Rede:
ID1017713900

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 7
    1. Das: 1
    2. Wort: 1
    3. hat: 1
    4. der: 1
    5. Abgeordnete: 1
    6. Dr.: 1
    7. Müller: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 10/177 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 177. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 27. November 1985 Inhalt: Begrüßung des Sekretärs des Zentralkomitees der Ungarischen Sozialistischen Arbeitspartei Dr. Matyás Szurös . . . . 13433 B Wahl des Präsidenten des Bundesrechnungshofs und des Vizepräsidenten des Bundesrechnungshofs 13448 D Ergebnis 13453 B Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1986 (Haushaltsgesetz 1986) — Drucksachen 10/3700, 10/4101 — Beschlußempfehlungen und Bericht des Haushaltsausschusses — Drucksachen 10/4151 bis 4180 — Einzelplan 08 Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen — Drucksachen 10/4158, 10/4180 — in Verbindung mit Einzelplan 32 Bundesschuld — Drucksache 10/4173 — in Verbindung mit Einzelplan 60 Allgemeine Finanzverwaltung — Drucksache 10/4177 — in Verbindung mit Einzelplan 20 Bundesrechnungshof — Drucksachen 10/4167, 10/4180 — in Verbindung mit Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Der Finanzplan des Bundes 1985 bis 1989 — Drucksachen 10/3701, 10/4102, 10/4256 — Dr. Apel SPD 13365 D Carstens (Emstek) CDU/CSU 13375 D Dr. Müller (Bremen) GRÜNE . . 13381D, 13406A Dr. Weng (Gerlingen) FDP 13386 B Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMF . 13389C, 13422 C Dr. Posser, Minister des Landes Nordrhein-Westfalen 13399 A Dr. Graf Lambsdorff FDP 13405 C Dr. Hackel CDU/CSU 13407 A Dr. Solms FDP 13409 B Austermann CDU/CSU 13411 D II Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 177. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 27. November 1985 Wieczorek (Duisburg) SPD 13413C Roth (Gießen) CDU/CSU 13417 B Spilker CDU/CSU 13419 B Präsident Dr. Jenninger 13381 D Einzelplan 09 Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft — Drucksachen 10/4159, 10/4180 — Frau Simonis SPD 13424 B Glos CDU/CSU 13428 B Auhagen GRÜNE 13433 B Dr. Graf Lambsdorff FDP 13435 B Wissmann CDU/CSU 13438 B Dr. Mitzscherling SPD 13440 D Dr. Bangemann, Bundesminister BMWi 13445 C Frau Simonis (Erklärung nach § 30 GO) 13448A Einzelplan 30 Geschäftsbereich des Bundesministers für Forschung und Technologie — Drucksachen 10/4171, 10/4180 — Zander SPD 13449 D Austermann CDU/CSU 13453 D Dr. Müller (Bremen) GRÜNE 13456 D Dr.-Ing. Laermann FDP 13458 B Dr. Riesenhuber, Bundesminister BMFT 13460C Einzelplan 31 Geschäftsbereich des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft — Drucksachen 10/4172, 10/4180 — Dr. Diederich (Berlin) SPD 13463 C Dr. Rose CDU/CSU 13465 B Frau Zeitler GRÜNE 13467 C Neuhausen FDP 13468 D Frau Dr. Wilms, Bundesminister BMBW 13470 D Nächste Sitzung 13472 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten 13473*A Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 177. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 27. November 1985 13365 177. Sitzung Bonn, den 27. November 1985 Beginn: 9.01 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens * 28. 11. Antretter * 29. 11. Bahr 29. 11. Bueb 29. 11. Büchner (Speyer) * 29. 11. Collet 29. 11. Frau Dr. Däubler-Gmelin 27. 11. Frau Eid 29. 11. Ertl 29. 11. Frau Fischer * 29. 11. Franke (Hannover) 29. 11. Dr. Haack 27. 11. Haase (Fürth) * 29. 11. Dr. Hauff 27. 11. Freiherr Heereman von Zuydtwyck 27. 11. Heyenn 27. 11. Höffkes 27. 11. Graf Huyn 27. 11. Jäger (Wangen) * 29. 11. Junghans 29. 11. Kittelmann * 29. 11. Klose 29. 11. Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Kohl 27. 11. Dr. Kreile 29. 11. Lamers 28. 11. Leonhart 29. 11. Lowak 27. 11. Dr. Müller * 29. 11. Nagel 29. 11. Dr. Olderog 29. 11. Oostergetelo 27. 11. Rühe 27. 11. Schlaga 29. 11. Frau Schmidt (Nürnberg) 29. 11. Schmidt (Wattenscheid) 29. 11. Dr. Schwenk (Stade) 27. 11. Dr. Todenhöfer 29. 11. Frau Wagner 28. 11. Werner (Dierstorf) 29. 11. Frau Dr. Wex 29. 11. Witek 27. 11. Wittmann (Tännesberg) 27. 11. Zierer 29. 11. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dietrich Austermann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich war zunächst etwas erstaunt, zu hören, daß sich der Kollege Zander doch sehr widersprüchlich geäußert hat, nachdem es, wie ich glaube, in der Zusammenarbeit im Haushaltsausschuß eigentlich keine Probleme gegeben hatte. Er hat auf der einen Seite gesagt, wir würden mit diesem Haushalt die Herausforderungen der Zukunft nicht annehmen, es werde nur gekleckert und nicht geklotzt, und auf der anderen Seite gleichzeitig beklagt, daß wir zu viele große Brocken mit klarer Zielsetzung hätten. Dann hat er sich hauptsächlich auf Dinge konzentriert, die überhaupt nicht im



