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ID1017801400

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    Vokabeln: 7
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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 10/178 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 178. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 28. November 1985 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 13524 B Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1986 (Haushaltsgesetz 1986) — Drucksachen 10/3700, 10/4101 — Beschlußempfehlungen und Bericht des Haushaltsausschusses — Drucksachen 10/4151 bis 10/4180 — Einzelplan 11 Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung — Drucksachen 10/4161, 10/4180 — in Verbindung mit Einzelplan 15 Geschäftsbereich des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit — Drucksachen 10/4165, 10/4180 — Sieler SPD 13476 C Strube CDU/CSU 13479 A Tischer GRÜNE 13483 B Cronenberg (Arnsberg) FDP 13486 B Frau Fuchs (Köln) SPD 13489 B Roth (Gießen) CDU/CSU 13493 B Frau Kelly GRÜNE 13495 D Handlos fraktionslos 13496 C Dr. Blüm, Bundesminister BMA . . . 13497 D Rappe (Hildesheim) SPD 13503 D Frau Dr. Adam-Schwaetzer FDP . . . 13505 C Waltemathe SPD 13507 B Rossmanith CDU/CSU 13511 B Frau Dr. Süssmuth, Bundesminister BMJFG 13514 B Jaunich SPD 13518A Eimer (Fürth) FDP 13520 B Deres CDU/CSU 13521 D Dr. Müller (Bremen) GRÜNE 13523A Frau Kelly GRÜNE (Erklärung nach §31 GO) 13526 A Vizepräsident Stücklen 13483 C Namentliche Abstimmung 13524 C Ergebnis 13524 B Einzelplan 06 Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern — Drucksachen 10/4156, 10/4180 — in Verbindung mit Einzelplan 36 Zivile Verteidigung — Drucksachen 10/4176, 10/4180 — in Verbindung mit Einzelplan 33 Versorgung — Drucksachen 10/4174, 10/4180 — II Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 178. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 28. November 1985 Kühbacher SPD 13526 D Gerster (Mainz) CDU/CSU 13533 D Schulte (Menden) GRÜNE 13537 C Frau Seiler-Albring FDP 13541A Dr. Nöbel SPD 13543 D Dr. Riedl (München) CDU/CSU 13547 C Klein (Dieburg) SPD 13550 C von Hammerstein CDU/CSU 13553A Baum FDP 13554 B Dr. Laufs CDU/CSU 13556A Dr. Hirsch FDP 13557 D Dr. Zimmermann, Bundesminister BMI 13558 D Vizepräsident Stücklen 13552 D Einzelplan 25 Geschäftsbereich des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau — Drucksachen 10/4169, 10/4180 — Nehm SPD 13563 A Echternach CDU/CSU 13565A Werner (Westerland) GRÜNE 13567 A Grünbeck FDP 13569A Dr. Schneider, Bundesminister BMBau 13571A Einzelplan 07 Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz — Drucksachen 10/4157, 10/4180 — in Verbindung mit Einzelplan 19 Bundesverfassungsgericht — Drucksachen 10/4166, 10/4180 — Frau Zutt SPD 13574A Deres CDU/CSU 13575 D Mann GRÜNE 13577 D Kleinert (Hannover) FDP 13580A Handlos fraktionslos 13581 D Engelhard, Bundesminister BMJ . . . 13582 D Einzelplan 12 Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr — Drucksachen 10/4162, 10/4180 — Purps SPD 13584 C Metz CDU/CSU 13586 D Senfft GRÜNE 13588 D Hoffie FDP 13590 C Dr. Dollinger, Bundesminister BMV . . 13592 C Einzelplan 10 Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten — Drucksachen 10/4160, 10/4180 — Frau Zutt SPD 13594 C Schmitz (Baesweiler) CDU/CSU . . . 13596A Suhr GRÜNE 13598 D Bredehorn FDP 13600 A Müller (Schweinfurt) SPD 13602 B Kiechle, Bundesminister BML 13604 B Oostergetelo SPD (Erklärung nach § 30 GO) 13606 B Schmitz (Baesweiler) CDU/CSU (Erklärung nach § 30 GO) 13606 C Einzelplan 13 Geschäftsbereich des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen — Drucksache 10/4163 — Walther SPD 13607 B Echternach CDU/CSU 13609 B Frau Dann GRÜNE 13611C Hoffie FDP 13614 A Dr. Schwarz-Schilling, Bundesminister BMP 13616C Präsident Dr. Jenninger 13612C, 13613A, 13619 B Haushaltsgesetz 1986 — Drucksachen 10/4178, 10/4179 — Wieczorek (Duisburg) SPD 13619 D Roth (Gießen) CDU/CSU 13620 D Vogel (München) GRÜNE 13621 D Dr. Weng (Gerlingen) FDP 13622 A Beratung der Beschlußempfehlung des Vermittlungsausschusses zu dem Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Lastenausgleichsbank — Drucksache 10/4392 — Schmidhuber, Minister des Freistaates Bayern 13622 C Nächste Sitzung 13623 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten 13624*A Deutscher Bundestag — 10.Wahlperiode — 178. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 28. November 1985 13475 178. Sitzung Bonn, den 28. November 1985 Beginn: 9.01 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens * 28. 11. Antretter * 29. 11. Bahr 29. 11. Bueb 29. 11. Büchner (Speyer) * 29. 11. Clemens 29. 11. Collet 29. 11. Dr. Daniels 28. 11. Frau Eid 29. 11. Ertl 29. 11. Frau Fischer * 29. 11. Franke (Hannover) 29. 11. Dr. Götz 29. 11. Haase (Fürth) * 29. 11. Freiherr Heereman von Zuydtwyck 28. 11. Ibrügger 29. 11. Jäger (Wangen) * 29. 11. Junghans 29. 11. Kittelmann * 29. 11. Klose 29. 11. Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Kreile 29. 11. Lamers 28. 11. Leonhart 29. 11. Lemmrich * 29. 11. Lenzer 28. 11. Dr. Mertens (Bottrop) 28. 11. Dr. Müller * 29. 11. Nagel 29. 11. Dr. Olderog 29. 11. Schlaga 29. 11. Frau Schmidt (Nürnberg) 29. 11. Schmidt (Wattenscheid) 29. 11. Dr. Todenhöfer 29. 11. Voigt (Sonthofen) 29. 11. Vosen 28. 11. Frau Wagner 28. 11. Werner (Dierstorf) 29. 11. Frau Dr. Wex 29. 11. Zierer 29. 11. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Udo Tischer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (GRÜNE)

