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ID1017706100

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    Plenarprotokoll 10/177 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 177. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 27. November 1985 Inhalt: Begrüßung des Sekretärs des Zentralkomitees der Ungarischen Sozialistischen Arbeitspartei Dr. Matyás Szurös . . . . 13433 B Wahl des Präsidenten des Bundesrechnungshofs und des Vizepräsidenten des Bundesrechnungshofs 13448 D Ergebnis 13453 B Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1986 (Haushaltsgesetz 1986) — Drucksachen 10/3700, 10/4101 — Beschlußempfehlungen und Bericht des Haushaltsausschusses — Drucksachen 10/4151 bis 4180 — Einzelplan 08 Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen — Drucksachen 10/4158, 10/4180 — in Verbindung mit Einzelplan 32 Bundesschuld — Drucksache 10/4173 — in Verbindung mit Einzelplan 60 Allgemeine Finanzverwaltung — Drucksache 10/4177 — in Verbindung mit Einzelplan 20 Bundesrechnungshof — Drucksachen 10/4167, 10/4180 — in Verbindung mit Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Der Finanzplan des Bundes 1985 bis 1989 — Drucksachen 10/3701, 10/4102, 10/4256 — Dr. Apel SPD 13365 D Carstens (Emstek) CDU/CSU 13375 D Dr. Müller (Bremen) GRÜNE . . 13381D, 13406A Dr. Weng (Gerlingen) FDP 13386 B Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMF . 13389C, 13422 C Dr. Posser, Minister des Landes Nordrhein-Westfalen 13399 A Dr. Graf Lambsdorff FDP 13405 C Dr. Hackel CDU/CSU 13407 A Dr. Solms FDP 13409 B Austermann CDU/CSU 13411 D II Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 177. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 27. November 1985 Wieczorek (Duisburg) SPD 13413C Roth (Gießen) CDU/CSU 13417 B Spilker CDU/CSU 13419 B Präsident Dr. Jenninger 13381 D Einzelplan 09 Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft — Drucksachen 10/4159, 10/4180 — Frau Simonis SPD 13424 B Glos CDU/CSU 13428 B Auhagen GRÜNE 13433 B Dr. Graf Lambsdorff FDP 13435 B Wissmann CDU/CSU 13438 B Dr. Mitzscherling SPD 13440 D Dr. Bangemann, Bundesminister BMWi 13445 C Frau Simonis (Erklärung nach § 30 GO) 13448A Einzelplan 30 Geschäftsbereich des Bundesministers für Forschung und Technologie — Drucksachen 10/4171, 10/4180 — Zander SPD 13449 D Austermann CDU/CSU 13453 D Dr. Müller (Bremen) GRÜNE 13456 D Dr.-Ing. Laermann FDP 13458 B Dr. Riesenhuber, Bundesminister BMFT 13460C Einzelplan 31 Geschäftsbereich des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft — Drucksachen 10/4172, 10/4180 — Dr. Diederich (Berlin) SPD 13463 C Dr. Rose CDU/CSU 13465 B Frau Zeitler GRÜNE 13467 C Neuhausen FDP 13468 D Frau Dr. Wilms, Bundesminister BMBW 13470 D Nächste Sitzung 13472 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten 13473*A Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 177. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 27. November 1985 13365 177. Sitzung Bonn, den 27. November 1985 Beginn: 9.01 Uhr
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    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens * 28. 11. Antretter * 29. 11. Bahr 29. 11. Bueb 29. 11. Büchner (Speyer) * 29. 11. Collet 29. 11. Frau Dr. Däubler-Gmelin 27. 11. Frau Eid 29. 11. Ertl 29. 11. Frau Fischer * 29. 11. Franke (Hannover) 29. 11. Dr. Haack 27. 11. Haase (Fürth) * 29. 11. Dr. Hauff 27. 11. Freiherr Heereman von Zuydtwyck 27. 11. Heyenn 27. 11. Höffkes 27. 11. Graf Huyn 27. 11. Jäger (Wangen) * 29. 11. Junghans 29. 11. Kittelmann * 29. 11. Klose 29. 11. Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Kohl 27. 11. Dr. Kreile 29. 11. Lamers 28. 11. Leonhart 29. 11. Lowak 27. 11. Dr. Müller * 29. 11. Nagel 29. 11. Dr. Olderog 29. 11. Oostergetelo 27. 11. Rühe 27. 11. Schlaga 29. 11. Frau Schmidt (Nürnberg) 29. 11. Schmidt (Wattenscheid) 29. 11. Dr. Schwenk (Stade) 27. 11. Dr. Todenhöfer 29. 11. Frau Wagner 28. 11. Werner (Dierstorf) 29. 11. Frau Dr. Wex 29. 11. Witek 27. 11. Wittmann (Tännesberg) 27. 11. Zierer 29. 11. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dietrich Austermann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir, daß ich als schleswig-holsteinischer Bundestagsabgeordneter zunächst einige wenige Sätze zu den Ausführungen sage, die Herr Posser hier zum Vergleich zwischen Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen meinte machen zu müssen. Da ich die Zahlen mitgebracht habe — ich wußte, daß das wieder kommt —, kann ich sagen, daß keine einzige Zahl von denen,



