Rede von
Hermann
Fellner
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Ankündigung des Kollegen von den GRÜNEN ist nur noch die Frage hinzuzufügen, ob man denn nun nach Wackersdorf mit dem Dienstwagen fahren oder ob man das unter Privatvergnügen einordnen und dann auch den Privatwagen benutzen sollte.
Herr Präsident, es scheint mir wichtig, den Sachverhalt in die Diskussion einzuführen, wegen dem Sie, meine Damen und Herren von den GRÜNEN, so aufgebracht sind. Der Tatbestand ist, daß der Bayerische Verwaltungsgerichtshof gestern, und zwar nicht kaltschnäuzig, sondern nach Recht und Gesetz, über Anträge von Bürgern entschieden hat, die Wirksamkeit des Bebauungsplanes für das Gebiet, auf dem die Wiederaufarbeitungsanlage errichtet werden soll, vorläufig auszusetzen. Diese Anträge wurden mit der Begründung abgelehnt, daß der gegenwärtige Sach- und Streitstand dieser Verfahren schon jetzt die Aussage ermögliche, daß die Hauptsacheanträge wahrscheinlich ohne Erfolg bleiben werden.
Nach dieser Feststellung des Gerichts gibt es für die Baufirmen, die ohnehin den Entscheidungstermin abgewartet hatten, keinen Grund mehr, mit den Rodungsarbeiten länger zu warten.
Die Verwaltungsbehörden haben entschieden. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat diese Entscheidung bestätigt und wird wohl auch dabei bleiben. Der Bauherr macht nun von seinem Recht Gebrauch, zu bauen. Wo hier der Stoff für eine Aktuelle Stunde sein soll, ist mir wahrlich unerfindlich.
Die GRÜNEN erwecken den Eindruck, als würden sich im oberpfälzischen Wackersdorf sozusagen staatsstreichartig dunkle Mächte zusammentun,
um Natur und Menschheit zu schädigen. Dann, so meinen Sie, wäre Widerstand selbstverständliche Pflicht.
Ich sage Ihnen ausdrücklich: Ich habe nichts gegen Widerstand, wenn er sich in angemessener Form, z. B. in einer Demonstration, artikuliert.
Es ist aber höchste Zeit, daß Sie von den GRÜNEN Ihr Verhältnis zum Widerstand und zur Gewalt klären.
Wollen Sie denn wirklich diese sogenannten Behinderungsaktionen weiterhin als gewaltfrei deklarieren? Wollen Sie nicht einräumen, daß sich Besetzung und das Wort „friedlich" wohl von vornherein schon ausschließen? Oder wollen Sie sich gar denen in Ihren Reihen anschließen, die ihre Proteste nach der Legalität der Anlage richten wollen, was nach ihrer Argumentation ja wohl nur heißen kann, daß sie vor nichts zurückschrecken werden? Oder wie halten Sie es mit dem Vorschlag aus Ihren Reihen, über eine Telefonkette 200 radikale Personen zu
Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 183. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. Dezember 1985 13945
Fellner
mobilisieren, damit auf der Baustelle etwas los sei?
Dieses alles sollten Sie in diesem Hause erläutern. Das müssen Sie allerdings auch gegenüber der Polizei in Wackersdorf erläutern. Das müssen Sie natürlich auch den Bürgern in der Oberpfalz darlegen.
Sie haben durch Falschinformationen den Bürger verunsichert. Aber ich hoffe, daß sich von Ihnen niemand mehr in die Irre führen oder gar ins Unglück stürzen läßt, nur deshalb, weil Sie Ihr Verhältnis zur Gewalt nicht geklärt haben.
Ich meine, daß sich auf dieser ungeklärten Basis kein Bürger an Widerstand und Demonstrationen beteiligen sollte.
Für alle diejenigen, die glauben, daß sie nach dieser Gerichtsentscheidung weiterhin gegen diese Anlage protestieren müssen, möchte ich doch ein paar Positionen darlegen, die das Gericht in seinem Beschluß festgehalten hat: Das Gericht hat selbst die vielfach als kritisch angesehene Frage, ob der Bebauungsplan in hinreichender Weise die radiologischen Auswirkungen der Anlage würdigt, als unproblematisch angesehen. Das Gericht anerkennt die in allen fachbehördlichen und fachgutachtlichen Stellungnahmen vertretene Position, daß die von der Anlage zu erwartenden radiologischen Auswirkungen — einschließlich der Auswirkungen auf das Grundwasser — im Rahmen der nachfolgenden Einzelgenehmigungsverfahren hinreichend begrenzbar und technisch beherrschbar sind. Das sollte meines Erachtens all diejenigen beruhigen, die befürchten, daß mit dem Baubeginn ein Schritt in ein nicht beherrschbares Sicherheitsrisiko getan wäre.
Wir wünschen uns, daß die Rodungsarbeiten zügig vorangehen,
damit bald der Bauzaun errichtet werden kann und die weiteren Arbeiten ohne permanenten Polizeischutz erledigt werden können. Den Bauarbeitern hätten wir besseres Wetter gewünscht. Aber zum Trost sei darauf hingewiesen, daß auch die zu erwartenden Demonstranten und auch Sie kein besseres Wetter haben werden.
Danke schön.