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ID1019205200

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    Plenarprotokoll 10/192 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 192. Sitzung Bonn, Freitag, den 24. Januar 1986 Inhalt: Wahl des Abg. Fischer (Bad Hersfeld) als stellvertretendes Mitglied der Parlamentarischen Versammlung des Europarates an Stelle des ausgeschiedenen Abg. Horacek 14468 B Nachträgliche Erteilung eines Ordnungsrufes 14468 B Aktuelle Stunde betr. Finanzierung der Neuen Heimat aus öffentlichen Kassen Dr. Graf Lambsdorff FDP 14453 B Dr. Sperling SPD 14454 B Dr.-Ing. Kansy CDU/CSU 14455 D Dr. Müller (Bremen) GRÜNE 14456 D Zierer CDU/CSU 14457 D Dr. Schneider, Bundesminister BMBau 14458 D Schmitt (Wiesbaden) SPD 14460 D Frau Rönsch CDU/CSU 14461 D Grünbeck FDP 14462 D Müntefering SPD 14464 A Pesch CDU/CSU 14465 B Waltemathe SPD 14466 B Doss CDU/CSU 14467 B Beratung des Antrags des Abgeordneten Ströbele und der Fraktion DIE GRÜNEN Erweiterung des Untersuchungsgegenstandes des 2. Untersuchungsausschusses des 10. Deutschen Bundestages — Drucksache 10/4637 — in Verbindung mit Beratung des Antrags der Fraktion der SPD Ergänzung des Auftrages des 2. Untersuchungsausschusses — Drucksache 10/4661 — in Verbindung mit Beratung des Antrags der Fraktion der SPD Rechenschafts- und Informationspflicht des Bundesinnenministers Dr. Zimmermann gegenüber dem Parlament und seinen Gremien — Drucksache 10/4656 — Schäfer (Offenburg) SPD 14468 C Dr. Olderog CDU/CSU 14470 B Ströbele GRÜNE 14471 D Dr. Hirsch FDP 14474 D Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten Bindig, Duve, Dr. Holtz, Jungmann, Klose, Dr. Kübler, Lambinus, Frau Luuk, Meininghaus, Neumann (Bramsche), Pauli, Sielaff, Waltemathe, Frau Zutt und der Fraktion der SPD Menschenrechtspolitik der Bundesregierung — Drucksache 10/3111 — in Verbindung mit Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten Klein (München), Frau Hoffmann (Soltau), Dr. Marx, Dr. Stercken, Schwarz, II Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 192. Sitzung. Bonn, Freitag, den 24. Januar 1986 Frau Geiger, Lintner, Graf Huyn, Jäger (Wangen), Dr. Pohlmeier, Lowack, Sauer (Salzgitter), Hinrichs, Biehle, Dr. Kunz (Weiden), Rossmanith, Höffkes, Dr. Hoffakker, Schulze (Berlin), Pfeffermann, Berger, Seesing, Austermann, Wilz, Frau Rönsch, Müller (Wesseling), Pesch, Clemens, Eylmann, Magin, Sauer (Stuttgart), Schneider (Idar-Oberstein), Dr. Riedl (München) und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Schäfer (Mainz), Frau Dr. Hamm-Brücher, Ertl, Dr. Feldmann, Dr. Rumpf und der Fraktion der FDP Menschenrechtspolitik — Drucksache 10/3537 — Frau Hoffmann (Soltau) CDU/CSU . . . 14476 D Dr. Vogel SPD 14477 B Schäfer (Mainz) FDP 14481 C Fischer (Bad Hersfeld) GRÜNE 14483 D Genscher, Bundesminister AA 14486 C Bindig SPD 14490 A Graf Huyn CDU/CSU 14492 C Klose SPD 14494 A Dr. Hupka CDU/CSU 14495 B Jäger (Wangen) CDU/CSU 14496 D Nächste Sitzung 14498 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 14499*A Anlage 2 Amtliche Mitteilung 14499* C Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 192. Sitzung. Bonn, Freitag, den 24. Januar 1986 14453 192. Sitzung Bonn, den 24. Januar 1986 Beginn: 8.00 Uhr
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    Berichtigung 187. Sitzung, Seite 14229 B, 7. Zeile von unten: Statt „13. September" ist „13. Dezember" zu lesen. Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens * 24. 1. Borchert 24. 1. Brück 24. 1. Büchler (Hof) 24. 1. Büchner (Speyer) 24. 1. Dr. Bugl 24. 1. Buschbom 24. 1. Collet 24. 1. Frau Dempwolf 24. 1. Dr. Dollinger 24. 1. Dr. Ehrenberg 24. 1. Erhard (Bad Schwalbach) 24. 1. Ertl 24. 1. Eylmann 24. 1. Frau Fischer 24. 1. Funk 24. 1. Gallus 24. 1. Ganz (St. Wendel) 24. 1. Dr. von Geldern 24. 1. Glos 24. 1. Dr. Glotz 24. 1. Handlos 24. 1. Freiherr Heereman von Zuydtwyck 24. 1. Helmrich 24. 1. Jung (Düsseldorf) 24. 1. Junghans 24. 1. Kalisch 24. 1. Kiechle 24. 1. Kolb 24. 1. Dr. Kreile 24. 1. Dr. Kübler 24. 1. Linsmeier 24. 1. Lintner 24. 1. Marschewski 24. 1. Dr. Mikat 24. 1. Dr. Miltner 24. 1. Müller (Wadern) 24. 1. Frau Pack 24. 1. Reuschenbach 24. 1. Repnik 24. 1. Schluckebier 24. 1. Schmidt (Hamburg) 24. 1. Schmidt (München) 24. 1. Frau Schmidt (Nürnberg) 24. 1. Schmitz (Baesweiler) 24. 1. Dr. Schmude 24. 1. von Schmude 24. 1. Schröder (Hannover) 24. 1. Schröer (Mülheim) 24. 1. Seesing 24. 1. Frau Simonis 24. 1. Dr. Freiherr Spies von Büllesheim 24. 1. Dr. Stark (Nürtingen) 24. 1. Stobbe 24. 1. Stutzer 24. 1. Dr. Todenhöfer 24. 1. Vahlberg 24. 1. Verheugen 24. 1. Voigt (Sonthofen) 24. 1. Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Wischnewski 24. 1. Wissmann 24. 1. Dr. Wittmann 24. 1. Zander 24. 1. Zink 24. 1. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarats Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Präsident hat gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 der Geschäftsordnung die nachstehenden Vorlagen überwiesen: Unterrichtung durch die Bundesregierung: Sechster Bericht nach § 35 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes zur Überprüfung der Bedarfssätze, Freibeträge sowie Vomhundertsätze und Höchstbeträge nach § 21 Abs. 2 (Drucksache 10/4617) zuständig: Ausschuß für Bildung und Wissenschaft (federführend) Ausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit Haushaltsausschuß Unterrichtung durch die Bundesregierung: Überplanmäßige Ausgabe im Haushaltsjahr 1986 bei Kap. 30 05 Tit. 683 26 - Förderung von Forschungs- und Entwicklungsvorhaben der Kernbrennstoffversorgung (einschließlich Urananreicherung) - (Drucksache 10/4686) zuständig: Haushaltsausschuß Der Vorsitzende des Ausschusses für Forschung und Technologie hat mitgeteilt, daß der Ausschuß von einer Berichterstattung gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung über die nachstehende Vorlage absieht: Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bewertung des Strahlenschutz-Forschungsprogramms der Europäischen Gemeinschaft (1976 bis 1980) (Drucksache 10/2993) Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses hat mitgeteilt, daß der Ausschuß von einer Berichterstattung gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung über die nachstehenden Vorlagen absieht: Unterrichtung durch die Bundesregierung: Halbjahresbericht der Bundesregierung über die Tätigkeit des Europarats und der Westeuropäischen Union für die Zeit vom 1. Oktober 1984 bis 31. März 1985 - Halbjahresbericht der Bundesregierung über die Tätigkeit des Europarats für die Zeit vom 1. Oktober 1984 bis zum 31. März 1985 - (Drucksache 10/3170) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Halbjahresbericht der Bundesregierung über die Tätigkeit des Europarats und der Westeuropäischen Union für die Zeit vom 1. April bis 30. September 1985; Europarat, - Halbjahresbericht der Bundesregierung für die Zeit vom 1. April bis 30. September 1985 - (Drucksache 10/3991) Unterrichtung durch die deutsche Delegation in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates über die Tagung der Parlamentarischen Versammlung des Europarates vom 25. September bis 3. Oktober 1985 in Straßburg (Drucksache 10/4142) Der Vorsitzende des Ausschusses für Wirtschaft hat mitgeteilt, daß der Ausschuß von einer Berichterstattung gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung über die nachstehenden Vorlagen absieht: Unterrichtung durch die Bundesregierung: Viertes Hauptgutachten der Monopolkommission 1980/81 hier: Stellungnahme der Bundesregierung (Drucksache 10/409) 14500* Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 192. Sitzung. Bonn, Freitag, den 24. Januar 1986 Unterrichtung durch die Bundesregierung: Fünftes Hauptgutachten der Monopolkommission 1982/83 (Drucksache 10/1791) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Fünftes Hauptgutachten der Monopolkommission 1982/83 hier: Stellungnahme der Bundesregierung (Drucksache 10/3683) Der Vorsitzende des Innenausschusses hat mitgeteilt, daß der Ausschuß von einer Beratung der nachstehenden EG-Vorlage abgesehen hat: Unterrichtung durch die Bundesregierung: Mitteilung der Kommission an den Rat über einen Plan zur Bekämpfung der Meeresverschmutzung durch 01 und andere gefährliche Stoffe und Vorschlag für eine Entscheidung des Rates zur Änderung der Entscheidung 81/971/EWG zur Errichtung eines gemeinschaftlichen Informationssystems zur Überwachung und Verringerung der Ölverschmutzung des Meeres — KOM (85) 123 endg. — EG-Dok. Nr. 5948/85 — (Drucksache 10/3352 Nr. 16) Der Vorsitzende des Ausschusses für Jugend, Familie und Gesundheit hat mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehende EGVorlage zur Kenntnis genommen hat: Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über die Untersuchung von Tieren und von frischem Fleisch auf Rückstände — KOM (85) 192 endg. — EG-Dok. Nr. 6707/85 — (Drucksache 10/3534 Nr. 5) Der Vorsitzende des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen hat: Vorschlag einer Verordnung (EWG) des Rates über bestimmte technische Maßnahmen zur Erhaltung der lebenden Ressourcen in der Ostsee und den Belten — KOM (85) 487 endg. — Rats: Dok. Nr. 9285/85 — (Drucksache 10/4083 Nr. 4) Vorschlag einer Verordnung (EWG) des Rates zur Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung eines Gemeinschaftszollkontingents für Pflaumenbranntwein „Sljivovica" der Tarifstelle ex 22.09 C IV a) des Gemeinsamen Zolltarifs mit Ursprung in Jugoslawien (1986) und Vorschlag einer Verordnung (EWG) des Rates zur Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung eines Gemeinschaftszollkontingents für bestimmte Tabake der Tarifstelle ex 24.01 B des Gemeinsamen Zolltarifs mit Ursprung in Jugoslawien (1986) — KOM (85) 454 endg. — Rats-Dok. Nr. 9140/85 — (Drucksache 10/4083 Nr. 5) Vorschlag einer Verordnung (EWG) des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 103/76 über gemeinsame Vermarktungsnormen für bestimmte frische oder gekühlte Fischereierzeugnisse — KOM (85) 513 endg. — Rats-Dok. Nr. 9217/85 — (Drucksache 10/4083 Nr. 6) Vorschlag einer Verordnung (EWG) des Rates zur Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung eines Gemeinschaftszollkontingents für Weine aus frischen Weintrauben der Tarifstelle ex 22.05 C des Gemeinsamen Zolltarifs mit Ursprung in Zypern (1986) und Vorschlag einer Verordnung (EWG) des Rates zur Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung eines Gemeinschaftszollkontingents für Likörweine der Tarifstelle ex 22.05 C des Gemeinsamen Zolltarifs mit Ursprung in Zypern (1986) — KOM (85) 475 endg. — Rats-Dok. Nr. 9183/85 — (Drucksache 10/4083 Nr. 7) Vorschlag einer Verordnung (EWG) des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 2057/82 zur Festlegung bestimmter Maßnahmen zur Kontrolle der Fischereitätigkeit von Schiffen der Mitgliedstaaten — KOM (85) 490 endg. — RatsDok. Nr. 9284/85 — (Drucksache 10/4083 Nr. 8) Vorschlag einer Verordnung (EWG) des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1320/85 