Rede von
Hannegret
Hönes
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (GRÜNE)
Ich möchte hier eine persönliche Erklärung abgeben, weil ich mir große Sorgen mache,
daß man in den 90er Jahren Frauen in die Bundeswehr ziehen wird, weil sie Probleme haben wird, die notwendige Mann-Stärke von 495 000 zu gewährleisten. Ich habe Angst, daß sich der instrumentelle Zugriff auf Frauen als beliebige, manövrierbare Reservearmee wiederholen wird.
— Die kommen nicht freiwillig. Die besondere Perfidie besteht doch darin, daß unter Schlagworten wie „Kein Berufsverbot für Frauen" die berufliche Gleichstellung mit Männern vorgegaukelt wird, die ihnen in sämtlichen anderen Bereichen verwehrt bleibt. Während in allen Bereichen des öffentlichen Sektors und des privaten Sektors bisher von der Bundesregierung nichts unternommen worden ist, um Mädchen qualifizierte Berufsausbildungen zu eröffnen, nichts gegen die Diskriminierung von Frauen in der Erwerbsarbeit getan worden ist, so daß Frauen damit weiterhin auf den uninteressantesten und schlechtestbezahlten Arbeitsplätzen konzentriert sind, wird diese Perspektiv- und Chancenlosigkeit vieler Mädchen skrupellos ausgenutzt, sie mit dem Versprechen auf sichere Arbeitsplätze in der Bundeswehr für die Integration in den Militärapparat willfährig zu machen. Das macht mir Sorge.
Und bei diesem angestrebten Erhalt der Mann-Stärke spielt bei allen Überlegungen um Frauen in der Bundeswehr ein weiteres Motiv eine entscheidende Rolle. Es ist doch klar, daß es in Zeiten zunehmenden Legitimationschwundes der Rüstungspolitik, wie wir sie Gott sei Dank erleben und wie er seit dem Stationierungsbeschluß 1983 und der allmählichen Hinwendung zu Offensivstrategiekonzepten auch von den Militärs und Politikern nicht mehr ignoriert werden kann — meine Damen und Herren, wachen Sie doch endlich auf —,
um so wichtiger wird — und das ist das Entsetzliche —, die gesellschaftliche Ablehnung und den potentiellen Widerstand gegen die Kriegsvorbereitungspläne dadurch zu verringern, daß relevante Oppositionsgruppen zumindeset teilweise in das eigene Handwerk integriert werden und es somit legitimieren.
Das ist doch der Punkt, der mir hier Sorge macht und zu dem ich sprechen muß.
Ich lehne es ab, Frauen wieder zu aktiven Assistentinnen der Vernichtung und zu Legitimationsbeschafferinnen zu machen, und das mit Vehemenz. Ich setze die Hoffnung auf Frauen, die in der Tradition der Antikriegsbewegung von Frauen im Ersten Weltkrieg und der Frauenfriedensbewegung der 50er Jahre auch jetzt beginnen, sich zu organisieren.
Ich hoffe auf die vielen tausend jungen Frauen, die in den letzten Jahren vorsorglich ihre Kriegsdienstverweigerung erklärt haben, wenn sie in einem nächsten Krieg zum Zivilschutz eingezogen werden sollten.
Das sollte auch Ihnen Sorge machen. Sie sollten darüber nicht so dumm lachen.
Ich hoffe auf die Ärztinnen und die Krankenschwestern,
die in der Internationalen Vereinigung der Ärzte zur Verhinderung des Atomkriegs maßgeblich daran mitwirken, vor den katastrophalen Folgen eines nuklearen Krieges zu warnen, und die dafür sehr zu Recht den Friedensnobelpreis zuerkannt bek amen.