Rede von
Ingrid
Matthäus-Maier
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Zufall wollte es, Herr Schlottmann, daß Sie nach dem Herrn Rapp geredet haben. Ich muß sagen: Nach diesem Beitrag, der sehr konziliant gewesen ist und auch so gemeint war, nun diese hetzerische und verleumderische Rede! Sie sollten sich schämen, Herr Schlottmann.
Sie haben genau die Vorwürfe von Herrn Rapp bestätigt. Aber wir lassen uns nicht auf diesen Ton ein. Denn die Bürgerinnen und Bürger hier auf den Tribünen wie draußen im Land wissen,
was sie von unserer Familienpolitik und von Ihrer Familienpolitik zu halten haben.
Sie sagen doch, die Familienverbände unterstützten Sie. Diese haben nach Ihrer Wahl ein Notprogramm aufgelegt und Herrn Kohl aufgefordert, endlich etwas zu tun.
Der Herr Rollinger — der Name sagt Ihnen ja etwas —, der Vizepräsident des Familienbundes der Deutschen Katholiken, hat in einem großen Artikel geschrieben: Die Kürzungen im Familienbereich ab 1983 gehen weit über das hinaus,
was den Kinderfamilien ab 1. Januar 1986 an zusätzlichen Leistungen zugestanden wird. — Nicht einmal 1988 werden Sie erreichen, was wir in 13 Jahren geschaffen haben.
Wir haben hier zwei Gesetzentwürfe vorliegen. Beide sehen finanzielle Hilfen für Väter oder Mütter, seien sie erwerbstätig oder nicht erwerbstätig, nach der Geburt eines Kindes vor. Dies ist gut.
Lassen Sie mich aber die sechs Hauptunterschiede zwischen diesen beiden Gesetzentwürfen nennen:
Erster Unterschied. Wir halten den bewährten Mutterschaftsurlaub aufrecht, den wir 1979 gegen Ihren Willen geschaffen haben. Übrigens, Herr Schlottmann, Sie fragen, wo die konkrete Hilfe bei § 218 war. Nun, das ist die konkrete Hilfe, einer erwerbstätigen Mutter zu sagen: Auch wenn du ein Kind bekommst, kannst du sechs Monate aufhören.
Zweiter Unterschied. Wir beharren auf dem alten Satz von 750 DM Mutterschaftsurlaubsgeld, das Sie als erste Tat, nachdem Sie an die Regierung gekommen waren, auf 510 DM gekürzt haben.
Dritter Unterschied. Wir halten den frauenfreundlichen Kündigungsschutz des Mutterschaftsurlaubsgesetzes aufrecht, der bisher eine Kündigung in den ersten acht Monaten völlig verboten hat.
Vierter Unterschied. Wir schlagen im Anschluß an den bezahlten Elternurlaub von zwölf Monaten — da sind unsere Gesetzentwürfe gleich — einen Anspruch auf unbezahlte Beurlaubung für weitere zwölf Monate vor.
Fünfter Unterschied. Wir schaffen einen Anreiz dafür, daß der Elternurlaub zwischen Vater und Mutter geteilt wird. Ich finde es nicht gut, daß diese Regelung ganz überwiegend Frauen betrifft. Der Anreiz besteht darin, daß der Elternurlaub, wenn man ihn sich aufteilt, insgesamt um drei Monate verlängert wird.
Sechster Unterschied. Wir berücksichtigen in unserem Entwurf ganz besonders die schwierige Situation der Alleinerziehenden, und zwar dadurch, daß wir zum einen die Dauer des Elternurlaubes für Alleinerziehende um insgesamt drei Monate verlängern und daß wir zum anderen das Elternurlaubsgeld auf 750 DM monatlich erhöhen.
Herr Geißler, bei der Vorstellung Ihres Erziehungsgeldes haben Sie gesagt, das Erziehungsgeld werde den bisherigen Mutterschaftsurlaub voll integrieren. Auch Frau Verhülsdonk hat hier heute gesagt, er werde nicht abgeschafft. Frau Verhülsdonk, Sie haben die Unwahrheit gesagt; ob bewußt oder unbewußt, lasse ich hier dahingestellt. Ich zitiere § 37 Nr. 1 Ihres Gesetzentwurfes. Dort steht:
1. Die §§ 8 a, 8 b, 8 c, 8 d, 9 a, 10 Abs. 1 Satz 2 und § 13 Abs. 3 werden aufgehoben.
Schlagen Sie doch einmal nach, was das für Paragraphen sind: Das sind die Paragraphen, denen zufolge der Mutterschaftsurlaub in das Mutterschutzgesetz eingebaut wird. Sie schaffen dieses Mutterschaftsurlaubsgeld schlicht und einfach ab.
Ich muß Ihnen sagen: Das ist nicht nur politisch falsch — —
— Dies ist kein Quatsch. Sie schaffen das doch hier ab.
— Bitte, Herr Geißler, es interessiert mich, was Sie dazu fragen wollen.