    Ich habe die Vorgehensweise in diesem Parlament kritisiert.
    Im Schwerbehindertenbereich treten die GRÜNEN für tatsächlich kostenlose Beförderung ohne Etikettenschwindel ebenso ein wie für die Möglichkeit, über finanzielle und personelle Hilfe über den Bundeshaushalt den Behinderten die freien Lebensräume zu schaffen, die sie selbst seit langem einklagen. Die Bundesregierung und ihre Abstimmmaschinen in diesem Saal werden das verhindern.

    (Dr. Klejdzinski [SPD]: Das ist unverschämt! — Zuruf von der CDU/CSU: Unverschämt!)

    Das ist uns klar.
    Kommen wir zu einem weiteren Bereich der Sozialpolitik, der Situation der Rentner in dieser Republik. Sieht man sich die Altersgliederung der Bundestagsabgeordneten an, so könnte man meinen, daß bei der Tatsache, daß knapp hundert Abgeordnete in diesem Hause über 65 Jahre alt sind,

    (Dr. Rumpf [FDP]: Ihr seid ja auch noch zu grün!)

    die Rentner eine satte Lobby haben müßten. Der Schein trügt jedoch. Jene knapp hundert Abgeordneten in diesem Haus, die über 65 sind, haben mit 13 000 DM Bruttoeinkommen — Untergrenze, wohlgemerkt — nicht die himmelschreienden Probleme in ihrer Haushaltskasse wie die Rentnerinnen und Rentner draußen im Land.

    (Vogel [München] [GRÜNE]: Das sind Pensionäre und keine Rentner! — Werner [Ulm] [CDU/CSU]: Sie wissen genau, daß diese Rechnung nicht stimmt!)




    Tischer
    Keiner dieser Abgeordneten mußte bislang mit jenen paarhundert Mark auskommen, die zum Sterben zuviel und zum Leben zuwenig sind.

    (Lohmann [Lüdenscheid] [CDU/CSU]: Wo sind eigentlich Ihre fleißigen Kollegen zur Zeit?)

