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ID1015706900

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    Vokabeln: 7
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    Plenarprotokoll 10/157 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 157. Sitzung Bonn, Freitag, den 13. September 1985 Inhalt: Nachruf auf den Abg. Conrad (Riegelsberg) 11771A Erweiterung der Tagesordnung 11771 B Aktuelle Stunde betr. Maßnahmen zur gewaltfreien Lösung der Konflikte in Südafrika Schmidt (Hamburg-Neustadt) GRÜNE 11771 C Klein (München) CDU/CSU 11772 C Roth SPD 11773C Schäfer (Mainz) FDP 11774C Genscher, Bundesminister AA 11775 B Verheugen SPD 11776 D Graf von Waldburg-Zeil CDU/CSU . . 11777C Frau Dr. Hamm-Brücher FDP 11778 B Dr. Hauchler SPD 11779 B Repnik CDU/CSU 11780 B Schwarz CDU/CSU 11781 B Toetemeyer SPD 11782 B Dr. Hornhues CDU/CSU 11783 B Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Gewährung von Erziehungsgeld und Erziehungsurlaub (Bundeserziehungsgeldgesetz) — Drucksache 10/3792 — in Verbindung mit Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Förderung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf (Elternurlaubsgesetz) — Drucksache 10/3806 — in Verbindung mit Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Errichtung einer Stiftung „Mutter und Kind — Schutz des ungeborenen Lebens" — Drucksache 10/3805 — Dr. Geißler, Bundesminister BMJFG . 11784 C Frau Schmidt (Nürnberg) SPD 11792 A Frau Männle CDU/CSU 11796C Frau Wagner GRÜNE 11799 C Eimer (Fürth) FDP 11802C Frau Dr. Lepsius SPD 11805A Frau Verhülsdonk CDU/CSU 11807A Rapp (Göppingen) SPD 11808B Schlottmann CDU/CSU 11810A Frau Matthäus-Maier SPD 11813A Frau Dr. Adam-Schwaetzer FDP . . . 11815C Schreiner SPD 11817A Nächste Sitzung 11818 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten 11819* A Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 157. Sitzung. Bonn, Freitag, den 13. September 1985 11771 157. Sitzung Bonn, den 13. September 1985 Beginn: 8.01 Uhr
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    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Ahrens* 13. 9. Antretter** 13. 9. Bastian 13. 9. Berschkeit 13.9. Dr. Enders* 13. 9. Eigen 13. 9. Ertl 13. 9. Eylmann 13. 9. Dr. Faltlhauser 13. 9. Dr. Götz 13. 9. Götzer 13. 9. Haase (Fürth) * 13. 9. Dr. Hüsch 13. 9. Hoffie 13. 9. Ibbrügger*** 13. 9. Frau Hönes 13. 9. Frau Kelly 13. 9. Kohn 13. 9. Dr. Kreile 13. 9. Frau Krone-Appuhn 13. 9. Dr. Kunz (Weiden) 13. 9. Lemmrich* 13. 9. Lenzer* 13. 9. Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Löffler 13. 9. Lowack 13. 9. Menzel 13. 9. Dr. Müller* 13. 9. Dr. Müller (Bremen) 13. 9. Poß 13. 9. Reuschenbach 13. 9. Schmidt (Hamburg) 13. 9. Schmidt (Wattenscheid) 13. 9. Schmitz (Baesweiler) 13. 9. Dr. Schneider (Nürnberg) 13. 9. Dr. Sperling 13. 9. Stockhausen 13. 9. Dr. Unland** 13. 9. Voigt (Frankfurt) 13.9. Voigt (Sonthofen) 13. 9. Volmer 13. 9. Wilz 13. 9. Wischnewski 13. 9. Wissmann 13. 9. Zander 13. 9. Zierer 13. 9. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union *** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Norbert Eimer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Liebe Ingrid Matthäus, wir waren damals j a wohl gemeinsam daran beteiligt, daß eine derartige Entschließung zustande gekommen ist, nur ist die Initiative zu dieser Entschließung damals nicht aus den Reihen der Sozialdemokraten gekommem, sondern aus den Reihen der Freien Demokraten.