mit vorübergehenden Maßnahmen betreffend die Produktionsbeihilfe für Verarbeitungserzeugnisse aus Tomaten — KOM (85) 484 endg. — Rats-Dok. Nr. 9089/85 — (Drucksache 10/4083 Nr. 9) Vorschlag einer Verordnung (EWG) des Rates zur vierten Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1/85 zur Festlegung der vorläufig zulässigen Gesamtfangmengen und bestimmter Fangbedingungen hinsichtlich der zulässigen Gesamtfang-mengen für bestimmte Fischbestände oder Bestandsgruppen für 1985 — KOM (85) 494 endg. — Rats-Dok. Nr. 9073/85 — (Drucksache 10/4083 Nr. 10) Vorschlag einer Verordnung (EWG) des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1696/71 über die gemeinsame Marktorganisation für Hopfen — KOM (85) 491 endg. — Rats-Dok. Nr. 9276/85 — (Drucksache 10/4083 Nr. 11) Vorschlag für eine Verordnung (EWG) des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 104/76 zur Festlegung gemeinsamer Vermarktungsnormen für Garnelen der Gattung „Crangon crangon" — KOM (85) 518 endg. — Rats-Dok. Nr. 9218/85 — (Drucksache 10/4083 Nr. 12) Vorschlag einer Verordnung (EWG) des Rates zur Eröffnung eines Gemeinschaftszollkontingents für gefrorenes Büffelfleisch der Tarifstelle 02.01 A II b) 4 bb) 33 des Gemeinsamen Zolltarifs (1986) und Vorschlag einer Verordnung (EWG) des Rates zur Eröffnung eines Gemeinschaftszollkontingents für frisches, gekühltes oder gefrorenes hochwertiges Rindfleisch der Tarifstellen 02.01 A II a) und 02.01 A II b) des Gemeinsamen Zolltarifs (1986) und Vorschlag einer Verordnung (EWG) des Rates zur Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung eines Gemeinschaftszollkontingents für gefrorenes Rindfleisch der Tarifstelle 02.01 A II b) des Gemeinsamen Zolltarifs (1986) — KOM (85) 477 endg. — Rats-Dok. Nr. 9279/85 — (Drucksache 10/4184 Nr. 7) Vorschlag für eine Verordnung (EWG) des Rates über die ab 1986 auf bestimmte Drittländer anwendbare Einfuhrregelung für Schaf- und Ziegenfleisch — KOM (85) 489 endg. — Rats-Dok. Nr. 9307/85 — (Drucksache 10/4184 Nr. 8) Vorschlag einer Verordnung (EWG) des Rates zur Festlegung der Grundregeln für die Produktionserstattung bei der Verwendung von Zucker in der chemischen Industrie — KOM (85) 504 endg. — Rats-Dok. Nr. 9178/85 — (Drucksache 10/4184 Nr. 9) Vorschlag einer Verordnung (EWG) des Rates zur Festlegung der Kriterien für die Bereitstellung von pflanzlichen Ölen auf dem Gemeinschaftsmarkt für die Nahrungsmittelhilfe — KOM (85) 466 endg. — Rats-Dok. Nr. 9068/85 — (Drucksache 10/4184 Nr. 10) Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1468/81 betreffend die gegenseitige Unterstützung der Verwaltungsbehörden der Mitgliedstaaten und die Zusammenarbeit dieser Behörden mit der Kommission, um die ordnungsgemäße Anwendung der Zoll- und der Agrarregelung zu gewährleisten — KOM (85) 467 endg. — Rats-Dok. Nr. 9333/85 — (Drucksache 10/4184 Nr. 11) Vorschlag für eine Verordnung (EWG) des Rates zur sechsten Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1837/80 über die gemeinsame Marktorganisation für Schaf- und Ziegenfleisch und Vorschlag für eine Verordnung (EWG) des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 872/84 zur Festlegung der Grundregeln für die Gewährung der Prämie zugunsten der Schaffleischerzeuger — KOM (85) 452 endg. — Rats-Dok. Nr. 9386/85 — (Drucksache 10/4184 Nr. 12) Vorschlag für eine Verordnung (EWG) des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1035/72 über eine gemeinsame Marktorganisation für Obst und Gemüse — KOM (85) 527 endg. — Rats-Dok. Nr. 9639/85 — (Drucksache 10/4184 Nr. 13)
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Helmut Schäfer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Kollege Vogel hat der Bundesregierung in seiner Rede vorgehalten, sie habe sich sehr viel Zeit genommen und erst gestern die beiden Großen Anfragen zu den Menschenrechten beantwortet. Es ist sicher richtig, daß es ein sehr langer Zeitraum war; allerdings darf ich darauf hinweisen, daß die Bundesregierung angekündigt hatte, daß sie die Antwort Ende Januar vorlegen werde, und es ist natürlich — was wir sehen sollten — durch das Vorziehen der Debatte die Antwort erst gestern erfolgt.
    Aber ich muß auch einen zweiten Punkt erwähnen, auf den ich nachher noch eingehen will. Es ist die Tatsache, daß sich Antworten der Bundesregierung ja auch dann verzögern können, wenn beispielsweise Bundesländer die Zeichnung von Konventionen — wie etwa der Konvention gegen Folter — blockieren, was leider der Fall ist; ich komme darauf zurück.
    Ich denke aber, daß wir heute trotzdem genug Zeit dafür haben, uns mit der Antwort der Bundesregierung sehr ausführlich auseinanderzusetzen, und ich glaube auch, daß die Bundesregierung in der Beantwortung dieser Anfragen sehr eingehend deutlich gemacht hat, daß sie ihre Menschenrechtspolitik, anknüpfend an die Menschenrechtspolitik früherer Regierungen, fortsetzt und daß sie eben nicht — wie es hier eben im Unterton vielleicht ein bißchen anklang — von dem abweicht, was wir hier früher vertreten haben.
    Die Antwort macht deutlich, daß wir allen wesentlichen internationalen Abkommen über Menschenrechte beigetreten sind und daß es darüber hinaus eine Fülle von Initiativen der Bundesregierung gegeben hat — in diesem Zusammenhang darf ich, was Sie mir nicht verübeln werden, sagen: Initiativen auch des Bundesaußenministers, und zwar mehr als von jedem anderen Bundesaußenminister zuvor; auch das sollte man bitte einmal zur Kenntnis nehmen —,

