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    Plenarprotokoll 10/177 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 177. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 27. November 1985 Inhalt: Begrüßung des Sekretärs des Zentralkomitees der Ungarischen Sozialistischen Arbeitspartei Dr. Matyás Szurös . . . . 13433 B Wahl des Präsidenten des Bundesrechnungshofs und des Vizepräsidenten des Bundesrechnungshofs 13448 D Ergebnis 13453 B Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1986 (Haushaltsgesetz 1986) — Drucksachen 10/3700, 10/4101 — Beschlußempfehlungen und Bericht des Haushaltsausschusses — Drucksachen 10/4151 bis 4180 — Einzelplan 08 Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen — Drucksachen 10/4158, 10/4180 — in Verbindung mit Einzelplan 32 Bundesschuld — Drucksache 10/4173 — in Verbindung mit Einzelplan 60 Allgemeine Finanzverwaltung — Drucksache 10/4177 — in Verbindung mit Einzelplan 20 Bundesrechnungshof — Drucksachen 10/4167, 10/4180 — in Verbindung mit Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Der Finanzplan des Bundes 1985 bis 1989 — Drucksachen 10/3701, 10/4102, 10/4256 — Dr. Apel SPD 13365 D Carstens (Emstek) CDU/CSU 13375 D Dr. Müller (Bremen) GRÜNE . . 13381D, 13406A Dr. Weng (Gerlingen) FDP 13386 B Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMF . 13389C, 13422 C Dr. Posser, Minister des Landes Nordrhein-Westfalen 13399 A Dr. Graf Lambsdorff FDP 13405 C Dr. Hackel CDU/CSU 13407 A Dr. Solms FDP 13409 B Austermann CDU/CSU 13411 D II Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 177. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 27. November 1985 Wieczorek (Duisburg) SPD 13413C Roth (Gießen) CDU/CSU 13417 B Spilker CDU/CSU 13419 B Präsident Dr. Jenninger 13381 D Einzelplan 09 Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft — Drucksachen 10/4159, 10/4180 — Frau Simonis SPD 13424 B Glos CDU/CSU 13428 B Auhagen GRÜNE 13433 B Dr. Graf Lambsdorff FDP 13435 B Wissmann CDU/CSU 13438 B Dr. Mitzscherling SPD 13440 D Dr. Bangemann, Bundesminister BMWi 13445 C Frau Simonis (Erklärung nach § 30 GO) 13448A Einzelplan 30 Geschäftsbereich des Bundesministers für Forschung und Technologie — Drucksachen 10/4171, 10/4180 — Zander SPD 13449 D Austermann CDU/CSU 13453 D Dr. Müller (Bremen) GRÜNE 13456 D Dr.-Ing. Laermann FDP 13458 B Dr. Riesenhuber, Bundesminister BMFT 13460C Einzelplan 31 Geschäftsbereich des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft — Drucksachen 10/4172, 10/4180 — Dr. Diederich (Berlin) SPD 13463 C Dr. Rose CDU/CSU 13465 B Frau Zeitler GRÜNE 13467 C Neuhausen FDP 13468 D Frau Dr. Wilms, Bundesminister BMBW 13470 D Nächste Sitzung 13472 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten 13473*A Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 177. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 27. November 1985 13365 177. Sitzung Bonn, den 27. November 1985 Beginn: 9.01 Uhr
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    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens * 28. 11. Antretter * 29. 11. Bahr 29. 11. Bueb 29. 11. Büchner (Speyer) * 29. 11. Collet 29. 11. Frau Dr. Däubler-Gmelin 27. 11. Frau Eid 29. 11. Ertl 29. 11. Frau Fischer * 29. 11. Franke (Hannover) 29. 11. Dr. Haack 27. 11. Haase (Fürth) * 29. 11. Dr. Hauff 27. 11. Freiherr Heereman von Zuydtwyck 27. 11. Heyenn 27. 11. Höffkes 27. 11. Graf Huyn 27. 11. Jäger (Wangen) * 29. 11. Junghans 29. 11. Kittelmann * 29. 11. Klose 29. 11. Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Kohl 27. 11. Dr. Kreile 29. 11. Lamers 28. 11. Leonhart 29. 11. Lowak 27. 11. Dr. Müller * 29. 11. Nagel 29. 11. Dr. Olderog 29. 11. Oostergetelo 27. 11. Rühe 27. 11. Schlaga 29. 11. Frau Schmidt (Nürnberg) 29. 11. Schmidt (Wattenscheid) 29. 11. Dr. Schwenk (Stade) 27. 11. Dr. Todenhöfer 29. 11. Frau Wagner 28. 11. Werner (Dierstorf) 29. 11. Frau Dr. Wex 29. 11. Witek 27. 11. Wittmann (Tännesberg) 27. 11. Zierer 29. 11. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates
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    Rede von Dr. Hans Apel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Nein.


Rede von Dr. Philipp Jenninger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Grundsätzlich nicht?

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    Rede von Dr. Hans Apel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Nein.

    (Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Er will nicht nach der Meinung des Herrn Rau gefragt werden, wenn er überhaupt eine hat!)

