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ID1016403500

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    Plenarprotokoll 10/164 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 164. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 16. Oktober 1985 Inhalt: Nachruf auf den Abg. Dr. George . . . . 12261 A Begrüßung von 520 jugendlichen Mitbürgern 12269 C Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung zu Preisstabilität, Wirtschaftswachstum und Beschäftigung Dr. Kohl, Bundeskanzler 12261 D Dr. Vogel SPD 12269 D Dr. Dregger CDU/CSU 12279 D Schmidt (Hamburg-Neustadt) GRÜNE 12283 D Dr. Graf Lambsdorff FDP 12285 D Dr. Waigel CDU/CSU 12289C, 12291 C Roth SPD 12289 C Dr. Blüm, Bundesminister BMA . . . 12295 D Kleinert (Marburg) GRÜNE 12301 B Bueb GRÜNE (zur GO) 12305 A Seiters CDU/CSU (zur GO) 12305 B Frau Fuchs (Köln) SPD 12305 C Cronenberg (Arnsberg) FDP 12307 D Dr. Hauff SPD 12312 B Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMF . 12314 B Dr. Ehrenberg SPD 12321 C Urbaniak SPD 12324 B Oostergetelo SPD 12325 C Vizepräsident Frau Renger 12321 C Namentliche Abstimmung 12327 D Nächste Sitzung 12329 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten 12330* A Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 164. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 16. Oktober 1985 12261 164. Sitzung Bonn, den 16. Oktober 1985 Beginn: 9.00 Uhr
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    Berichtigung 164. Sitzung, Seite W A; Vier mal ist statt „Dr. Florian BML" „Dr. Florian BMP" zu lesen. Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Abelein *** 18. 10. Dr. Ahrens * 18. 10. Antretter 18. 10. Bahr 16. 10. Dr. Bangemann 16. 10. Biehle *** 17. 10. Brandt 16. 10. Büchner (Speyer) * 17. 10. Dr. Corterier *** 17. 10. Egert 16. 10. Dr. Ehmke (Bonn) 17. 10. Ertl 16. 10. Francke (Hamburg) *** 16. 10. Funk 18. 10. Gansel *** 16. 10. Dr. von Geldern 16. 10. Gerstein 18. 10. Glos 16. 10. Haase (Fürth) * 18. 10. von Hammerstein 16. 10. Horn *** 16. 10. Dr. Hüsch 16. 10. Dr. Hupka *** 16. 10. Ibrügger *** 16. 10. Jungmann *** 16. 10. Dr.-Ing. Kansy *** 17. 10. Kolbow *** 16. 10. Dr. Kreile 18. 10. Frau Krone-Appuhn *** 16. 10. Kühbacher 18. 10. Dr. Kunz (Weiden) *** 17. 10. Dr.-Ing. Laermann 18. 10. Lange *** 17. 10. Lattmann *** 16. 10. Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Lemmrich * 17. 10. Frau Dr. Lepsius 18. 10. Frau Dr. Martiny-Glotz 18. 10. Dr. Mertens (Bottrop) 16. 10. Dr. Müller * 18. 10. Müller (Remscheid) 16. 10. Neumann (Bramsche) 18. 10. Dr.-Ing. Oldenstädt 18. 10. Pfeffermann 16. 10. Reddemann ** 18. 10. Frau Roitzsch (Quickborn) 18. 10. Ronneburger *** 16. 10. Roth 18. 10. Sander 17. 10. Sauer (Salzgitter) *** 17. 10. Dr. Schneider (Nürnberg) 18. 10. Schröer (Mülheim) 17. 10. Schulte (Unna) ** 18. 10. Frau Simonis *** 16. 10. Dr. Todenhöfer 18. 10. Frau Traupe *** 17. 10. Verheugen 18. 10. Voigt (Frankfurt) 18. 10. Dr. Warnke 17. 10. Dr. von Wartenberg *** 18. 10. Weiß *** 17. 10. Frau Dr. Wex 16. 10. Dr. Wörner 18. 10. Würtz *** 16. 10. Zierer *** 16. 10. Dr. Zimmermann 18. 10. *für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union *** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung
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    Rede von Dr. Norbert Blüm


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gott sei Dank dürfen bei uns Arbeiter demonstrieren und brauchen nicht an Regierungslogen vorbeizuparadieren, wie das in Ost-Berlin und in Moskau am 1. Mai notwendig ist.

    (Kolb [CDU/CSU]: Geschehen muß!)