    Austermann
    die Herr Posser hier vorgetragen hat, gestimmt hat.

    (Hört! Hört! und Zustimmung bei der CDU/ CSU — Widerspruch bei der SPD)

    Ich darf das an ganz konkreten Zahlen nachweisen:
    Nehmen wir einmal die Verschuldung im Lande Nordrhein-Westfalen — Land plus Gemeinden — im Jahre 1984: 6 700 DM pro Einwohner. Im Vergleich dazu Schleswig-Holstein: 6 300 DM, also 400 DM weniger als in Nordrhein-Westfalen. Wenn Sie noch den Vergleich innerhalb der letzten Jahre hinzunehmen, ist eindeutig, daß Nordrhein-Westfalen im Vergleich zu anderen Ländern zurückgefallen ist.
    Ich nenne jetzt absolute Zahlen, weil Herr Posser hier offensichtlich Äpfel mit Birnen verwechselt hat: Schleswig-Holstein ist mit 13 Milliarden verschuldet, Nordrhein-Westfalen mit 74 Milliarden.

    (Lachen bei der SPD) — Ja, natürlich!

    Oder nehmen Sie das Städtebauförderungsgesetz. Herr Posser sprach von Komplementärmitteln in der Größenordnung von 30 Millionen. Jeder weiß aber, daß allein das Land Nordrhein-Westfalen vom Bund 200 Millionen erhält.

    (Zuruf von der SPD: Zahlenzirkus ist das!)

    Und dann Komplementärmittel von 30 Millionen? Das kann ja wohl nicht richtig sein.
    Nun vielleicht noch etwas zur Investitionskraft der Gemeinden in Schleswig-Holstein: Im Jahre 1985 werden die schleswig-holsteinischen Gemeinden für 100 Millionen DM mehr investieren als im Jahre 1984. Das spricht wohl kaum' dafür, daß sich die finanzielle Situation der Gemeinden verschlechtert hat. Demgegenüber betätigt sich Herr Rau als Milliarden-Klau. Eine Milliarde nimmt er den Kommunen im Finanzausgleich 1986 weg, und er bringt seinen Anteil bei den Städtebauförderungsmitteln nicht auf. Bisher gibt es ja dazu nur Erklärungen. Wenn man da die Sonderlasten aufführt, könnte natürlich jedes Land seine eigenen Sonderlasten, Schleswig-Holstein z. B. die Werftsituation, andere Länder andere Sonderlasten, aufführen. Es ist nicht redlich, so zu argumentieren. Offensichtlich war Herr Posser hier nur hergeschickt, weil sein Vorturner kneift.