    Austermann
    Forschungshaushalt stehen, z. B. das Thema SDI. Ich kann keine einzige Mark dafür finden. Hier vertritt er die bei der SPD inzwischen übliche OhneMichel-Position. — Dann ging es darum, zu Eureka eine klare Aussage zu machen. Wir haben natürlich Geld dafür bereitgestellt. 40 Millionen DM sind verfügbar.

    (Zander [SPD]: Das ist doch lächerlich!)

    — Das ist Ihnen auf der einen Seite zuwenig, auf der anderen Seite beklagen Sie, daß das Projekt noch keine Haushaltsreife habe. Das paßt nicht zusammen. Von daher ist Ihre Position sehr widersprüchlich.
    Wenn gesagt wird, der Forschungsminister werde nicht wissen, wie er sein Geld aufbringen solle: Wir haben nach seiner in den drei Jahren geleisteten Arbeit gutes Vertrauen.

    (Zander [SPD]: Das dicke Ende kommt noch!)

    Unsere solide Finanzpolitik ermöglicht es, ihm auch für die Zukunft das Geld für die neuen, vernünftigen Projekte zur Verfügung zu stellen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Unser Ziel muß sein, in der Forschungspolitik eine Spitzenposition auszubauen und mit neuen Schwerpunkten neue Arbeitsplätze zu sichern. Der Forschungshaushalt ist mit einem Volumen von 7,5 Milliarden DM sichtbares Zeichen für diese neuen Schwerpunkte, die wir setzen, und für maßgebliche Korrekturen der Forschungs- und Technologiepolitik durch diese Regierung und diesen Minister.
    Mit den Zielen von mehr Eigeninitiative, Leistungsbereitschaft, einem Ja zur Zukunft und zum Fortschritt, Verantwortungsfreude und zur persönlichen Freiheit im Rahmen der Sozialen Marktwirtschaft

    (Zuruf von der SPD: Sprechblasen sind das!)

    und mit klarer ethischer Grenzziehung ist auch der Rahmen für Forschung und Entwicklung klar umschrieben. Seit dem Jahre 1982 ist die Grundlagenforschung, die lebenswichtigen Entwicklungen den Boden bereitet, ständig gewachsen. Das schlägt sich nieder in den Finanzbeiträgen für die Max-PlanckGesellschaft

    (Zuruf des Abg. Stahl [Kempen] [SPD])

    — aber nicht die Steigerungsrate, Herr Kollege —,

    (Stahl [Kempen] [SPD]: Aber auch!)

