Rede von
Josef
Grünbeck
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Frau Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! An sich ist es bedauerlich, daß zu so einer späten Stunde bei so geringer
Beteiligung ein so wichtiges Thema besprochen wird; aber dennoch sage ich Ihnen, daß der Gesetzentwurf der Bundesregierung ein Schritt in die richtige Richtung ist. Wer sich mit diesem Thema über Jahre hinweg beschäftigt, der weiß, daß es keines Herrn Wallraff bedurft hätte, um zu wissen, worum es hier geht.
Daß Sie hier etwas zitieren, das durch nichts belegt ist außer durch eine Buchveröffentlichung und eine Veröffentlichung in einer Zeitschrift, und daß Sie da eine Art Trendfeststellung und nicht etwa eine Analyse darüber machen, wie sich die gesamte Entwicklung bei der Verleihertätigkeit in den letzten 20 Jahren eigentlich abgespielt hat, befremdet mich. Es ist interessant, das einmal zu analysieren. Ich beschäftige mich seit Mitte der 70er Jahre mit diesem Thema, und ich weiß genau, worauf es eigentlich hinausläuft.
Ich muß Ihnen auch als ein Unternehmer, der weiß, wovon er redet, wenn es um Flexibilität und Mobilität geht, ehrlich gestehen: Wenn der Mißbrauch in der Verleihertätigkeit so zunimmt, wie er in den letzten 20 Jahren zugenommen hat, wird man sich wirklich überlegen müssen, ob man nicht eines Tages zu einer wesentlicheren Einschränkung kommt, als dies mit diesem Gesetzentwurf geschehen ist. Wir begrüßen diesen Gesetzentwurf. Gegen ein völliges Verbot der Verleihertätigkeit spricht das Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Vielleicht wäre es auch für die GRÜNEN interessant, sich ab und zu einmal mit den Urteilen höchstrichterlicher Entscheidungsebenen zu beschäftigen. Wir müssen die Maschen enger ziehen, wir dürfen nicht verbieten,
so hat es das Verfassungsgericht entschieden. Die Lohnsteuer nicht einzubehalten oder nicht abzuziehen heißt, daß wir eben genau diesen Schritt machen müssen, der jetzt von der Bundesregierung eingeleitet ist, nämlich nicht nur den Verleiher, sondern auch den Entleiher mit in die Haftung einzubeziehen.
Ich schließe mich Ihnen, Herr Kollege Schulte, an — ich sage das jetzt auch als Unternehmer —, daß wir an die Unternehmer selbst appellieren müssen, von einer illegalen Verleihertätigkeit endlich in einer Solidarität mit der gesamten sozialen Marktwirtschaft Abstand zu nehmen. Es ist eine Tätigkeit, die nicht nur von der humanen Seite her — da stimme ich Ihnen zu — zum Teil in eine Zone hineingeht, in der man wirklich von einem widerlichen Menschenhandel zu reden verführt wird, den man verurteilen muß
und der natürlich auch unserer abendländischen Kultur und unserer sozialen Landschaft nicht entspricht. Aber — —
Grünbeck
- Würden Sie etwa bestreiten, daß wir in einer abendländischen Kultur leben?
Ich bin noch stolz darauf, daß das so ist.
- Das ist es natürlich. Sie müssen da einmal in die Landschaft hereinschauen, was zum Teil mit unseren ausländischen Mitbürgern geschieht, in welcher Art und Weise die Verleihertätigkeit stattfindet. Ich bin schon der Meinung, daß wir das abbremsen müssen, gleich ob die Mitarbeiter aus den EG-Ländern kommen oder ob sie, was ja besonders drastisch wird, aus den Nicht-EG-Ländern kommen, wie bei uns in Bayern, die wir sehr stark mit den Österreichern und Jugoslawen zu rechnen haben, die zu einem Teil in München und Umgebung organisiert werden, was tatsächlich heute zu dem Ergebnis geführt hat, daß wir zwischen 100 000, 300 000 und 500 000 illegale Arbeitnehmer in allen möglichen Bereichen - nicht nur im Bau- und Ausbaugewerbe - beschäftigen.
Ich glaube, daß es notwendig ist, die Beratung dieses Gesetzentwurfes in den Ausschüssen mit aller Sorgfalt durchzuführen. Ob noch weitere Verschärfungen einzubringen sind, bedarf sorgfältiger
Überlegungen. Die FDP-Fraktion wird jedenfalls diesem Gesetzentwurf zustimmen und die parlamentarischen Beratungen mit aller Sorgfalt und der gebotenen Menschlichkeit durchführen.
Vielen Dank.