    Den Rentnerinnen und Rentnern, die abgeschoben in die Armut dahinkümmern müssen, muß doch die Luft wegbleiben, wenn sie einerseits im Fernsehen das Millionen und bald Milliarden DM teure Weltraumspektakel der D-1-Mission mit der armen toten Fliege Willi dieser ach so schrecklich modernen Republik ansehen und andererseits von Blüm und anderen Karnevalisten gesagt bekommen,

    (Jagoda [CDU/CSU]: Unverschämtheit!)

    daß eben diese moderne Republik nicht ausreichend Geld für eine existenzsichernde Rente hat. Wer auf dem Boden noch keinen festen Stand hat, der hat im Weltraum nichts zu suchen, lieber Herr Blüm.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Machen Sie dies Ihrem Kollegen Weltraumexperten Riesenhuber einmal klar, bevor Sie gegenüber den GRÜNEN das Jammern anfangen und behaupten,

    (Jagoda [CDU/CSU]: Sie sind doch nie da!)

    die von den GRÜNEN geforderte Grundrente von 1 000 DM für ein menschenwürdiges Leben wäre nicht finanzierbar. Halten Sie, Herr Blüm, die bundesdeutschen Rentner doch bitte nicht für so vernebelt und unterstellen Sie diesen nicht, daß sie nicht selbst wüßten, wo die Prioritäten einer sozialen und friedlichen Gesellschaft liegen müßten. Allein bei den drei Schlagwörtern menschenwürdiges Leben, teure Raumfahrtprogramme und unsinnige Aufrüstung wird Ihnen jeder Rentner sagen, zu welcher Priorität er eher neigen würde. Nur fragen Sie, Herr Blüm, die Rentner eben nicht.
    Die Bilanz dieser Wenderegierung im Bereich der Arbeitsmarktpolitik ist eine Schreckensbilanz. Am deutlichsten kommt das unsoziale Verhalten dieser Bundesregierung in der finanziellen Behandlung der Arbeitslosen und Sozialhilfeempfänger ans Tageslicht. Allerspätestens hier tut sich auf, wohin die Reise dieser Republik nach dem Willen dieser Bundesregierung gehen soll. Die Zahl der Arbeitsuchenden, die neben Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe auf Sozialhilfe angewiesen sind, hat trotz aller Wende-Sprüche drastisch zugenommen. Die „erfolgreichste Regierung Europas", wie sie Bundeskanzler Kohl neulich nannte,

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    hat dafür gesorgt, daß Ende Oktober 1984 ca. 430 000 Bezieher von Arbeitslosengeld und 360 000 Bezieher von Arbeitslosenhilfe monatlich weniger als 1 000 DM erhalten.

    (Mann [GRÜNE]: Hört! Hört!)

    Wie die Mietenspiegel in Hamburg, München oder Stuttgart aussehen, wissen Sie selbst.

    (Jagoda [CDU/CSU]: Noch nie sind die Mieten so wenig gestiegen wie bei uns!)

    — Das tut weh, das glaube ich.
    Diese Zahlen sagen leider nichts darüber aus — das ist in der Statistik sowieso nicht zu finden —, wie viele Ehefrauen und Kinder von diesem Schicksal mitbetroffen sind. All die Zahlen, mit denen seit drei Tagen herumgeworfen wird, drücken auch noch lange nicht aus, wie schlimm es ist, Arbeitslosigkeit zu erleiden. Wer von den Beschäftigten draußen und vor allem von den sattgewordenen Bäuchen hier im Plenarsaal weiß z. B., wie es ist, wenn langsam aber sicher die Familie wegen der andauernden Arbeitslosigkeit zerbricht,

    (Beifall der Abg. Frau Dann [GRÜNE])

    dann die Kinder auf Grund der häuslichen Situation in der Schule versagen und dann bei den Arbeitslosen plus den erwachsenen Familienangehörigen der Griff zur Flasche nicht mehr schwer fällt,

    (Lattmann [CDU/CSU]: Da haben Sie heute morgen auch schon zugegriffen!)

    weil man irgendwann einmal die Probleme eben herunterspült?

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    — Diese dummen Witze würde ich bei diesem Thema aber sein lassen.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Wer hier im Plenarsaal hat in den letzten 15 Jahren von Ihnen — der kann ja mal den Finger heben — am eigenen Leib verspürt, wie es ist, wenn man wegen unverschuldeter Arbeitslosigkeit zunächst den Gerichtsvollzieher ins Haus bekommt und dann die liebgewonnene Wohnung mit einem 08/15-Bunker getauscht werden muß?

    (Zuruf von der CDU/CSU: Sie reden doch einen Unsinn!)

    Wie viele hier im Saal standen in den letzten 15 Jahren einmal wegen einer solchen Situation sprachlos vor Ihren Kindern und wußten nicht mehr, was sie diesen zu dem ganzen Jammerbild sagen sollten?