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch einmal anknüpfen und deutlich machen, wie die finanzielle Situation, die Verschuldungssituation tatsächlich aussieht. Geordnete Staatsfinanzen sind die wichtigste Voraussetzung für eine gesunde Wirtschaft. Das kann man gar nicht oft genug sagen, weil den Bürgern nur eine begrenzte Steuerlast zuzumuten ist. Wer eine gute Politik für Arbeitnehmer, Mittelstand und Industrie machen will, muß dies berücksichtigen. Und dagegen hilft keine neuerliche Verschuldung, weil sie nur vorübergehend den Handlungsspielraum erweitert.
    Meine Damen und Herren, lassen Sie mich das an einem kleinen Beispiel deutlich machen. Ich habe hier in der Hand einen 50-Milliarden-MarkSchein der Reichsbank, 50 Milliarden Mark, ausgestellt vor 62 Jahren, etwa am gleichen Tag wie heute. Dafür konnte man genau ein halbes Brot kaufen. Das zeigt doch wohl, daß Inflationspolitik, Verschuldungspolitik unsozial ist, unsoziale Politik ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe von der SPD)

    Lassen Sie mich die Entwicklung der Neuverschuldung kurz noch einmal am Beispiel der Kreditaufnahme deutlich machen. Wir haben eine Bruttokreditaufnahme, die im nächsten Jahr noch einmal ansteigen wird, und zwar deshalb, weil wir die unheimlichen Tilgungen aus kurzfristigen Krediten, die Ihre Finanzminister aufgenommen haben, aufbringen müssen. Aber die Nettokreditaufnahme sinkt weiter. Ich bin davon überzeugt, daß sie im Jahre 1986 die magische Zahl von 20 Milliarden DM im Ist erreichen wird — magische Zahl deshalb, weil das bedeutet, daß um diesen Betrag der Anteil des Staates steigen kann, ohne daß deswegen der Anteil der Verschuldung am Bruttosozialprodukt größer wird. Ich sage, 20 Milliarden DM sind im nächsten Jahr im Haushaltsvollzug erreichbar.
    Sparsame Ausgabengestaltung bedeutet also auch sinkenden Kreditbedarf. Während Helmut Schmidt im Jahre 1982 noch 47 Milliarden DM neue Schulden machen mußte, einschließlich Bundesbankgewinn — das scheint ja ein neues Lieblingsthema von Ihnen zu werden —, werden es im nächsten Jahr 13 Milliarden DM weniger sein.
    Unsere Politik hat eine spürbare Zinssenkung zur Folge gehabt. Das spüren Hausbesitzer, das spüren Unternehmer, das spüren Kontoüberzieher, das spüren Autoverkäufer, das spüren die Rentner.

    (Zuruf von der SPD: Die Sparer!)

    — Die Sparer auch, weil eine solide Politik die Inflation vermeidet. Die Sparzinsen liegen immer noch über der Inflationsrate; das ist das Entscheidende dabei. Heute liegen die Zinskosten für den Bund bei öffentlichen Anleihen um 5 % unter den Zinsen vor fünf Jahren. 5 % niedrigere Zinsen! Man kann sich kaum vorstellen, was das an Kaufkraft bedeutet. In diesem Jahr sanken die Zinsen weiter deutlich, und dieser Trend hält an. Die Regierung Kohl-Stoltenberg ist die Partei sinkender Kreditzinsen,

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    und jedes Jahr weniger Kredite bedeutet natürlich auch weniger Zinsen, die wir nicht aus dem Haushalt zu bezahlen brauchen. Das heißt, der Investitionsanteil kann größer werden.
    Lassen Sie mich noch etwas zur Berücksichtigung des Bundesbankgewinns sagen, weil das, wie gesagt, ein neues Thema von Ihnen werden soll. Es ist natürlich falsch, daß Sie sagen, bei uns ist das eingerechnet, und deswegen fällt die Verschuldung nicht ab. Ohne Bundesbankgewinn hätte Helmut Schmidt in seinem letzten Regierungsjahr 47,7 Milliarden DM neue Schulden gemacht. 1986 werden es



    Austermann
    13 Milliarden DM weniger- sein. Und da behauptet der Kollege Apel noch, die Verschuldung sei zu hoch, obwohl er zweimal Artikel 115 der Verfassung gebrochen hat. Dem kann man eine einfache Rechnung gegenüberstellen: Der Schuldenberg der Regierung Schmidt — der Monte Sozi — kostet den Steuerzahler vom 1. 1. 1983 bis zum 31. 12. 1986, also verteilt auf die Zeit dieser Legislaturperiode, 103 Milliarden DM Zinsen.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU)