    (Beifall bei der FDP)

    die Menschenrechte überall in der Welt ohne Rücksicht auf unterschiedliche Ideologien und Staatsfor-



    Schäfer (Mainz)

    men zu verwirklichen. Die Bundesregierung tut das, wie Sie wissen, im Rahmen der UN auf der Basis der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, sie tut es im Rahmen der KSZE auf der Grundlage der Schlußakte von Helsinki und der Abschlußdokumente der Folgekonferenzen, und sie tut es auch im Europarat auf der Grundlage der Konvention zum Schutz der Menschenrechte vom November 1950.
    Die Bundesregierung wirkt aber auch in allen wesentlichen Gremien dieser Organisationen, die sich mit Menschenrechten befassen, mit und hat in diesen Gremien immer wieder eine Fülle von Vorschlägen eingebracht. Ich erinnere vor allem auch an den Vorschlag des Bundesaußenministers zur Einrichtung eines Internationalen Gerichtshofes für Menschenrechte, der leider immer noch nicht zustande gekommen ist, aber nicht etwa deshalb, weil er von uns blockiert würde, sondern weil eine ganze Reihe von Staaten immer wieder die Sorge haben, daß das für die Entwicklung in ihrem eigenen Bereich natürlich peinliche Folgen haben könnte.
    Ich darf auch daran erinnern, daß sich gerade Herr Genscher intensiv für die Einrichtung eines UN- Hochkommissariats für die Menschenrechte eingesetzt hat. Auch das ist leider bis heute nicht verwirklicht worden.
    Herr Genscher hat in seiner Rede vor der Deutschen Gesellschaft für die Vereinten Nationen in Stuttgart im November 1985 zu Recht darauf hingewiesen, das Thema „Menschenrechte" sei bis 1945 niemals ein Thema der auswärtigen Politik der Staaten gewesen; weder hätte Bismarck zu seiner Zeit die üblen Menschenrechtsverletzungen im zaristischen Rußland auf Grund der Völkerrechtslage tadeln können, noch hätte Hitler wegen seiner Rassenpolitik vor dem Völkerbund zur Verantwortung gezogen werden können.
    Erst durch das Wirken der Vereinten Nationen, die ja vielfach sehr unterbewertet werden, ist es — das glaube ich an dieser Stelle auch einmal sagen zu müssen — möglich geworden, daß das Bewußtsein der Menschen und der Staaten — nämlich durch die Charta der Vereinten Nationen, durch die Menschenrechtspakte und durch das heutige Menschenrechtsinstrumentarium — geschärft worden ist und daß heute auch nicht mehr der Grundsatz gilt, wir mischten uns durch die Betonung der Menschenrechte in die inneren Angelegenheiten von Staaten ein; das ist vorbei, damit sollte uns bitte niemand mehr kommen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Zustimmung bei Abgeordneten der SPD)

    In diesem Zusammenhang darf ich von hier aus ein kritisches Wort an einige deutsche Bundesländer richten, meine Damen und Herren. Vor einem Jahr hat mein Kollege Wolfgang Rumpf, der gerade in einer anderen Funktion hinter mir sitzt, in einer Rede, die ich nachgelesen habe, die Zeichnung der Konvention, des Übereinkommens gegen Folter — sowohl des UN-Übereinkommens als auch der Vorschläge des Europarates — angemahnt. Ein Jahr später, im Januar, stelle ich von der gleichen Stelle aus fest, daß leider eine solche Zeichnung noch nicht vorgenommen werden konnte, weil sich deutsche Bundesländer sperren. Wir sollten den Bundesländern sagen: Verhindern Sie nicht länger die Zeichnung des UN-Übereinkommens gegen Folter, nachdem fast alle westlichen Staaten gezeichnet haben.