    (Lohmann [Lüdenscheid] [CDU/CSU]: Sie stehen sprachlos vor Ihrem Manuskript! — Feilcke [CDU/CSU]: Sie sollten richtig lesen lernen! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    So möchte ich Sozialpolitik in diesem Hause diskutieren. So und nicht anders sind nämlich die knallharten Realitäten, über die Sie mit Ihren Zahlen hinwegspielen.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Nur wenn man sich in diesem Haus endlich einmal traut, die Probleme unbeschönigt so beim Namen zu nennen, wie sie wirklich sind, und nur dann, wenn man sich nicht hinter verblendenden Zahlen versteckt, wie das einige von Ihnen gern tun, ist zu verstehen, warum die GRÜNEN z. B. unter dem beschämenden Gelächter der Regierungsparteien wie
    Deutscher Bundestag — 10.Wahlperiode — 178. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 28. November 1985 13485
    Tischer
    hier jetzt und auch hin und wieder der Sozialdemokraten für Erwerbslose eine Mindestabsicherung von 1 000 DM im Haushaltsplan verlangen. Nur dann ist auch zu verstehen, daß wir eine Mindestabsicherung so ausgestalten wollen, daß alle Erwerbslosen, die Ansprüche auf Leistungen nach dem Arbeitsförderungsgesetz haben, mindestens 1 000 DM im Monat zur Verfügung haben.

    (Hornung [CDU/CSU]: Die Sozialhilfe für eine Familie ist doch schon so hoch!)

    Für mitzuversorgende Familienangehörige soll unseren Vorstellungen nach ein Anspruch auf Zulagen, entsprechend den Regelsatzstufungen der Sozialhilfe, bestehen.
    Um die schlimme Situation der Sozialhilfeempfänger wenigstens zu erleichtern, fordern die GRÜNEN auch eine 30 %ige Anhebung der Sozialhilfesätze, entsprechend der Warenkorbberechnungen, wie wir das im Ausschuß auch ausgeführt haben, die auch Forderungen des Deutschen Vereins sind.

    (Jagoda [CDU/CSU]: Warum gerade 30 %, wie kommen Sie darauf? — Lohmann [Lüdenscheid] [CDU/CSU]: Dürfen es nicht 50 % sein?)

    — Das ist im Ausschuß, Herr Jagoda, ausführlichst diskutiert und erklärt worden.

    (Jagoda [CDU/CSU]: Sie sind ja nicht da im Ausschuß, wo das behandelt wird! Das können wir nachweisen! Sie fehlen! Sagen Sie den Leuten, daß Sie schwänzen! — Feilcke [CDU/CSU]: Sie wissen gar nicht, wo der Saal ist! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    — Das ist dummes Geschwätz, Herr Jagoda. Bei dieser Diskussion war ich genauso wie der Herr Bueb dabei. Schauen Sie doch mal in der Anwesenheitsliste im Protokoll nach!

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    — Herr Jagoda, diesen Punkt können wir hier auch klären: Wir sind zu dieser Anhörung nicht gekommen, weil die Sachverständigen von uns nicht zugeladen wurden und nicht durch die Obleutebesprechung gekommen sind.

    (Jagoda [CDU/CSU]: Es geht nicht um Anhörungen, sondern um Sitzungen! — Zuruf von der FDP: Immer, wenn er im Ausschuß lernen könnte, ist er nicht da!)

    Darüber hinaus fordern die GRÜNEN eine weitgehende Einschränkung der Generationensubsidiarität sowohl bei der Arbeitslosenhilfe als auch in der Sozialhilfe. Kinder sollen nicht mehr für ihre Eltern unterhaltspflichtig sein. Die Unterhaltspflicht der Eltern soll mit dem Ende der Kindergeldberechtigung ihrer Kinder erlöschen. Auf diesem Wege möchten meine Fraktion und ich ausräumen, daß alte Menschen nicht wegen zu geringer Renten auf das Geld ihrer Kinder angewiesen sind und Eltern für erwachsene Kinder, die längst nicht mehr im Haushalt leben, nicht mehr zum Unterhalt heranzuziehen sind. Die bestehende Generationen-subsidiarität hat sich als sehr problematisch und unzumutbar für die Betroffenen erwiesen, weil sie in der Regel beidseitig als Bettler vor ihrem Partner stehen müssen.

    (Werner [Ulm] [CDU/CSU]: Generationenverträge spielen bei Ihnen keine Rolle, Herr Tischer! — Jagoda [CDU/CSU]: Der weiß gar nicht, was das ist!)

