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ID1017706700

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    Plenarprotokoll 10/177 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 177. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 27. November 1985 Inhalt: Begrüßung des Sekretärs des Zentralkomitees der Ungarischen Sozialistischen Arbeitspartei Dr. Matyás Szurös . . . . 13433 B Wahl des Präsidenten des Bundesrechnungshofs und des Vizepräsidenten des Bundesrechnungshofs 13448 D Ergebnis 13453 B Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1986 (Haushaltsgesetz 1986) — Drucksachen 10/3700, 10/4101 — Beschlußempfehlungen und Bericht des Haushaltsausschusses — Drucksachen 10/4151 bis 4180 — Einzelplan 08 Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen — Drucksachen 10/4158, 10/4180 — in Verbindung mit Einzelplan 32 Bundesschuld — Drucksache 10/4173 — in Verbindung mit Einzelplan 60 Allgemeine Finanzverwaltung — Drucksache 10/4177 — in Verbindung mit Einzelplan 20 Bundesrechnungshof — Drucksachen 10/4167, 10/4180 — in Verbindung mit Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Der Finanzplan des Bundes 1985 bis 1989 — Drucksachen 10/3701, 10/4102, 10/4256 — Dr. Apel SPD 13365 D Carstens (Emstek) CDU/CSU 13375 D Dr. Müller (Bremen) GRÜNE . . 13381D, 13406A Dr. Weng (Gerlingen) FDP 13386 B Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMF . 13389C, 13422 C Dr. Posser, Minister des Landes Nordrhein-Westfalen 13399 A Dr. Graf Lambsdorff FDP 13405 C Dr. Hackel CDU/CSU 13407 A Dr. Solms FDP 13409 B Austermann CDU/CSU 13411 D II Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 177. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 27. November 1985 Wieczorek (Duisburg) SPD 13413C Roth (Gießen) CDU/CSU 13417 B Spilker CDU/CSU 13419 B Präsident Dr. Jenninger 13381 D Einzelplan 09 Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft — Drucksachen 10/4159, 10/4180 — Frau Simonis SPD 13424 B Glos CDU/CSU 13428 B Auhagen GRÜNE 13433 B Dr. Graf Lambsdorff FDP 13435 B Wissmann CDU/CSU 13438 B Dr. Mitzscherling SPD 13440 D Dr. Bangemann, Bundesminister BMWi 13445 C Frau Simonis (Erklärung nach § 30 GO) 13448A Einzelplan 30 Geschäftsbereich des Bundesministers für Forschung und Technologie — Drucksachen 10/4171, 10/4180 — Zander SPD 13449 D Austermann CDU/CSU 13453 D Dr. Müller (Bremen) GRÜNE 13456 D Dr.-Ing. Laermann FDP 13458 B Dr. Riesenhuber, Bundesminister BMFT 13460C Einzelplan 31 Geschäftsbereich des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft — Drucksachen 10/4172, 10/4180 — Dr. Diederich (Berlin) SPD 13463 C Dr. Rose CDU/CSU 13465 B Frau Zeitler GRÜNE 13467 C Neuhausen FDP 13468 D Frau Dr. Wilms, Bundesminister BMBW 13470 D Nächste Sitzung 13472 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten 13473*A Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 177. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 27. November 1985 13365 177. Sitzung Bonn, den 27. November 1985 Beginn: 9.01 Uhr
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    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens * 28. 11. Antretter * 29. 11. Bahr 29. 11. Bueb 29. 11. Büchner (Speyer) * 29. 11. Collet 29. 11. Frau Dr. Däubler-Gmelin 27. 11. Frau Eid 29. 11. Ertl 29. 11. Frau Fischer * 29. 11. Franke (Hannover) 29. 11. Dr. Haack 27. 11. Haase (Fürth) * 29. 11. Dr. Hauff 27. 11. Freiherr Heereman von Zuydtwyck 27. 11. Heyenn 27. 11. Höffkes 27. 11. Graf Huyn 27. 11. Jäger (Wangen) * 29. 11. Junghans 29. 11. Kittelmann * 29. 11. Klose 29. 11. Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Kohl 27. 11. Dr. Kreile 29. 11. Lamers 28. 11. Leonhart 29. 11. Lowak 27. 11. Dr. Müller * 29. 11. Nagel 29. 11. Dr. Olderog 29. 11. Oostergetelo 27. 11. Rühe 27. 11. Schlaga 29. 11. Frau Schmidt (Nürnberg) 29. 11. Schmidt (Wattenscheid) 29. 11. Dr. Schwenk (Stade) 27. 11. Dr. Todenhöfer 29. 11. Frau Wagner 28. 11. Werner (Dierstorf) 29. 11. Frau Dr. Wex 29. 11. Witek 27. 11. Wittmann (Tännesberg) 27. 11. Zierer 29. 11. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Adolf Roth