    Heute konnten Sie den Zeitungen, z. B. der „Süddeutschen Zeitung", entnehmen, daß der Präsident des Städtetages erneut auf die schwierigen Finanzprobleme der Gemeinden hingewiesen hat. Wallmann hat vor einigen Wochen gesagt, er habe die Hoffnung, daß im Jahre 1986 endlich der Abwärtstrend, die Talfahrt der öffentlichen Investitionen beendet werden könnte. Aber er sagt, daß diese Hoffnung auf eine Beendigung der Talfahrt der Investitionen bei den Gemeinden nur dann realistisch sei, wenn — ich zitiere wörtlich — dabei die Bundesregierung die Gemeinden nicht allein läßt.
    Ich muß sagen: Bisher sind die Bitten und Forderungen der Gemeinden an die Bundesregierung nicht erfüllt worden. Wir unterstreichen die Forderung von Herrn Wallmann, die wir heute in den Zeitungen finden, die da lautet: Wenn Steuergeschenke in Milliardenhöhe durch die Verbesserung der Abschreibungsbedingungen für den Gewerbebau gegeben werden sollen, die im übrigen konjunkturell nichts bewirken — das wissen wir doch alle —, dann muß der Herr Bundesfinanzminister, der diese Subventionen in einer Nacht- und Nebelaktion überraschend beschlossen hat, auch einen Ausgleich dafür leisten, damit die Gemeinden investieren können.

    (Beifall bei der SPD)

    Im übrigen, Herr Kollege Dr. Stoltenberg: Wir haben vor mehr als einem Jahr, am 14. September 1984, hier im Deutschen Bundestag erklärt, nach Ihren Informationen könnten wir davon ausgehen, daß die Gemeindeinvestitionen im Jahre 1984 zum erstenmal wieder zunehmen würden, und zwar um 1 Milliarde DM.
    Heute wissen wir, daß Sie uns — absichtlich oder unabsichtlich — falsch informiert haben.

    (Kolb [CDU/CSU]: Das war Ihre Art! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    Auch im Jahre 1984 waren die Investitionen unserer Städte und Gemeinden weiter rückläufig.

    (Kolb [CDU/CSU]: Sie hat damals das Pferd getreten! — Gegenruf des Abg. Dr. Spöri [SPD])




    Dr. Apel
    — Ihre Zwischenrufe sind unglaublich geistreich; aber das liegt sicherlich an der frühen Morgenstunde.

    (Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Er paßt sich Ihrer Rede an!)

    Meine sehr geehrten Damen und Herren, heute wissen wir, daß die öffentlichen Investitionen der Gemeinden auch im ersten Halbjahr 1985 weiter rückläufig waren. Vor kurzem hat uns das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung das Ergebnis einer genauen Untersuchung der Ursachen für die dramatische Abnahme der Beschäftigung in der Bauwirtschaft vorgelegt. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung kommt dabei zu dem Ergebnis, daß ein Drittel der Arbeitslosen am Bau, über 100 000 Arbeitslose, deswegen arbeitslos sind, weil der Finanzminister und seine Finanzpolitik die öffentlichen Investitionen beim Bund und auch bei den Gemeinden verkommen lassen. Das ist die Wahrheit, meine sehr geehrten Damen und Herren.

    (Beifall bei der SPD — Dr.-Ing. Kansy [CDU/CSU]: 500 000 Arbeitsplätze sind bei Ihnen verlorengegangen; größter Einbruch 1981 4,9 %!)

    Wenn Sie über die Gemeindefinanzen reden und immer wieder darauf hinweisen, daß doch die Neuverschuldung der Gemeinden zurückgegangen ist, dann übersehen Sie völlig, daß das die Gemeinden nur durch das massive Zusammenstreichen ihrer Investitionen erreichen konnten. Wir wissen, daß die Gemeinden im ersten Halbjahr 1985 ihre Sozialausgaben im wesentlichen wegen der weiteren Explosion der Sozialhilfeausgaben um 9% anheben mußten. Da nimmt es doch kein Wunder, daß, wenn die Sozialhilfeausgaben im ersten Halbjahr 1985 um 9 % steigen, für öffentliche Investitionen bei den Gemeinden kein Raum bleibt; dann müssen wir uns doch nicht darüber wundern, daß die öffentlichen Investitionen bei den Städten und Gemeinden im gleichen Zeitraum — im ersten Halbjahr 1985 — um 8,5 % zurückgehen. Die Vertreter der Städte, der Gemeinden, der Landkreise in ihren Spitzenverbänden haben das j a am 30. Oktober in ihrem Gespräch mit dem Bundeskanzler ganz deutlich gesagt. Ich zitiere:
    Die Explosion der Ausgaben für die Sozialhilfe ist in hohem Maße auf Sozialhilfeleistungen an Arbeitslose zurückzuführen, die keine oder keine ausreichenden Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung erhalten.
    Meine Damen und Herren, das ist dann die nüchterne Beschreibung der fatalen Konsequenzen der ungerechten und unsozialen Sparpolitik dieser Koalition für die Gemeindefinanzen. Wir haben dem nichts hinzuzufügen.

    (Beifall bei der SPD)

    Aber wir wissen doch auch, daß die Gemeinden der Steuerpolitik des Bundesfinanzministers nicht mehr über den Weg trauen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Ihnen traut man nicht mehr über den Weg!)