    Gott sei Dank ist das bei uns so. Auch gegen Regierungen kann und darf in einer freien Gesellschaft demonstriert werden. Da gibt es niemanden in diesem Haus, der dies bestreitet. Keine Regierung, die mit den Füßen auf dem Boden bleibt, wird sich als fehlerlos darstellen. In sozialistischen Diktaturen darf die Kritik nur an den Vorgängern geübt werden; die Amtsinhaber, die Machthaber sind tabu. Von dieser menschenverachtenden Überheblichkeit müssen sich demokratische Regierungen freihalten. Kritik ist keine Majestätsbeleidigung; das ist der Vorzug der Demokratie.

    (Zurufe von der SPD)




    Bundesminister Dr. Blüm
    Die Bundesregierung ist nicht überempflindlich. Wir sind nicht die Prinzessin auf der Erbse.

    (Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Frau Holle!)

    — Wenn schon Bilder, dann würde ich sagen: Wo gehobelt wird, fallen Späne. Dies entspricht mehr unserer Mentalität.

    (Bueb [GRÜNE]: Sie als Prinzessin, das ist auch schwer vorstellbar! — Frau Fuchs [Köln]: [SPD]: Prinzessinnen sind schöner, Herr Kollege!)

    Aber der demokratische Meinungskampf ist etwas anders als Haß und Vernichtung, demokratischer Meinungskampf ist etwas anderes als Klassenkampf.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wer seinen Protest als Dauerkrieg ausgibt, von Kriegserklärungen, vom Zurückschießen spricht — an ihrer Sprache sollt ihr sie erkennen —, denen kann ich nur sagen: Rüstet erst einmal in eurem Kopf ab, bevor ihr über Abrüstung insgesamt redet.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Den Scharfmachern im DGB — Gott sei Dank sind es nicht alle, und Gott sei Dank sind die Scharfmacher in der Arbeitnehmerschaft eine verschwindende Minderheit, so daß wir die Schreier nicht mit der Arbeitnehmerschaft verwechseln sollten —

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    rufe ich zu: Sie sollen mit der Entmilitarisierung in ihrer Sprache beginnen.

    (Dr. Vogel [SPD]: „Verbrannte Erde" ist friedlich?!)

    — Was habe ich von „verbrannter Erde" gesagt?

    (Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Herr Kohl hat davon gesprochen!)

    Ich rede im Moment gegen Klassenkampf, Kriegserklärung, Zurückschießen und Dauerkrieg, die Spache der Klassenkämpfer.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Vogel [SPD]: „Verbrannte Erde"! Rüsten Sie in Ihrem Kopf ab! — Frau Fuchs [Köln] [SPD]: „Verbrannte Erde"! — Weitere Zurufe von der SPD)

    Meine Damen und Herren, diese Republik ist von Männern wie Hans Böckler und Walter Freitag mit aufgebaut worden.

    (Dr. Vogel [SPD]: Die werden immer gelobt, wenn sie tot sind!)

    Die Demokratie verdankt und der Sozialstaat verdankt Männern und Frauen aus allen Parteien vieles. Wir stehen auf ihren Schultern, und wer jetzt sagt, diese Republik sei ein Armenhaus, der beschädigt auch das Ansehen der Leute, die diesen Sozialstaat mit aufgebaut haben, und das waren nicht nur Christdemokraten.

    (Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Nanu?) — Sie machen wirklich Nestbeschmutzung.

    Wir haben eine Rentenversicherung, eine Krankenversicherung, eine Arbeitslosenversicherung, die sich in der Welt sehen lassen können. Ein Drittel unseres gesamten Bundeshaushaltes geben wir für Sozialleistungen aus. Von welcher Republik reden Sie, wenn Sie sagen, der Sozialstaat sei zertrümmert und zerstört?

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Zurufe von der SPD)

    Im übrigen hat dieser Sozialstaat, Herr Kollege Ehrenberg, zwei Seiten: nicht nur die Seite der Empfänger, sondern auch die Seite der Zahler. Soziale Gerechtigkeit beginnt nicht erst auf der Ausgabenseite.

    (Dr. Ehrenberg [SPD]: Wer hat denn die Beiträge erhöht?)

