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    Plenarprotokoll 10/177 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 177. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 27. November 1985 Inhalt: Begrüßung des Sekretärs des Zentralkomitees der Ungarischen Sozialistischen Arbeitspartei Dr. Matyás Szurös . . . . 13433 B Wahl des Präsidenten des Bundesrechnungshofs und des Vizepräsidenten des Bundesrechnungshofs 13448 D Ergebnis 13453 B Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1986 (Haushaltsgesetz 1986) — Drucksachen 10/3700, 10/4101 — Beschlußempfehlungen und Bericht des Haushaltsausschusses — Drucksachen 10/4151 bis 4180 — Einzelplan 08 Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen — Drucksachen 10/4158, 10/4180 — in Verbindung mit Einzelplan 32 Bundesschuld — Drucksache 10/4173 — in Verbindung mit Einzelplan 60 Allgemeine Finanzverwaltung — Drucksache 10/4177 — in Verbindung mit Einzelplan 20 Bundesrechnungshof — Drucksachen 10/4167, 10/4180 — in Verbindung mit Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Der Finanzplan des Bundes 1985 bis 1989 — Drucksachen 10/3701, 10/4102, 10/4256 — Dr. Apel SPD 13365 D Carstens (Emstek) CDU/CSU 13375 D Dr. Müller (Bremen) GRÜNE . . 13381D, 13406A Dr. Weng (Gerlingen) FDP 13386 B Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMF . 13389C, 13422 C Dr. Posser, Minister des Landes Nordrhein-Westfalen 13399 A Dr. Graf Lambsdorff FDP 13405 C Dr. Hackel CDU/CSU 13407 A Dr. Solms FDP 13409 B Austermann CDU/CSU 13411 D II Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 177. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 27. November 1985 Wieczorek (Duisburg) SPD 13413C Roth (Gießen) CDU/CSU 13417 B Spilker CDU/CSU 13419 B Präsident Dr. Jenninger 13381 D Einzelplan 09 Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft — Drucksachen 10/4159, 10/4180 — Frau Simonis SPD 13424 B Glos CDU/CSU 13428 B Auhagen GRÜNE 13433 B Dr. Graf Lambsdorff FDP 13435 B Wissmann CDU/CSU 13438 B Dr. Mitzscherling SPD 13440 D Dr. Bangemann, Bundesminister BMWi 13445 C Frau Simonis (Erklärung nach § 30 GO) 13448A Einzelplan 30 Geschäftsbereich des Bundesministers für Forschung und Technologie — Drucksachen 10/4171, 10/4180 — Zander SPD 13449 D Austermann CDU/CSU 13453 D Dr. Müller (Bremen) GRÜNE 13456 D Dr.-Ing. Laermann FDP 13458 B Dr. Riesenhuber, Bundesminister BMFT 13460C Einzelplan 31 Geschäftsbereich des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft — Drucksachen 10/4172, 10/4180 — Dr. Diederich (Berlin) SPD 13463 C Dr. Rose CDU/CSU 13465 B Frau Zeitler GRÜNE 13467 C Neuhausen FDP 13468 D Frau Dr. Wilms, Bundesminister BMBW 13470 D Nächste Sitzung 13472 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten 13473*A Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 177. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 27. November 1985 13365 177. Sitzung Bonn, den 27. November 1985 Beginn: 9.01 Uhr
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    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens * 28. 11. Antretter * 29. 11. Bahr 29. 11. Bueb 29. 11. Büchner (Speyer) * 29. 11. Collet 29. 11. Frau Dr. Däubler-Gmelin 27. 11. Frau Eid 29. 11. Ertl 29. 11. Frau Fischer * 29. 11. Franke (Hannover) 29. 11. Dr. Haack 27. 11. Haase (Fürth) * 29. 11. Dr. Hauff 27. 11. Freiherr Heereman von Zuydtwyck 27. 11. Heyenn 27. 11. Höffkes 27. 11. Graf Huyn 27. 11. Jäger (Wangen) * 29. 11. Junghans 29. 11. Kittelmann * 29. 11. Klose 29. 11. Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Kohl 27. 11. Dr. Kreile 29. 11. Lamers 28. 11. Leonhart 29. 11. Lowak 27. 11. Dr. Müller * 29. 11. Nagel 29. 11. Dr. Olderog 29. 11. Oostergetelo 27. 11. Rühe 27. 11. Schlaga 29. 11. Frau Schmidt (Nürnberg) 29. 11. Schmidt (Wattenscheid) 29. 11. Dr. Schwenk (Stade) 27. 11. Dr. Todenhöfer 29. 11. Frau Wagner 28. 11. Werner (Dierstorf) 29. 11. Frau Dr. Wex 29. 11. Witek 27. 11. Wittmann (Tännesberg) 27. 11. Zierer 29. 11. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Joachim Müller