    Sie haben doch in den letzten Jahren erlebt, wie durch die Senkung der Vermögensteuer, durch die Amputation der Gewerbesteuer den Gemeinden Milliarden an möglichen Investitionssummen entzogen wurden.

    (Seiters [CDU/CSU]: Völlig an der Wirklichkeit vorbei!)

    Wir wissen doch alle — und Sie können es nicht bestreiten, es sind doch die Zahlen des Bundesfinanzministers —,

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    daß die jetzt neu beschlossenen Steuersenkungen

    (Werner [Ulm] [CDU/CSU]: Die wollten Sie doch gar nicht!)

    den Städten und den Gemeinden 18 Milliarden DM an Einnahmeverlusten bringen.

    (Roth [Gießen] [CDU/CSU]: Wieviel? — Kolb [CDU/CSU]: Wie bitte?)

    — 18 Milliarden DM in dem Zeitraum 1986 bis 1989; dies können Sie nachlesen, jawohl.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Meine sehr geehrten Damen und Herren, ganz besonders ärgerlich sind dabei die Mindereinnahmen auf Grund der Abschreibungsverbesserungen im Gewerbebau.

    (Werner [Ulm] [CDU/CSU]: Jetzt wiederholen Sie sich!)

    — Das kann man Ihnen nicht häufig genug sagen. Die Gemeinden haben mit diesen 1,3 Milliarden DM jährlich gerechnet. Wir wissen doch, wir haben es im Deutschen Bundestag debattiert — es hat eine Anhörung des Bundestages gegeben —,

    (Kolb [CDU/CSU]: Entweder wollen Sie Investitionen oder nicht! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    diese Verbesserungen der Abschreibungsbedingungen für den Gewerbebau bewirken konjunkturell nichts, aber sie erschüttern das Vertrauen der Städte in die Solidität der Bonner Finanzpolitik.

    (Lachen bei der CDU/CSU und der FDP)

    Der Deutsche Städtetag sagte sehr vorsichtig vor kurzem, diese Entscheidungen können negative Einflüsse auf die mittel- und langfristigen Investitionsentscheidungen der Kommunen haben.

    (Zuruf von der CDU/CSU)

    Damit wird dann erneut deutlich, daß kurzsichtige Steuergeschenke in Milliardenhöhe im Kampf gegen die Massenarbeitslosigkeit überhaupt nichts nutzen. Ganz im Gegenteil; was dort an Milliarden sinnlos weggegeben wird, fehlt den Gemeinden, das werden sie in ihren Investitionen zu kürzen haben.

    (Kolb [CDU/CSU]: Schauen Sie mal Ihr Programm an!)

    Damit werden diese Steuergeschenke, die Sie er-
    neut ausgehändigt haben, der Bauwirtschaft scha-



    Dr. Apel
    den. Wir fordern von Ihnen Stetigkeit und Perspektiven in der Finanzpolitik.

    (Glos [CDU/CSU]: Finanzpolitische Schwarzmalerei!)

    Auch deshalb bleiben wir dabei, daß eine erneute Gemeindefinanzreform erforderlich ist.
    Wir fühlen uns in dieser Forderung nach einer Gemeindefinanzreform im übrigen durch das Sachverständigengutachten bestätigt. Auch das Sachverständigengutachten, meine Damen, meine Herren von der Koalition, sagt ja, daß die fehlende Investitionsbereitschaft der Gemeinden auf ihre Unsicherheit wegen der fehlenden künftigen Finanzausstattung der Gemeinden zurückzuführen sei.
    Sie haben vor einigen Wochen mit Ihrer Mehrheit unsere Vorschläge abgelehnt. Das ändert aber nichts an der Tatsache, daß unsere Konzepte zur Stärkung der Gemeindefinanzen vorliegen, während Sie weiterhin leeres Stroh dreschen.

    (Kolb [CDU/CSU]: Da müßten wir Sie einstellen als Fachmann!)

    Das Ergebnis ist deprimierend. Die Investitionen nehmen beim Bund ab, und zwar unter der Stabführung des Bundesfinanzministers. Sie leisten auch weiterhin keinen Beitrag zur Sicherung des Wirtschaftswachstums. Sie leisten damit keinen Beitrag im Kampf gegen die Massenarbeitslosigkeit.

    (Glos [CDU/CSU]: Wo leben Sie denn?)

    Das ist zu bedauern. Deswegen stellen wir zum Bundeshaushalt 1986 Anträge in Milliardenhöhe,

    (Dr.-Ing. Kansy [CDU/CSU]: Das haben Sie schon immer gut gekonnt!)

    um die öffentliche Investitionskraft zu stärken. Aber, Herr Kollege, wir machen auch deutlich, wie diese Mehrausgaben zu finanzieren sind,

    (Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Aber sehr unseriös!)

    und zwar nicht durch Anheben der Nettokreditaufnahme, nein, solide finanziert.

    (Lachen bei der CDU/CSU)

    Aber wir wollen die öffentlichen Investitionen steigern.

    (Beifall bei der SPD — Kolb [CDU/CSU]: Da lachen Sie selbst!)

    Meine sehr geehrten Damen und Herren, die konjunkturelle Entwicklung des nächsten Jahres — darauf habe ich bereits hingewiesen — hängt von einer kräftigen Steigerung des privaten Konsums ab. Bisher hat der Bundesfinanzminister diese Steigerung der Konsumentennachfrage klar behindert.