    Jetzt ist die Frage: Wie sieht es mit der Nettoneuverschuldung aus? Man kann doch diese Legislaturperiode in etwa überblicken. Ich gehe davon aus: Wir werden in dieser Legislaturperiode etwa 102 Milliarden DM neue Schulden machen, d. h. 1 Milliarde weniger, als wir brauchen, um nur die Zinsen für den Schuldenberg Ihrer Regierung zu finanzieren. Mit anderen Worten: Jede Mark Neuverschuldung dieser Regierung hat die Regierung Schmidt verschuldet. Oder noch anders ausgedrückt: Diese Regierung arbeitet kostendeckend,

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Lachen bei der SPD)

    kostendeckend deshalb, weil Kredite nur aufgenommen werden müssen, um den Schuldendienst für die von Ihnen aufgenommenen Kredite zu finanzieren.
    Lassen Sie mich das auch an der Zahl der unvorhergesehenen Mehrausgaben deutlich machen

    (Carstensen [Nordstrand] [CDU/CSU]: Das ist zu schwer für die!)

    — auch ich glaube, das ist zu schwer —, die in diesem Haushalt für soziale Leistungen, für Leistungen für die Familie, für Steuersenkungen eingeplant werden. Wenn man das alles, was in der mittelfristigen Finanzplanung nicht vorgesehen war, einmal addiert, ergibt das einen Gesamtbetrag von 12,5 Milliarden DM. Ziehe ich das bei der Nettoneuverschuldung ab, komme ich auf 10 Milliarden DM neue Schulden, die wir machen müßten, wenn wir nicht in diesem Umfang neue Aufgaben übernommen hätten, um Politik in unserem Land tatsächlich auch zu gestalten.
    Eine zukunftsorientierte, erfolgversprechende Finanzpolitik heißt auch, das Wachstum der Staatsausgaben zu begrenzen, Finanzsalden in öffentlichen Haushalten weiter abzubauen und die Steuern zu senken. Nur so werden wir den Handlungsspielraum, den wir brauchen, für weitere Aufgaben gewinnen.
    Meine Damen und Herren, in den letzten drei Jahren sind wir mit den finanzpolitischen Aufräumungsarbeiten schon ein gutes Stück vorangekommen. Die Bundesausgaben nahmen nur um 2 % zu. Die sparsame Haushaltsführung von Bund, Ländern und Gemeinden hat schon jetzt erreicht, daß jährlich 36 Milliarden DM weniger durch die öffentlichen Kassen fließen, 36 Milliarden DM, über die die Bürger unseres Landes zusätzlich in freier Entscheidung selbst verfügen können.

    (Vosen [SPD]: Welche Bürger? Sozialhilfeempfänger?)

    Diese Entwicklung belegt einmal mehr, wie falsch und töricht das Gerede von der „Politik für die Reichen" ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Die Unternehmen sind Teil des Wirtschaftssystems, das letztlich allen Bürgern dient. Verbesserte Rahmenbedingungen für unternehmerische Initiativen und Investitionen bedeuten deshalb zunächst und vor allem mehr Wohlstand für alle, die am Erfolg der Unternehmen teilhaben. Das sind auch Kleinaktionäre,

    (Lachen bei der SPD)

    aber das sind auch die Mitarbeiter der Firmen, die sinnvoll und erfolgreich arbeiten.
    Meine Damen und Herren, in diesem Sinne wollen wir weiterarbeiten. In diesem Sinne darf ich Sie um Zustimmung zu unserer Finanzpolitik, zum Einzelplan 32, bitten.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



Rede von Richard Stücklen
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat der Abgeordnete Wieczorek.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Helmut Wieczorek


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Austermann, bei Ihrer Zahlenspielerei habe ich nur darauf gewartet, daß Sie irgendwann im Plus gewesen wären.

    (Carstensen [Nordstrand] [CDU/CSU]: Wenn wir die Regierung früher übernommen hätten, wären wir auch schon im Plus!)