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (GRÜNE)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In dieser kurzen Zeit ist es natürlich nicht möglich, eine Alternative zu dem zu entwickeln, was von Herrn Riesenhuber als Forschungskonzeption vorgeschlagen worden ist.

    (Zuruf von der SPD: Der hat doch noch gar nicht gesprochen!)

    Ich möchte mich zunächst einmal auf eine Sache beziehen, und zwar deshalb, weil sie eines der teuersten Projekte von allen ist: Teilchenbeschleuniger und Speicherring. Es sind in den letzten vier Jahren — ich habe das einmal durchgerechnet —1 812 000 000 DM allein für Teilchenbeschleuniger zur Verfügung gestellt worden. Da frage ich mich: Wofür geschieht das? Ich habe nichts gegen die Forschung im Bereich der Beschleuniger. Was ich mich aber frage, ist, warum und wieso dies nun ein Schwerpunkt der Forschung geworden ist.

    (Stahl [Kempen] [SPD]: Gehen Sie doch einmal hin und erkundigen Sie sich!)




    Dr. Müller (Bremen)

    Da wird dem unendlich kleinen Teil im düsteren Nebel des unergründlichen Seins gefolgt in der Hoffnung, irgend etwas zu finden. Doch was?

    (Carstensen [Nordstrand] [CDU/CSU]: Das hat etwas mit Rotation zu tun!)

    Das hat in den letzten vier Jahren 1 812 000 000 DM gekostet. Es ist aus der Teilchenbeschleuniger-Forschung bis jetzt nichts herausgekommen,

    (Austermann [CDU/CSU]: Wir haben damit noch nicht einmal angefangen!)

    nichts von dem, was Sie wahrscheinlich gesucht haben. Ich weiß j a nicht, was Herr Riesenhuber bei diesen kleinen Teilchen sucht. Den letzten Quark, der irgendwo im Nebel verschwindet?

    (Zuruf von der CDU/CSU: Rotierende GRÜNE sind Quark!)

    Ich glaube und bin mir da ganz sicher, daß für diese Art von Beschleuniger-Forschung hier kein gesellschaftlicher Bedarf in dem Ausmaße besteht, daß hier Geld für diese Art von Forschung rausgeschmissen wird.

    (Zander [SPD]: Die geistig-moralische Wende suchen die da!)

    Das gleiche gilt hinsichtlich der letzten vier Jahre natürlich auch für die Atomenergieforschung. Atomenergie ist eine völlig unmoderne Energieform, wie wir wissen.

    (Carstensen [Nordstrand] [CDU/CSU]: Diese Energie ist sauber und umweltfreundlich!)

    In den USA investiert kein Mensch mehr einen Dollar in Atomenergie, weil es sich nicht mehr lohnt, hier dagegen wird noch dafür geforscht. Herr Riesenhuber, dies ist der unmodernste Teil Ihres gesamten Forschungsprogramms, um es einmal deutlich zu sagen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Unmodern ist die Partei der GRÜNEN!)