    (Lachen bei der CDU/CSU — Dr.-Ing. Kansy [CDU/CSU]: Helau!)

    — Ich werde Ihnen eine Zahl nennen, meine Damen und Herren. Von Anfang 1983 bis Mitte 1985 ist der reale private Konsum um gerade eben 1,5 gestiegen. Sie können wohl nicht bestreiten, daß
    das etwas mit Ihrer fatalen und unsozialen Rentenpolitik zu tun hat,

    (Beifall bei der SPD — Lachen bei der CDU/CSU)

    mit der Kürzung der Unterstützung bei der Arbeitslosigkeit und mit der massiven Steuer- und Abgabenerhöhung, die Sie zu verantworten haben.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Denken Sie an Ihre Inflationsraten!)

    Meine Damen und Herren, der Bund der Steuerzahler hat Ihre Haushaltskonsolidierung als eine Haushaltskonsolidierung auf dem Rücken der Steuerzahler bezeichnet. Ich halte diese Bewertung — Konsolidierung auf dem Rücken der Steuerzahler — für eher irreführend. Denn es waren ausschließlich die sozial Schwachen und die Lohnsteuerzahler, auf deren Rücken Herr Stoltenberg Umverteilung und Haushaltskonsolidierung praktiziert hat.

    (Dr. Hackel [CDU/CSU]: Hören Sie endlich mit diesem Schmarren auf!)

    Andere gesellschaftliche Gruppen können sich kaum beschweren. Den Großunternehmen wurde massiv die Vermögensteuer gesenkt. Den Unternehmen wurde die Gewerbesteuerlast ermäßigt. Die Landwirtschaft erhält bis 1991 über 20 Milliarden DM Senkungen bei der Mehrwertsteuer.

    (Glos [CDU/CSU]: Haben Sie etwas dagegen?)

    — Ich komme darauf zurück, keine Sorge. — Dem sehr gut Verdienenden sind vorzeitig und ohne Not die Milliarden aus der Zwangsanleihe zurückgezahlt worden.

    (Kolb [CDU/CSU]: Halten Sie nichts vom Bundesverfassungsgericht?)

    In drei Jahren hat der Finanzminister die Steuersubventionen um ein Drittel auf 10 Milliarden DM ausgeweitet. Das alles, was hier an massiven Steuersenkungen gewährt worden ist, zahlen die Normalverdiener.

    (Beifall bei der SPD)

    Meine Damen und Herren, die heimlichen Steuererhöhungen — wie Sie das in Ihrer Oppositionszeit genannt haben, nämlich die Steuererhöhungen durch das Hineinwachsen in die Steuerprogression — werden im Jahre 1985 15 Milliarden DM Mehreinnahmen bei der Lohn- und Einkommensteuer bringen.

    (Werner [Ulm] [CDU/CSU]: Da hätten Sie das Steuersystem ändern müssen!)

    Oder, meine Damen und Herren, schauen wir uns doch den Anteil der Steuern und Abgaben am Bruttosozialprodukt an. 1981 betrug der Anteil der Sozialabgaben und der Steuern am Bruttosozialprodukt 42,4 %. Heute, nach drei Jahren Finanzpolitik der neuen Koalition, beträgt dieser Anteil ebenfalls 42,4 %. Mit anderen Worten, von 1981 bis heute hat sich die Steuer- und Abgabenlast nicht verändert.

    (Kolb [CDU/CSU]: Und ihr hättet das anders gemacht?)




    Dr. Apel
    Da könnte man natürlich sagen: Na, ist ja großartig, da ist überhaupt nichts geschehen. Es ist aber Dramatisches geschehen! Hinter dieser konstanten Abgabenquote verbergen sich nämlich gewaltige Verschiebungen in der Abgabenbelastung: Entlastungen bei den Unternehmen und bei der Landwirtschaft, massive Belastungen bei den Lohnsteuerzahlern, bei den Einkommensteuerzahlern und bei den Beitragszahlern. Die Erhöhung der Mehrwertsteuer kommt hinzu. Was die einen bekommen haben, haben die anderen bezahlen dürfen.
    Um über den Durchschnittsverdiener und über seine Abgabenbelastung zu reden: Die Abgabenbelastung des Durchschnittsverdieners betrug 1981 39 %.

    (Kolb [CDU/CSU]: Was ist ein Durchschnittsverdiener? Was verdient der bei Ihnen?)

    Das heißt, der Durchschnittsverdiener mußte 1981 von jeder Mark 39 Pfennig an Steuern und Abgaben zahlen. 1985, nach drei Jahren Wende-Finanzpolitik, darf derselbe Durchschnittsverdiener 42,7 % fast 43%,

    (Dr. Vogel [SPD]: Hört! Hört!)

    seines Einkommens an Steuern und Abgaben zahlen. Das sind fast 4 % mehr.

    (Kolb [CDU/CSU]: Nennen Sie einmal die Ausgangsgrößen!)

    Und was das eigentlich Dramatische ist: Sie berühmen sich doch, mit der „größten Steuerreform aller Zeiten" 20 Milliarden DM zurückzugeben.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Ja!)