    (Beifall bei der FDP, der SPD und den GRÜNEN)

    Erwecken Sie auch nicht länger den Eindruck, als müßten wir unsere Gefängnisse vor der internationalen Öffentlichkeit verbergen, wenn es um die Zeichnung des europäischen Übereinkommens über den Schutz von Häftlingen vor Folter geht.

    (Zustimmung des Abg. Duve [SPD])

    Ich glaube, da ist nichts zu verbergen. Hier muß höchstens bei der europäischen Konvention noch nachgebessert werden.

    (Duve [SPD]: Welche Länder waren das? — Klose [SPD]: Welche Länder sind das denn?)

    — Ich überlasse es Ihnen, Sie aufzuzählen. Das macht Ihnen, Herr Duve, mehr Spaß als mir.
    Gerade wir Deutschen haben allen Grund, an der Spitze der Fortentwicklung menschenrechtlicher Instrumentarien zu stehen, statt durch formalistische Einwände diesen Prozeß unerträglich zu verzögern.

    (Beifall bei allen Fraktionen)

    Meine Damen und Herren, mein Freund Ralf Dahrendorf hat unlängst in der „Zeit" den Vorwurf an Linke und Liberale erhoben, sie seien bereit, über Verletzungen des Anstandes und der Menschenrechte hinwegzusehen, wenn diese in der kommunistischen Welt geschehen. Ich möchte ihm von dieser Stelle aus als Liberaler und sicher auch für die Fraktion der FDP antworten: Wir verurteilen den Mißbrauch der Psychiatrie, wir verurteilen die menschenrechtswidrige Behandlung des Nobelpreisträgers Sacharow, wir verurteilen die immer noch bestehenden Straflager und auch die Verfolgung der Helsinki-Gruppen in der Sowjetunion. Ich sage das ganz bewußt auch als Vorsitzender der deutsch-sowjetischen Parlamentariergruppe, der sich seit Jahren um ein besseres Verhältnis und für bessere Beziehungen zwischen beiden Völkern eingesetzt hat und das auch weiterhin tun wird.

    (Beifall bei allen Fraktionen)

    Das wird uns nicht daran hindern, diese Kritik zu üben.
    Meine Damen und Herren, ich weiß aber auch, daß bei den Gedenkveranstaltungen zum 40. Jahrestag der Kapitulation Hitlers 1985 zwar unentwegt und sicher zu Recht des Naziterrors und der Konzentrationslager gedacht worden ist, aber sehr wenig über die 20 Millionen toter sowjetischer Menschen, die der Überfall Hitlers auf die Sowjetunion



    Schäfer (Mainz)

    gefordert hat, gesagt wurde. Auch das sollte man vielleicht gelegentlich tun.

    (Beifall bei der FDP, der SPD und den GRÜNEN)

    Was den Vorwurf der Einäugigkeit und der Heuchelei betrifft, so darf ich sagen: Wer sich immer wieder für die Aufhebung der Verbannung Andrej Sacharows und anderer im kommunistischen Lager Verfolgter zu Recht einsetzt, den darf die Verbannung Winnie Mandelas in einem angeblich an unseren westlichen Wertsystemen orientierten christlichen Staat, in Südafrika, und das Schicksal Hunderter anderer willkürlich Verbannter nicht einfach gleichgültig lassen. Ich glaube auch, das muß hier einmal gesagt werden.

    (Beifall bei der FDP, der SPD und den GRÜNEN)

    Meine Damen und Herren, wer zu Recht die gerade vom „Rat für Angelegenheiten der westlichen Hemisphäre" in den USA verurteilten schweren Menschenrechtsverletzungen der in Nicaragua mit amerikanischem Geld operierenden Contras geißelt, der darf andererseits die Methoden der systematischen Unterdrückung, die die regierenden Sandinisten in Nicaragua gegen ihre Gegner anwenden, nicht verschweigen. Wer zu Recht den Abzug der Roten Armee aus Afghanistan fordert — das tun wir ja alle mit Nachdruck — und die systematische Ausrottung des afghanischen Widerstandes aufs schärfste verurteilt, muß aber auch anfangen, darüber nachzudenken, daß wir alles tun sollten, zu verhindern, daß nach dem Abzug der Roten Armee aus Afghanistan dort nicht ein neues Blutbad zustande kommt, wie es in anderen fundamentalistischen Nachbarstaaten nach deren Revolution der Fall war. Auch das sollten wir bei unserem Afghanistan-Hearing im Auswärtigen Ausschuß berücksichtigen.

    (Beifall bei der FDP, der SPD und den GRÜNEN)

    Meine Damen und Herren! Wer zu Recht die Unterdrückung des kambodschanischen Volkes durch die vietnamesische Besatzung und die Zerstörung der Flüchtlingslager an der thailändischen Grenze anprangert, der darf aber auch nicht hinnehmen, daß einer der größten Massenmörder der Geschichte des 20. Jahrhunderts, Pol Pot, mit seinen Roten-Khmer-Komplizen immer noch nicht international geächtet ist.

