Rede:
ID1019607500

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 6
    1. Das: 1
    2. Wort: 1
    3. hat: 1
    4. der: 1
    5. Abgeordnete: 1
    6. Müller: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 10/196 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 196. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 5. Februar 1986 Inhalt: Glückwünsche zum Geburtstag des Abg. Dr. Vogel 15137A Erweiterung der Tagesordnung 15137 B Zur Geschäftsordnung Seiters CDU/CSU 15137 B Porzner SPD 15138 C Wolfgramm (Göttingen) FDP 15139A Bueb GRÜNE 15139 B Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Sicherung der Neutralität der Bundesanstalt für Arbeit bei Arbeitskämpfen — Drucksache 10/4989 — in Verbindung mit Beratung des Antrags der Fraktion der SPD Sicherung der Tarifautonomie und Wahrung der Neutralität der Bundesanstalt für Arbeit in Arbeitskämpfen — Drucksache 10/4995 — in Verbindung mit Beratung des Antrags der Fraktion DIE GRÜNEN Erhaltung der Streikfähigkeit der Gewerkschaften — Drucksache 10/5004 — Dr. Blüm, Bundesminister BMA 15140D, 15175 D Dr. Vogel SPD 15146A Scharrenbroich CDU/CSU 15150 B Schmidt (Hamburg-Neustadt) GRÜNE 15152C Cronenberg (Arnsberg) FDP 15154 B Glombig SPD 15156 C Hauser (Krefeld) CDU/CSU 15159C Tischer GRÜNE 15161 B Dr. Bangemann, Bundesminister BMWi 15163A Dreßler SPD 15166 C Seehofer CDU/CSU 15169 B Kolb CDU/CSU 15171 D Brandt SPD 15173 B Frau Fuchs (Köln) SPD 15177 C Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Anpassung der Renten der gesetzlichen Rentenversicherung und der Geldleistungen der gesetzlichen Unfallversicherung im Jahre 1986 — Drucksache 10/4990 — Günther CDU/CSU 15179A Heyenn SPD 15180 D Frau Dr. Adam-Schwaetzer FDP . . . 15182 B Dr. Müller (Bremen) GRÜNE 15184C Dr. Blüm, Bundesminister BMA . . . 15185 D Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung wirtschafts- und verbraucherrechtlicher Vorschriften — Drucksache 10/4741 — II Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 196. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 5. Februar 1986 in Verbindung mit Beratung des Antrags der Abgeordneten Roth, Rapp (Göppingen), Ranker, Oostergetelo, Stiegler, Dr. Schwenk (Stade), Bachmaier, Curdt, Fischer (Homburg), Huonker, Meininghaus, Müller (Schweinfurt), Pfuhl, Reschke, Stahl (Kempen), Vosen, Frau Weyel, Wolfram (Recklinghausen), Dr. Vogel und der Fraktion der SPD Wettbewerb und Verbraucherschutz im Einzelhandel — Drucksache 10/5002 — in Verbindung mit Beratung des Antrags der Fraktion der SPD Ladenschluß im Einzelhandel — Drucksache 10/5003 — Sauter (Ichenhausen) CDU/CSU . . . . 15188 B Dr. Schwenk (Stade) SPD 15189 D Dr. Graf Lambsdorff FDP 15191 C Auhagen GRÜNE 15193 C Erhard, Parl. Staatssekretär BMJ . . . 15195 C Senfft GRÜNE (Erklärung nach § 32 GO) 15196 A Nächste Sitzung 15196 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . 15196 C Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 196. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 5. Februar 1986 15137 196. Sitzung Bonn, den 5. Februar 1986 Beginn: 11.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Frau Dr. Martiny-Glotz 5. 2. Müller (Schweinfurt) 5. 2. Frau Pack * 5. 2. Pauli 5. 2. Rappe (Hildesheim) 5. 2. Reimann 5. 2. Roth (Gießen) 5. 2. Schäfer (Mainz) 5. 2. Schmidt (Hamburg) 5. 2. Schreiner 5. 2. Schröder (Hannover) 5. 2. Sielaff 5. 2. Stobbe 5. 2. Stücklen 5. 2. Frau Dr. Timm 5. 2. Verheugen 5. 2. Voigt (Frankfurt) 5. 2. Voigt (Sonthofen) 5. 2. Dr. Warnke 5. 2. Frau Dr. Wilms 5. 2. Wischnewski 5. 2. Frau Dr. Wisniewski 5. 2. Dr. de With 5. 2. * für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union ** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Irmgard Adam-Schwaetzer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Heyenn, ich stehe hier überhaupt nicht an, zu sagen, daß es schön gewesen wäre, wenn das im Jahre 1972 durchgesetzt worden wäre. Nur, das bringt für die Diskussion, die Sie hier immer wieder anzetteln, überhaupt nichts. Sie drücken sich davor, einzugestehen, daß Sie vor 13 Jahren aus finanziellen Erwägungen exakt das gleiche machen wollten, was Sie uns heute vorwerfen, und das nenne ich unredlich.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Feilcke [CDU/CSU]: Und damals haben sie es nicht gemacht!)