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gegen die
    Macht der positiven Tatsachen und der guten Entwicklung ist nur schwer anzudiskutieren, Herr Kollege Wieczorek. Das hat Ihr Beitrag soeben wieder nachhaltig bewiesen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Sie sind ein durchaus geschätzter Haushaltskollege, aber Ihr Zahlengefühl hat Sie bei dieser Diskussion offensichtlich über weite Strecken verlassen. Sie haben das Gesamtbild der Debatte nicht zugunsten der Opposition verändert, sondern Sie haben es zum Nachteil der Opposition verhärtet. Das wird auch das Pressebild morgen wieder ergeben. Denn sowohl Ihre Rede als auch die Rede von Herrn Apel und die von Herrn Posser haben einen Rahmen der SPD-Politik vermittelt, vor dessen Hintergrund sich die bedeutende Rede des Bundesfinanzministers mit Ihrer weitreichenden Perspektive und großen Brillanz positiv abhebt.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe von der SPD)

    Wir danken dem Bundesfinanzminister für diese seine Leistung. Er hat eine stabile Mehrheit in diesem Haus, und er hat eine noch größere Mehrheit im deutschen Volk, wo er allergrößtes Ansehen genießt, ob Ihnen das gefällt oder nicht.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Vosen [SPD]: Wollen Sie Staatssekretär werden?)

    Nicht der Kurs dieser Bundesregierung muß korrigiert werden, Herr Kollege Wieczorek, korrekturbedürftig und trostlos ist das Programmdefizit, das die Sozialdemokratie in dieser Debatte geboten hat und das sich seit gestern vormittag wie ein roter Faden durch die Diskussion zieht. Ihre Irrtümer, Ihre Fehleinschätzungen haben Sie für eine fachlich-seriöse Diskussion untauglich gemacht. Sie isolieren sich mehr und mehr, und ich rate Ihnen, diese Position zu überdenken; denn unter Ihrer politischen Verantwortung haben die arbeitenden Menschen in der Bundesrepublik

    (Vosen [SPD]: Arbeit gehabt!)

    durch das Zusammenwirken von Rezession, Inflation und Steuerprogression massive Einkommens- und Wohlstandsverluste hinnehmen müssen. Jetzt stehen wir wieder inmitten einer dauerhaften wirtschaftlichen Aufschwungentwicklung mit zunehmender Wachstumsdynamik und zunehmender Beschäftigungsdynamik, dies alles gleichzeitig bei abnehmender Inflationsrate.

    (Vosen [SPD]: Tibetanische Gebetsmühlen sind das! — Weitere Zurufe von der SPD)

    Eine solche Konstellation haben Sozialdemokraten in ihrer dreizehnjährigen Regierungszeit nicht ein einziges Mal zuwege gebracht. Lassen Sie sich das bitte gesagt sein.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Es ist doch kein Zufall, daß sich mit der Rückkehr zur Geldwertstabilität die Beschäftigungslage in der Bundesrepublik endlich gebessert hat. Sie haben mit Inflation Massenarbeitslosigkeit ausgelöst. Hören Sie also endlich auf, meine Damen und Her-



    Roth (Gießen)

    ren, gerade die sozialen Wirkungen unserer Stabilisierungspolitik in dieser demagogischen Form herabzuwürdigen!
    Meine Damen und Herren, der Kollege Spöri hat vor einigen Tagen der Bundesregierung vorgeworfen — wir sprechen gerade über den Einzelplan 60 —, seit ihrer Amtsübernahme durch eine zu optimistische Einschätzung des Wirtschaftswachstums eine wirklichkeitsnahe Vorhersage über die Steuereinnahmen erschwert zu haben. Er hat sich dabei konkret auf die erste Steuerschätzung von 1983 und die erwartete Abweichung hiervon im kommenden Jahr bezogen. Der angeblich übertriebene Optimismus zum Zeitpunkt unserer Regierungsübernahme hindere die Regierung daran, geeignete Maßnahmen zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit zu ergreifen.