    die Deutsche Forschungsgemeinschaft, die Fraunhofer-Gesellschaft, Zuschüssen für die 13 Großforschungseinrichtungen, Institute der Blauen Liste und für die internationalen Forschungszentren, deren Mittel erheblich ansteigen. Wenn man so will, ist auch dies zum größten Teil europäische Zusammenarbeit, auch Eureka, was da überproportional von uns finanziert wird.
    1986 wird der Anteil der Grundlagenforschung am Haushalt des Bundesministers für Forschung und Technologie auf etwa 36% gegenüber 27% im Jahre 1982 steigen. Das zeigt, glaube ich, daß wir eine deutliche Korrektur vorgenommen und deutlich gemacht haben, daß wir im Bereich der Umweltpolitik, der Informationstechnik, der Materialforschung, der Biotechnologie

    (Vosen [SPD]: Biotechnologie?)

    — Biotechnologie als besonderer Schwerpunkt — und mit den Einzelentscheidungen für die Großgeräte der Grundlagenforschung, die ich nicht im einzelnen aufzuführen brauche, neue Schwerpunkte gesetzt haben. Diese Schwerpunkte sind zukunftsorientiert und sichern Arbeitsplätze durch neues Wissen.
    Die Bundesregierung hat sich daneben das Ziel gesetzt, die Rahmenbedingungen für die Forschung und Entwicklung zu verändern. Dazu gehört die Senkung der direkten Förderung bei Projekten in der Wirtschaft. Die Wirksamkeit der von uns eingesetzten Mittel muß erhöht werden. Dazu gehört auch die Verlagerung der Förderung von leistungsfähigen Großbetrieben zu mehr innovationsfreudigen mittelständischen Betrieben. Forschungsförderung ist Industriepolitik, muß aber auch Mittelstandspolitik sein.
    Ich finde, es ist an der Zeit gewesen, deutlich zu machen, daß die Weitergabe von Subventionen an die Creme der deutschen Industrie, die dies nicht nötig hat, einzugrenzen ist. Immerhin bezogen 76 Großunternehmen mit mehr als 10 000 Mitarbeitern, von Agfa bis VEBA, 1984 noch über eine halbe Milliarde DM an Forschungsmitteln. Die Förderung für kleine und mittlere Betriebe steigt demgegenüber seit 1982 stark an, was uns freut, aber liegt immerhin noch um 100 Millionen DM unter der Förderung für Großbetriebe.
    Ein Beispiel für diese überdenkenswürdige Zuschußpolitik scheint mir das sogenannte 4-MegabitProjekt zur Entwicklung von neuen Halbleiterspeichern zu sein. Die öffentliche Hand der Bundesrepublik und der Niederlande unterstützen mit 500 Millionen DM Entwicklungsarbeiten bei den Firmen Siemens und Philips, zwei Firmengiganten, die nach ihren letzten Bilanzen nicht gerade zu den Ärmsten der Armen gehören. Allerdings stehen hier der Förderung zwei angekündigte neue Werke mit je 500 Millionen DM Investitionsvolumen für jeweils 400 Mitarbeiter in Regensburg und im Raume Hamburg sowie die Hoffnung gegenüber, daß europäische Unternehmen im Elektronikbereich endgültig den Anschluß an die Weltspitze finden können. Deshalb sagen wir — wenn auch mit Bedenken — ja zu diesem Projekt.
    Der Verbesserung der Rahmenbedingungen in der Wirtschaft dient neben der finanziellen Förderung von Forschungs- und Entwicklungspersonal und neben der Fortführung des Modells „Technologieorientierte Unternehmensgründungen" aber auch die verbesserte Zusammenarbeit von Wissenschaft und Wirtschaft, vor allem im Rahmen verstärkter Auftragsforschung und Verbundvorhaben. Auch diese Maßnahmen sind meines Erachtens eindeutig der Forschung im Bereich des Mittelstandes und der Mittelstandsförderung zuzuordnen.



    Austermann
    Die Zahl der direkten Förderungen geht zurück. Dafür steigt die Zahl der indirekten Förderungen an. Dennoch wäre es falsch, von einem Rückgang der Investitionen zu sprechen, wie die Opposition das in bezug auf diesen Haushalt, in bezug auf den Forschungshaushalt gesagt hat.

    (Vosen [SPD]: Auf den Gesamthaushalt!)

