Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! — Auf dem
13114 Deutscher Bundestag — 10.Wahlperiode — 174. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 14. November 1985
Kleinert
hacke ich überhaupt nie herum. Ich halte Herrn Mann für einen sehr angenehmen Kollegen,
auch wenn er einige Dinge, wie sich soeben gezeigt hat, nicht ganz so übersieht, wie man sie übersehen kann,
wenn man sich mit dem wirklichen Leben nicht nur als Beamter, und sei es in der herausgehobenen Position eines Amtsgerichtsrats, beschäftigt.
— Der Streit, Herr Ströbele, ist mir sehr lange und sehr gut vertraut. Die R-Besoldung ist eine friedenstiftende Maßnahme gewesen.
Nun ist es auch gut.
Meine sehr verehrten Damen, meine Herren, ich habe hier seit zehn oder zwölf Jahren versucht, mit Unterstützung der Fraktion das von mir nach wie vor für richtig gehaltene Leitbild des mündigen Bürgers zu fördern, der vorhin hier etwas lächerlich gemacht worden ist
Und eine besondere Rolle gespielt hat.
Das Tollste an dieser ganzen Geschichte, mit der wir uns heute abend hier beschäftigen, ist, daß dieser Gesetzentwurf am Ende der ganzen Zeit, in der wir uns darüber unterhalten, noch weniger sinnvoll ist, als er am Anfang vielleicht gewesen sein könnte; denn inzwischen haben sowohl die hauptbetroffenen Firmen ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen dahin gehend geändert, daß das was hier verlangt wird, schon längst drin steht.
— Herr Ströbele, wir können ja mal den Versuch machen. Sie sind sachkundig. Gehen Sie bitte mal ran! Es gibt kaum eine große Vertriebsfirma, die nicht aus Gründen der Erleichterung des Verkaufs — an dieser Stelle wird die Sache rein logisch etwas kompliziert — schon gesagt hätte: Wer mir in acht Tagen widerspricht, den will ich gar nicht mehr als Kunden sehen; er macht die ganze Nachbarschaft wild, er zwingt mich in ein Mahnverfahren, das jedes Jahr teurer, umständlicher und langwieriger wird, und in der Zeit kann ich mit neuem Geschäft viel mehr Geld verdienen, als ich an dem fast oder ganz kaputten Geschäft noch verdienen könnte. — Das sind die einfachen und soliden Regeln des Marktes, die sich da gerade durchgesetzt haben,
während sich die Diskussion hier — wie das so ist, wenn man etwas anschiebt und es sich dann immer weiter geradezu von allein bewegt — entwickelt hat.
Deshalb ist der ganze Spuk noch überflüssiger als damals.
Nun muß ich erst mal begründen, warum wir dem Gesetz zustimmen wollen.
Nach den einleitenden Worten ist das nicht ganz einfach; ich tue das aber.
— Herr Ströbele, vielleicht darf ich das vorher noch tun. Ich wollte Ihnen nur sagen, warum wir zustimmen.
Wenn sich dadurch Ihre Erregung zugunsten der mündigen Bürger etwas legen sollte, dann hätte diese Erklärung ja auch noch einen Sinn für die Zwischenfrage.
Jedenfalls werden wir dem Gesetz zustimmen, weil ein an sich überflüssiges Gesetz, wenn man ihm dann schließlich zustimmt, im Zusammenhang mit einer Koalitionsvereinbarung für eine Reihe von sehr notwendigen, sehr komplizierten und schwierigen Gesetzen keine sehr große Rolle mehr spielt, wenn man bedenkt, wie wichtig es ist, diese schwierigen, wichtigen und notwendigen Gesetze so zu regeln, daß sich eine Koalition handlungsfähig darstellt, was von Ihnen nachhaltig bestritten wird,
und zwar keineswegs weil sie in der Lage ist, ausgerechnet dieses Gesetz zu beschließen, sondern in der Lage ist, im Zusammenhang mit den unterschiedlichsten Interessen, einschließlich der Interessen der dabei besonders interessierten Bundesländer, schließlich zu einem Gesamtergebnis zu kommen, mit dem man als Liberaler trotz aller Trauer darüber, daß man so etwas Überflüssiges mit beschließt, sehr gut leben kann, zumal es viel besser ist, etwas Überflüssiges in einer Paketlösung passieren zu lassen, als etwas in einer Paketlösung passieren zu lassen, was gegen die eigene Meinung ist. Das ist ja nachvollziehbar.