Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bevor ich auf den Geschäftsbereich der Bundesministerin für Jugend, Familie und Gesundheit eingehe, zunächst noch unsere Haltung zu dem vorgelegten Antrag der Frau Kollegin Kelly hinsichtlich der krebskranken Kinder. Hier wird künstlich ein Dissens erzeugt, der im Grunde nicht vorhanden ist.
— Nun, klatschen Sie mal nicht zu früh!
Der Bundestagsausschuß für Jugend, Familie und Gesundheit hat auf Anregung der Kollegin Schmidt seinerzeit einstimmig beschlossen, den Haushaltsausschuß zu bitten, die entsprechenden Finanzmittel zur Verfügung zu stellen. Dies ist geschehen. Aber der Antrag der Frau Kollegin Kelly richtet sich darauf, daß ein Vermerk im Haushaltsplan angebracht wird, wonach ein Teil dieser Summe zur psychosozialen Betreuung krebskranker Kinder anzuwenden ist. Darum geht es, und für diese Zweckbestimmung im Rahmen des gemeinsam erweiterten Haushaltsansatzes sprechen wir Sozialdemokraten uns aus.
— Sie müssen sich nicht dagegen sperren; das ist doch nur eine Sicherheit, daß die Mittel auch in dem Sinne ausgegeben werden.
— Ich bleibe dabei, es ist ein künstlicher Gegensatz, der hier von Ihnen heraufbeschworen wird.
Nun zu Ihnen, Frau Bundesminister Süssmuth. Ich hatte anfangs Ihrer Rede den Eindruck, Sie würden sie Chance verpassen, zu ein paar Fragen, die der Haushaltsberichterstatter der CDU/CSUFraktion, der Kollege Rossmanith, aufgeworfen hat, Stellung zu nehmen. Sie haben diese Chance dann aber im zweiten Teil genutzt. Es muß die deutsche Öffentlichkeit j a wohl ein bißchen überraschen, daß Sie zu den Fragen, bei denen Sie sich klar vom Frauenbild des Herrn Rossmanith abgesetzt haben, nur Beifall von dieser Seite des Hauses bekommen haben.
Wir sind Ihnen recht dankbar dafür, daß Sie sich von diesem Frauenbild abgesetzt haben. Ich habe in den paar Minuten, die mir zur Verfügung stehen, nicht die Gelegenheit, mich mit den Einlassungen von Herrn Rossmanith zu § 218 und der Stiftung „Mutter und Kind" auseinanderzusetzen.
— Eben, deswegen lasse ich das auch.
Frau Minister, Sie haben hier ein anderes Frauenbild aufgezeigt. Dann verstärkt sich doch wohl der Eindruck, daß Sie damit in Ihren eigenen Reihen allein stehen oder umstritten sind. Wenn wir Sie heute schonen, Frau Süssmuth, dann deshalb, weil wir die parlamentarische Spielregel einhalten, daß jeder neue Minister hundert Tage Schonzeit hat. Ich werde alles, was ich Ihnen und Ihrem Hause vorzutragen habe, in die Form von Fragen kleiden. Wir schonen Sie nicht deswegen, weil eine renommierte süddeutsche Zeitung dieser Tage zu berichten wußte, daß auf dem CSU-Parteitag jemand gesagt hat: Die Reklamekatholikin hat nichts gebracht; Frau Süssmuth paßt eher in eine sozialistische Regierung als in eine von der CDU/CSU getragene Regierung.
Dort, wo Sie vernünftige Positionen einnehmen, können Sie aber mit unserer Unterstützung rechnen, Frau Minister.
Die Ära Geißler ist vorbei und damit, so hoffen wir, auch die Regierungszeit eines Halbtagsministers. Wir erwarten von Ihnen, daß Sie mit voller Kraft in die Aufgabenfelder einsteigen, denn Aufgaben gibt es genug. Lücken hat Herr Geißler genug hinterlassen.