    (Zander [SPD]: Ich habe gedacht, jetzt würden wir rot sehen, aber wir sehen nur schwarz!)

    Meine Damen und Herren, das ist eine geradezu groteske Verdrehung von Tatsachen und finanzpolitischen Zusammenhängen.

    (Rusche [GRÜNE]: Das können Sie auch gut!)

    Die letzte Steuerschätzung für das Jahr 1986 hat vor 14 Tagen rund 457 Milliarden DM ergeben. Das sind ca. 20 Milliarden DM weniger, als in der ersten Finanzplanung im Frühjahr 1983 angenommen. Mehr als die Hälfte dieser Abweichung, nämlich fast 11 Milliarden DM, entfallen auf die im Jahre 1986 wirksam werdenden Steuerentlastungen, so daß es der Bundesregierung gelingt, die volkswirtschaftliche Steuerquote gegenüber der ersten Planung bei Amtsantritt von 24,2 auf 23,7 % abzusenken.

    (Zander [SPD]: Kann man das schriftlich haben? Ich kann so viele Zahlen nicht behalten! Das sind mir zu viele Zahlen!)

    Meine Damen und Herren, Herr Kollege Zander, ich frage Sie: Stört Sie das etwa, wenn die Bürger im Zuge von größerer Stabilität nun auch weniger Steuern bezahlen müssen? Eine Antwort darauf müssen Sie geben.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zuruf von der SPD: Welche Bürger denn?)

    Die verbleibende Abweichung von 2 % ist kein Mißerfolg, sondern genau das Gegenteil.

    (Dr. Riedl [München] [CDU/CSU]: So ist es!)

    Sie ist die logische Konsequenz des eindrucksvollen Stabilitätsgewinns durch diese Regierungspolitik.

    (Rusche [GRÜNE]: Außer Ihnen ist keiner beeindruckt!)

    Was Sie hier machen, ist der dreiste Versuch, diese Leistung zu verschleiern, und dies nehmen wir nicht hin. Dreist ist dieser unhaltbare Angriff vor allem auch deshalb, weil während Ihrer Regierungszeit, meine Damen und Herren, die entsprechenden Einnahmedefizite weit höher gewesen
    sind, wenn auch nicht als Folge von Preisstabilität, sondern sie sind ganz im Gegenteil trotz massiver Preissteigerungen eingetreten. In den Finanzplänen Ihrer Regierungszeit wurden fast ausnahmslos das Wirtschaftswachstum und die Steuereinnahmen wesentlich zu hoch, die Ausgaben des Bundes hingegen permanent zu niedrig veranschlagt. Sie haben nie zuverlässig gerechnet. Sie sind mit Ihrem Zahlenwerk immer durcheinandergeraten. Ihnen laufen diese Fakten aus dem Ruder, und Sie stellen sich hier hin und wollen uns Vorschläge für eine kalkulierbare, berechenbare Politik machen. Diese gibt es seit Gerhard Stoltenberg das Finanzressort übernommen hat.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, ich empfehle Ihnen übrigens dringend, einmal die Betrachtungen eines unverdächtigen Beobachters, nämlich von Thilo Sarrazin, über „Die Finanzpolitik des Bundes 1970 bis 1982" zu lesen. Sie sind in der noch druckfrischen von Helmut Schmidt herausgegebenen Festschrift zum 60. Geburtstag von Hans Matthöfer nachzulesen. Ich empfehle Ihnen das sehr.

    (Zander [SPD]: Eine sehr lesenswerte Sache!)