    (Beifall bei allen Fraktionen)

    Zu den schweren Menschenrechtsverletzungen unserer Zeit zählt leider auch das Phänomen des Terrorismus. Ich glaube, wir sollten es auch hier ansiedeln; denn wenn man für Ideologien, Religionen oder für irgendwelche Gebietsansprüche unschuldige Menschen umbringt, Wehrlose ermordet und dann sagt, dies sei notwendig, um seinen Kampf der Weltöffentlichkeit bekanntzumachen, dann ist das eine der übelsten Mißachtungen der
    Menschenrechte, die uns in diesen Tagen besonders beschäftigen.

    (Beifall bei allen Fraktionen)

    Meine Damen und Herren, ich muß Ihnen aber auch sagen, daß wir nicht nur die Wirkungen des Terrorismus bekämpfen sollten, sondern immer wieder auch an die Ursachen des Terrorismus denken müssen.

    (Beifall bei der FDP, der SPD und den GRÜNEN)

    Meine Damen und Herren, es kann im Nahen Osten eben nur dann eine Beruhigung eintreten, wenn sowohl das Existenzrecht Israels als auch die Rechte der Palästinenser anerkannt werden.

    (Beifall bei der FDP, der SPD und den GRÜNEN)

    Gerade wir als Europäer, die durch die Anschläge arabischer Terroristen am meisten zu leiden hatten, sind aufgerufen, uns mit allem Nachdruck bei den Palästinensern und unseren arabischen Nachbarn für eine Politik der Mäßigung und des Verständnisses gegenüber Israel einzusetzen, aber wir sollten — gerade auch im Hinblick auf den Besuch des israelischen Ministerpräsidenten Peres in der nächsten Woche in Bonn — darauf drängen, daß auch Israel deutlicher als bisher die Rechte der Palästinenser anerkennt, auch in den besetzten Gebieten, auf der West Bank und vor allem im Gazastreifen, den eigentlich jeder deutsche Israel-Reisende einmal besuchen sollte, um festzustellen, daß es dort leider noch Menschen zweiter Klasse gibt, was dem Ansehen des Staates Israel schadet.

    (Beifall bei allen Fraktionen)

    Meine Damen und Herren, Fortschritte in der Menschenrechtspolitik sind nur sehr langsam zu erreichen, gerade weil ich glaube, daß uns trotz der umfassenden Antwort der Bundesregierung noch vieles unbefriedigt läßt; immer wieder mit allen Mitteln voranzutreiben. Ich meine, daß wir dabei den langsamen Prozeß berücksichtigen müssen, und zwar wegen der anderen Sozial- und Rechtsordnung, die es in verschiedenen Teilen der Welt gibt, aber auch wegen der anderen kulturellen Vorstellungen und der anderen Begriffe von Freiheit.
    Trotzdem darf es kein Ruhen und Rasten geben. Wir müssen in einer Zeit wachsender Gewalt und anhaltender Menschenrechtsverletzungen vor allem in der Dritten Welt das Bewußtsein der Weltöffentlichkeit wachrütteln und nach den furchtbaren Verbrechen in unserem eigenen Land während der Nazi-Diktatur bei der Durchsetzung der Menschenrechte Vorreiter und nicht Nachhut sein.
    Vielen Dank.

    (Beifall bei allen Fraktionen)



Rede von Heinz Westphal
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Fischer (Bad Hersfeld).

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Ulrich Fischer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (GRÜNE)

    Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als neues Mitglied des Deutschen Bundestages möchte ich mich Ihnen kurz vorstellen. Ich heiße Uli Fi-



    Fischer (Bad Hersfeld)

    scher und vertrete zusammen mit Anne Borgmann, Ludger Volmer und Petra Kelly die GRÜNEN im Auswärtigen Ausschuß.
    In den letzten Tagen und Monaten haben wir von seiten der Bundesregierung ein solches Geschiebe und Gerangel um die Beantwortung der beiden Großen Anfragen zur Menschenrechtspolitik der Bundesregierung erlebt, daß heute morgen, wenige Stunden nachdem wir die Antwort der Bundesregierung in der Hand halten, von einer fairen Chance der Oppositionsparteien, sich sachgerecht mit den Positionen der Bundesregierung auseinanderzusetzen, kaum gesprochen werden kann. Wir hoffen deshalb auf die Zustimmung aller Fraktionen, daß sowohl die Antworten als auch alle heutigen Entschließungsanträge dazu in den zuständigen Ausschüssen, aber auch hier im Plenum noch einmal ausführlicher diskutiert werden.
    Die GRÜNEN halten die Verabschiedung der verschiedenen Menschenrechtserklärungen und Menschenrechtspakte dieses Jahrhunderts für einen Fortschritt und ein Zeichen der Hoffnung in der blutigen Geschichte eben dieses Jahrhunderts. Für uns bedeutet die Unterzeichnung dieser Erklärungen die Selbstverpflichtung aller Unterzeichnerstaaten zu einer Politik, in der nicht mehr die Interessen von Nationalstaaten und Militärpakten, von Herrenrassen oder Wirtschaftskräften, sondern die individuellen und kollektiven Rechte der einzelnen Menschen im Mittelpunkt stehen.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Wenn wir die Politik der Bundesregierung auch nur an den bisher von der Bundesrepublik Deutschland eingegangenen Verpflichtungen messen, müssen wir erstens feststellen, daß die Bundesregierung die politischen und sozialen Menschenrechte oft gegeneinander ausspielt. Wenn Menschen hungern oder an ihrer Situation als Arbeitslose verzweifeln, ist ihre menschliche Würde ebenso verletzt, wie wenn sie der Willkür einer an keinerlei Gesetzgebung gebundenen Exekutive ausgesetzt sind, nicht ausreisen dürfen oder an der Ausübung ihrer religiösen Überzeugung gehindert werden.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Zweitens. Wir verurteilen, daß die Bundesregierung die Frage der Menschenrechte oft für ihre eigenen politischen und wirtschaftlichen Interessen instrumentalisiert. Menschenrechtsverletzungen im Lager des militärischen oder politischen Gegners werden häufig nur aufgegriffen, um den Gegner öffentlich vorzuführen. Es ist ja viel einfacher, eine schnelle Erklärung zu Andrej Sacharow zu machen, für dessen Schicksal wir uns als GRÜNE sehr nachhaltig einsetzen, als sich wirklich mit seinen auch für die westliche Seite oft unbequemen Schriften und Gedanken auseinanderzusetzen.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Entsprechend werden je nach politischer Opportunität Menschenrechtsverletzungen heruntergespielt, z. B. im Fall Rumänien, nur weil die Ceauescu-Regierung als potentieller Störfaktor im Warschauer Pakt politisch vielleicht nützlich sein könnte.