    Der Forschungshaushalt steigt um 3 %. — Ich bin der Meinung, daß darunter auch die Investitionen in das Humankapital zu verstehen sind. Zu den Investitionen zählen auch die Zuschüsse zu internationalen Organisationen, welche Rückflüsse in Form von Aufträgen für die deutsche Industrie zur Folge haben.
    Für die Bürger von besonderem Interesse

    (Zuruf von der SPD)

    — das ist Gewerkschaftsphraseologie, Frau Kollegin — sind Forschungen für die Sicherung und Verbesserung der konkreten Lebensbedingungen. Die Ansätze werden ebenfalls verstärkt. Für ökologische Forschung, Umwelttechnologie, Gesundheitsforschung und Humanisierung des Arbeitslebens werden insgesamt 635 Millionen DM bereitgestellt. Herr Kollege Zander, ich weiß nicht, wie man dann sagen kann, da täten wir zuwenig.

    (Carstensen [Nordstrand] [CDU/CSU]: Da wird geklotzt!)

    — Da wird geklotzt und nicht gekleckert.
    Hierzu gehört auch die Aufstockung der Mittel für die AIDS-Forschung. Man kann heute allen Besorgten sagen, daß kein sinnvolles Projekt aus Mangel an Mitteln gestrichen werden muß. Hierzu gehören auch die entschiedenen Schritte gegen die sogenannte Abfallaltlastenproblematik. Es ist sicher eine Aufgabe für ein Jahrzehnt, um das in den Griff zu bekommen. Die Kollegen aus Hamburg, insbesondere Herr Duve, wissen, wer dort wo versagt hat. Hierzu gehört natürlich auch die Fortführung der Krebsforschung.
    Lassen Sie mich einen Hinweis auf das Thema Tierversuche machen. Es kann nicht die Aufgabe des Haushaltsausschusses sein, hier eindeutige Grenzen zu ziehen. Wir haben aber immerhin die Mittel noch einmal reduziert von 24,8 auf 23,8 Millionen DM. Es wird Aufgabe des neuen Tierschutzgesetzes sein, klare Grenzen festzulegen.
    Ebenfalls in diesem Zusammenhang — menschenwürdiges Leben — gehört die wichtige Vorarbeit der Benda-Kommission zu ethischen und rechtlichen Fragen der Anwendung der Gentechnik. Nicht alles, was die Wissenschaft könnte, darf erprobt werden. Ich meine, man sollte den Anfängen wehren. Mir persönlich scheint, daß die Kommission nicht in allen Fällen konsequent geblieben ist. Wer Leihmutterschaft ablehnt, muß auch Samen-, Ei- und Embryonenspende, Haltbarmachung von Embryonen durch Tieffrieren — wie lange eigentlich, wie viele Generationen? — und Experimente mit befruchteten Eizellen „im Interesse des menschlichen Fortschritts" ablehnen.

    (Zustimmung bei der SPD)

    — Ich bedanke mich für die Zustimmung. — Gentechnologie zur Heilung von Krankheiten, zur Bekämpfung des Hungers, zur Gewinnung neuer Rohstoffe ja, zur Manipulation von menschlichem Erbgut nein.
    Für staatliche Langzeitprogramme werden 1986 1,3 Milliarden DM vorgesehen. Schwerpunkt ist der Bereich der Weltraumforschung. Ich glaube, daß es unsere Aufgabe ist, dem Bürger noch deutlicher zu machen, welche Vorteile, Erfolge und positiven Leistungen für ihn aus der Weltraumforschung entstehen können und vor allen Dingen schon entstanden sind im Bereich der Datenübertragungstechnik, der Entwicklung der Kameratechnik, der Entwicklung von Robotern und der Weiterführung der Elektronik. Heute ist das Satellitenbild für den Wetterbericht im Fernsehen oder die weltweite Übertragung der Olympischen Spiele eine Selbstverständlichkeit geworden.

    (Zuruf von der SPD: Das haben wir eingeleitet!)