    Auch in diesem Bereich sind in den letzten vier Jahren immerhin 8 187 000 000 DM zur Verfügung gestellt worden — vergleichsweise viel Geld.
    Nun gibt es in der letzten Zeit diese wunderschöne Eureka-Diskussion. Die einzigen, die hier im Augenblick noch dafür sind, sind, glaube ich, Herr Riesenhuber auf der einen und die Sozialdemokratie auf der anderen Seite, die darum kämpft, wer dieses Feld nun irgendwie besetzen kann. 40 Millionen sind dafür, für diese Konkurrenz natürlich zuwenig; das lohnt sich nicht.

    (Stahl [Kempen] [SPD]: Wofür sind Sie eigentlich?)

    Als wir hier beobachtet haben, wie das mit Eureka aufkam, habe ich immer die Frage gestellt: Was für Projekte denn bitte schön? Das Projekt, das mir im Haushaltsausschuß als Spitzenprojekt für Eureka vorgestellt wurde, diese Vision, diese wunderschöne Entgegnung auf die amerikanischen und sonstigen Herausforderungen, war das digitalisierte Autotelefon. Das war das einzige konkrete Projekt, das mir dort vorgestellt worden ist; ansonsten, Herr Riesen-
    huber, wurde schwadroniert. Da wollte man den Schadstoffen durch Europa folgen, wahrscheinlich genauso wie den kleinsten Teilchen im Beschleuniger. Alles mögliche hat man versucht und angesprochen, aber es gibt keine konkreten Projekte. Es gibt Vorstellungen aller Art, und deswegen kann natürlich jeder auch sagen: Ja, ich bin wahrscheinlich dafür, wie die Sozialdemokratie es ja tut. Aber das ist unspezifisch. Ich habe in diesem Fall keine Position dazu.

    (Austermann [CDU/CSU]: Das haben wir gemerkt! — Lachen und weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    Denn zu nichts kann man keine Position haben.

    (Carstensen [Nordstrand] [CDU/CSU]: Sie haben nicht zu nichts keine Position, sondern Sie haben zu allem keine Position!)

    Wir haben im Haushalt für eine Reihe von Möglichkeiten zwar 40 Millionen DM als Finanzierungsmittel, aber es steht nichts darin, wofür es denn, bitte schön, ausgegeben werden möge. Gut, ich verstehe die Sozialdemokratie da j a sehr gut. Sie sagt: Jeder Pfennig, der für Eureka ausgegeben wird, wird nicht für SDI ausgegeben. Wenn es so wäre, würde ich auch sagen: Großartig. Aber ich weiß bis heute immer noch nicht, welche Projekte, welche konkreten Projekte — Herr Austermann, von Ihnen kam das mit dem digitalisierten Autotelefon; nicht schlecht, die Idee; das kam von Ihnen, ich kann mich daran sehr gut erinnern — dazu gehören.

    (Gerstein [CDU/CSU]: Sie müssen einmal den Haushaltsplan nachlesen! — Carstensen [Nordstrand] [CDU/CSU]: Ich weiß nichts, ich will nichts, ich mach' nichts!)

    Angesichts der Probleme, die wir in der Forschung heute haben, wäre doch entscheidend, Schwerpunkte entsprechend den Problemfeldern unserer Gesellschaft zu setzen, die Forschung in diese Richtung zu orientieren. Ich bin davon überzeugt, daß wir die ökologischen Probleme, die wir haben, nur unter dem Einsatz von erheblichen Mitteln für naturwissenschaftliche Forschung lösen können.

    (Dr. Probst [CDU/CSU]: Das stimmt sogar! — Carstensen [Nordstrand] [CDU/CSU]: Kernkraft!)

    Ich gehe auch davon aus, daß wir bei dieser Problemlösung einen wesentlich höheren Forschungsbedarf haben, beispielsweise in der Frage der Entgiftung der chemischen Produktion, als das, was dafür bis jetzt angesetzt worden ist, bzw. als das, was wir uns da überhaupt vorstellen können. Wenn wir so etwas wie eine giftfreie Produktion wollen und wenn wir wollen, daß die Konversion sozial in diese Richtung geht, dann werden in der Zukunft wesentlich mehr Forschungsmittel nötig sein, als für die Forschung bisher ausgegeben worden ist.
    Jetzt ein letztes. Herr Riesenhuber, Ihr Ministerium gilt als besonders flexibel, modern usw.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Es ist es!)