    Wenn die Arbeitnehmer, die Unternehmer überlastet werden, dann kann das weder Sozialstaat noch soziale Gerechtigkeit sein.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Für wen sparen wir, wenn wir sparen? Ich wende mich auch an die Kolleginnen und Kollegen draußen. Wir sparen doch nicht für irgendwelche anonymen Kassen, wir sparen für die Arbeitnehmer, die Beitrag zahlen und die an die Grenze ihrer Beitragslast gekommen sind.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Es ist heute morgen schon über Johannes Rau gesprochen worden, der alle sozialen Kürzungen zurücknehmen will. Herr Vogel hat gesagt, das sei eine Verkürzung. Ich weiß nicht, was eine Verkürzung ist, aber wir können ja einmal öffentlich klären, was er mit „allen sozialen Kürzungen" gemeint hat. Hat er auch die gemeint, die von der SPD vor unserer Zeit durchgeführt wurden? Hat er auch die 94 Milliarden DM Sozialleistungskürzungen der SPD gemeint? Oder hat er gar die Kürzung der Sozialleistungen in Nordrhein-Westfalen gemeint? Das könnte ja auch sein.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Da will ich einmal einige Kürzungen vorlesen: Bildungsaufgaben 35% Kürzung, Jugenderholung 56% Kürzung, Kindererholung 73 % Kürzung, Berlin-Fahrten 60 % Kürzung, freiwillige soziale Dienste 100% Kürzung, Landesjugendplan 53 % Kürzung, Familienerholung 73 % Kürzung, Kinder- und Müttererholung 43 % Kürzung, Adoption- und Pflegekinderdienst 90% Kürzung, Altenerholung 35% Kürzung, Förderung von Behinderteneinrichtungen 52 % Kürzung, Personalkostenzuschüsse für freie Verbände 10 % Kürzung, Zuschüsse zur Rehabilitation von Obdachlosen 100 % Kürzung, soziale Betreuung von Vertriebenen und DDR-Bürgern 36 % Kürzung, Kulturarbeit der Vertriebenenverbände 57 % Kürzung, Ausbildung in den nichtärztlichen Heilberufen 79 % Kürzung. Hat der Herr Rau diese Kürzungen gemeint, die er zu verantworten hat? Was ist das eigentlich für eine Politik, wenn man kürzt und dann auf andere hinweist? Das ist doch eine Politik nach dem Motto „Haltet den Dieb!"

    (Beifall bei der CDU/CSU)




    Bundesminister Dr. Blüm
    Jetzt komme ich zum Bundeshaushalt. Wer alle Einsparungen aufheben will, müßte die Beiträge enorm steigern, in der Sozialversicherung um 5 Prozentpunkte, also in der Rentenversicherung von 19,2 % auf 24,2 %. Die Steuern müßten um 17 % angehoben werden. Mit anderen Worten: Der durchschnittliche Arbeitnehmer müßte, wenn Rau sich durchsetzte — die Gefahr besteht nicht, denn er bekommt nicht die Zustimmung der Wähler —,

    (Heiterkeit bei der CDU/CSU)

    im Jahr 1 590 DM mehr an Steuern und Sozialabgaben bezahlen.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU) Herzlichen Glückwunsch!


    (Kolb [CDU/CSU]: Rau als Räuber!)

    Ich kann nur sagen: Wenn mehr Geld ausgegeben, als eingenommen wird, und wenn man sich dann darüber beklagt, es sei zuwenig Rücklage in der Sozialkasse, dann erinnert mich das an klein Fritzchen, der wenig in seine Sparbüchse hineinwirft, viel herausholt und darüber schimpft, daß nichts in der Sparbüchse ist.

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Ich schlage deshalb Johannes Rau für seinen Vorschlag, alle Sozialkürzungen zurückzunehmen, für den Klein-Fritzchen-Preis in der Sozialpolitik vor. Nichts anderes ist nämlich dieses Denken.

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Er hat sich über Zeitverträge beschwert. Coop, eine gewerkschaftsnahe Gesellschaft, hat Zeitverträge angeboten, warum auch nicht? Mir ist jedenfalls die Coop mit Zeitverträgen, mit befristeten Arbeitsverträgen, lieber als die Neue Heimat mit unbefristeten Mieterschädigungen.

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Da lese ich in dieser etwas verunglückten Kandidaten-Erklärung im heutigen „Express" — wenn das der Probelauf war, dann hat er voll in den Ofen geschossen —,

    (Heiterkeit bei der CDU/CSU und der FDP)

    er plane nach der Sommerpause eine Verbesserung der Arbeitslosenunterstützung. Jetzt Originalton Rau:
    Wer lange gearbeitet hat, soll länger als bisher Arbeitslosenunterstützung erhalten.
    Guten Morgen, Herr Rau, kann ich nur sagen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Im Herbst 1986 will er durchführen, was wir im Oktober 1985 in den Deutschen Bundestag eingebracht haben.
    Ich will diesen Morgen in der Tat auch dazu benutzen, auf Ursachen hinzuweisen, die es zu beseitigen gilt. Wenn jemand glaubt, ein Arbeitsminister hätte nichts Schöneres zu tun, als zu sparen, dann hat er sich jedenfalls in mir getäuscht. Nur: Wir zahlen 29 Milliarden DM an Zinsen für die Schulden, die uns die SPD hinterlassen hat.