    — Ich danke für Ihre Bestätigung. — Dieser Herr Sarrazin kommt in seinem Beitrag zu einem geradezu vernichtenden Urteil über die sozialdemokratische Finanzpolitik,

    (Zander [SPD]: Das ist eine Fehlinterpretation!)

    die er vorrangig für das Scheitern der damaligen Regierung verantwortlich macht.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU)

    Er konstatiert bei der SPD noch heute „eine Vertrauens- und Orientierungslücke und ein konzeptionelles Vakuum, das jenseits programmatischer Floskeln der Aufarbeitung immer noch harrt". — Er beschreibt eindrucksvoll das Scheitern Ihrer sozialdemokratischen Hoffnung, „durch eine entsprechende staatliche Politik unter fast allen Bedingungen Vollbeschäftigung, steigende Arbeitnehmereinkommen und einen stetigen Ausbau des Sozialleistungsapparates gleichzeitig und dauerhaft sicherstellen zu können". Er hat im übrigen auch das Scheitern Ihrer Konzeption einer nachfrageorientierten Finanz- und Wachstumspolitik eindrucksvoll beschrieben, genau wie Karl Schiller, der in der schon mehrfach zitierten Heidelberger Rede ausgesagt hat, die Nachfragepolitik müsse „eindeutig bezogen sein auf den Fall der Rezession im Sinne eines kumulativen Verfalls der allgemeinen Nachfrage".
    Meine Damen und Herren, Sie sind mit dem Beharren auf Ihren alten Phrasen und auf Ihren gescheiterten Konzeptionen dem deutschen Volk Rechenschaft darüber schuldig, wie Ihr Programm eines Tages aussehen würde, falls Ihnen der Wähler



    Roth (Gießen)

    die Chance zu einer neuen Regierungsübernahme gäbe.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das kommt ja nicht! — Vosen [SPD]: Das wird bald sein!)

    Diese Rechenschaft sind Sie uns schuldig. Wir wollen nicht, daß ein zweites Mal durch den Zusammenbruch der Finanzen und der Beschäftigung, so wie 1982, ein innenpolitisches Fiasko in der Bundesrepublik Deutschland eintritt.
    Meine Damen und Herren, zum Schluß noch eine Bemerkung zur Einnahmeseite des Bundeshaushalts, bei dem wieder die 12,5 Milliarden DM Bundesbankgewinn genauso hervorstechen wie die 460 Millionen DM Erlös aus der Privatisierung von industriellen Bundesbeteiligungen. Ich halte es keineswegs für ausgeschlossen, daß sich die Gewinnabführung der Bundesbank auch im nächsten Jahr noch etwas günstiger darstellen könnte, als dies jetzt veranschlagt worden ist. Wir Haushälter sind hier auf zuverlässige Informationen angewiesen, und Genaueres wird man sicher erst zum Jahresende sagen können.
    Herr Kollege Wieczorek, Sie haben ja hier den Antrag gestellt, diesen Bundesbankgewinn sozusagen auf Verdacht hin durch den Haushaltsgesetzgeber einfach höher einzuschätzen. Dies machen wir nicht mit. Wenn es zu einer höheren Gewinnabführung käme, die wir dankbar registrieren würden, dann würde sie in vollem Umfang zur Rückführung der Nettoneuverschuldung verwendet und nicht schon im vorhinein für irgendwelche Ausgaben-programme zusätzlicher Art „verbraten".
    Meine Damen und Herren, ich schließe, indem ich sage: Wir werden den Kurs dieser Bundesregierung nachhaltig unterstützen. Unser finanzpolitisches Zielquadrat bleibt unverrückt: Preisstabilität, Zinsabbau, Steuersenkungen und eine Rückführung der Staatsquote.
    Deshalb stimmen wir den hier diskutierten Einzelplänen in ihrer vom Haushaltsausschuß vorgelegten und verabschiedeten Fassung zu und sprechen dem Bundesfinanzminister unser Vertrauen aus.
    Herzlichen Dank.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Zuruf von der SPD: Na so was!)



Rede von Richard Stücklen
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Spilker.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Karl-Heinz Spilker


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst möchte ich Ihnen, Herr Wieczorek, ein Kompliment machen: Sie haben eine schnelle Rede gehalten. Sie war so schnell, daß ich vom Inhalt nur einige Stichworte mitbekommen habe, auf die ich im Laufe meiner Rede zurückkommen werde.
    Aber eines möchte ich vorweg sagen: Ausgerechnet diesem Finanzminister Unsolidität vorzuwerfen, das ist schon fast ein Witz und keine Beleidigung. Das dürfen Sie mir schon glauben.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Uns vorzuwerfen, wir hätten zugelassen, daß die Lohnsteuerbelastung und die Belastung mit anderen Steuern gestiegen ist, liegt etwa in derselben Kategorie. Sie wissen, daß wir bereits Ende 1982 unsere Entlastungspolitik „nur" mit dem Haushaltsbegleitgesetz begonnen und ein Jahr später mit dem Steuerbereinigungsgesetz fortgesetzt haben. Sie wissen auch, daß wir mit der großen Tarifentlastung für die Jahre 1986 und 1988 in Höhe von 20 Milliarden DM ein weiteres Beispiel gesetzt haben, von dem Sie nicht einmal geträumt haben.