    Dr. Müller (Bremen)

    Sie kennen die Begriffe. Aber Sie waren nicht in der Lage, auf ein Problem, das heraufgekommen ist, in adäquater Weise zu reagieren. Es ist schon länger bekannt. Es ist in der öffentlichen Diskussion aufgekommen. Es ist die Frage der AIDS-Forschung. Das Ministerium für Jugend, Familie und Gesundheit hat nach unserer Auffassung dabei vorbildlich reagiert. Es hat auf unsere Anträge hin erhebliche Erhöhungen des Ansatzes vorgenommen. Beim Bundesministerium für Forschung und Technologie sind aber wesentlich zuwenig Mittel eingesetzt. Denn eines ist klar: Diese Krankheit wird nicht mit einem Forschungsaufwand zu bekämpfen sein, der sich bei lächerlichen 16 Millionen DM bewegt. Ich glaube, da muß man wesentlich stärker einsteigen. Wenn man hier verantwortlich handeln will, kommt es auch darauf an, die Diskussion über AIDS auf die Ebene von Wissenschaft und Forschung zu lenken, um klarzumachen, daß hier ernsthaft der Versuch gemacht wird, diese Krankheit zu bekämpfen und Gegenmittel zu entwickeln. Deswegen haben wir hier den Antrag gestellt, die Mittel im Bereich des Bundesministeriums für Forschung und Technologie für die AIDS-Forschung weiter zu erhöhen. Wir wissen genau, daß Bedarf für diese Mittel vorhanden ist und daß es in der Bundesrepublik auch genug Kompetenz für diese Art von Forschung gibt.
    Ich bedanke mich.

    (Beifall bei den GRÜNEN)



Rede von Dieter-Julius Cronenberg
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Nun hat Professor Laermann das Wort.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Prof. Dr.-Ing. Karl-Hans Laermann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Müller hat festgestellt: Zu nichts kann man keine Position haben. — Zu seinen Ausführungen habe ich keine Position.

    (Heiterkeit und Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Ich möchte etwas zu Herrn Kollegen Zander sagen. Sie haben hier Flügelschläge vorgeführt. Das erinnert mich fatal an den SPD-Growian. Dessen Nabe ist gerissen, weil er in Schwingung geraten ist. Ich möchte Ihnen doch empfehlen, sich einmal mit Ihrem Nachbarn kurzuschließen, dem Kollegen aus dem Forschungsausschuß; denn was Sie hier vorgetragen haben, stimmt überhaupt nicht mit dem überein, was Ihre Kollegen aus dem Forschungsausschuß in der Öffentlichkeit verkündet haben.

    (Zurufe von der SPD)

    — Das beweise ich Ihnen gleich; ich komme gleich darauf. Natürlich kann ich Ihnen das beweisen. Sie haben nämlich gefordert, daß neben Columbus und Ariane weiteres gemacht werde. Nachdem Sie bei Herrn Minister Curien waren, der Sie gebrieft hatte, haben Sie gesagt, die Bundesregierung müsse auch Hermes machen und sich viel stärker in der Weltraumforschung engagieren.

    (Zurufe von der SPD)

    Ich möchte hier jetzt zum Haushalt sprechen. Deutlicher als in den vorhergegangenen Jahren — da steht unsere Beurteilung in einem Gegensatz zu derjenigen der Opposition; das ist verständlich — wird im Haushalt des Forschungsministeriums die allmähliche Umsteuerung in der Forschungspolitik auf andere Problemfelder offenbar. Wir begrüßen dies ausdrücklich. Ich betone mit Nachdruck, daß sich diese Entwicklung konsequent fortsetzen muß. Die Forschungspolitik eignet sich nun weiß Gott nicht für eine Stop-and-go-Politik. Eine Umsteuerung kann wirklich nur erfolgen, wenn sie vernünftig, langfristig, behutsam und kontinuierlich betrieben wird.

