Rede von
Hans-Werner
Senfft
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (GRÜNE)
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!
— Könnte vielleicht etwas mehr Ruhe eintreten? Das wäre sehr nett; dann könnten Sie das Ganze auch etwas ernster nehmen. Dann könnten wir vielleicht auch in fünf Minuten das nachholen, was bei den Beratungen versäumt worden ist.
Wir beantragen die Zurückverweisung der Vorlage an die Ausschüsse, damit endlich das stattfindet, was nicht stattgefunden hat, nämlich die Beratung. Sie ist ersatzlos ausgefallen.
Das wurde schon deutlich bei der Begründung seitens der Fraktion von CDU/CSU und FDP sowie seitens der Bundesregierung, die die äußerst zügige Beratung begrüßt haben. Das ist deutlich geworden.
Das war keine zügige Beratung, das war eine überhastete Beratung, wenn es überhaupt eine Beratung war. Wir haben im Verkehrsausschuß beantragt, daß zuerst einmal die Anlagen zu diesem Gesetzentwurf beschafft werden. Die Übersichtskarten wollten Sie nicht haben. Sie wollten auch nicht die aktualisierte Kosten-Nutzen-Analyse haben. Sie wollten die Entscheidung treffen — und haben sie getroffen — ohne die Umweltverträglichkeitsprüfung. Das nennen Sie dann Beratung.
Sie haben nicht auf einem Bericht des Bundesministers für Verkehr bestanden. Nicht eine einzige Seite hat dazu vorgelegen. So sieht es aus. Sie haben sich erst recht nicht bemüht — was notwendig gewesen wäre —, ein Hearing durchzuführen. Sie haben sich auch nicht der Mühe unterzogen, sich einmal — wie es unsere gesamte Bundestagsfraktion getan hat — vor Ort sachkundig zu machen. Das wäre das mindeste gewesen.
Es geht um 1,3 bis 2 Milliarden DM. Wir erleben wieder einmal dasselbe, was wir vor 20 Jahren, vor 10 Jahren mit Fehlinvestitionen beim Elbeseitenkanal, beim Rhein-Main-Donau-Kanal, bei der Saarkanalisierung erlebt haben. Da ist genau dasselbe passiert. Es wundert mich überhaupt nicht, daß damals diese eklatanten Fehlentscheidungen gefällt werden konnten. Das liegt allein daran, weil Sie an einer ernsthaften Beratung kein Interesse haben.
Meine Damen und Herren, es kann zu diesem Gesetzentwurf unterschiedliche Auffassungen geben, und es gibt sie; das ist bekannt.
Irgendwann muß natürlich einmal eine Entscheidung fallen, aber wenn Ihnen, meine Damen und Herren, noch nicht einmal daran gelegen ist, ernsthaft über die Dinge zu reden und zu beraten, können Sie dieses Parlament sogleich abschaffen.
Wir möchten deshalb darauf bestehen, daß diese Vorlage an die Ausschüsse zurückverwiesen wird und daß dort ernsthafte Beratungen stattfinden, damit eine weitere Fehlinvestition vermieden wird, damit eine vollkommen überflüssige Zerstörung des Wattenmeers, der Natur und der Umwelt dort vermieden wird. Es muß ernsthaft überlegt werden, wie dort regional andere Alternativen geschaffen werden, die Arbeitsplätze bereitstellen, die in die Zukunft gerichtet sind.
Meine Damen und Herren, es darf nicht ein Projekt verwirklicht werden, das 20 Jahre alt und vollkommen überholt ist.
Deshalb beantragen wir zusätzlich Überweisung an den Wirtschaftsausschuß, der sich darüber Gedanken zu machen hat, wie dort die regionale Wirtschaftsförderung vonstatten gehen kann, und an den Rechtsausschuß.
Dort hat nämlich keine Beratung stattgefunden. Es handelt sich hier aber immerhin um die Änderung von Hoheitsgrenzen, von Staatsgrenzen, und dazu hat sich gefälligst der Rechtsausschuß eine Meinung zu bilden, und er hat eine entsprechende Beschlußempfehlung an das Parlament zu richten.
Meine Damen und Herren, ich appelliere deshalb an Sie: Lassen Sie es nicht noch einmal zu, daß vollkommen überflüssigerweise eine Fehlinvestition getätigt wird und daß das Geld der Steuerzahler, 1,3 bis 2 Milliarden DM, vollkommen sinnlos verplempert wird.