Rede von
Agnes
Hürland
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich erinnere mich, daß wir hier im Deutschen Bundestag lebhafte Diskussionen — auch in Aktuellen Stunden — hatten, wenn es, als Entlassungen drohten, um die Erhaltung von Arbeitsplätzen ging. Ich denke dabei an Entlassungen in der Größenordnung von 500, 1 000 oder 2 000 Arbeitsplätzen. Wir haben uns zu Recht darum bemüht, Arbeitsplätze zu erhalten. Manchmal ist es uns gelungen, nicht immer. Wenn wir es aber erreicht haben, waren wir alle miteinander — auch Sie — sehr froh, denn bei jedem verlorenen Arbeitsplatz — ich spreche bewußt nicht nur von Frauenarbeitsplätzen — sind doch in der Regel Frauen mit betroffen: als Ehefrau, als Mutter, als Schwester.
Wir haben Unternehmer geradezu beschworen: Strengt euch an, daß ihr Arbeitsplätze für Männer und Frauen erhaltet, daß ihr sie nicht entlaßt! Wenn wir erreichen konnten — z. B. durch Garantien der Bundesregierung —, Entlassungen zu verhindern, dann waren wir alle miteinander sehr froh.
Jetzt hören wir durch Firmenveröffentlichungen oder durch die Presse fast wöchentlich, daß die Unternehmer Neueinstellungen vornehmen. Siemens in Gladbeck hat nahezu 800 Neueinstellungen vorgenommen; bei Bayer Leverkusen waren es 3 500 Neueinstellung; das nur als Beispiel. Im vergangenen Jahr wurden plötzlich 200 000 neue Dauerarbeitsplätze durch Unternehmer geschaffen, die wieder Vertrauen in die solide Politik dieser Bundesregierung gesetzt haben.
Von diesen über 200 000 neu geschaffenen Arbeitsplätzen ist kein einziger auf eine staatliche sogenannte Arbeitsbeschaffungsmaßnahme zurückzuführen, sondern allein auf marktwirtschaftliches Verhalten der Unternehmer, die sich wieder marktwirtschaftlich verhalten können, weil diese Bundesregierung die Rahmenbedingungen dafür geschaffen hat.
Von diesen über 200 000 neuen Arbeitsplätzen waren allein im Jahre 1984 über 145 000 Arbeitsplätze für Frauen. Das ist hier schon mehrmals gesagt worden, aber es kann nicht oft genug gesagt werden, weil man den Eindruck hat, es will niemand wahrhaben.
Sie wollen den Frauen einreden, ihre Beschäftigungssituation habe sich verschlechtert. Dabei haben 145 000 Frauen mehr als vor einem Jahr einen Arbeitsplatz, und das wollen Sie nicht wahrhaben.
Es ist zwar zutreffend, daß in der Statistik mehr Frauen als arbeitslos verzeichnet sind, aber das ergibt sich einfach daraus, daß sich Frauen ebenfalls marktwirtschaftlich verhalten. Die Frauen, die es in der Zeit Ihrer Regierungsverantwortung aufgegeben hatten, sich arbeitslos zu melden und sich um eine Erwerbsarbeit zu bemühen, weil es unter Ihrer Regierung ja keinen Zweck hatte, melden sich heute arbeitslos, weil sie wieder Mut gefaßt haben, einen Arbeitsplatz zu finden.
145 000 Arbeitsplätze mehr als vor einem Jahr: Ich könnte es noch mehrmals wiederholen, damit Sie es endlich begreifen. Manchen Leuten scheint es in Wahrheit nur um die Erhöhung der Zahlen in der Statistik zu gehen. Wir fragen uns nämlich, worin der Sachbeitrag zur Förderung der Beschäftigung von Frauen liegt, wenn der Deutsche Frauenrat seine Mitglieder pauschal auffordert, sich bei den Arbeitsämtern arbeitslos zu melden. In diesem Aufruf wird den Frauen wahrheitswidrig schmackhaft gemacht, sie könnten ihre Rentenanwartschaften durch Ausfallzeiten steigern. Das trifft aber nur dann zu, wenn die Meldung sofort auf eine rentenversicherungspflichtige Beschäftigung folgt, und zwar bei Männern und Frauen gleichermaßen.
Diese Bundesregierung ist sich des Problems von arbeitslosen Männern und Frauen, vor allem auch von behinderten arbeitslosen Männern und Frauen, bewußt. Sie ist aber auch unter diesen Umständen nicht bereit, kostspielige dekorative Kosmetik durch verschiedenste Programme, wie Sie sie durchgeführt haben — die sich leider nicht als fundierte Heilung erwiesen haben —, nachzumachen, weil sie nicht zu einer dauerhaften Entlastung des Arbeitsmarktes führen. Dekorative Kosmetik haben Sie lange genug aufgetragen. Sie hat den Arbeitslosenberg nicht abgebaut, aber den Schuldenberg erhöht, die Stabilität geschwächt, das Vertrauen erschüttert.
Mehr Arbeitsplätze — über 200 000 in einem Jahr —, das schafft auf Dauer weniger Arbeitslose.