    (Beifall bei der FDP)

    Man kann kein Vollschiff im Hau-ruck-Verfahren durch den Wind bringen.
    Als besonders bemerkenswert möchte ich die Verstärkung der Grundlagenforschung herausstellen. Denn nur auf den Ergebnissen der Grundlagenforschung aufbauend sind anwendungsorientierte Forschung und technische Entwicklungen möglich. Damit wird sie zur unverzichtbaren Voraussetzung für spätere Innovationen.
    Ich möchte in diesem Zusammenhang feststellen, daß die Großgeräte in der Grundlagenforschung zunehmend höheren finanziellen Bedarf verursachen, der national nicht mehr zu decken ist. Hier ist zunehmend internationale, vor allen Dingen europäische Kooperation gefordert. Hier sind — das stelle ich ausdrücklich und mit Befriedigung fest — einige Großprojekte bereits auf gutem Wege. Ich darf die Hamburger Kollegen an HERA erinnern, an DESY oder die ESRF oder auch an den Joint Torus, die Fusionsforschung in Culham. Ich denke, das sind die richtigen Wege, die wir beschreiten müssen.

    (Walther [SPD]: Aber die hat doch nicht Herr Riesenhuber erfunden!)

    — Das habe ich auch nicht behauptet. Ich stelle fest, was in der Forschungspolitik notwendig ist. Das tue ich hier in Vertretung der FDP-Fraktion, nicht als Vertreter des Forschungsministers; der kann sich selber verteidigen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Zurufe von der SPD)

    Eine wirkungsvolle Forschungs- und Technologiepolitik ist aber nicht zu erwarten, wenn dann nicht hinreichend qualifizierte Fachleute, Wissenschaftler, Techniker, zur Verfügung stehen. Es macht keinen Sinn, Forschungsprogramme in gewiß wichtigen, sehr wichtigen Bereichen, z. B. der Biotechnologie oder der Klimaforschung, mit Geld zu dotieren, diese Bereiche mit hohen Finanzzuweisungen abrupt hochzufahren und dann nach den Fachleuten zu suchen, die diese Forschung auch wirklich qualifiziert betreiben können.

    (Stahl [Kempen] [SPD]: Bauen Sie doch keine Türken auf!)

    — Wir brauchen sie doch, und Sie können doch ein
    Forschungsprogramm nicht im Hauruck-Verfahren
    hochfahren. Gleichfalls brauchen wir natürlich



    Dr.-Ing. Laermann
    auch in der Wirtschaft, in der Industrie, zum Technologietransfer ebenfalls entsprechend qualifizierte Leute, und deswegen ist es ganz wichtig, daß wir im Bildungsbereich, begleitend zur Forschungspolitik, entsprechende Maßnahmen einleiten; denn es steht wohl außer Zweifel, daß innovierende Unternehmen einen besonders hohen Bedarf an technisch-wissenschaftlicher Intelligenz haben, und dies gilt insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen. Deshalb unterstreiche ich an dieser Stelle ganz nachdrücklich die Bedeutung der Personalkostenzulage, die beim Wirtschaftsministerium liegt, und die Bedeutung des ergänzenden Zuwachsförderungsprogramms,

    (Vosen [SPD]: Das haben wir noch beantragt!)

    das beim BMFT liegt.
    Aber neben der Grundlagenforschung erfordern auch diejenigen Bereiche der angewandten Forschung und Entwicklung eine staatliche Förderung, die zur Erfüllung der Aufgaben staatlicher Daseinsvorsorge notwendig sind. Die Erhöhung der Etatansätze für den Gesundheitsbereich, den Bereich der medizinischen Forschung, der Klima- und Umweltforschung, der Technikfolgenabschätzung

    (Zander [SPD]: Das wird jetzt alles für Eureka eingespart!)

    will ich als besonders begrüßenswert herausstellen. Wir erwarten, daß die Mittel dafür im Rahmen der mittelfristigen Finanzplanung in den kommenden Haushalten kontinuierlich hochgefahren werden.

