Rede von
Ursula
Seiler-Albring
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Schulte, wir hoffen eigentlich alle, daß Sie wieder verstärkt außerparlamentarisch tätig sein werden.
Nun zum Thema der verbalen Effekthascherei: Mein Aha-Erlebnis mit dem umweltpolitischen Engagement der GRÜNEN hatte ich ganz zu Beginn der Legislaturperiode, als ich vom Bahnhof Bonn zum Bahnhof Essen mit der Bundesbahn zu einer Veranstaltung fuhr, an der auch eine wegrotierte Kollegin Ihrer Fraktion teilnahm. Auf meine Frage, wie sie hingekommen sei, teilte sie mir mit, daß sie gerade ihren Fahrer nach Bonn zurückgeschickt habe. Er hole sie dann anschließend wieder ab.
Auch ich bin, wie Sie wissen, Mitglied einer kleinen Fraktion, aber ich glaube, unsere Präsenz im Ausschuß ist mit der Ihrigen in überhaupt gar keinem Zusammenhang zu sehen.
Meine Damen und Herren, ich befasse mich heute im wesentlichen mit dem umweltpolitischen Aspekt des Einzelplans 06. Der Kollege Riedl wird den sicherheitspolitischen Teil nachher abhandeln.
— Das ist kein unsicherheitspolitischer Teil, Herr Kollege Mann,
und ich glaube, wir sind uns da mit der staatstragenden Opposition in diesem Hause im großen und ganzen durchaus einig.
Meine Damen und Herren, bundesweit, landauf, landab singen die GRÜNEN, wie auch gerade wieder, das traurige Lied von der umweltpolitischen Untätigkeit dieser Regierung. Die Begleitmusik, so muß ich leider sagen, spielt dumpf im Hintergrund die SPD. Ab und zu haut mal einer auf die Pauke. Insgesamt ist das kein Kunstgenuß: lauter, lauter Dissonanzen.
Wie sieht denn nun die Haushaltswirklichkeit aus? Das Volumen des Einzelplans 06 steigt im Haushaltsjahr 1986 auf 3,8 Milliarden DM.
— Ich habe Ihnen doch auch zugehört. Seien Sie so lieb und verhalten Sie sich einmal einen Moment ruhig. — Hierin sind 254 Millionen DM für Aufwendungen im Bereich des Umweltschutzes enthalten. Wir haben hier eine Steigerungsrate von 10,3 %. Wenn Sie nun zetern, meine Damen und Herren
von den GRÜNEN, daß dieses nicht genug sei, übersehen Sie zweierlei: Erstens sind für die meisten ausgabenrelevanten Gesetze im Umweltschutz die Länder zuständig. Zweitens bedeutet gerade das Verursacherprinzip, an dem wir festhalten wollen, daß für jede Mark des Staates ein Mehrfaches von privater Seite für den Umweltschutz getan wird. In einem Beitrag von „Inter Nationes" werden die staatlichen Umweltaktivitäten der vergangenen Jahre wie folgt zusammengefaßt — ich zitiere —:
Insgesamt hat die öffentliche Hand in der Bundesrepublik Deutschland von 1971
— Sie erinnern sich daran: In diesem Jahr legte meine Fraktion ihr erstes umweltpolitisches Programm vor —
bis 1981 rund 118 Milliarden DM für den Umweltschutz ausgegeben. Zwei Drittel dieser Summe entfiel auf den Gewässerschutz — inklusive Kläranlagen —, etwa 28% auf die Abfallwirtschaft. Der Rest verteilte sich gleichmäßig auf die anderen Bereiche. In dem genannten Zeitraum stiegen die Ausgaben für die Umwelt jährlich um etwa 5,6 %.
Diese Wachstumsrate ist beibehalten worden, und die Gesamtsumme der für die Umwelt ausgegebenen Gelder ist seit 1971 nun auf etwa 150 Milliarden DM aufgelaufen.
Wer behauptet, daß diese Summe ein Nichts sei, stellt einmal wieder unter Beweis — was wir immer schon vermutet haben —, daß er zum Geld des Steuerzahlers kein Verhältnis hat.
Natürlich bedeutet das Nennen dieser Summe nicht, daß wir in unserem Bemühen nachlassen dürften, eine lebenswerte Umwelt zu schaffen. Wir lassen uns aber kein Etikett — und von Ihnen schon überhaupt nicht — ankleben, mit dem wir unter Preis verkauft werden sollen.
Meine Damen und Herren, wir lassen uns von zwei Zielen leiten, vom Verursacherprinzip und vom Prinzip der Zweckmäßigkeit. Zweckmäßigkeit heißt, Schadstoffe systematisch zu reduzieren, aber nicht, sich mit Kampfgetöse in einem Teilbereich zu engagieren und gleichzeitig andere Bereiche zu vernachlässigen. Genau dies geschieht zur Zeit im Zusammenhang mit dem Tempolimit.
Ich persönlich mache überhaupt keinen Hehl daraus, daß ich im Vorfeld der Ergebnisse des jetzt abgelaufenen Großversuches dazu tendierte, einem differenzierten Tempolimit zuzustimmen.