    Was die finanzielle Entwicklung der Rentenversicherung anlangt, meine Damen und Herren, so haben wir in den letzten Monaten in der Opposition eine Menge Schwarzmalerei erlebt. Sie ist leiser geworden. Sie hat in der Öffentlichkeit auch nicht den Widerhall gefunden, wie sich die Opposition das vielleicht ausgerechnet hatte.

    (Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Abwarten!)

    Sie ist vor allen Dingen auf den Kern dessen reduziert worden, was sie darstellt, nämlich eine Verunsicherungskampagne der Rentner zu Wahlkampfzwecken. Wenn es auch zeitweilig so aussah, als würde sich mancher Rentner von den Parolen der SPD beeindrucken lassen, so ist inzwischen doch klar — die Umfragen weisen das aus —: Das Vertrauen der Rentner in die Solidität der Rentenversicherung ist ungebrochen, und es ist gerechtfertigt. Die Rentenversicherungsträger bestätigen einhellig, daß die Renten auf der bestehenden Grundlage bis in die 90er Jahre gesichert sind. Dazu trägt bei, daß die Entwicklung am Arbeitsmarkt im vergangenen Jahr — trotz der nach wie vor deprimierenden Arbeitslosenzahlen — doch einen Nettogewinn an Arbeitsplätzen um ca. 200 000 zu verzeichnen hatte, und neue Arbeitsplätze, meine Damen und Herren, bedeuten mehr Menschen mit Einkommen, von denen auch Sozialversicherungsbeiträge gezahlt werden.
    Die Entwicklung, die wir 1986 erwarten, deutet auf einen weiteren Zuwachs an Arbeitsplätzen hin; auch davon profitiert die Rentenversicherung: Die Liquidität verbessert sich, die Rentenversicherung kann wieder Rücklagen ansammeln, und letztlich gewinnt sie damit zusätzliche Stabilität.
    Notwendig für die 90er Jahre wird eine Strukturreform, die die demographische Entwicklung berücksichtigt. Die notwendigen Entscheidungen, die ihre Bedeutung aber erst für die Zeit nach 1995 erlangen, müssen frühzeitig getroffen werden, damit sich die Menschen darauf einstellen können. Denn wer sich heute auf ein bestimmtes Alterseinkommen einstellt, muß auch die Gewißheit haben, daß er in 10, 15 Jahren in etwa damit rechnen kann. Das heißt: Wenn sich durch die demographische Entwicklung Veränderungen ergeben, muß man sich heute schon auf die Situation in 10 bzw. 15 Jahren einstellen können.
    Hinsichtlich dieser Strukturreformen halten wir Liberalen an der beitrags- und leistungsbezogenen Rente für die Bevölkerung fest. Die aus der demographischen Entwicklung entstehenden Belastungen müssen auf alle Schultern verteilt werden: Beitragszahler, Steuerzahler und Rentner müssen ihren Beitrag leisten. Und hier, meine Damen und Herren von der SPD, mache ich Ihnen wirklich den Vorwurf, daß Sie nach wie vor versuchen, den Rentnern Sand in die Augen zu streuen, vor allen Dingen aber der jetzt aktiven Generation nicht sagen, was nach dem Jahr 2000 wirklich auf sie zukommt. Sie trauen sich nicht, den Menschen reinen Wein einzuschenken,

    (Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Die FDP, richtig!)




    Frau Dr. Adam-Schwaetzer
    sondern Sie beklagen nach wie vor die Veränderungen, die sich heute im Rentenniveau ergeben.

    (Zuruf der Abg. Frau Fuchs [Köln] [SPD])

    — Ach, hätten Sie doch zugehört, Frau Kollegin. Ich habe hier ausdrücklich gesagt: Natürlich hält die FDP an der beitrags- und leistungsbezogenen Rente fest.