    (Zander [SPD]: Leider werden diese Mittel in diesen Titeln nur für Eureka eingespart! Das ist der Punkt!)

    — Zu Eureka sage ich dann auch noch was, wenn Sie mich dazu drängen.

    (Walther [SPD]: Herr Professor, Sie sollten etwas zu den Zahlen sagen!)

    — Ich weiß nicht, was das soll; die kann doch jeder im Haushalt nachlesen. Warum soll ich hier die Pfennigfuchserei betreiben? Ich möchte hier zu grundsätzlichen politischen Positionen in der Forschungspolitik etwas sagen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Walther [SPD]: Es ist doch nachgewiesen, daß nicht stimmt, was Sie sagen!)

    Wir möchten damit in bezug auf diese neuen Schwerpunktbereiche die Forderung an das Ministerium verbinden, die steigenden Ansätze auch in der mittelfristigen Finanzplanung zu realisieren.

    (Zurufe von der SPD)

    Ich bin allerdings der Auffassung, daß Technikfolgenabschätzung nicht ein eigenständiger Forschungsbereich sein kann, sondern integraler Bestandteil aller wissenschaftlich-technischen Entwicklung sein muß und wirkungsvoll nur in interdisziplinärer Kooperation zwischen Wissenschaft und Technik, den Gesellschafts- und Sozialwissenschaften, den Tarifpartnern, zwischen Politik und Verwaltung wirkungsvoll geleistet werden kann.
    Dies ist eine Aufgabe, die man nicht über ein Programm erledigen kann.
    Zur staatlichen Daseinsvorsorge gehört aber auch die langfristige Sicherung der Energie- und Rohstoffversorgung, und in diesem Zusammenhang möchte ich die Notwendigkeit der Förderung von Meeresforschung und Meerestechnik in allen ihren Teilbereichen herausstellen. Ich glaube, dazu hat sich Herr Kollege Austermann schon geäußert. Darin liegt für die FDP auch eine starke regionalpolitische Komponente, eine Möglichkeit, einen Beitrag zu leisten, die zweifellos vorhandenen Strukturprobleme der Küstenländer mit zu lösen. Im gleichen Sinne sind für uns auch weitere Anstrengungen auf dem Gebiet der erneuerbaren Energiequellen, der Entwicklung rationeller und umweltschonender Energietechniken unverzichtbar, und dazu gehören für uns in Nordrhein-Westfalen auch die Techniken zur Kohleveredelung.

    (Vosen [SPD]: Das wird doch alles zurückgefahren!)

    — Ich weiß nicht, woher Sie Ihre Informationen nehmen. Wenn Ihre Forderungen die Sie öffentlich erheben, in dem Umfang realisiert würden, wie Sie das fordern, dann müssen wir an manchen Stellen allerdings wirklich den Spargriffel ansetzen.

    (Carstensen [Nordstrand] [CDU/CSU]: Vosen ist maßlos!)

    Lassen Sie mich noch ein Wort zu Eureka sagen, das hier wohl auch eine gewisse Rolle spielt. Ich erkläre hier ausdrücklich für meine Fraktion, daß wir die grundsätzlichen Ziele der Idee Eureka mit allem Nachdruck begrüßen und ihre Verwirklichung als einen bedeutenden Schritt zu einem vereinten Europa ansehen, das nicht nur die derzeitigen EG-Staaten umfaßt.

    (Vosen [SPD]: Wir würden das gern unterstützen!)