    Der Bund der Steuerzahler hat aber ausgerechnet, daß nach dieser Steuersenkung um 20 Milliarden die Belastung des Normalverdieners nicht abnimmt, sondern zunimmt;

    (Kolb [CDU/CSU]: Was verdient denn der Normalverdiener?)

    sie wird fast 44 % seines Einkommens betragen.
    Das macht doch zweierlei deutlich: Dem Durchschnittsverdiener

    (Kolb [CDU/CSU]: Wer ist denn das?)

    wird aus der Steuersenkung 1986/88 kaum Entlastung gewährt.

    (Dr. Spöri [SPD]: Beschiß ist das! — Dr.Ing. Kansy [CDU/CSU]: Das war unparlamentarisch!)

    Die Vorteile dieser Steuersenkung gehen vor allem in die Taschen der Gutverdienenden. Das ist auch an den Zahlen nachweisbar. 14 Milliarden DM dieser Steuersenkung werden für Tarifveränderungen vorgesehen.

    (Dr. Spöri [SPD]: Für wen?)

    Von diesen 14 Milliarden DM Steuersenkungen erhalten 9 Milliarden diejenigen, die mehr als 6 000 DM im Monat verdienen.

    (Dr. Spöri [SPD]: Unerhört!)

    Die Normalverdiener und die mit den kleinen Einkommen dürfen sich die restlichen 5 Milliarden teilen; Mark- und Pfennigbeträge werden bei ihnen ankommen.
    Deswegen sagen wir Ihnen: Wenn Sie über den „Marsch in den Steuer- und Abgabenstaat" reden, dann meinen Sie Ihre eigene Finanzpolitik, denn Sie betreiben für den Normalverdiener den Marsch in den Steuer- und Abgabenstaat!

    (Beifall bei der SPD — Kolb [CDU/CSU]: Was ist der Normalverdiener? Sagen Sie das doch einmal! — Dr. Spöri [SPD]: Lohnsteuerstaat!)

    Sie überziehen den Normalverdiener mit immer höheren Abgaben. Die Abgabenbelastung hat unter Ihrer Regierung Rekordhöhen erreicht.

    (Dr. Vogel [SPD]: So ist es!)

    Das wäre nur zu vermeiden gewesen, wenn an die Stelle Ihrer unsozialen, ungerechten Steuersenkungen unsere Alternativvorschläge getreten wären,

    (Widerspruch bei der CDU/CSU)

    denn wir hätten die 20 Milliarden an die zurückgegeben, die durch Abgabenbelastung, durch Arbeitslosigkeit, durch Sorgen um die Zukunft, durch Wegstreichen des BAföG wirklich getroffen sind.

    (Beifall bei der SPD — Zurufe von der CDU/CSU)

    Das, meine sehr verehrten Damen und Herren, hätte auch eine konjunkturelle Wirkung erzielt.

    (Dr. Friedmann [CDU/CSU]: Wer wenig zahlt, kann auch wenig zurückbekommen, Herr Apel! — Dr. Spöri [SPD]: Zuhören, Herr Friedmann!)

    Wir müssen im übrigen davon ausgehen, daß die mickrigen Steuersenkungen für den Normalverdiener im Jahre 1986 weitgehend durch die Beitragserhöhungen in der Krankenversicherung aufgefressen werden. Da haben Sie es doch abgelehnt, durch gesetzliche Regelungen die Kostenexplosion zu begrenzen. Sie wollten sich doch nicht mit Ihrer Klientel anlegen, und deswegen lassen Sie lieber allgemeine Appelle ergehen und leiten die Kostenexplosion in der Krankenversicherung über die Beiträge an die Beitragszahler weiter. Ich sage Ihnen: Da werden sich viele, denen Sie eine Steuersenkung versprochen haben, wundern und sich fragen, wo denn diese Steuersenkungen für sie bleiben.

    (Kolb [CDU/CSU]: Sie sind ein Kraut-undRüben-Redner!)

    Sie werden versichern, Sie werden von Beitragserhöhungen aufgefressen werden! Erneut werden das die Normalverdiener bezahlen!
    Angesichts dieser schlimmen finanzpolitischen Daten

    (Lachen bei der CDU/CSU)

    gibt es für Sie, meine Damen und Herren, keinerlei Veranlassung, sich selbstgefällig zurückzulehnen und sich an Ihrem eigenen konjunktur- und finanzpolitischen Nichtstun zu erfreuen. Für 1986 erwarten alle wirtschaftswissenschaftlichen Institute,



    Dr. Apel
    auch die Sachverständigen, eine durchschnittliche Jahresarbeitslosigkeit von deutlich mehr als 2 Millionen Menschen. Da wird die Arbeitslosigkeit nach den Schätzungen des einen Institutes um 50 000 abnehmen, nach denen des anderen Institutes und der Sachverständigen um 80 000 abnehmen. Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, was sind denn das für Perspektiven? Im vierten Jahre des wirtschaftlichen Aufschwungs sind 2,25 Millionen arbeitslos. Wie soll es denn eigentlich weitergehen? Wie stellen Sie sich eigentlich die Zukunft dieser Republik vor?

    (Beifall bei der SPD — Kolb [CDU/CSU]: Mit Ihnen nicht!)