    (Beifall bei den GRÜNEN — Zurufe von der CDU/CSU)

    Ein besonders schlimmes Beispiel politischer Instrumentalisierung der Menschenrechte war das Tribunal der CDU gegen Nicaragua, in dem in keiner Weise versucht wurde, die Wahrheit über die Vorgänge in Nicaragua zu erarbeiten oder Solidarität mit den Opfern von Menschenrechtsverletzungen, die wir durchaus auch unter dem Regime der Sandinistas für möglich halten, zu üben und zu untersuchen, sondern wo einzig die Interessen der Vereinigten Staaten in dieser Region unterstützt wurden.

    (Beifall bei den GRÜNEN — Werner [CDU/CSU]: Bauen Sie doch nicht Feindbilder auf!)

    Solchen offensichtlichen Mißbrauch von Menschenrechtsverletzungen als Waffe im ideologischen Kampf gegen den politischen Gegner lehnen wir strikt ab.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Noch gravierender ist das Schweigen der Bundesregierung zu Menschenrechtsverletzungen in Ländern, in denen angeblich wirtschaftliche Interessen der Bundesregierung berührt werden. In Peru z. B. werden mit deutschen Waffen Menschen getötet. Die Bundesregierung antwortete noch letzte Woche auf unsere Frage, warum der Export von G-3-Gewehren, Radpanzern und Militärlastern nach Peru genehmigt wurde, daß es ihr — ich zitiere — „aus rechtlichen und politischen Gründen nicht möglich ist, in der Öffentlichkeit nähere Angaben über bestimmte Einzelgeschäfte zu machen". Mit ihrer Waffenexportpolitik unterstützt die Bundesregierung diktatorische Regime, die zum Erhalt ihrer politischen und wirtschaftlichen Macht mit staatlichen Todesschwadronen und Terrorkommandos gegen Bauern und Gewerkschafter vorgehen, die nichts tun, als um ihre nackte Existenz zu kämpfen.
    Selbst die hehre Sorge um Auslandsdeutsche und Deutschstämmige mußte im Fall von Elisabeth Käsemann und anderen zurückstehen, als es seinerzeit um die Atomgeschäfte mit den argentinischen Militärs ging. Die bittere Feststellung, die der Vater von Elisabeth Käsemann der damaligen SPD/FDPRegierung entgegenhielt, ein verkaufter Daimler-Lkw sei der Regierung mehr wert als ein Menschenleben, gilt heute noch genauso: vom Schweigen zu den Verbrechen Khomeinis über das Schweigen zu den Foltermorden in der Türkei bis hin zur Unwilligkeit, Boykottmaßnahmen gegen das rassistische Regime in Südafrika zu beschließen. Wenn es um wirtschaftliche Aufträge, um Rüstungsexportgeschäfte oder um Rohstoffinteressen geht, werden Menschenrechtsverletzungen allzuoft heruntergespielt und beschönigt.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Drittens. Selbst wenn die Bundesregierung Menschenrechtsverletzungen in für uns wirtschaftlich



    Fischer (Bad Hersfeld)

    interessanten Ländern zugeben muß, fragt sie selten nach deren Ursachen. Die Politik der multinationalen Konzerne, an denen die Bundesrepublik kräftig beteiligt ist, macht Millionen in der Dritten Welt arbeitslos, vertreibt sie von ihrem Grund und Boden, stürzt sie in Hunger und Elend. Die Bundesregierung hilft dabei, durch staatliche Finanzgarantien und durch ihre Waffenexportpolitik Rahmenbedingungen zu schaffen, die Menschenrechtsverletzungen ständig neu hervorbringen. Die Unterzeichnung der Menschenrechtspakte hat bisher eben leider nicht dazu geführt, daß die Vorstellungen des 19. Jahrhunderts wirklich überwunden wurden, als Menschenrechte nur für die „zivilisierten Europäer", nicht aber für die Ureinwohner der Kolonien galten. Für die Bundesregierung sind Menschenrechte in vielen Fällen immer noch teilbar in erstrangige politische und weniger wichtige soziale, in solche, die nur für Europa, aber nicht für Afrika wichtig sind. Und wie Herr Hupka, der sich vehement für das Selbstbestimmungsrecht der Deutschen einsetzt, scheinen einige Leute vom Selbstbestimmungsrecht der eingeborenen Völker, der Indianer in den USA oder der Aborigines in Australien, nicht viel zu halten.

    (Beifall bei den GRÜNEN — Dr. Hupka [CDU/CSU]: Woher wissen Sie das? — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    — Das weiß ich aus einem Brief, den Sie, Herr Hupka, an den Vorsitzenden der Gesellschaft für bedrohte Völker in Sachen Ost-Timor geschrieben haben.

    (Dr. Hupka [CDU/CSU]: Was hat das mit Australien zu tun?)