    In Zukunft wird es im Bereich der Beobachtungstechnik — wir reden von der Zukunft —, der Satellitenkommunikation und Navigation, im Bereich der Forschung des verminderten Schwerkrafteinflusses, bei der Biochemie, bei der Medizin und bei der dezentralen Stromversorgung neue Möglichkeiten geben. Heute arbeiten 4 500 Mitarbeiter in der Raumfahrtindustrie. Sie erhalten durch Entscheidungen im Bundeshaushalt die Möglichkeit, neue Perspektiven — und darum geht es bei diesem Haushalt — der kommerziellen Nutzung der Weltraumforschung für die deutsche Industrie zu eröffnen und damit mehr Wohlstand und Arbeitsplätze zu schaffen. Im Hinblick auf die breite und langfristige Wirksamkeit der Weltraumtechnik ist es deshalb meines Erachtens wünschenswert, daß sich die Beteiligung der deutschen Industrie drastisch verstärkt, zumal wir bisher keine militärische Beteiligung bei Weltraumprojekten haben.
    Zu den Herausforderungen der Zukunft gehört auch die Aufgabe, die Fragestellung der 13 Großforschungseinrichtungen in Teilbereichen zu überprüfen. In ihnen sind 20 000 Mitarbeiter, darunter 10 000 Wissenschaftler und Techniker, tätig. Heute stellen sich größtenteils neue Ziele und neue Aufgaben für Institute, die vor vielen Jahren gegründet wurden. Elementarphysik, Kerntechnik und Raumfahrt haben ganz unterschiedliche Bedeutung. Von der Bevölkerung mehr akzeptiert werden wohl in Zukunft die Schwerpunktbereiche biologische Strukturforschung, Krebsforschung und die Untersuchung der Wechselwirkungen zwischen Umwelt und Gesundheit. Eindeutig neue Technologien wie Biotechnologie, Informations- und Kommunikationstechnik und Materialforschung müssen Durchbruch erhalten. Thematisch haben die Großforschungseinrichtungen bewiesen, daß sie flexibel geblieben sind. Im Innern müßte sich der Wandel meines Erachtens häufig noch stärker im Management, in der Führung, im wissenschaftlichen Aufbau bemerkbar machen.
    Das zentrale Problem — darauf hat der Kollege Zander mit Recht hingewiesen — ist das Personal-



    Austermann
    problem. Wir haben hier geholfen, indem wir nicht 30, sondern 35 neue Stellen bereitgestellt haben. Das ist ein bescheidener Anfang im Rahmen eines neuen Programms von 300 künftigen k.w.-Stellen, die helfen sollen, die Strukturprobleme in den Großforschungseinrichtungen zu lösen.
    Auch Grundlagenforschung kann und darf aber kein Blankoscheck sein. Auch hier müssen sich kreative Kräfte entfalten. Die deutschen Forscher sind übrigens bei den Gehältern führend. Daß dies generell auch bei der Phantasie der Fall ist, muß im Einzelfall bezweifelt werden. Ein Nobelpreis macht noch keinen Forschungssommer.

    (Beifall des Abg. Dr. Müller [Bremen] [GRÜNE])

    Auch die Grundlagenforschung muß sich mehr dem Wettbewerb stellen. Wir müssen als Politiker den Mut aufbringen, mehr in der Forschung zu erproben und auch mal ein größeres Projekt abzubrechen. Die Fraunhofer-Gesellschaft ist dafür Modell.
    Auch in der Forschung bleibt der Mensch Träger des Wissens. Er bleibt — bei allem Respekt vor Datenbanken — entscheidend für die Forschung.
    Der Bund trägt mit knapp 7,5 Milliarden

    (Zuruf des Abg. Dr. Müller [Bremen] [GRÜNE])

    — das wird Ihre Redezeit nicht verlängern, Herr Kollege Müller, zumal ich sicher bin, daß Sie wenig Sinnvolles sagen werden — nur 14 % der Kosten für Forschung und Entwicklung in der Bundesrepublik. Das kann viel sein, wenn wir uns auf die Bereiche fördernd beschränken, die durch die mittelständische und industrielle Forschung nicht abgedeckt werden, wo Marktmechanismen nicht funktionieren. Dies gilt für die Grundlagenforschung, und dies gilt für Daseinsvorsorge im Gesundheits- und Umweltschutz. Marktnahe Forschung kann steuerlich erleichtert werden, aber sie muß nicht vom Staat direkt finanziert werden.
    Zu den Bereichen, die zurückgeführt werden, gehört die Kernenergie. Das ist wieder ein Beweis für die Ohne-Michel-Position der SPD. Nachdem man jahrelang die großen Projekte SNR und THTR favorisiert hatte,