    (Widerspruch bei der SPD)

    Was könnte ein Sozialminister mit 29 Milliarden DM anfangen? Er könnte das Kindergeld erhöhen, er könnte all das machen, was gefordert wird.

    (Dr. Vogel [SPD]: Sie waren doch überall dabei! Sie wollten doch noch mehr!)

    — Herr Vogel, hätten Sie uns, hätten Sie Gerhard Stoltenberg den Sozialhaushalt so übergeben wie Franz Josef Strauß ihn 1969 der SPD übergeben hat, dann gäbe es in der Sozialpolitik überhaupt keine Probleme.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Vogel [SPD]: Bleiben Sie bei der Wahrheit! — Abg. Urbaniak [SPD] meldet sich zu einer Zwischenfrage)



Rede von Heinz Westphal
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

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    Rede von Dr. Norbert Blüm


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Nein, ich möchte jetzt im Zusammenhang vortragen. — Wenn der Deutsche Gewerkschaftsbund Adressen für seine Demonstrationen sucht, dann bitte ich, die richtige Reihenfolge einzuhalten. Wenn das Verursacherprinzip gilt, dann heißt die erste Adresse:

    (Zurufe von der SPD: Blüm!)

    Parteivorstand, 5300 Bonn, 011enhauerhaus. Das ist die richtige Adresse.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Zurufe von der SPD)

    — Herr Vogel, reizen Sie mich doch nicht! Ich bin nicht sicher, ob die Arbeitslosen etwas davon haben, wenn wir uns jetzt gegenseitig unser Sündenregister vorhalten.

    (Lachen bei der SPD)

    Ich hätte mich nie getraut, die Rentenversicherung vier Jahre von der Lohnentwicklung abzuhängen.

    (Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Dafür gibt es bei Ihnen Rente auf Pump!)

    Eine CDU/CSU-geführte Regierung hätte niemals willkürlich die Rentenversicherung vier Jahre von der Lohnentwicklung abgehängt.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Rente auf Pump!)

    — Liebe Frau Fuchs, daran waren Sie beteiligt, auch mit Schreien kriegen Sie das nicht weg.
    Ich hätte mich nie getraut, den Bundeszuschuß siebenmal zu kürzen oder zu verschieben.

    (Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Viermal Beitragserhöhung ist auch nicht besser!)

    Wir sind die erste Bundesregierung — nur kein Neid, es ist halt so —, die ihn erhöht.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)




    Bundesminister Dr. Blüm
    Wir haben die Renten der Arbeitslosen nicht gekürzt, obwohl das pausenlos behauptet wird, in der IG Metall-Zeitung immer wieder behauptet wird, ja sogar zu Demonstrationen mit dieser Behauptung eingeladen wird. Mit Falschmeldungen wird zu Demonstrationen eingeladen.

    (Kolb [CDU/CSU]: Nichts Neues!)

    Habt ihr keine besseren Argumente? Das ist die Unwahrheit. Deshalb: Wer demonstriert, wer protestiert — das ist sein gutes Recht —, soll nicht gegen die Wahrheit protestieren.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Zurufe von der SPD)

    Da lese ich im Musterreferat — ich habe es dabei, wir können eine Dichterlesung machen —, das offenbar das Kochbuch für die Redner ist, auf Seite 11 die Behauptung — Sie können sie nachlesen —: Weniger Rente. — Ich frage: Wo gibt es weniger Rente? Wo ist eine gesetzliche Rente auch nur um eine Mark gekürzt worden?

    (Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Ganze Anspruchsgrundlagen sind weggefallen! — Heyenn [SPD]: Real gibt es weniger! Reden Sie doch nicht an den Tatsachen vorbei!)

    -- Hören Sie doch zu.
    Nach 45 Versicherungsjahren hat 1985 ein Durchschnittsrentner rund 1200 DM mehr Rente pro Jahr als 1982. Was ist da Kürzung? Das Gegenteil ist der Fall. Die Renten sind gestiegen, wenn auch — das gebe ich zu — bescheiden.