    — Meine Damen und Herren, wenn Sie durch Zwischenrufe meinen, mich stören zu sollen, was hoffnungslos ist, dann sollten Sie wenigstens zuhören, wenn ich aus einem gemeinsamen Wort des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland und der Deutschen Bischofskonferenz zitiere.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    — Ich denke, Sie sollten auf Grund Ihres Parteinamens — aber C steht ja bei Ihnen für konservativ und nicht für christlich — wenigstens zuhören, wenn diese beiden großen Kirchen sich mahnend an uns richten. Die beiden Kirchen sagen: Die Massenarbeitslosgikeit stagniert auf hohem Niveau. Sie sagen wörtlich — ich zitiere —: „Die Gefahr eines weiteren Einbruchs, falls die derzeit günstige Konjunkturentwicklung abflachen sollte, ist groß." Sie sagen, die Gefahr ist groß. Deswegen fordern die beiden Kirchen uns zu einer beschäftigungsorientierten Wirtschafts-, Finanz- und Arbeitsmarktpolitik auf. Meine Damen und Herren, das, was die Bundesregierung, was die Koalition zum Kampf gegen die Massenarbeitslosigkeit beiträgt, wird den Forderungen der Kirchen nicht gerecht.

    (Beifall bei der SPD — Kolb [CDU/CSU]: Die sollten sich an die Tarifpartner wenden! Das ist deren Aufgabe!)

    Wir dagegen stimmen mit den Kirchen überein. Wir sind zufrieden darüber, daß unser Programm „Arbeit und Umwelt" jetzt auch vom Ifo-Institut in München positiv bewertet wird. Das Ifo-Institut sagt uns, dieses Programm wird mindestens 200 000 zusätzliche Arbeitsplätze schaffen.

    (Kolb [CDU/CSU]: Und wie viel vernichten?)

    Ich frage Sie: Wo sind Ihre Angebote,

    (Beifall bei der SPD)

    wo ist Ihr Handeln, um im Kampf gegen die Massenarbeitslosigkeit weiterzukommen?

    (Zuruf von der CDU/CSU: Sie haben uns in 13 Jahren gezeigt, wie man das macht!)

    Meine sehr geehrten Damen und Herren, interessant ist im übrigen — wir erhalten ja jeden Tag neue Kostproben —, wie die Koalitionäre Tag für Tag gewaltige neue Steuersenkungen versprechen. Es müssen ja mindestens 40 Milliarden sein, und zwar nicht Lire, sondern D-Mark, die Sie den Bürgerinnen und Bürgern an Steuersenkungen versprechen. Da überbietet man sich wechselseitig an unverbindlichen Versprechungen für eine ungewisse Zukunft. Man könnte das ja alles als Wahlspeck und als den Versuch abtun, über die mickrigen Steuersenkungen für den Normalverdiener hinwegzutäuschen, wenn nicht als eine wesentliche Finanzierungsquelle für diese nächsten, sehr ungewissen Steuersenkungen ein massiver Subventionsabbau versprochen wird.

    (Dr. Spöri [SPD]: „Da lacht die Koralle"!)

    Da kann ich nur sagen, Herr Kollege Stoltenberg, ich habe mit großem Interesse das gelesen, was Sie im Norddeutschen Rundfunk gesagt haben. Sie haben gesagt, die nächste Steuersenkung müßte aus Subventionsabbau finanziert werden, wenigstens zu einem guten Teil. Sie sagen, Sie könnten sich mit 3 bis 4 Milliarden DM Subventionsabbau nicht zufriedengeben; 8 bis 10 Milliarden DM Subventionsabbau müßten es schon sein. Ich kann nur sagen: Wie war es eigentlich bei der jetzt in Kraft tretenden Steuersenkung? Hatten Sie nicht in Ihrem Neunten Subventionsbericht auch angekündigt, daß ein Teil der Steuersenkungen über Subventionsabbau passieren würde? Und was ist tatsächlich passiert? Sie haben die Subventionen nicht nur nicht abgebaut; Sie haben die Subventionen massiv nach oben geschoben. Anspruch und Wirklichkeit Ihrer Finanzpolitik fallen auch in diesem Punkte wirklich schlimm auseinander.

    (Beifall bei der SPD)

    Sie aber sprechen angesichts dieser unverbindlichen Ankündigung einer nächsten Steuersenkung, von der niemand genau weiß, wie sie finanziert werden soll, von massiven Steuersenkungen. Wer soll eigentlich an diesen Schwindel noch glauben?

    (Beifall bei der SPD — Zurufe von der CDU/CSU: Na, na!)

    — Okay, wir werden es sehen.
    Wir stellen fest: Die Versprechen, zur Finanzierung der jetzigen Steuersenkungen Subventionsabbau vorzunehmen, wurden nicht gehalten. 5 %ige generelle Steuersubventionssenkung, Länge über alles, das war Ihre Forderung, als Sie in der Opposition waren: Was ist passiert? Nichts. Sie haben die Subventionen kräftig angehoben.

    (Beifall bei der SPD)

    Nun hören Sie doch endlich auf, die deutsche Bevölkerung für dumm zu verkaufen.

    (Beifall bei der SPD — Kolb [CDU/CSU]: Da waren Sie Weltmeister! Da könnten wir Sie nie überbieten!)