    Das hätte mich angesichts Ihrer Eigenschaft als Berichterstatter für den Einzelplan 32, der „Bundesschuld" heißt, doch sehr gewundert. Diese Zahlenspielereien, Herr Kollege, können wir alle anstellen, und ich werde heute mit Ihnen einige anstellen. Es kommt immer nur darauf an, welche Zeiträume man sich aussucht. Sie vergleichen einmal ein Jahr mit einer Legislaturperiode, dann vergleichen Sie zwei Legislaturperioden, und dann konsumieren Sie schlicht und einfach das, was die frühere Regierung schon mal mitgemacht hat. Können wir uns nicht darauf verständigen, daß wir nur Zahlen vergleichen, die vergleichbar sind? Sonst kann sich der Bürger draußen im Lande doch überhaupt kein Bild von dem machen, was Sie hier an Zahlenfriedhof hinterlassen.

    (Beifall bei der SPD — Carstensen [Nordstrand] [CDU/CSU]: Eröffnungsbilanz und Schlußbilanz!)

    Ich werde mich darum schlicht und einfach auf den Planungszeitraum konzentrieren, den wir jetzt vor uns haben, also den Zeitraum bis 1989. Und ich werde den Zeitraum dazunehmen, in dem Sie begonnen haben, die Verantwortung in diesem Land zu übernehmen. Und dann sollten wir abwägen, wie das mit den Schulden auf der einen Seite und auf der anderen Seite ist, und dann sollten wir uns auch klarwerden, was Konsolidierung eigentlich ist. Darüber unterhalten wir uns dann heute morgen, nein:



    Wieczorek (Duisburg)

    heute nachmittag. — Ich war eigentlich auf heute morgen programmiert.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Umdenken, bitte!)

    Lassen Sie mich zunächst aber feststellen: Johannes Rau ist heute nicht hier. Aber er wird selbstverständlich in einer Debatte des Bundestages reden.

    (Vosen [SPD]: Als Bundeskanzler!)

    Und wenn Sie einmal richtig nachgucken, werden Sie sehen, daß auch der jetzige Bundeskanzler Kohl in seiner Eigenschaft als Ministerpräsident nie in einer Haushaltsdebatte hier geredet hat. Die Haushaltsdebatte ist etwas für Leute, die sich als Insider mit den Dingen beschäftigt haben. — Das hat uns der Herr Kohl doch sehr gut vorgemacht. Darum lassen Sie also dieses Geschwätz!

    (Beifall bei der SPD)

    Herr Posser kann ebenfalls nicht hier sein, weil er gerade versucht, als Ländervertreter gemeinsam mit unseren Kollegen im Vermittlungsausschuß ein Gesetz konform zu bekommen. Also auch da keinerlei Probleme.
    Ich muß Ihnen aber nach wie vor sagen, daß Ihr Haushalt, den Sie vorgelegt haben, Herr Friedmann, die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit einfach nicht ernst genug nimmt — das wiederhole ich —, daß die Bundesregierung Versprechungen macht, die sie später nicht einhalten kann, daß sie der Bevölkerung vorgaukelt, wir lebten in einer heilen Welt. Ungerechtigkeiten sind nach der Vorstellung dieser Regierung „Randprobleme", mit denen man noch lange und gut leben kann. Es sind „Randprobleme", die Ihnen lästig sind und mit denen Sie sich auch nicht ernsthaft auseinandersetzen wollen.
    Auch der vierte Haushalt in Ihrer Verantwortung wird den gesamtwirtschaftlichen Erfordernissen nicht gerecht. Trotz der auch von uns begrüßten positiven Entwicklung der Konjunktur sind immer noch über 2,2 Millionen Menschen ohne Arbeit. Dazu kommen noch die Arbeitslosen aus der stillen Reserve, die ja nicht mitgezählt werden. Auch hier wollen Sie noch einmal beginnen, eine Zahlenmanipulation vorzunehmen. Man kann nicht über Statistiken Arbeitslose von der Straße bringen, sondern man muß ihnen schon Arbeit verschaffen. Wie alle Sachverständigen in diesem Land erwarten, wird sich durch die Politik dieser Bundesregierung auf diesem Gebiet überhaupt nichts ändern.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das stimmt nicht!)

    Wir Sozialdemokraten lehnen den Kurs dieser Bundesregierung ab; denn für uns steht die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit an erster Stelle.

    (Beifall bei der SPD)

    Das haben auch die fünf wirtschafswissenschaftlichen Institute in ihrem Herbstgutachten gefordert,
    und das fordert der Sachverständigenrat, der so oft zitiert wird, in seinem jüngsten Jahresgutachten.