    (Heyenn [SPD]: Typische Halbwahrheiten, Herr Blüm!)

    Sie sind in der Tat bescheiden gestiegen. Auch wir bleiben dabei, daß Rentensicherheit vor Rentensteigerung geht, die die Rentenversicherung gefährdet.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Ich mache weiter. Im Musterreferat heißt es,

    (Zuruf von der SPD: Sie kürzen die Löhne und Renten!)

    die Regierungspolitik richte sich gegen die Jugendlichen. Originalton:
    Sie dürfen jetzt schon morgens um sechs Uhr mit der Arbeit beginnen.
    Das durften die 16jährigen Jungarbeiter auch bisher schon. Lediglich der gleichaltrige Lehrling wurde ihm jetzt gleichgestellt. Jetzt frage ich Sie: Welcher Unterschied ist denn unter Gesundheitsaspekten zwischen einem 16jährigen Lehrling und einem 16jährigen Jungarbeiter?

    (Kolb [CDU/CSU]: Ein ideologischer!)

    Wir haben hier lediglich für eine Gleichstellung gesorgt, die im übrigen verhindern soll, daß der Lehrling überhaupt nicht eingestellt wird.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Zurufe von der SPD)

    Ich kann weitermachen. Seite 8, Musterreferat — das sollen jetzt also tausendfach die Funktionäre in den Mund nehmen —:
    Wir wollen nicht, daß unsere Kinder verpestete Luft atmen müssen.
    Richtig, kann ich da nur sagen. Wer will das schon? Aber jetzt erwarte ich auch Information. Aufklärung gehört doch zu den besten Tugenden und Traditionen der Arbeiterbewegung.
    Was haben wir gemacht? Der Schwefelausstoß sinkt um 1,6 Millionen t, der Staubauswurf um 40%, die Schwefeldioxidemissionen um ein Drittel, die Autoabgase werden europaweit auf unsere Initiative um 70% verringert, ab 1989 wird die Autoentgiftung Pflicht. — Die SPD hat geschwafelt, wir haben entschwefelt. Das ist der Unterschied.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Kuhlwein [SPD]: Wer entschwafelt Blüm?)

    Also, meine erste Bedingung: Seid fair im Umgang.
    Meine zweite Bedingung ist: Bleibt bei der Wahrheit.
    Und meine dritte Bedingung ist, ein paar Fragen stellen zu können. Uns wird arbeitsmarktpolitische Tatenlosigkeit, also Nichtstun, vorgeworfen. Ich frage deshalb: Wir haben die Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen verdreifacht. Ist das nichts?

    (Dr. Ehrenberg [SPD]: Aber die Arbeitslosigkeit ist die höchste in der Geschichte der Bundesrepublik!)

    — Ich rede jetzt von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, und die haben wir verdreifacht. Ist das etwa nichts?
    Zweitens. Wir haben die Mittel für eine aktive

    (Zuruf der Abg. Frau Fuchs [Köln] [SPD])

    — Laßt doch die Leute mal zuhören. Ihr müßt doch nicht durch Geschrei die Wahrheit verhindern. Ein paar ganz bescheidene Fragen wird man doch stellen dürfen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Wird die SPD schon bei Fragen unruhig? Das sind doch ganz bescheidene Fragen.
    Wir haben die Mittel für eine aktive Arbeitsmarktpolitik im AFG auf eine Rekordhöhe gebracht. Sie liegen ein Drittel über dem Niveau, auf dem Sie sie verlassen haben. Wir haben den Arbeitslosengeldbezug für die älteren Arbeitnehmer verlängert. Ist das nichts? frage ich nur. Wenn das, was wir tun, nichts ist, was haben Sie dann getan?

    (Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Sie haben das Arbeitslosengeld gekürzt!)

    Ist das nichts, dreimal so viele Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, Verlängerung des Arbeitslosengeldbezuges? Wir haben die jugendlichen Arbeitslosen wieder ins Kindergeld und die Krankenversicherung hereingeholt, aus denen Sie, Frau Fuchs, sie



    Bundesminister Dr. Blüm
    rausgeschmissen hatten. Sie waren der Rausschmeißer.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Wir erhöhen den Ehegattenbeitrag der Arbeitslosenhilfe. Wenn Sie sagen, das sei selbstverständlich: Warum haben Sie 13 Jahre diese Selbstverständlichkeit nicht gemacht? Sie hätten es doch in 13 Jahren machen können.
    Wir haben ein Vorruhestandsgesetz eingeführt. Jetzt frage ich meinen Kollegen Ernst Breit, ob er im Oktober 1985 auf den Kundgebungen des DGB dieses Vorruhestandsgesetz so bezeichnet, wie er es im August in den gewerkschaftlichen Monatsheften genannt hat:

    (Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Ein Flop!)

