Rede von
Helmut
Werner
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (GRÜNE)
Ja, es ist mir sehr wohl bekannt, daß Gift und Dosis zusammenhängen. Es ist aber auch die Frage, ob 30 000 Tonnen, die wir jährlich in der Bundesrepublik verwenden, noch die kleine Dosis sind, die Sie anscheinend für unbedenklich halten.
Diese Verbesserungsvorschläge wurden allesamt abgelehnt. Bisher war die Lobby für Mensch und Natur offensichtlich zu schwach.
In krassem Gegensatz dazu haben die Wünsche der Chemielobby im Entwurf der Bundesregierung schon weitestgehend Berücksichtigung gefunden.
Damit nicht genug. Auch in der Beschlußempfehlung des Berichts des Ernährungsausschusses, Drucksache 10/4618, sind offensichtlich weitere Wünsche der Chemieindustrie verarbeitet worden.
In § 2 Abs. 1 Nr. 1 a, welcher den integrierten Pflanzenschutz definiert, wird festgehalten, daß „die Anwendung chemischer Pflanzenschutzmittel auf das notwendige Maß beschränkt wird". In dieser Definition wird nicht einmal die Regelung des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln nach wirtschaftlichen Schadschwellen festgeschrieben, die jedoch letztlich auch nicht die Richtlinien für den Einsatz von Agrargiften sein dürften.
Agrargifte und Artenschwund sind eng miteinander verbunden.
Vielleicht ist es richtig, daß der Rückgang von einzelnen Arten den praktischen Landwirt, solange er immer neue Agrargifte anwendet, heute wenig berührt. Sollte aber die nächste Generation zu der Überzeugung gelanden, daß eine weitere Anwendung von Agrargiften, aus welchen Gründen auch immer, nicht zu verantworten ist, kann jeder Mistkäfer oder Schmetterling zum wichtigen Nützling werden, und dann hat der Verlust nur einer Art für die Landwirtschaft möglicherweise die Bedeutung einer Naturkatastrophe.
Meine Damen und Herren, wir bringen noch vier Änderungsanträge zum Pflanzenschutzgesetz ein. Erstens: ein Exportverbot in der Bundesrepublik nicht zugelassener Pflanzenschutzmittel. Zweitens: Anwendung von Pestiziden in Wasserschutzgebieten nur nach spezieller Prüfung durch die Biologische Bundesanstalt. Drittens: Wegen der Gefährdung ist biologischen Verfahren gegenüber der Anwendung von Pestiziden absoluter Vorrang einzuräumen. Viertens: Gefährdungshaftung.
Wir wissen zwar, daß diese Anträge mehrheitlich abgelehnt werden, denken aber, daß sie bei der nächsten Novellierung des Pflanzenschutzgesetzes, die sicher nicht in allzu weiter Ferne liegt, von Interesse sein werden.
Deutscher Bundestag — 10.Wahlperiode — 201. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 27. Februar 1986 15451
Werner
Schönen Dank.