die ausgeräumte Landschaft da. Wir müssen daraus die notwendigen Konsequenzen ziehen und den Biotopschutz verstärken.
Aber ich führe in diesem Zusammenhang gleichzeitig an, liebe Kollegen: Wenn es unvermeidliche Eingriffe in die Natur und die Landschaft gibt, kann die Flurbereinigung durchaus ein geeignetes Mittel sein, um unvermeidliche Schäden und Fehler, die begangen worden sind, zu heilen. Ich meine, daß wir die Flurbereinigung aus diesem schiefen Licht herausbringen müssen, in dem sie sich teilweise befindet. Wir haben jetzt Gott sei Dank hervorragende Beispiele dafür, daß die Flurbereinigung durchaus im Interesse des Naturschutzes und der Umweltpflege durchgeführt werden kann und daß die Flurbereinigung einen echten Beitrag zum verstärkten
15458 Deutscher Bundestag — 10.Wahlperiode — 201. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 27. Februar 1986
Sauter
Biotopschutz leisten kann. Ich glaube, das muß in Zukunft etwas stärker betont werden.
Lassen Sie mich ein Wort zur Verbandsklage sagen, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Unsere Fraktion lehnt die Verbandsklage ab, weil wir nicht glauben, daß sie einen sinnvollen Beitrag zum verstärkten Naturschutz bringt. Wir haben Beispiele aus Ländern, in denen eine solche Verbandsklage durchgeführt werden kann.
Ich glaube nicht, daß man den Nachweise führen kann, daß wir dort, wo es diese Verbandsklage gibt, einen verbesserten und verstärkten Naturschutz haben.
Ich füge hinzu, meine sehr verehrten Damen und Herren: Die Verbandsklage beinhaltet unter Umständen auch Mißbrauch. Wer beispielsweise gegen eine notwendige Umgehungsstraße die Verbandsklage als Instrument einführt und nicht an die Menschen denkt, die unter der Last des Verkehrs dort zu leiden haben, der handelt nicht dem Allgemeinwohl entsprechend.
Das zweite, was ich sagen will, ist ein Wort zur Landwirtschaftsklausel. Meine sehr verehrten Damen und Herren, es gibt Diskussionen über die Abschaffung der Landwirtschaftsklausel. Auch unser Koalitionspartner wird dazu noch eine Anmerkung machen. Wenn ich es richtig sehe, ist die FDP der Meinung, daß diese Klausel verändert, nicht abgeschafft werden soll. Von Ihrer Seite, meine Damen und Herren von der Opposition, ist eben eine Abschaffung dieser Klausel vorgesehen. Ich denke, wir sollten uns den Text des geltenden Gesetzes ein bißchen genauer ansehen. Dort steht, daß die ordnungsgemäße Bewirtschaftung durchaus im Interesse der Umwelt durchgeführt werden kann. Nun ist die Frage, meine sehr verehrten Damen und Herren, ob wir an die Stelle dieses unbestimmten Rechtsbegriffes andere unbestimmte Rechtsbegriffe wie umweltfreundlich, umweltgemäß oder ähnliche Dinge mehr wählen sollen. Schaffen wir dadurch nicht zusätzliche Unsicherheiten? Ich glaube, durch einen anderen unbestimmten Rechtsbegriff wird den Interessen nicht besser gedient, sondern es erfolgt eine zusätzliche Verunsicherung innerhalb der Landwirtschaft und eine zusätzliche Unruhe.
Wir müssen uns über eine Neudefinierung bei dieser Problematik sehr gründlich unterhalten. Ich meine, wir sollten bei der jetzigen Formulierung bleiben und uns eine Klärung, falls überhaupt notwendig, in Ruhe überlegen. Wer die Landwirtschaft ordnungsgemäß betrieben hat — jetzt gebrauche ich diesen Begriff —,
der hat in der Vergangenheit einen Beitrag zur Landschaftspflege und zum Umweltschutz geleistet. Lassen Sie mich hinzufügen: Wenn jemand immer in Generationen und für kommende Generationen gedacht und gehandelt hat, dann waren und sind es unsere Landwirte.