    (Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Wie lange? — Heyenn [SPD]: Und der Vorsitzende der FDP?)

    — Auch der Vorsitzende der FDP hält an der beitrags- und leistungsbezogenen Rente fest. Das wird er Ihnen in der nächsten Debatte, in der er hier zu diesen Fragen Stellung nimmt, selbstverständlich bestätigen.

    (Heyenn [SPD]: Ich glaube, das hat er als Außenminister gesagt!)

    Nur Sie, meine Damen und Herren, trauen sich nicht zu sagen, daß die Voraussage, die heute noch im Rentengesetz drinsteht, nämlich daß durch die gesetzliche Rentenversicherung allein eine Lebensstandardsicherung möglich sei, für die Generation der heute 40jährigen nicht machbar wird. Sie trauen sich nicht! Sie sind in diesem Punkt nicht aufrichtig.

    (Zuruf von den GRÜNEN: Ein lockerer Umgang mit der Wahrheit!)

    Für uns kommt — ich sage das immer — auch nach dem Jahr 1995 neben einer Neugestaltung des Bundeszuschusses auch eine Diskussion über die Verlängerung der Lebensarbeitszeit in Frage. Alles das darf nicht tabu sein. Klar ist aber auch: wenn einer länger arbeitet, muß sich das in seiner Rente bemerkbar machen und umgekehrt.
    Wir wollen im übrigen mit der Strukturreform auch heute noch sozialpolitisch unbefriedigende Tatbestände angehen. Die Angst vor der Armut im Alter halten wir für unerträglich, und sie ist weit verbreitet; das müssen wir zugeben. Wir wollen sie durch systemkonforme Lösungen überwinden.
    Wenn Sie, Herr Heyenn, den Wertschöpfungsbeitrag immer wieder in dieser Debatte bringen, dann sind Sie uns auch heute wieder die Antwort schuldig geblieben, wer bei Ihnen denn nun eigentlich recht hat, Herr Dreßler oder Herr Apel. Herr Dreßler sagt, wir brauchen den Wertschöpfungsbeitrag neben dem jetzt bestehenden Beitragssystem, weil er erkannt hat, daß der Wertschöpfungsbeitrag an sich weniger Geld in die Kassen bringt als das heute bestehende Beitragssystem. Herr Apel dagegen sagt, das ginge auf gar keinen Fall; denn eine doppelte Belastung der Beitragszahler käme nicht in Frage.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Kluger Mann, der Herr Apel!)

    Hier gibt es nach wie vor innerhalb der SPD ungelöste Probleme, und kein Mensch weiß, wer sich da eigentlich durchsetzen wird.
    Eine solide Wirtschaftspolitik, meine Damen und Herren, ist die wichtigste Voraussetzung dafür, daß die Perspektiven für eine angemessene und finanzierbare Alterssicherung darstellbar und solide bleiben. Wir wollen sie auf solidarischer Grundlage machen, ergänzt durch individuelle Vorsorge, und wir sind sicher, daß wir mit diesem Konzept viel Zustimmung finden werden.
    Vielen Dank.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Zuruf von den GRÜNEN: Von uns nicht!)



Rede von Dieter-Julius Cronenberg
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat der Abgeordnete Müller (Bremen).

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Joachim Müller


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (GRÜNE)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Adam-Schwaetzer, das glaube ich Ihnen gern, daß Herr Bangemann an seiner beitragsbezogenen Rente festhalten will. Das kann ich mir gut vorstellen. Die ist j a auch wesentlich höher. Die wird auch wesentlich höher sein als die durchschnittlichen Renten, die in diesem Lande bezahlt werden.
    Die heute von der Bundesregierung vorgeschlagene Rentenanpassung ist allerdings eine Beleidigung für die Rentner oder, wie mein Freund und Kollege Schily gerade sagt, ein Alltagsereignis hier in Bonn, das heißt ein Skandal.

    (Günther [CDU/CSU]: Donnerwetter! — Dr. Langner [CDU/CSU]: Sehr witzig!)

    Die Rentenerhöhung zum 1. Juli 1986 wird, geht es nach der Bundesregierung, gerade 1,9% für das Jahr 1986 betragen. Ich rechne Ihnen das gern vor. Die im Rentenanpassungsgesetz behaupteten 2,3 % reduzieren sich nämlich, da noch bis zum 1. Juli dieses Jahres die Rentenerhöhung des Vorjahres von 1,5% weiterläuft. Hinter dieser nüchternen Zahl von 1,9% effektive Rentenerhöhung verbergen sich tiefgreifende Zusammenhänge.