    Dann, wenn es Ihnen paßt, werden Subventionen ausgehändigt, insbesondere an die, von denen Sie erwarten, daß sie Sie wählen. So sieht Ihre Politik tatsächlich aus. Da kann ich nur sagen: Anspruch und Wirklichkeit stimmen eben nicht überein. Und das ist bedauerlich.

    (Beifall bei der SPD — Kolb [CDU/CSU]: Lesen Sie mal 1980 nach!)




    Dr. Apel
    Meine Damen und Herren, bleiben wir eine Sekunde beim Subventionsabbau. Sie haben uns mit stolzgeschwellter Brust gesagt, 1986 würde der Subventionsabbau beginnen, 1 Milliarde DM an Steuersubventionen, im wesentlichen im Etat des Wirtschaftsministers, würden Sie kürzen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das war j a auch vorgesehen!)

    Wir haben doch bereits darüber geredet, daß dieser Zehnte Subventionsbericht eher eine Mogelpakkung als eine seriöse Darstellung Ihrer Subventionspraxis ist.

    (Dr. Friedmann [CDU/CSU]: Da müssen Sie ja selber lachen, wenn Sie das sagen!)

    — Ja, darüber lache ich insofern, als hier in diesem Deutschen Bundestag der Bundesfinanzminister vor einem Jahr gesagt hat: Die Vorsteuerpauschale für die Landwirtschaft ist eine Steuersubvention. Jetzt im Zehnten Subventionsbericht hat er es vorgezogen, diese milliardenschwere Steuersubvention nicht mehr aufzuführen. Darüber kann man doch nur lachen, weil hier augenscheinlich Manipulation an die Stelle von Subventionsabbau gesetzt wird. Das finde ich nicht in Ordnung. Damit das ganz klar ist.

    (Beifall bei der SPD — Kolb [CDU/CSU]: Sie waren doch der Verpackungskünstler!)

    Im übrigen ist dann aus diesem Subventionsabbau in Höhe von 1 Milliarde DM nichts geworden. Sie haben mit einem Dollarkurs von 3,17 DM gerechnet. Jetzt liegt der Dollarkurs woanders. Jetzt brauchen Sie 700 Millionen DM mehr für die Kokskohlenbeihilfe. Wir unterstützen das. Wir kritisieren das nicht. Wir wollen dem Kohlebergbau und unserer Stahlindustrie helfen. Aber wir sind dagegen, daß noch vor wenigen Wochen Subventionsabbau versprochen wird, dieses Vorhaben dann aber nach kürzester Zeit, nachdem sich der Dollarkurs geändert hat, einfach zusammenbricht.

    (Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Wo würden Sie denn kürzen?)

    — Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn Sie fragen, wo wir kürzen würden, sage ich Ihnen: In diesem Jahrzehnt hat es überhaupt nur ein einziges Mal tatsächlichen Subventionsabbau gegeben
    — und das in mehrfacher Milliardenhöhe auf Grund eines Gesetzes, dessen Entwurf Finanzminister Matthöfer im Jahre 1981 vorgelegt hatte, auf Grund des Subventionsabbaugesetzes. Davon profitieren Sie in Ihrer Finanzpolitik heute noch. Sie haben die Subventionen nur nach oben gejagt. Wir hatten sie 1981 tatsächlich um ein ganzes Stück nach unten gebracht.

    (Beifall bei der SPD — Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Sie leben nur von der Vergangenheit! Sagen Sie mal was über die Zukunft!)

    Aber nachdem ich von Ihnen gefragt worden bin, wie wir uns denn zu den Steuersubventionen für die deutsche Landwirtschaft stellten, sage ich Ihnen folgendes — und das können wir im Protokoll des Deutschen Bundestages nachweisen —: Wir haben damals gewarnt und gesagt, diese 20, 21 Milliarden DM Steuersubventionen für die deutsche Landwirtschaft, beschlossen in einer Nacht-und-Nebelaktion, würden die Existenzkrise der bäuerlichen Familienbetriebe nicht beenden, im Gegenteil. Sie haben das damals höhnisch zurückgewiesen. Sie haben Ihre Politik für richtig gehalten. Und heute? Heute stehen wir doch vor der Katastrophe. Selbst die unionsregierten Länder Bayern, Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz wenden sich heute mit unseren Argumenten gegen Ihre Agrarpolitik,

    (Glos [CDU/CSU]: Erblast!)

    weil sie wissen, daß sonst Zehntausende, Hunderttausende von bäuerlichen Familienbetrieben in die Pleite getrieben würden. Angesichts dessen sage ich Ihnen, obwohl das für die Opposition nicht selbstverständlich ist: Wir sind bereit, das mit zu unterstützten, was an Kurskorrektur geboten ist, um der deutschen bäuerlichen Familienstruktur eine Zukunft zu geben. — Aber Sie müssen anfangen, Sie müssen herunter von Ihrer verfehlten Agrarpolitik. Dann sind wir bereit, mit Ihnen zusammen zu helfen.

    (Beifall bei der SPD — Glos [CDU/CSU]: Es stammt doch von Ihnen, daß die Bauern die Mistgabel nur zum Geldwenden brauchten!)