    (von Hammerstein [CDU/CSU]: Mit dem Programm „Arbeit und Umwelt"?)

    Die Bundesregierung hat derweil nichts anderes zu tun, als sich an Eigenlob zu berauschen, Wachstum, niedrige Preise und die weitere wirtschaftliche Entwicklung hochzuloben und von den wahren Problemen abzulenken.

    (von Hammerstein [CDU/CSU]: Das glaubst du selber nicht!)

    Wenn der Bundeshaushalt in der jetzigen Form verabschiedet wird, werden die investiven Ausgaben 1986 um 800 Millionen DM zurückgehen.

    (Zuruf von der SPD: Genau!)

    Diese 800 Millionen DM weniger tragen zu Ihrer hausgemachten Arbeitslosigkeit bei.

    (Beifall bei der SPD)

    Wären Sie unseren Vorschlägen von vornherein gefolgt, wäre nicht nur nicht die Kürzung um 800 Millionen DM zustandegekommen, sondern 1 Milliarde DM für weitere, zusätzliche Investitionen beschlossen worden. Damit wäre wiederum für 50 000 Menschen Arbeit beschafft worden. Und reden Sie nicht davon, daß das nur vorübergehend wäre! Jeder Bauarbeiter arbeitet nur vorübergehend. Wenn sein Bauwerk fertig ist, ist seine Arbeit insoweit beendet.
    Reden Sie nicht davon, daß über Beschäftigungsprogramme keine nachhaltige Wirkung erzielt werden könne! Fragen Sie doch einmal die Bauarbeiter, ob sie lieber unter Ihrer Regie Arbeitslosengeld beziehen oder auf Grund eines sozialdemokratischen Beschäftigungsprogrammes Arbeit haben, die noch dazu sinnvoll ist.

    (Beifall bei der SPD)

    Das ist genauso eine fadenscheinige Diskussion wie die, die über den Subventionsabbau geführt wird. Ich will nicht wiederholen, was dazu gesagt wurde. Herr Minister Stoltenberg, Sie werden der Subventionsminister dieser Republik sein. Sie kündigen Einsparungen an und erhöhen so kräftig, wie es keiner Ihrer Vorgänger jemals getan hat.

    (Beifall bei der SPD — Zuruf von der CDU/ CSU: Das ist nicht richtig. Was hat er denn erhöht?)

    — Was er erhöht hat? Die Kokskohlenbeihilfe? Er hat die Anteile für die Großbauern erhöht, für die landwirtschaftlichen Fleischfabriken. Dahin ist das Geld geflossen. Herr Kollege, machen Sie nicht so dumme Zwischenbemerkungen.

    (Beifall bei der SPD)

    Ich würde mich jetzt eigentlich noch gerne mit den Steigerungsraten des Bundeshaushaltes beschäftigen. Ich will das nicht tun. Ich sage Ihnen nur: Die Steigerungsrate beträgt nicht 2,2 %, sie beträgt 1,6 %. Als seriöser Finanzminister sollte man sich wirklich beherrschen und nicht zu einem Trick greifen. Ich kann nicht in einem Jahr einen Posten als Ausgabe einsetzen — wie die EG-Leistungen —



    Wieczorek (Duisburg)

    und sie bei der Steigerungsrate mitrechnen und dann im anderen Jahr, wenn es mir nicht gefällt, diesen Posten wieder herausnehmen und dann eine neue Steigerungsrate errechnen. Herr Finanzminister, das ist unseriös

    (Zuruf von der SPD: Richtig!)

    und intellektuell unredlich. Hier wird dem deutschen Volk Sand in die Augen gestreut. Das haben Sie, wenn man Ihr normales Auftreten bewertet, doch eigentlich gar nicht nötig. Oder sollte sich dahinter doch etwas mehr verbergen, als Sie uns bisher gesagt haben? Zahlenmanipulationen darf sich ein Finanzminister an keiner Stelle erlauben. An keiner Stelle! Das darf kein Finanzminister. Herr Stoltenberg, Sie manipulieren hier Zahlen, indem Sie dem Bundestag andere Zahlen nennen; Zahlen die Sie haben wollen. Ich kann nicht mit Indexzahlen arbeiten und da und dort etwas verstecken. Vergleichen Sie die richtigen Zahlen miteinander. Dann können wir uns darüber unterhalten.