    (Günther [CDU/CSU]: Das ist aber ein ziemliches Durcheinander!)

    — Daß diese Zahlen für Sie ein Durcheinander sind, beweist nur eines: daß Sie sich über diese lächerlichen 1,9%, die die Rentner zusätzlich bekommen, noch nicht ein einziges Mal wirklich Gedanken gemacht haben. Sonst wüßten Sie, was eigentlich 1,9% auf eine Rente von 750 Mark pro Monat bedeuten, nämlich sehr, sehr wenig.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Auf Kosten der sozial Schwachen hat diese Bundesregierung immer wieder den Bundeshaushalt entlastet, hat dies als Sanierung des Bundeshaushalts verkauft und hat sich also auf Kosten von Armen und Schwachen saniert. Dies immer noch als Erfolg darzustellen, ist nichts anderes als Nebelwerfen, Nebelwerfen in die Richtung, wo Leute wirklich Geld brauchen könnten. Wir sollten uns erinnern: 1983 wurde die Rentenanpassung willkürlich vom 1. Januar auf den 1. Juli verschoben, und seitdem werden die Rentnerinnen und Rentner mit einem Betrag zur Krankenversicherung belastet, 1983 nur mit 1%, dann seit 1. Juli 1984 mit 3 %, seit dem vergangenen Jahr mit 4,5%. Mit dem heute vorliegenden Gesetzentwurf sollen die Rentner mit weiteren 0,7% insgesamt also mit 5,2% ihrer Rente



    Dr. Müller (Bremen)

    zur Kasse gebeten werden. Hier wird also den Rentnern noch zusätzlich etwas für die Krankenversicherung genommen.
    Gleichzeitig fielen allerdings die Nettoanpassungen der Renten höchst dürftig aus: Im vergangenen Jahr waren es effektiv 1,5 %, dann knapp 1 %, in diesem Jahr werden es nur 1,9% sein.
    Nun verweisen Sie, Herr Blüm, gerne darauf, daß die Steigerung der Lebenshaltungskosten in den letzten Jahren einigermaßen gering gehalten werden konnte. Das ist natürlich nicht Ihre Leistung, aber es ist der Fall. Zuletzt waren es 2 % im Jahre 1985. Doch wird dabei regelmäßig verschwiegen, daß sich die Realeinkommen der verschiedenen Sozialgruppen in diesem Lande sehr unterschiedlich entwickelt haben.

    (Vogel [München] [GRÜNE]: Wie war das mit den Diäten?)

    Kaum bekannt ist beispielsweise, daß die realen Leistungen der Bundesanstalt für Arbeit nach dem AFG für Erwerbslose zwischen 1981 und 1983 um 12 % zurückgegangen waren, die Realeinkommen der Arbeitnehmer um 3 % und die Einkommen der Rentner und anderer nicht erwerbstätiger Haushalte um immerhin 4% gesunken sind.
    In demselben Zeitraum, meine Damen und Herren von der CDU, sind aber die Einkommen der selbständigen Haushalte immerhin um 3% gestiegen. Es macht einen erheblichen Unterschied in dieser Welt aus, ob man selbständig oder ob man Rentner ist. Auf diesen Unterschied gilt es in dieser Debatte zu verweisen.

    (Vogel [München] [GRÜNE]: Wie war das denn bei uns Abgeordneten?)

    Sie machen sehr deutlich, auf wessen Seite Ihr Herz schlägt: Wer heute über Einkommen aus Unternehmenstätigkeit oder Vermögen verfügt, dessen Einkommen werden durch diese Regierung permanent verbessert. Auch dazu einige Daten: So stiegen beispielsweise die Bruttoeinkommen aus Unternehmertätigkeit und Vermögen in den vergangenen Jahren — also von 1983 bis heute — um 12,5%. Im kommenden Jahr erwartet die Bundesregierung in diesem Bereich einen Zuwachs von 6 bis 7 %.
    Demgegenüber nehmen sich die heute zu behandelnden 1,9% Rentenerhöhung wahrlich dürftig aus. Das haben Sie natürlich gut gemacht. Sie haben das gut hingekriegt: Heute morgen die große Debatte, viel Aufmerksamkeit, und hinterhergeschoben eine sehr sehr dürftige Rentenanpassung, über die keiner reden wird. Die Rentner aber werden das in der Kasse zu spüren haben. Sie werden spüren, in welcher Art und Weise Sie den Armen nichts Zusätzliches mehr geben und wie dies auch noch durch die Inflation aufgefressen wird.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Quatsch!)