    — Herr Werner, mit Ihnen diskutiere ich darüber nicht.
    Die soziale Isolierung, die Arbeitslose und Sozialhilfeempfänger erleiden müssen, darf nicht mehr einfach hingenommen werden. Es gilt, sie da, wo möglich, zumindest ansatzweise aufzubrechen. Da Arbeitslose und Sozialhilfeempfänger nicht über ausreichende Gelder für Fahrtkosten verfügen, fordern die GRÜNEN im Bundeshaushalt per finanzieller Aufstockung im Einzelplan 12 die Halbierung der Fahrpreise für Arbeitslose und Sozialhilfeempfänger

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    sowie die Gewährung einer zweimonatlichen freien Rückfahrt für Arbeitslose und Sozialhilfeempfänger bei der Deutschen Bundesbahn. Mit diesen Forderungen zum Bundeshaushalt versucht die Fraktion der GRÜNEN die Probleme anzupacken, die den Ärmsten dieser Republik am meisten Sorgen bereiten.

    (Schlottmann [CDU/CSU]: Sie führen die Leute an der Nase herum!)

    Ich möchte auch Sie, meine Damen und Herren der SPD, auffordern, diesen Forderungen zugunsten der Arbeitslosen und Sozialhilfeempfänger zuzustimmen. An Hand der Abstimmung über diese Anträge sollen auch die Betroffenen messen können, ob das Gerede zahlreicher Abgeordneter dieses Hauses draußen in den Veranstaltungen ernster Natur ist oder ob man wieder einmal nur Sonntagsreden vernommen hat, von welchen man heute, wie das bei Ihnen scheinbar der Fall ist, nichts mehr wissen will.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Um einen weiteren Bereich sozialer Politik ist es ebenfalls schlimm bestellt. Hiermit komme ich zum sozialen Umgang mit unseren ausländischen Mitbürgern, insbesondere den türkischen Mitbürgern. Dieser Bereich wird bei allen anderen Parteien allzugerne und oft wissentlich vergessen, weil er bekanntlich keine Wählerstimmen bringt.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    1983 hat die Bundesregierung das Rückkehrhilfegesetz durchgesetzt. Allein bis ins Jahr 2000 spart die Bundesregierung dadurch nach unseren Berechnungen 4 Milliarden DM in der Rentenkasse ein. Dies sind 4 Milliarden DM, die man diesen türkischen Kolleginnen und Kollegen aus der Tasche gezogen hat. Jedem Bundesbürger, der klammheimlich diesen Methoden der Ausländerabschiebung — in diesem Zusammenhang nenne ich auch das Wohnbauspargesetz, das Sie auf den Weg gebracht haben — befürwortend zunickt, weil er meint, so wären neue Arbeitsplätze zu schaffen, sei gesagt,



    Tischer
    daß wir ohne die aktive Mithilfe unserer ausländischen Kolleginnen und Kollegen nicht das heutige Lohn- und Gehaltsniveau hätten. Gerade unseren ausländischen Mitbürgern haben wir so manchen Prozentpunkt bei Lohnerhöhungen zu verdanken, da sie oft mehr Solidarität in tariflichen Auseinandersetzungen bewiesen haben als wir Deutsche selber, wobei ich mich selber auch gern einschließe. Nicht die klammheimliche Ausbeutung unserer ausländischen Mitbürger, sondern die aktive und soziale Solidarität sollte sich diese Bundesregierung auf die Fahne schreiben, wenn sie noch einen Restbestand von Anstand hat.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Sie hetzen die Türken gegen uns auf!)

    All die aufgeführten Themen passen wunderbar in eine Strategie, die diese Regierungskoalition anscheinend gewählt hat. Das Ziel dieser Strategie dürfte die Spaltung der Gesellschaft in unterschiedliche, sich bekämpfende Interessenlager sein, um die Solidarität dieser Menschen mit dem Ziel zu zerbröseln, eine Gesellschaft aufbauen zu können, die der Industrie und den Regierenden hörig und ihnen widerstandslos dienen soll. Gebrochene Solidarität bedeutet gebrochene Macht. Daß diese Bundesregierung mit allen Mitteln in übelster Form an den Fundamenten der Solidarität der ihr nicht genehmen gesellschaftlichen Gruppen rüttelt .. .


Rede von Richard Stücklen
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist zu Ende.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Udo Tischer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (GRÜNE)

    ... — ich komme gleich zum Schluß —, zeigt sich an der von langer Hand angelegten Vernichtungsstrategie gegen die Solidarität unter den Arbeitnehmern und den Gewerkschaften.

    (Lohmann [Lüdenscheid] [CDU/CSU]: Sie sind für Betriebsbesetzungen, wie Sie sie gemacht haben!)

    Bestes Beispiel hierfür sind die Gesetzesvorbereitungen, um die Neutralitätspflicht der Bundesanstalt für Arbeit aufzuheben.