Rede von
Waltrud
Will-Feld
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Ja, so ist es. — Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Kol- lege Vogel, die ausländischen Arbeitnehmer nehmen an den Steuersenkungen, an den Tarifsenkungen teil. Insoweit muß ich Sie korrigieren.
Sie haben über Wartezeiten gesprochen. Hierüber haben wir schon vor Jahren lange diskutiert. Ich glaube, hier erübrigt sich eine weitere Diskussion.
Es ist richtig, Herr Kollege Vogel: Durch das Steuersenkungsgesetz wird der Kinderlastenausgleich neu geordnet. Der erhöhte Kinderfreibetrag von 2 484 DM wird nur noch für unbeschränkt einkommensteuerpflichtige Kinder, die ihren ständigen Wohnsitz im Inland haben, gewährt.
Das deutsche Steuerrecht bindet die Steuerpflicht — das ist ein Grundsatz des deutschen Steuerrechts — an den Wohnsitz und leitet daraus beschränkte und unbeschränkte Steuerpflicht ab. Das ist auch ganz vernünftig so. Diese unterschiedliche Behandlung ist deshalb auch erforderlich — im übrigen ist die beschränkte und unbeschränkte Steuerpflicht bereits seit den 20er Jahren im deutschen Ertragsteuerrecht verankert —, weil die Bundesrepublik in anderen Staaten keine Möglichkeiten der Überprüfung von steuerrechtlich relevanten Sachverhalten hat. Es ist daher unrichtig, Herr Kollege, daß es sich bei der Neuregelung um eine Diskriminierung von Ausländern handelt. Die Beschränkung gilt unabhängig von der Staatsangehörigkeit.
Im übrigen gelten die gleichen Regelungen für die sogenannten Grenzgänger. Ich komme aus einem solchen Grenzwahlkreis an der Westgrenze der Bundesrepublik nach den Niederlanden, nach Belgien, nach Luxemburg und Frankreich.
Ich will an dieser Stelle nicht alle Argumente wiederholen, die auf die Kleine Anfrage der GRÜNEN zur steuerlichen Mehrbelastung ausländischer Arbeitnehmer auf Grund des Steuersenkungsgesetzes 1986/1988 schon im Oktober als Antwort von der Bundesregierung gegeben worden sind. Aber ich will auf einen anderen Sachverhalt eingehen: Die Lebenshaltungskosten für Kinder im Ausland sind vielfach niedriger als im Inland. Unterschiedliche Kinderfreibeträge sind aber wegen zusätzlicher Verkomplizierung insbesondere im Lohnsteuerabzugsverfahren nicht vertretbar. Es ist also nicht so, als blieben die im Ausland lebenden Kinder gänzlich unberücksichtigt. Das wissen Sie ja sehr wohl. An Stelle des Kinderfreibetrages kommen die hier ansässigen Eltern künftig nach den Verhältnissen des Einzelfalls in den Genuß einer Steuerermäßigung wegen Unterhalts nach § 33 a EStG.
Das, worauf Sie in Ihrem Antrag hinweisen, nämlich, daß die Gewährung von Ausbildungsfreibeträgen und des Haushaltsfreibetrages an die Voraussetzung geknüpft worden ist, daß der oder die Steuerpflichtige einen Kinderfreibetrag erhält, ist an sich Steuer- und rechtssystematisch geboten. Alle Aufwendungen, die dem steuerpflichtigen ausländischen Arbeitnehmer in der Bundesrepublik entstehen, werden ihm genauso entlastend berücksichtigt wie jedem inländischen Arbeitnehmer, so auch die Mehraufwendungen, die ausländischen Arbeitnehmern wegen doppelter Haushaltsführung erwachsen, einschließlich der Kosten für Familienheimfahrten, die zwar nicht zum Kinderlastenausgleich gehören, mit diesem nichts zu tun haben, aber als Werbungskosten nach dem Steuerrecht absetzbar sind.
Im übrigen verweise ich auf den Regierungsentwurf zum Steuersenkungsgesetz, der j a eine sehr
Deutscher Bundestag — 10.Wahlperiode — 174. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 14. November 1985 13101
Frau Will-Feld
ausführliche Begründung zur Neuordnung des Kinderlastenausgleichs auch hinsichtlich beschränkter und unbeschränkter Steuerpflicht enthält.