Rede von
Günther
Bredehorn
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Entwurf der Bundesregierung zur Novellierung des Pflanzenschutzgesetzes ist bei den parlamentarischen Beratungen gründlich geprüft, vielfach verändert und im Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, wie ich meine, in entscheidender Weise verbessert worden, was die Drucksache 10/4618 durch zahlreiche Ergänzungen veranschaulicht. Den parlamentarischen Nachbesserungen liegt eine umfassende Systematik zu Grunde. Es ist eigenartig, daß einzelne Verbände dies nicht wahrhaben wollen, nur weil ihre Radikalforderungen bei uns kein Gehör gefunden haben.
Mit der Diskussion über die Ausgestaltung des Pflanzenschutzgesetzes verknüpft sich die gesamte ideologische Auseinandersetzung um das Pro und Contra von Chemie in der Landwirtschaft. Das Mär-
Deutscher Bundestag — 10.Wahlperiode — 201. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 27. Februar 1986 15449
Bredehorn
chen vom Landwirt als dem Giftmischer der Nation wurde genauso aufgewärmt wie der von den GRÜNEN verbreitete Unsinn, Pflanzenschutzmittel seien Agrargifte. Diese letzte Aussage kam auch in den Ausschußsitzungen immer wieder hoch. Das erstaunt mich um so mehr, als sie nicht auf naturwissenschaftlichen Grundlagenkenntnissen fußt, sondern rein ideologisches Meinungsklima verbreiten will.
Qualitativ wurde das Pflanzenschutzgesetz in folgenden Kernpunkten verbessert: Erstens. Neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen über ökologische Zusammenhänge ist über die explizite Einbeziehung des Naturhaushalts, von dem Gefahren abgewendet werden sollen, Rechnung getragen worden. Auch die Anwendung des integrierten Pflanzenschutzes ist jetzt im neuen Gesetzestext verankert.
Zweitens. Strengere Kennzeichnungsvorschriften sollen dazu beitragen, daß die Anwender genauere Hinweise für die Ausbringung erhalten. Bei der Etikettierung und den Gebrauchsanweisungen sei mir die Anregung an die Hersteller erlaubt, daß diese ihre Rezepte in einer lesbaren allgemein verständlichen Form präsentieren, damit sie die Gewähr dafür haben, daß die gewünschten Informationen auch bei den Landwirten ankommen.
Drittens. Pflanzenschutzmittel dürfen grundsätzlich nur auf Flächen, die landwirtschaftlich, forstwirtschaftlich oder gärtnerisch genutzt werden, ausgebracht werden. Auch mit diesem Passus haben wir Umweltaspekten entsprochen. Die FDP hat sich dafür eingesetzt, daß an Bundesstraßen, aber auch auf Flächen, die von der Bundesbahn und der Bundeswehr genutzt werden, Chemikalien nicht mehr gespritzt werden dürfen.
Viertens. Für wichtig halte ich die Entscheidung, daß der Selbstbedienungsmentalität bei Pflanzenschutzmitteln in Kleinpackungen ein Riegel vorgeschoben worden ist.
Dies eröffnet auch Chancen für das altbewährte Fachgeschäft und damit für das mittelständische Gewerbe. Hier ist die gute fachliche Beratung des Kunden wieder möglich.
Fünftens. Der Export von Pflanzenschutzmitteln übersteigt bei weitem den Inlandsverbrauch. Wir haben als hochentwickelte Industrienation eine große Mitverantwortung für den Verbleib dieser Mittel in der Dritten Welt. Die Dritte Welt darf weder zum Testmarkt für ungeprüfte Wirkstoffe degradiert noch als Schuttabladeplatz für im Inland nicht absetzbare Substanzen mißbraucht werden. Wir werden aber den Schwierigkeiten der Agrarproduktion in den Entwicklungsländern in keiner Weise gerecht, wenn wir dieselbe Meßlatte wie in unseren gemäßigten Breitengraden anlegen. Deshalb müssen exportierte Pflanzenschutzmittel so gekennzeichnet werden, daß Anwender über mögliche Gefahren informiert werden. Die Ausfuhr besonders gefährlicher Pflanzenschutzmittel kann jetzt verboten werden.
Sechstens. Mit der Regelung der Zweitanmelderproblematik haben wir im Pflanzenschutzgesetz
eine nicht nur dieses Gesetz betreffende Lücke geschlossen. Nicht jeder hat sich gewünscht, daß das Pflanzenschutzgesetz dazu auserkoren sein sollte, rechtssystematisch ein Beispiel zu werden. Ich glaube, die getroffene Regelung ist gut und sinnvoll. Sie ist wettbewerbsneutral, sichert die Eigenverantwortung des Herstellers und ist geeignet, zusätzliche unnötige Tierversuche zu verhindern.
Siebtens. Wer Pflanzenschutzmittel anwendet, sei es im landwirtschaftlichen, forstwirtschaftlichen oder gärtnerischen Bereich, muß über einen Sachkundenachweis verfügen. Pflanzenschutzgeräte müssen bestimmten Anforderungen entsprechen, und im Gebrauch befindliche Pflanzenschutzgeräte werden geprüft. Diese Prüfung können anerkannte Kontrollwerkstätten durchführen.
Meine Damen und Herren, dies sind einige Punkte, die die Verabschiedung eines verbesserten, wenn auch schon in der alten Fassung als vorbildlich geltenden Pflanzenschutzgesetzes verdeutlichen. Leider ist die Biologische Bundesanstalt schon jetzt überlastet, um noch intensiver zu prüfen, um noch besser zu kontrollieren und jetzt auch noch die Zweitanmelderproblematik in den Griff zu kriegen. So werden sich Kosten nicht ganz vermeiden lassen. Im Haushalt ist ein gewisser Ansatz nötig, damit neues Personal für die behördliche Tätigkeit eingestellt werden kann.
Wenn wir es darüber hinaus schaffen, im Abfallbeseitigungsgesetz, das zur Zeit beraten wird, noch die Pflicht zur Rücknahme von Pflanzenschutzmittelbehältern und -rückständen durch Hersteller bzw. Händler zu verankern, kommen wir, so glaube ich, manchem Wunsche auch aus der landwirtschaftlichen Praxis sehr nahe.
Meine Damen und Herren, die FDP-Fraktion wird dem Pflanzenschutzgesetz ihre Zustimmung geben.