    Er zähle es zu den wichtigsten und wirksamsten Instrumenten gegen Arbeitslosigkeit.

    (Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Der Erfolg ist gleich Null!)

    Mein Kollege Conrad Carl, der Vorsitzende der Bauarbeitergewerkschaft, hat vor acht Tagen diesen Vorruhestand einen „Meilenstein in der Tarifgeschichte der Gewerkschaften" genannt. Ich hoffe, daß das, was im August und vor acht Tagen richtig war, auch am Samstag auf den Protestkundgebungen des DGB richtig ist. Sagt den Arbeitnehmern die ganze Wahrheit. Halbwahrheiten sind schlimmer als ganze Lügen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Heyenn [SPD]: Über diesen Satz sollten Sie einmal nachdenken! Wie viele haben den Vorruhestand in Anspruch genommen?)

    — Ich denke pausenlos über Halbwahrheiten nach.
    Ich frage die Kumpels an Rhein und Ruhr, ob sie sich daran erinnern, wer ihnen die 36 Anpassungsschichten im Bergbau beschafft hat, 36 Anpassungsschichten, die Freisetzungen verhindert haben.

    (Reimann [SPD]: Das war die IG Bergbau!)

    — Und wer hat sie bezahlt? Mein Gott, ich stelle die Verdienste der IG Bergbau nicht in Frage. Warum hat die IG Bergbau nicht unter SPD-Zeiten die 36 Anpassungsschichten durchgeführt?

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Ich frage die Stahlkocher: Wer hat euch die Verlängerung der Kurzarbeitergeldzahlung um ein Jahr gebracht? Wäre das nicht gekommen, hätte es an Rhein und Ruhr Entlassungen gegeben. Dafür brauche ich keine Ideologen. Das hört ihr nicht in der IG-Metall-Schule in Sprockhövel. Dort hört ihr etwas über Karl Marx. Erkundigt euch über die Tatsachen; das ist für die Arbeiter besser, kann ich nur sagen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Jetzt noch eine besondere Freundlichkeit für meine verehrte Kollegin Fuchs. Die Sozialpolitiker und der DGB sollen sich nicht aus dem Gedächtnis streichen, daß wir eine Hinterbliebenenrenten-Reform durchgeführt haben, die die Zustimmung des Deutschen Gewerkschaftsbundes gefunden hat.

    (Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Sie werden sich noch wundern, Herr Kollege!)

    Ich frage Sie: Wer hat Ihnen zugestimmt, Frau Fuchs?

    (Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Viele! Die Frauen!)

    Es ist ja keine Schande! Ihr Bündnis: Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände. Unser Bündnis: Gewerkschaften und Frauenrat.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Das war die Konstellation. Ich sage das nur beschreibend, damit jene Märchen zerstört werden: die gute Fee Fuchs und der böse Teufel Blüm.

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Da kann ich nur sagen: Rotkäppchen, da hast du dich getäuscht. Auf diesen Leim werden die Arbeiter nicht gehen.

    (Heyenn [SPD]: Abwarten!)

    Die Familien sollen und dürfen sich auch durch Demonstrationen nicht aus dem Gedächtnis streichen lassen, daß wir Erziehungsgeld, Erziehungsurlaub und Erziehungszeiten im Rentenrecht eingeführt haben. Wann, so frage ich, in welchem Jahr wurden jemals 10 Milliarden DM für die Familie zusätzlich ausgegeben? In welchem Jahr? Es ist das Jahr 1986. Jetzt frage ich: Wer regiert? Da regiert die CDU/CSU mit der FDP.
    Natürlich gibt es in unserer Gesellschaft auch Armut. Wer will darüber hinweggehen? Nur, meine Damen und Herren, es ist nicht das Massenelend der Dritten Welt. Es ist auch nicht die Massenarmut der Weimarer Zeit. Ich gebe zu: Für den, der in Armut ist, ist es relativ belanglos, ob er sein Schicksal, seine Not mit zehn oder mit einer Million teilt. Deshalb werden wir eine Sozialpolitik betreiben, die auch dem Einzelfall gerecht wird. Unser großes Sozialleistungssystem, das die großen Gruppen auffängt, hat ein Niveau, das auf der ganzen Welt seines Gleichen sucht. Deshalb brauchen wir uns nicht in die Ecke zu stellen und zu schämen, sondern können voll Selbstbewußtsein diesen Sozialstaat vorführen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Um fast vier Millionen übertraf 1984 die Zahl der Urlaubsreisen die des Jahres 1980. 4 Milliarden DM haben die Bundesrepublikaner in diesem Jahr mehr für Urlaub ausgegeben.