    Viertens. Wir sind überzeugt, daß die Menschenrechtspolitik der Regierung eines Landes gegenüber anderen Ländern nur dann glaubwürdig ist, wenn sie im eigenen Land für die ungeteilte Achtung der Menschenrechte sorgt. In unserem Land halten wir besonders die fortgesetzte Deklassierung der Millionen Arbeitslosen sowie die geplanten Verschärfungen des Asylrechts für flagrante Verletzungen der Menschenrechtspakte, die die Bundesrepublik selbst unterschrieben hat. Schauen Sie sich einmal in den Lagern für Asylbewerber um. Schauen Sie sich auch morgens in einem deutschen Arbeitsamt um, wo sich heute Hunderte von Menschen um ihre grundlegendsten Bedürfnisse bemühen müssen, indem sie in teilweise menschenunwürdiger Weise anstehen.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Die politischen Freiheitsrechte einerseits und die sozialen Rechte der Menschen andererseits dürfen nicht in ein hierarchisches Verhältnis zueinander gesetzt werden.

    (Zustimmung bei den GRÜNEN)

    Politische wie soziale Rechte haben für uns sowohl eine individuelle als auch eine kollektive Dimension. Das Recht auf Pressefreiheit wie das Recht auf Arbeit sind notwendig für ein Leben, das Selbstverwirklichung, Emanzipation und solidarisches Verhalten ermöglicht.
    Mit großem Interesse beteiligen wir uns an der Diskussion um die Weiterentwicklung des Menschenrechtskatalogs um ein Recht auf Entwicklung der bisher unterentwickelt gehaltenen Länder, um das Recht auf Frieden, das Recht auf eine saubere Umwelt und das Recht der Frauen auf gesellschaftliche Bedingungen, die ihnen sowohl Mutterschaft als auch eine sinnvolle Berufstätigkeit möglich machen. Allein eine Gesellschaft, die die Menschenrechte in all ihren Dimensionen achtet, ist für uns eine friedensfähige Gesellschaft.
    Ich möchte mich dem anschließen, was Herr Vogel gesagt hat. Wir schätzen die Arbeit vieler Politiker, durch — wie Sie es genannt haben — stille Diplomatie menschliche Schicksale zu erleichtern. Wir haben uns selber an vielen solcher Gespräche beteiligt und oft die Unterstützung durch Politiker aller anderen Fraktionen erbeten und auch bekommen. Wir haben in solchen Situationen auch Unterstützung durch den Außenminister dieser Regierung erfahren.
    Trotzdem genügt uns das nicht. Wir fordern die Bundesregierung auf, endlich die nächsten Schritte auf dem Weg zur Verbesserung des internationalen Menschenrechtsschutzes zu unternehmen und die schon zitierte UN-Konvention gegen Folter und die Europäische Folterkonvention zu unterzeichnen. Das bereits 1977 von ihrer Vorgängerin unterzeichnete Gesetz zum Zusatzprotokoll zum Genfer Abkommen von 1949 über den Schutz der Opfer internationaler bewaffneter Konflikte muß ratifiziert werden. Wir fordern weiter, daß das Recht auf Kriegsdienstverweigerung, wie es in den Entschließungsanträgen des Europarats festgelegt ist, endlich als Menschenrecht anerkannt wird, und schließlich, daß das Zusatzprotokoll der Europäischen Menschenrechtskonvention über die Abschaffung der Todesstrafe ratifiziert wird.

    (Graf Huyn [CDU/CSU]: Das steht sogar im Grundgesetz!)

    — Eben.
    Vor etwas mehr als 40 Jahren war es in unserm Lande möglich, daß ein totalitäres Regime Menschen verfolgte und tötete, weil sie aus Mitleid einem Hungernden ein Stück Brot gaben oder einen vom Tode Bedrohten versteckten. Nur sehr wenige haben sich damals in unserem Land diesem Verbot des einfachen menschlichen Mitleids widersetzt.
    Der Rechtsstaat, der 1949 der Bundesrepublik gegeben wurde, war ein von oben verordneter Rechtsstaat, der einer erschöpften und demoralisierten Gesellschaft aufgestülpt wurde. Wir wissen, wie wichtig dieser Rechtsstaat für die Entfaltung der Demokratie in unserem Land ist. Wir wissen aber auch, daß das Institut Rechtsstaat ein statischer Rahmen bleibt, der von politischen und wirtschaftlichen Machtgruppen mißbraucht werden kann, wenn er nicht von einer die Menschenrechte aktiv achtenden Gesellschaft mit Leben erfüllt wird.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Von den Diskussionen mit Freunden aus der polnischen Solidarnosc haben wir gelernt, wie entscheidend es ist, daß eine Gesellschaft ihre Demo-



    Fischer (Bad Hersfeld)

    kratiefähigkeit bewahrt, d. h. die Fähigkeit zur Menschlichkeit.
    Die Achtung der Menschenrechte anderer ist elementarer Bestandteil unserer eigenen Menschenwürde. Wir teilen deshalb das Engagement von vielen Menschen weltweit und in unserem Land für — es wurde auch schon genannt — amnesty international, aber auch für die Gesellschaft für bedrohte Völker, das Komitee für Grundrechte und Demokratie und andere Menschenrechtsorganisationen.
    Es ist die Aufgabe eines Parlaments in einem Rechtsstaat, die Sensibilität aller Bürgerinnen und Bürger in Fragen der Menschenrechte zu erhöhen.
    Wir fordern deshalb erstens, daß beim Deutschen Bundestag eine ständige Kommission für Menschenrechte eingerichtet wird, in der sich Mitglieder des Parlaments mit den Menschenrechten befassen und ihre Ergebnisse öffentlich vortragen.