    (Dr. Müller [Bremen] [GRÜNE]: Genau!)

    sagt man heute bei THTR ja, bei SNR nein. Wie soll das eigentlich weiter gemacht werden, nachdem der Bund hier 7,5 Milliarden DM für beide Projekte trägt? Da redet Herr Rau wie üblich nebulös.

    (Carstensen [Nordstrand] [CDU/CSU]: Er ist eine „raue Maus"!)

    Sie wissen noch nicht, was Sie machen sollen, nachdem offensichtlich bei 17 Einzelgenehmigungen keine Bedenken entstanden sind. Ich glaube, Sie müssen hier die Frage beantworten: Welche neue Erkenntnis führt denn hier zu der Neubewertung, die Sie gern vornehmen wollen?

    (Gerstein [CDU/CSU]: Es gibt keine! Nach Erkenntnissen haben die noch nie entschieden!)

    Ich habe unsere Unterstützung zum Thema Eureka zum Ausdruck gebracht. Ich hätte mir gewünscht, daß manches dort konkreter wäre. Das betrifft die Voraussetzung der Verwaltung. Das gilt auch für das DHI. Das gilt auch für die globalen Minderausgaben. Haushaltsklarheit, -wahrheit und -vollständigkeit haben uns vielleicht manchmal etwas zweifeln lassen.
    Lassen Sie mich zum Abchluß ein paar Sätze zum Nord-Süd-Gefälle im Forschungsbereich sagen. Die Aktivität der Fraunhofer-Gesellschaft hört leider an der Stadtgrenze Hamburgs auf. Die MaxPlanck-Gesellschaft konzentriert sich im wesentlichen auf den Süden des Bundesgebiets. Dennoch kann man hier — und dafür sind wir Ihnen, Herr Minister, dankbar — deutliche Korrekturen zu mehr regionaler Ausgewogenheit erkennen. Regionale Ausgewogenheit darf nicht das oberste Prinzip für Forschungsförderung sein, aber auch nicht als Keule gegen jene norddeutsche Aktivität sprechen. Aus diesem Grund bin ich der Meinung, daß auch beispielhafte Projekte bei uns unterstützt werden müssen. Ich freue mich, daß es gelungen ist, alle Kollegen, auch die der Opposition, zur Zustimmung zu neuen Anträgen zu bringen: zur Verstärkung der Umweltforschung im Bereich von Nord- und Ostsee, für kleine Windenergieanlagen, für besseren Küstenschutz, auf den Gebieten der Unterwassertechnik und für eine GEOMAR-Studie. Ich meine, Meeresforschung und Meeresgeologie sind eine Zukunftsaufgabe, die unterstützt werden muß und für die hoffentlich alle im Haushalt 1987 die Nägel klar einschlagen.
    Der Haushalt für Forschung und Technologie sichert neue Schwerpunkte, er sichert neue Arbeitsplätze und garantiert, daß wir dem Wandel in der Zukunft auch hier zugewandt sind.
    Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit und für die gute Arbeit des Ministeriums.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Rede von Dieter-Julius Cronenberg
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Müller (Bremen).

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Joachim Müller


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (GRÜNE)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In dieser kurzen Zeit ist es natürlich nicht möglich, eine Alternative zu dem zu entwickeln, was von Herrn Riesenhuber als Forschungskonzeption vorgeschlagen worden ist.

    (Zuruf von der SPD: Der hat doch noch gar nicht gesprochen!)

    Ich möchte mich zunächst einmal auf eine Sache beziehen, und zwar deshalb, weil sie eines der teuersten Projekte von allen ist: Teilchenbeschleuniger und Speicherring. Es sind in den letzten vier Jahren — ich habe das einmal durchgerechnet —1 812 000 000 DM allein für Teilchenbeschleuniger zur Verfügung gestellt worden. Da frage ich mich: Wofür geschieht das? Ich habe nichts gegen die Forschung im Bereich der Beschleuniger. Was ich mich aber frage, ist, warum und wieso dies nun ein Schwerpunkt der Forschung geworden ist.