    (Beifall des Abg. Dr. Schwörer [CDU/CSU] — Vosen [SPD]: Es wird auch immer ein Traum bleiben!)

    Ich werde auf die Frage der Staatsquote im Laufe meiner Ausführungen noch zurückkommen. Auch hier übernehmen Sie sich. Natürlich war und ist es unser Ziel, diese beharrlich und konsequent Schritt für Schritt auf einen Wert unter 45% zurückzuführen, wie sich das bei einer soliden Finanzpolitik gehört.
    Damit möchte ich zu meiner Rede kommen und mich auf Herrn Kollegen Dr. Vogel beziehen, der es gestern nach einem kurzen Ausflug in die Philosophie und Außenpolitik für angezeigt hielt, ein bißchen aufgeregt über die Arbeitslosenzahl in der Bundesrepublik zu sprechen. Die Frage, warum er so aufgeregt war, brauchte nicht gestellt zu werden, weil fast jedem klar war, daß sich Herr Kollege Vogel bei der Zahl „2 Millionen Arbeitslose" an die Hinterlassenschaft der SPD-geführten Bundesregierung 1982 erinnerte.

    (Vosen [SPD]: So viel hatten wir nie!)

    Aber die Erregung von Herrn Dr. Vogel täuscht nicht darüber hinweg, daß Sie sich mit dieser schlimmen Zahl und darüber hinaus mit einer geradezu grausamen Staatsverschuldung nach jahrelanger schlechter Politik 1982 aus der Bundesregierung verabschiedet haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Bei dieser politischen Verantwortung, die durch nichts, auch nicht durch Rhetorik, wegzuleugnen ist, sprechen Sie heute von Massenarbeitslosigkeit — ein Ausdruck, den ich Anfang der 80er Jahre von Ihnen nicht gehört habe.

    (Wieczorek [Duisburg] [SPD]: Die gab es da auch noch nicht!)

    Sie verschweigen allerdings heute die positiven Bewegungen auf dem Arbeitsmarkt, für die Sie allerdings nichts können und die Sie politisch natürlich auch nicht für sich in Anspruch nehmen können.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU)

    Es war und ist unsere Politik, dafür zu sorgen, daß die Zahl der Beschäftigten weiter wächst.

    (Vosen [SPD]: Ins Uferlose!)

    Denken Sie einmal an den Anfang der 80er Jahre.
    Wir waren j a alle dabei. Hatten Sie in dieser Zeit



    Spilker
    jemals eine Beschäftigungszunahme von mehreren hunderttausend Menschen in einem Jahr?

    (Klein [München] [CDU/CSU]: Im Gegenteil!)

    Konnten Sie nur einmal die Zahl der Kurzarbeiter von über 1 Million auf 100 000 absenken?

    (Klein [München] [CDU/CSU]: Kein einziges Mal!)

    Oder konnten Sie gar eine merkliche Abnahme der Jugendarbeitslosigkeit sicherstellen?
    Solche Entwicklungen konnten Sie sich nicht einmal vorstellen. Dafür träumen Sie heute schon wieder von staatlichen Beschäftigungsprogrammen, die zugegebenermaßen viel Geld gekostet, aber leider nichts gebracht haben und die auch in Zukunft, könnten Sie sie realisieren, nichts bringen würden. Trotz des Einsatzes von 40 Milliarden DM, möglicherweise 50 Milliarden DM — je nachdem, wieviele Beschäftigungsprogramme man zugrunde legt —, stieg die Arbeitslosigkeit ständig, um dann zu explodieren. Kein Wunder also, daß Sie sich aufregen, wenn Sie an diese Entwicklung erinnert oder wenn Sie, wie jetzt von mir, darauf aufmerksam gemacht werden.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Vogel [München] [GRÜNE]: Wir sind ganz ruhig!)