    Aber um dauerhaft Produkte, Systeme und Dienstleistungen, aufbauend auf Hochtechnologien, entwickeln zu können, ist auch die Grundlagenforschung mit in Eureka einzubeziehen, und Ziel sollte eine insgesamt weit umfassende europäische Forschungsgemeinschaft sein, in die auch Hochschulen und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen mit einbezogen werden sollten.
    Im Sinne dieser Ziele muß aber darauf hingewiesen werden, daß europäische Zusammenarbeit seit Jahren bereits auf den Gebieten Luftfahrt, Raumfahrt, Kernenergie mit Erfolg praktiziert wird: ich muß hier an ESA und Euratom erinnern. Hier haben wir Modelle, wie so etwas übernational funktionieren kann.

    (Vosen [SPD]: Das hat aber alles Geld gekostet!)

    Ich glaube, wir sind hier Europa gegenüber, unseren Partnern gegenüber, insbesondere aber Frankreich gegenüber in der Pflicht. Bitte bedenken Sie das auch. Ich meine, diese Kooperation ist ja nicht erst gestern installiert worden.

    (Vosen [SPD]: Zu unserer Zeit!)




    Dr.-Ing. Laermann — Okay.
    Eureka könnte aber auch zum Etikettenschwindel werden — ich sage das mit Nachdruck —,

    (Zander [SPD]: Das sage ich ja!)

    wenn ohnedies schon laufende nationale Forschungs- und Entwicklungsprojekte nur umadressiert werden, wobei im übrigen jedoch die alten bürokratischen Förderprozeduren beibehalten werden, oder wenn den nationalen Förderprogrammen und denen der EG noch neue hinzugefügt werden nach dem Motto: zu bestehenden Töpfen ein neuer Topf. Wenn Eureka wirkungsvoll umgesetzt werden soll, müssen die nationalen Maßnahmen, insbesondere aber auch — das sage ich hier ausdrücklich — EG-Maßnahmen auf ihre weitere Notwendigkeit hin überprüft werden. Ich weiß, daß das nicht einfach ist. Das ist sicherlich eine brisante Äußerung; dennoch mache ich sie hier.
    Ich meine, es wird eine der wichtigsten Aufgaben der beteiligten Staaten sein, administrative Hemmnisse zu beseitigen oder abzubauen, Standardisierung und Harmonisierung von Normen als Voraussetzung für eine Verbesserung der Kooperationsmöglichkeiten zu fördern und vor allen Dingen auch für mehr Mobilität und Flexibilität von Wissenschaftlern und Ingenieuren aus dem Bereich der Hochschulen und der Forschungseinrichtungen zu sorgen.
    Wir sind aus liberaler ordnungspolitischer Sicht grundsätzlich der Auffassung, daß Wirtschaft und Industrie die Entwicklungen selbst finanzieren sollen. Dann allerdings, meine Damen und Herren, stellt sich doch die Frage, ob es dann eigentlich noch umständlicher bürokratischer Bewertungs- und Bewilligungsprozeduren bedarf.

    (Zander [SPD]: Gilt das auch für die soeben gelobten Personalkostenzuschüsse?)

    — Lassen Sie mich einmal ausreden. — Finanzierungsbeiträge der europäischen Staaten sollten nach unserer Auffassung über Aufträge an kooperierende Firmen nur dann erfolgen, wenn die Produkte und Dienstleistungen zur Daseinsvorsorge in Europa erforderlich sind, wobei insbesondere auch kleine und mittelständische Firmen mit einbezogen, in angemessenem Umfang berücksichtigt werden müssen. Es kann hier nicht nur darum gehen, daß Großunternehmen miteinander kooperieren, sondern hier kommt es ganz entscheidend darauf an, daß auch kleinere und mittlere Firmen das tun. Im Sinne dessen, was ich vorhin gesagt habe, sind Förderzuwendungen darüber hinaus auch dann vertretbar, wenn es sich um Grundlagenforschung handelt. Ich sprach den Bereich der Großgeräte in der Grundlagenforschung schon an. Wir müssen diesen Anteil, wenn wir es mit Eureka ernst meinen, mit in diesen Bereich einbeziehen. — Leider, meine verehrten Damen und Herren, leuchtet die rote Lampe auf.
    Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)