    (Stahl [Kempen] [SPD]: Gehen Sie doch einmal hin und erkundigen Sie sich!)




    Dr. Müller (Bremen)

    Da wird dem unendlich kleinen Teil im düsteren Nebel des unergründlichen Seins gefolgt in der Hoffnung, irgend etwas zu finden. Doch was?

    (Carstensen [Nordstrand] [CDU/CSU]: Das hat etwas mit Rotation zu tun!)

    Das hat in den letzten vier Jahren 1 812 000 000 DM gekostet. Es ist aus der Teilchenbeschleuniger-Forschung bis jetzt nichts herausgekommen,

    (Austermann [CDU/CSU]: Wir haben damit noch nicht einmal angefangen!)

    nichts von dem, was Sie wahrscheinlich gesucht haben. Ich weiß j a nicht, was Herr Riesenhuber bei diesen kleinen Teilchen sucht. Den letzten Quark, der irgendwo im Nebel verschwindet?

    (Zuruf von der CDU/CSU: Rotierende GRÜNE sind Quark!)

    Ich glaube und bin mir da ganz sicher, daß für diese Art von Beschleuniger-Forschung hier kein gesellschaftlicher Bedarf in dem Ausmaße besteht, daß hier Geld für diese Art von Forschung rausgeschmissen wird.

    (Zander [SPD]: Die geistig-moralische Wende suchen die da!)

    Das gleiche gilt hinsichtlich der letzten vier Jahre natürlich auch für die Atomenergieforschung. Atomenergie ist eine völlig unmoderne Energieform, wie wir wissen.

    (Carstensen [Nordstrand] [CDU/CSU]: Diese Energie ist sauber und umweltfreundlich!)

    In den USA investiert kein Mensch mehr einen Dollar in Atomenergie, weil es sich nicht mehr lohnt, hier dagegen wird noch dafür geforscht. Herr Riesenhuber, dies ist der unmodernste Teil Ihres gesamten Forschungsprogramms, um es einmal deutlich zu sagen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Unmodern ist die Partei der GRÜNEN!)

    Auch in diesem Bereich sind in den letzten vier Jahren immerhin 8 187 000 000 DM zur Verfügung gestellt worden — vergleichsweise viel Geld.
    Nun gibt es in der letzten Zeit diese wunderschöne Eureka-Diskussion. Die einzigen, die hier im Augenblick noch dafür sind, sind, glaube ich, Herr Riesenhuber auf der einen und die Sozialdemokratie auf der anderen Seite, die darum kämpft, wer dieses Feld nun irgendwie besetzen kann. 40 Millionen sind dafür, für diese Konkurrenz natürlich zuwenig; das lohnt sich nicht.

    (Stahl [Kempen] [SPD]: Wofür sind Sie eigentlich?)

    Als wir hier beobachtet haben, wie das mit Eureka aufkam, habe ich immer die Frage gestellt: Was für Projekte denn bitte schön? Das Projekt, das mir im Haushaltsausschuß als Spitzenprojekt für Eureka vorgestellt wurde, diese Vision, diese wunderschöne Entgegnung auf die amerikanischen und sonstigen Herausforderungen, war das digitalisierte Autotelefon. Das war das einzige konkrete Projekt, das mir dort vorgestellt worden ist; ansonsten, Herr Riesen-
    huber, wurde schwadroniert. Da wollte man den Schadstoffen durch Europa folgen, wahrscheinlich genauso wie den kleinsten Teilchen im Beschleuniger. Alles mögliche hat man versucht und angesprochen, aber es gibt keine konkreten Projekte. Es gibt Vorstellungen aller Art, und deswegen kann natürlich jeder auch sagen: Ja, ich bin wahrscheinlich dafür, wie die Sozialdemokratie es ja tut. Aber das ist unspezifisch. Ich habe in diesem Fall keine Position dazu.

    (Austermann [CDU/CSU]: Das haben wir gemerkt! — Lachen und weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    Denn zu nichts kann man keine Position haben.