    Die lächerliche Rentenerhöhung, die Sie heute vorgeschlagen haben, bekommt weitere Brisanz durch das, was Sie ebenfalls nicht hören mögen, meine Damen und Herren von der CDU, nämlich durch das Problem der Altersarmut.

    (Bohl [CDU/CSU]: Legen Sie doch einmal eine andere Platte auf! Wir wissen: Von vier Millionen Rentnern mußten sich 1982 rund 1,2 Millionen mit einem Altengeld von unter 1 000 DM im Monat begnügen. Versuchen Sie einmal, mit 1 000 DM im Monat auszukommen. Von allen Problemen ist das größte Problem die Altersarmut bei Frauen. Jede zweite Witwe — also insgesamt 1,9 Millionen Frauen — erhielt 1982 weniger als 750 DM Rente. Mehr als 600 000 alte Frauen — also jede sechste Rentnerin — mußte von einem Gesamtnettoeinkommen von unter 800 DM im Monat leben. Diese Daten zeigen: Altersarmut ist kein Problem unbedeutender Minderheiten; Altersarmut nimmt zu. Die Art der Rentenanpassungspolitik, wie Sie sie betreiben, verschärft das Problem der Altersarmut. Gleichzeitig — daran möchte ich Sie gerne erinnern — waren Sie bereit, für die Frühpensionierung von 1500 Offizieren, wie Sie es genannt haben, insgesamt 1,2 Milliarden DM auszugeben, und, soweit wir informiert worden sind, reichen diese 1,2 Milliarden DM noch nicht einmal. Dafür hatten Sie genügend Geld. Für die Renten der kleinen Leute haben Sie es nicht. Gleichzeitig wissen wir, daß immerhin fast 80 % aller Beamtenpensionen — das könnte man ja einmal zum Maßstab nehmen — oberhalb von 2 000 DM angesiedelt sind. Ich möchte zum Schluß kommen. Das wichtigste Problem, das wir zu debattieren haben, ist das Problem der Altersarmut. Es ist an der Zeit, ganz drastische Erhöhungen im Bereich der unteren Renten vorzunehmen und dafür Sorge zu tragen, daß es in Deutschland nicht Menschen gibt, die mit einem Einkommen auszukommen haben, das unterhalb von 1 000 DM liegt. Danke schön. Das Wort hat der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Verehrter Herr Kollege Heyenn, ich kann Sie beruhigen: Mein Selbstvertrauen ist ungebrochen. Daß ich jetzt ans Rednerpult gehe, beruht auf der Rücksicht darauf, daß ich heute morgen die Debatte eingeleitet habe. Ich dachte, das sei ein Zeichen recht verstandener Kollegialität. — Bitte, ich habe nichts dagegen einzuwenden, wenn Sie auf das antworten, was ich jetzt sage. Lassen Sie mich zur Sache selber kommen. Ich habe drei Nachrichten, die nichts mit einer Optimismuskampagne zu tun haben, sondern mit einer Realismusinformation. Erstens: Die Renten steigen. Zweitens: Die Preise sind stabiler als je zuvor. DritBundesminister Dr. Blüm tens: Die Rücklagen in der Rentenkasse füllen sich wieder. Das sind drei gute Nachrichten für die Rentner. Meine Damen und Herren, ich finde, das Wichtigste in der Rentenpolitik — ich bin mir sicher, daß viele Rentner genauso denken — sind sichere Renten. Der Maßstab dafür sind nicht zuletzt die Rücklagen. Nach Jahren der Abwärtsbewegung — da waren Sie j a unnachahmlich — füllen sich die Rücklagen jetzt wieder. Wie ich schon sagte: Die zweite wichtige Nachricht für die Rentner sind die stabilen Preise. Verehrter Herr Kollege Müller, nicht nur die Rentenerhöhung spielt eine Rolle, sondern auch die Preisstabilität. (Zuruf des Abg. Dr. Müller [Bremen] [GRÜNE])


    (Beifall bei den GRÜNEN)