    (Wolfram [Recklinghausen] [SPD]: Das verdanken die alle Blüm!)

    Das waren nicht alles Millionäre. Soviel Millionäre haben wir gar nicht. In diesem Jahr hatten wir 650 000 mehr Kurgäste als in den vergangenen Jahren. Wir hatten 24 Millionen Fluggäste. Auch hier kann ich Ihnen versichern: Es waren nicht alles Angehörige der Familie Flick, die in Urlaub reisten oder die das Flugzeug benutzten. Ich glaube jeden-



    Bundesminister Dr. Blüm
    falls: Massenelend als Beschreibung der Bundesrepublik ist die Erfindung von porschefahrenden Jungsozialisten, aber nicht die Wirklichkeit.

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Ich darf jetzt noch eine Broschüre zitieren. Das ist alles keine Erfindung von mir. Es ist eine Broschüre, die vom DGB verteilt wird.

    (Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Was haben Sie gegen Porsche-Fahrer?)

    Ich werde es jetzt zum drittenmal erzählen, mit Genuß, weil es eine gewisse Erhellung bringt.

    (Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Was haben Sie gegen Porsche-Fahrer?)

    — Ich habe nichts gegen Porsche-Fahrer. Ich habe nur etwas gegen Porsche-Fahrer, wenn sie sich zum Schutzpatron der Sozialhilfeempfänger aufspielen.

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Der DGB verbreitet eine Broschüre bzw. läßt sie verteilen: „Die neue Armut". Darin wird auf Seite 95 ein Oliver D. beschrieben. Der beklagt seine „neue Armut" mit dem markerschütternden Bekenntnis, die neue Armut bestehe bei ihm darin, daß er seiner Freundin keine Geschenke mehr machen kann.

    (Heiterkeit bei der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, ich habe erstens nichts gegen Freundin und zweitens nichts gegen Geschenke. Nur habe ich etwas dagegen, daß die Geschenke von den Malochern bezahlt werden sollen. Dafür ist der Sozialstaat nicht da.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Hat denn noch niemand gemerkt, wer das Ganze bezahlen soll? Das sind die Stahlkocher bei Hoesch, die die Geschenke bezahlen sollen.
    Ein 18jähriger Lehrling beklagt in dieser Broschüre, daß er sich den Gedanken abschminken müsse, eine eigene Wohnung zu nehmen. Ein 18jähriger Lehrling! Wieweit ist denn die Arbeiterbewegung degeneriert, daß sie das als Armut ausgibt! Die alten Führer der Arbeiterbewegung müssen sich im Grab herumdrehen, wenn sie solche Degenerationserscheinungen sähen.

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Bravorufe von der CDU/CSU)

    Seid ihr denn von euren grünen bürgerlichen Nachbarn schon so angesteckt worden? Die Grünen sind doch die Rache des 19. Jahrhunderts an der Arbeiterbewegung. Die Bürgersöhnchen haben euch angesteckt. Ihr verwechselt jetzt deren Lebensgewohnheiten.

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Bravorufe von der CDU/CSU)

    Ihr verwechselt jetzt deren Gewohnheiten mit den klassischen Tugenden der Arbeiterbewegung. Das sind aber jedenfalls nicht die, die hier beschrieben werden.
    Unseren größten Erfolg will ich hier am Schluß darstellen.

    (Reimann [SPD]: 23% im eigenen Wahlkreis, das ist der größte Erfolg!)

    — Aber, lieber Kollege, ich kandidiere dort ja noch ein paarmal. Ich bleibe Ihnen noch lange erhalten, als Arbeitsminister wie als Kandidat. Da brauchen Sie keine Angst zu haben.

    (Zurufe von der SPD)

    — Wenn Sie mich noch ein bißchen reizen: Ich habe noch ein paar schöne Sachen.

    (Heiterkeit bei der CDU/CSU)

    Heute morgen hat Herr Kollege Vogel hier eine Statistik vorgelesen und beklagt, wie ungenau sie sei und was darin alles falsch sei. Er sprach von einer stillen Reserve. Sie haben das alles ja im Ohr.

    (Frau Dr. Däubler-Gmelin [SPD]: Die gibt es natürlich!)