    (Carstensen [Nordstrand] [CDU/CSU]: Sie haben nicht zu nichts keine Position, sondern Sie haben zu allem keine Position!)

    Wir haben im Haushalt für eine Reihe von Möglichkeiten zwar 40 Millionen DM als Finanzierungsmittel, aber es steht nichts darin, wofür es denn, bitte schön, ausgegeben werden möge. Gut, ich verstehe die Sozialdemokratie da j a sehr gut. Sie sagt: Jeder Pfennig, der für Eureka ausgegeben wird, wird nicht für SDI ausgegeben. Wenn es so wäre, würde ich auch sagen: Großartig. Aber ich weiß bis heute immer noch nicht, welche Projekte, welche konkreten Projekte — Herr Austermann, von Ihnen kam das mit dem digitalisierten Autotelefon; nicht schlecht, die Idee; das kam von Ihnen, ich kann mich daran sehr gut erinnern — dazu gehören.

    (Gerstein [CDU/CSU]: Sie müssen einmal den Haushaltsplan nachlesen! — Carstensen [Nordstrand] [CDU/CSU]: Ich weiß nichts, ich will nichts, ich mach' nichts!)

    Angesichts der Probleme, die wir in der Forschung heute haben, wäre doch entscheidend, Schwerpunkte entsprechend den Problemfeldern unserer Gesellschaft zu setzen, die Forschung in diese Richtung zu orientieren. Ich bin davon überzeugt, daß wir die ökologischen Probleme, die wir haben, nur unter dem Einsatz von erheblichen Mitteln für naturwissenschaftliche Forschung lösen können.

    (Dr. Probst [CDU/CSU]: Das stimmt sogar! — Carstensen [Nordstrand] [CDU/CSU]: Kernkraft!)

    Ich gehe auch davon aus, daß wir bei dieser Problemlösung einen wesentlich höheren Forschungsbedarf haben, beispielsweise in der Frage der Entgiftung der chemischen Produktion, als das, was dafür bis jetzt angesetzt worden ist, bzw. als das, was wir uns da überhaupt vorstellen können. Wenn wir so etwas wie eine giftfreie Produktion wollen und wenn wir wollen, daß die Konversion sozial in diese Richtung geht, dann werden in der Zukunft wesentlich mehr Forschungsmittel nötig sein, als für die Forschung bisher ausgegeben worden ist.
    Jetzt ein letztes. Herr Riesenhuber, Ihr Ministerium gilt als besonders flexibel, modern usw.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Es ist es!)




    Dr. Müller (Bremen)

    Sie kennen die Begriffe. Aber Sie waren nicht in der Lage, auf ein Problem, das heraufgekommen ist, in adäquater Weise zu reagieren. Es ist schon länger bekannt. Es ist in der öffentlichen Diskussion aufgekommen. Es ist die Frage der AIDS-Forschung. Das Ministerium für Jugend, Familie und Gesundheit hat nach unserer Auffassung dabei vorbildlich reagiert. Es hat auf unsere Anträge hin erhebliche Erhöhungen des Ansatzes vorgenommen. Beim Bundesministerium für Forschung und Technologie sind aber wesentlich zuwenig Mittel eingesetzt. Denn eines ist klar: Diese Krankheit wird nicht mit einem Forschungsaufwand zu bekämpfen sein, der sich bei lächerlichen 16 Millionen DM bewegt. Ich glaube, da muß man wesentlich stärker einsteigen. Wenn man hier verantwortlich handeln will, kommt es auch darauf an, die Diskussion über AIDS auf die Ebene von Wissenschaft und Forschung zu lenken, um klarzumachen, daß hier ernsthaft der Versuch gemacht wird, diese Krankheit zu bekämpfen und Gegenmittel zu entwickeln. Deswegen haben wir hier den Antrag gestellt, die Mittel im Bereich des Bundesministeriums für Forschung und Technologie für die AIDS-Forschung weiter zu erhöhen. Wir wissen genau, daß Bedarf für diese Mittel vorhanden ist und daß es in der Bundesrepublik auch genug Kompetenz für diese Art von Forschung gibt.
    Ich bedanke mich.

    (Beifall bei den GRÜNEN)