    Meine Damen und Herren, ob Sie das gerne hören oder nicht, lassen Sie sich noch einmal sagen: Wer heute behauptet, daß die Zahl der Arbeitslosen bei uns der Politik der jetzigen Bundesregierung zuzuschreiben ist, spricht schlichtweg die Unwahrheit.

    (Zurufe von der SPD)

    Sie müssen sich bei Ihrer Kritik anläßlich dieser Debatte schon etwas anderes einfallen lassen, oder ich muß Sie fragen — frei nach Mario Simmel —, ob Ihnen wohl der Stoff ausgegangen ist. Ich nenne Ihnen einige Themen. Darüber können wir lange diskutieren. Sie sollten sich viel länger darüber unterhalten, vielleicht, um einmal Ihre Politik zu ändern: Preisstabilität, kontinuierliches Wachstum seit 1983, wachsendes Realeinkommen, niedrige Zinsen, allseitiges Vertrauen, daß es in dieser Bundesrepublik wieder aufwärtsgeht. Vertrauen und Optimismus, das gehört auch dazu; das sind Saaten, die Sie nicht gerne aufgehen sehen; sonst würden Sie nicht durch die Lande ziehen und das Lied vom sozialen Unglück anstimmen und während Ihrer Reisen durch die Lande immer die Frage nach der Wende stellen.
    Ich darf Ihnen antworten. Fragen Sie nicht so viel, sondern schauen Sie sich um, schauen Sie den Tatsachen ins Auge, beschäftigen Sie sich mit dem Sachverständigengutachten, mit dem Wirtschaftsgutachten, mit den Bundesbankberichten, sprechen Sie mit den Arbeitern, mit den Gewerkschaftlern, mit den Betriebsräten, mit den Unternehmern, sprechen Sie mit den Vertretern der Kommunen, der Länder. Unterhalten Sie sich vielleicht auch am heutigen Tage noch einmal mit Herrn Minister Posser aus Nordrhein-Westfalen.

    (Zuruf von der SPD: Gehen Sie mal ins Sozialamt!)

    Oder geben Sie vor dem nächsten „Express"-Interview Herrn Rau einen anderen Rat; denn der wollte doch, wenn ich mich richtig erinnere, alle Ausgabenbegrenzungen im Sozialbereich rückgängig machen, sofort rückgängig machen. Herr Vogel war da gestern etwas gemäßigter; der wollte nur noch einige rückgängig machen. Wir können noch ein bißchen warten, dann ändert sich dieser Standpunkt vielleicht. Bei Ihrer Unterhaltung mit Herrn Posser — in der Mittagszeit ist ihm das nicht gelungen — kann er Ihnen wohl erklären, warum die Finanzpolitik in Nordrhein-Westfalen zusammengebrochen ist.

    (Zuruf von der SPD: Was?)

    — Denn dieser Finanzminister hatte in seinem Brief festgestellt, daß eine solche Verschuldungspolitik — wie die in Nordrhein-Westfalen — nur wenige Jahre durchzuhalten ist. Wir haben mit Ihnen hier natürlich eine längere Phase erlebt. Die Folgen, meine sehr verehrten Damen und Herren, müssen nicht Sie allein tragen, sondern wir haben sie gemeinsam — alle Bürger dieses Landes — zu tragen.
    Die heutige Rechtfertigungsrede — es war ja fast schon eine Ablenkungsrede — von Herrn Posser war im übrigen nicht geeignet, eine jahrelange Verschuldungspolitik zu rechtfertigen, auch nicht die der früheren Bundesregierung.

    (Glos [CDU/CSU]: Der Posser war schwach!)

    Ich möchte ihn einmal einladen, mit uns nach Bayern zu fahren. Er soll sich einmal vor Ort — das ist ja ein Ausdruck aus Ihrem westfälischen Bereich — die Folgen einer soliden Finanz- und Wirtschaftspolitik anschauen.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zander [SPD]: Dann sehen wir, wo die Finanzzuweisungen geblieben sind! — Wieczorek [Duisburg] [SPD]: Mit der „Entwicklungshilfe" von Nordrhein-Westfalen!)

    Dann braucht er sich auch gar nicht mehr zu wundern, daß ganze Industrien abwandern. Meine Damen und Herren, das ist leider Gottes eine ganz traurige Folge dieser Politik.