    (von Hammerstein [CDU/CSU]: Bringen Sie mal ein Beispiel!)

    Manipulation oder gewolltes Am-Parlament-Vorbeijonglieren ist für mich auch die Frage bei Ihren Haushaltsresten, die Sie immer bilden. Überlegen wir uns doch einmal, meine Kollegen — jetzt schließe ich den Herrn Finanzminister mal aus —, was in den letzten drei Jahren eigentlich passiert ist. Der Bundesfinanzminister hat 1983 6 1/2 Milliarden DM weniger Ausgaben als geplant ausgegeben. Da kann man eigentlich sagen: Hervorragend. Er hat 1984, 5,4 Milliarden weniger ausgegeben, als wir beschlossen haben. Und er hat 1985 wieder rund 2 Milliarden DM Minderausgaben. Feiern Sie das bitte nicht als einen Erfolg! Hier wird Ihr Wille, den Haushalt zu fahren, nicht vollzogen. Er spart an Stellen ein, wo wir im Grund genommen die Mittel brauchen, um sie der Wirtschaft zur Verfügung zu stellen, um damit Arbeit zu schaffen. Das kann man nicht als Erfolg feiern, sondern das geht am Haushalt, am Parlament vorbei. Denn solche Haushaltsreste darf man nicht bilden, sondern hier muß man sauber und ordentlich arbeiten.
    Wenn wir das Ganze vor dem Hintergrund sehen, was wir an Beschäftigungsprogrammen und im Programm „Arbeit und Umwelt" als Finanzierung gefordert haben und was Sie unter dem Gesichtspunkt „Es wäre ja richtig; aber wir haben kein Geld dafür!" zurückgewiesen haben und wir nicht durchsetzen konnten, und wenn wir dann auf einmal sehen, wieviel im Haushalt bleibt, dann ist das gegenüber der deutschen Wirtschaft und den arbeitenden Menschen in diesem Land nicht zu verantworten.

    (Beifall bei der SPD)

    Ich komme damit zum Thema Konsolidierung, Herr Bundesfinanzminister. Die Sozialdemokraten haben schon 1981 begonnen, den Bundeshaushalt auf eine neue Basis zu stellen. Auch wir haben seinerzeit schon sehr schmerzhafte Eingriffe vornehmen müssen. Diese Konsolidierung — das hat der Sachverständigenrat bestätigt — wird von Herrn Dr. Stoltenberg fortgesetzt.
    Aber was hat er daraus gemacht? Für 1983 hat er die Vorschläge der sozialliberalen Koalition aus dem Jahr 1982 in der Größenordnung von immerhin über 9 Milliarden DM zum Großteil übernommen, verschärft und noch drauf gesattelt. Und was bei ihm auf Grund der Einsparungen ab dem Jahr 1984 übrigblieb, hat er in andere Bereiche umgeleitet. Und hier setzt unsere eigentliche Kritik ein. Denn wo ist dieses Geld geblieben? Der Herr Bundesfinanzminister hat umverteilt, umverteilt an Unternehmen und an die deutschen Großbauern, wie ich es Ihnen eben schon gesagt habe.

    (Glos [CDU/CSU]: Was verstehen Sie unter Großbauern?)

    Damit hat er die soziale Ausgewogenheit und den sozialen Anstand verletzt, Herr Kollege Glos.

    (Beifall bei der SPD — Zuruf des Abg. Glos [CDU/CSU])

    Er hat durch soziale Unbarmherzigkeit dazu beigetragen, den sozialen Frieden in unserem Land zu stören.

    (von Hammerstein [CDU/CSU]: Du bist ein Samariter!)

    Er hat diesen wichtigen Produktivfaktor, nämlich den sozialen Frieden, ernsthaft gefährdet. Wer den sozialen Frieden nicht als einen Produktivfaktor ansieht, der hat nicht beide Füße auf der Erde, sondern er guckt aus einem Wolkenkuckucksheim auf die Erde.