    Wenn wir dann schon über Europa reden, reden wir, denke ich, in dieser finanzpolitischen Runde auch über Eureka, über das europäische Forschungsprogramm. Wir sind uns hoffentlich darüber einig — ich gehe davon aus, daß wir es sind —, daß die technologische Zusammenarbeit in Europa verstärkt werden muß, daß wir alles tun müssen, um unsere Wettbewerbsfähigkeit als Europäer gegenüber Japan und den USA zu stärken. Da ist es dann schon erstaunlich, wenn der Bundesfinanzminister die Bereitstellung von Finanzmitteln für Eureka mit dem Argument verweigert: keine neuen Subventionen. Gerade der Finanzminister hat es nötig, bei diesem Thema von Subventionen zu reden. In einer Nacht-und-Nebelaktion Milliarden verfehlte Subventionen für die Landwirtschaft, aber keine Finanzmittel für Eureka —

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    da sage ich Ihnen: Ihnen fehlt politisches Augenmaß. Sie wissen nicht, wohin es gehen muß.

    (Beifall bei der SPD — Kolb [CDU/CSU]: Sagen Sie einmal etwas zur Werftindustrie!)

    Deswegen legen wir Ihnen einen Entschließungsantrag vor, der mit 40 Millionen DM wenigstens die Startfinanzierung für Eureka ermöglicht.

    (Zurufe von der CDU/CSU: Das Geld ist doch da!)

    Zur Finanzierung des Bundeshaushaltes 1986 setzt der Finanzminister auch 460 Millionen DM ein, die er aus dem Verkauf von Anteilen von Bundesunternehmen erzielen will. Wir hören, daß diese Verkaufsaktion von Bundesunternehmen im Jahre 1987 fortgesetzt werden soll. Wir stellen fest: Diese Verkaufsaktion vollzieht sich wahllos. Vorstellun-



    Dr. Apel
    gen über die Aufgabe, die Rolle von Bundesunternehmen in unserer Wirtschaftsordnung, in unserer wirtschaftlichen Lage fehlen.
    Im übrigen: Mit dieser Grundeinstellung, nämlich Kasse machen, wollte der Finanzminister auch einen Teil unserer Lufthansa verkaufen. Dabei ist er dann auf die Kritik auch aus dem Regierungslager gestoßen, insbesondere auf Kritik von der CSU.

    (Dr. Hackel [CDU/CSU]: Nicht Kasse machen, Schulden bezahlen!)

    Ich kann mir vorstellen, wie diese Kritik, insbesondere aus dem Koalitionslager, den Finanzminister geärgert hat; Kritik kann er ja nicht gut ertragen. Daraufhin hat er im Deutschen Bundestag unmißverständlich — unmißverständlich! — erklärt, er bleibe bei der Teilprivatisierung der Deutschen Lufthansa. Er hat gesagt, er sei auch ganz sicher, daß bei dieser Teilprivatisierung der Deutschen Lufthansa das Bundeskabinett hinter ihm stehe.
    Anfang August hat dann Franz Josef Strauß an den Bundesfinanzminister geschrieben und ihm unmißverständlich mitgeteilt, daß der Plan auf Teilprivatisierung der Deutschen Lufthansa auf den massiven Widerstand der CSU und des Landes Bayern stoßen werde.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Was meinen Sie denn dazu?)

    — Wir finden das gut. Wir teilen die Krititk des bayerischen Ministerpräsidenten an dem Versuch der Teilprivatisierung der Lufthansa; denn Sie können doch nicht übersehen, daß das unsere nationale Fluggesellschaft ist, die große Aufgaben bei der Wahrnehmung unserer nationalen Interessen hat. Wir können doch auch nicht übersehen, daß die Deutsche Lufthansa wichtig ist im Hinblick auf die Beschäftigung in unserer Flugzeugindustrie, ob in Bremen, ob in Hamburg, ob in Süddeutschland. Deswegen unterstützen wir den Ministerpräsidenten des Landes Bayern.

    (Beifall bei der SPD — Glos [CDU/CSU]: Sagen Sie doch einmal etwas zum Streik bei der Lufthansa!)

    Aber interessant ist ja etwas anderes.

    (Glos [CDU/CSU]: Sagen Sie doch einmal etwas dazu!)

    Seit diesem Brief aus Bayern mit dem Nein zur Teilprivatisierung der Lufthansa herrscht im Finanzministerium Funkstille. Herr Kollege Stoltenberg, Funkstille kann Finanzpolitik nicht ersetzen. Deswegen fordern wir Sie auf, heute eindeutig und klar zum Thema Teilprivatisierung der Lufthansa Stellung zu nehmen.

    (Dr. Riedl [München] [CDU/CSU]: Sagen Sie doch einmal, was Sie dazu denken!)

    Wir erwarten von Ihnen ein Konzept, das aus mehr
    als nur aus dem wahllosen Verkauf von Anteilen
    von Bundesunternehmen besteht, die ohne politischen Widerstand leicht zu Geld gemacht werden können.

    (Abg. Dr. Riedl [München] [CDU/CSU] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

    — Herr Riedl, ich habe gesagt, daß ich keine Zwischenfragen zulasse. Aber Sie wollen zum Thema Lufthansa etwas fragen. Da sind wir beide ja einer Meinung. Also, bitte schön.

    (Lachen bei der CDU/CSU)