    (Klein [München] [CDU/CSU]: Aber er muß versprechen, wieder zurückzufahren! — Weitere Zurufe von der SPD und der CDU/CSU)

    Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung hat in seinem Jahresgutachten nachdrücklich die erfolgreiche Politik der Bundesregierung bestätigt. Herr Wieczorek, vielleicht nehmen Sie das netterweise einmal zur Kenntnis. Der Aufschwung wird fortdauern, so heißt es, und mit ihm wird eine zunehmende Beschäftigung einhergehen.



    Spilker
    Die Politik der Haushaltskonsolidierung dieser Bundesregierung hat entscheidend dazu beigetragen, das Wirtschaftswachstum zu stärken, mehr Beschäftigung zu ermöglichen, die Zinsen zu senken und eine Preisstabilität wie zu Ludwig Erhards Zeiten zu haben. Das ist alles nicht selbstverständlich, meine Damen und Herren. Ich sage Ihnen erneut: Die heutige Preisstabilität mit einer Preissteigerungsrate von weniger als 2 %, das ist beste Sozialpolitik.

    (Klein [München] [CDU/CSU]: So ist es!)

    Bundesbankpräsident Pöhl formulierte es anders; aber inhaltlich ist es das gleiche. Eine Politik der Geldwertstabilität, so sagte er, ist deshalb die sozialste Politik, während Inflation die unsozialste Politik der Einkommensumverteilung darstellt.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU — Vosen [SPD]: Die Bundesbank als Sozialamt!)

    Die Bürger bei uns, meine Damen und Herren — das hören Sie nicht gerne —, haben nicht vergessen, daß am Ende Ihrer Regierungszeit die Preise um mehr als 6% gestiegen waren, mit all den negativen Einflüssen auf Investitionen, Sparen, Wachstum, Beschäftigung und Einkommen. Diese Bürger haben die Mißerfolge Ihrer Regierungstätigkeit bis 1982 noch vor Augen. Das ist Ihr Problem. Während Ihrer Regierungszeit explodierte die Arbeitslosigkeit ebenso wie die Staatsverschuldung und die Steuer- und Abgabenbelastung der Bürger. Wir hatten, wie die Statistiker sagen — das ist nicht meine Wortwahl —, „Minuswachstum" in allen Bereichen.

    (Dr. Friedmann [CDU/CSU]: Ein falsches Wort!)

    — Ich habe mich dazu nicht bekannt.
    Die Sozialdemokraten werden trotzdem nicht müde, immer wieder Programme für öffentliche Ausgaben zu fordern. Herr Dr. Apel hat kürzlich in einem Interview gemeint, die Beschäftigungsprogramme der 70er Jahre seien durchaus erfolgreich gewesen. Ob er das wohl selbst glaubt? Wo, das konnte er nicht sagen. Tatsache ist und bleibt: Die Arbeitslosigkeit ist trotz der aufwendigen Programme teilweise raketenartig — leider, muß ich sagen — gestiegen.
    In dem gleichen Interview wird Herr Apel dann schon etwas bescheidener. Er meint, daß durch das SPD-Programm „Arbeit und Umwelt" 200 000 neue Arbeitsplätze entstehen würden. Herr Glotz war bei ganz anderen Zahlen. Er wollte die gesamte Arbeitslosigkeit gleich halbieren,

    (Vosen [SPD]: Sie wollten Sie ganz wegbringen!)

    und das auch noch in einem Jahr. Aber Herr Apel sagte dann: Damit wird aber deutlich, daß natürlich auch Sozialdemokraten kein Patentrezept zum Abbau der Arbeitslosigkeit haben. — Herr Dr. Apel, das ist richtig. Ich muß Ihnen aber ehrlich gestehen: Wir haben noch nie geglaubt, daß Sie ein Rezept haben, jedenfalls nicht zum Abbau der Arbeitslosigkeit. Von anderen Rezepten möchte ich vorsichtshalber nicht sprechen. Sonst gibt es hier Unruhe im Saal.

    (Wieczorek [Duisburg] [SPD]: Nein, diesen Gefallen tun wir Ihnen nicht!)