    — Dann will ich Ihnen erst einmal vorlesen, was der sicherlich auch von Ihnen verehrte Kollege Buschfort als Parlamentarischer Staatssekretär im Arbeitsministerium am 28. August 1980 in der „Welt der Arbeit" gesagt hat:
    Ich glaube, daß die Zahlen, die wir bekommen, von vorne bis hinten nicht stimmen.
    Mindestens 70 000 wollte er herausnehmen. So etwas würde ich mir nie herausnehmen. Ihr Parlamentarischer Staatssekretär war es, der gesagt hat, die Zahlen stimmten nicht.
    Die verehrte Frau Kollegin Fuchs hat am 10. April 1981 — offenbar wechselt ihr Standpunkt schon mal mit dem Standort, je nachdem, ob die SPD in der Regierung oder in der Opposition ist — gesagt:

    (Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Nein, das ist immer richtig!)

    Ich wiederhole, daß ich nicht der Auffassung bin, daß die stille Reserve für uns für die Arbeitsmarktpolitik von Bedeutung ist; denn die Menschen, die in unserem Land arbeiten wollen und deshalb in die arbeitsmarktpolitischen Anstrengungen einbezogen werden müssen, melden sich beim Arbeitsamt.

    (Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Sehr richtig! — Zurufe von der CDU/CSU)

    Ich habe dem nichts hinzuzufügen.

    (Zurufe von der SPD)

    Ich will meinen Beitrag abschließen. Ich führe keine Diskussion über Statistik. Ich brauche meine ganze Kraft dazu, die Arbeitslosen wieder in Arbeit zu bringen. Das andere ist etwas für Buchhalter. Nur: Wenn Sie mit dem schweren Vorwurf kommen, wir manipulierten, dann halte ich Ihnen Ihre alten Manipulationsabsichten als Spiegel vor Augen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Die größte Errungenschaft, der größte soziale Fortschritt ist die Preisstabilität bzw. besteht darin,



    Bundesminister Dr. Blüm
    daß die Preissteigerungsrate zurückgenommen wurde. Das kann man nicht oft genug wiederholen, auch gegenüber den Arbeitnehmern. Die Arbeitnehmer wissen doch: Es kommt nicht darauf an, was man im Geldbeutel hat; es kommt darauf an, was man damit kaufen kann. Das wissen auch die Rentner. Daß uns die Senkung der Preissteigerungsrate gelungen ist, hat den Arbeitnehmern und den Rentnern, wie heute morgen schon gesagt worden ist, einen Kaufkraftgewinn von über 20 Milliarden DM gebracht. Das ist mehr als die Sozialkürzungen, die wir in zwei Haushaltsbegleitgesetzen hier für den Haushalt durchgeführt haben.
    Für die Rentner betrug der Kaufkraftgewinn durch unsere Stabilitätspolitik 6 Milliarden DM. Für den durchschnittlichen Rentnerhaushalt sind das 810 DM mehr Kaufkraft im Jahr. Das sind zwei Monatsmieten. Das sind die Ausgaben von neun Monaten für Bekleidung und Schuhe. Stellen Sie sich vor, wir hätten den Rentnern zwei Monatsmieten geschenkt; dann hätte die ganze Republik gejubelt. Wir haben es ja sogar gemacht, allerdings leise: durch Preisdämpfung, durch Senkung der Preissteigerungsraten.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Das ist der Unterschied zwischen einer lautstarken Sozialpolitik mit Trommelwirbeln und Seifenblasen, die dann auch platzen, und einer Sozialpolitik der kleinen Schritte, einer Sozialpolitik, die mehr an der Praxis und der Realität orientiert ist.
    Deshalb setze ich auf den Praxis- und Realitätssinn meiner Kolleginnen und Kollegen in den Betrieben. Laßt euch durch Ideologen nicht verrückt machen. Bleibt bei den Realitäten. Es gibt in unserer Republik vieles zu verbessern. 2 Millionen Arbeitslose können niemanden ruhen lassen. Wir haben noch große Aufgaben vor uns. Aber wir haben auch viel erreicht.
    Deshalb bin ich sicher, daß nach dieser Agitationswoche die Chancen für Kooperation, Zusammenarbeit und Vernunft genutzt werden müssen. Dieser Karren kommt — wie nach 1945 — nicht aus den Schwierigkeiten heraus durch Ideologen und Klassenkämpfer, sondern — wie nach 1945 — nur durch Besonnenheit, Vernunft und Partnerschaft.

    (Anhaltender lebhafter Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)