    Ich glaube Ihnen auch, verehrter Herr Dr. Apel, daß Sie die Arbeitslosigkeit wegbringen wollen. Leider weiß ich aus Erfahrung — das gilt auch für meine Freunde —, daß Sie dazu politisch einfach nicht in der Lage sind.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Das ist eine Feststellung und die Erfahrung aus der Vergangenheit.

    (Frau Simonis [SPD]: Das mußte einmal gesagt werden!)

    Etwas nervös durch den Stimmungsumschwung und nach den Wahlen in Nordrhein-Westfalen fahren Ihre politischen Repräsentanten jetzt herum und fordern so ungefähr alles, was für den Abbau der Arbeitslosigkeit ungeeignet ist: Ergänzungsabgabe, Solidarsteuer, Sparbuchsteuer etc., Maßnahmen, die Wachstum und Beschäftigung bremsen, Verschuldung erhöhen, Leistungsbereitschaft mindern und die Steuer- und Abgabenbelastung der Bürger erhöhen. Meine Damen und Herren, ich frage Sie: Reicht denn das Ergebnis Ihrer Politik, die Bilanz bei Ihrem Ausscheiden aus der Bundesregierung 1982 immer noch nicht aus, um von diesen für den Bürger schädlichen Forderungen endlich Abstand zu nehmen?

    (Beifall bei der CDU/CSU — Vosen [SPD]: Das ist Horror, was Sie machen!)

    Wir stimmen den Sachverständigen auch in wesentlichen Teilen der steuerpolitischen Ausführungen zu. Ich empfehle Ihnen übrigens, meine Damen und Herren, die Bemerkungen der Sachverständigen noch einmal nachzulesen, ein wenig zu studieren. Dann würden Sie vielleicht endlich aufhören, unsere Steuerpolitik, diese erfolgreiche Steuerpolitik für alle Bürger, für mehr Wachstum, für mehr Beschäftigung als Geschenke an die Reichen zu diffamieren.

    (Wieczorek [Duisburg] [SPD]: Das ist doch Schwachsinn!)

    Das ist leider Ihre Demagogie, nicht Ihre Argumentation.

    (Vosen [SPD]: Das machen Sie aber!)

    Die von uns beschlossenen Steuerentlastungen 1986/88 sind ein wesentliches Element der Politik der Wende.

    (Vogel [München] [GRÜNE]: Das kann man sagen!)

    Wir wirken damit der zunehmenden Steuer- und Abgabenlast der Bürger entgegen. Es bleibt unser Ziel, diese Steuerbelastung in Zukunft mehr und mehr abzubauen. Die Solidität, repräsentiert durch diesen Finanzminister, verlangt auch hier ein vernünftiges Vorgehen, weil wir uns eine weitere Verschuldung einfach nicht erlauben wollen.

    (Sehr wahr! bei der CDU/CSU)




    Spilker
    Meine Damen und Herren, Sie haben uns genug Schulden hinterlassen, unter deren Zinsen wir alle gemeinsam — ich sagte es schon: gemeinsam — zu leiden haben.

    (Glocke des Präsidenten)

    Eine vordringliche Aufgabe dieser Bundesregierung war es im übrigen von Anfgang an, das geltende Steuerrecht im Interesse aller Bürger zu ändern. Auf dem Wege, die drückenden Steuerlasten zu senken und die Wachstumskräfte weiter zu stärken, sind wir durch die beschlossene Steuerentlastung von fast 20 Milliarden DM ohne jede Gegenrechnung für die Jahre 1986/88 ein Stück vorangekommen. Herr Dr. Apel, das ist keine Steuerentlastung, die „mickrig" ist. Ich glaube, dieses Wort stammt von Ihnen. Es ist kein gutes Wort.

    (Glocke des Präsidenten)

    Wir brauchen weiterhin Wachstum, Stabilität, Einkommenszuwächse, Kaufkraftsteigerung, niedrige Zinsen und mehr Steuergerechtigkeit. Nur so kommen wir wirtschaftlich weiter, und nur so läßt sich die Arbeitslosigkeit abbauen. Das erfordert Disziplin des Staates, Disziplin der öffentlichen Hände, das erfordert Ausgabenzurückhaltung, um die Steuern senken zu können, statt sie zu erhöhen. Es erfordert auch weiterhin die Rückführung der Staatsverschuldung und eine grundsolide Geldpolitik.