    (Widerspruch bei der SPD)

    Daß es damals nicht zu einem vernünftigeren Gesetz gekommen ist, hatte sicher finanzielle Gründe — —

    (Zuruf der Abg. Frau Dr. Lepsius [SPD])

    — Es wäre j a ganz gut, wenn man hier ausreden dürfte. — Es waren sicher nicht nur finanzielle Gründe, es waren sicher nicht nur praktische Gründe — ich habe den Bundesrat schon erwähnt —, sondern es waren auch ideologische Gründe von seiten der SPD. Letztlich war nämlich dieses Gesetz von den Vorstellungen der Sozialdemokraten über die Rolle der Frau in unserer Gesellschaft diktiert. Wenn es letzte Zweifel daran gegeben haben mag, daß die SPD mit Geld Rollenbilder und Rollenverhalten erzwingen will, werden sie durch den Gesetzentwurf der SPD zu diesem Thema ausgeräumt, den wir heute als Alternative vorgelegt bekommen haben. Frauen, die wegen Erziehung eines ersten Kindes schon zu Hause sind, schauten in der Vergangenheit in die Röhre und werden bei dem SPD-Entwurf schlechtergestellt als die Frauen, die vorher einen Arbeitsplatz hatten. Das ist die Tatsache, und das zeigt sehr eindeutig die Ideologie der SPD.
    Der heute vorliegende Entwurf der Regierung zum Erziehungsgeld kommt unseren Vorstellungen, unseren Positionen sehr viel näher. Er berücksichtigt die unterschiedlichen Lebensumstände und zwingt auch niemanden zu einem vom Geld diktierten Rollenverhältnis und Rollenverständnis. Das
    Gesetz bedeutet also nicht nur den lange schon notwendigen finanziellen Ausgleich bei der Erziehung der Kinder, sondern aus unserer Sicht eine eindeutige qualitative Verbesserung in diesem Bereich.
    Deswegen stehe ich und steht die FDP, für die ich hier spreche, grundsätzlich zu diesem Beschluß, und das, obwohl wir ja bei einigen Punkten Bauchschmerzen haben, mit denen ich auch hier nicht hinter dem Berg halten will.
    Da ist zum einen die Arbeitsplatzgarantie. Obwohl gerade über diesen Punkt des Gesetzentwurfes am intensivsten in der Öffentlichkeit diskutiert wurde, ist der Standpunkt der FPD nur selten sachgerecht und deutlich interpretiert worden.
    Unsere Haltung zu der von Heiner Geißler geforderten Arbeitsplatzgarantie entsprach zu keiner Zeit der uns ständig unterstellten Wirtschafts- und Industriehörigkeit. Wir argumentierten und argumentieren aus Sorge um die Arbeitschancen der Frau im Wettbewerb mit den Männern. Denn eine weitere Benachteiligung der Frauen am Arbeitsmarkt ist dadurch vorprogrammiert, ganz besonders aber durch die Vorschläge der SPD. So waren es vor allem die Frauen in der FDP, die hier warnend ihre Stimmen erhoben haben.
    Ich wende mich deshalb nicht nur an unseren Koalitionspartner, sondern auch an die Opposition. Es geht uns hier nicht um die Verhinderung irgendwelcher Schutzgesetze, sondern um einen Schutz und um ein Gesetz, das nicht gleichzeitig die zu Schützenden, nämlich die Frauen und Mütter, benachteiligt. Sozialdenkende und handelnde Unternehmer, die z. B. Frauen einstellen, werden durch arbeitsrechtliche Schutzgesetze Nachteile auf dem Markt bekommen, entweder nicht mehr konkurrenzfähig sein und weniger Frauen einstellen, oder aber, um konkurrenzfähig sein zu können, bald alle sozialen Vorstellungen über Bord werfen. In beiden Fällen ist dies gegen die Frauen gerichtet.
    Ähnliche Ergebnisse gibt es nicht nur bei diesem Gesetz, sondern auch bei Behindertengesetzen oder z. B. auch bei jungen Männern, die vor ihrer Wehrpflicht nicht mehr eingestellt werden.
    Meine Damen und Herren, Liberale wissen, daß der Markt blind für soziale Bedürfnisse ist. Wer aber die Effizienz des Marktes erhalten will, muß ihm diese Blindheit lassen. Es ist allerdings möglich, unsere Sozialgesetze so zu gestalten, daß sich diese Blindheit des Marktes nicht gegen die Arbeitnehmer richtet. Wir müssen soziale Gesetze mit marktadäquaten Methoden durchsetzen. Vielleicht verstehen Sie jetzt unsere Sorgen und meine Bedenken, die ich eingangs schon erwähnt habe. Es geht hier nicht um den Abbau des sozialen Schutzes der Frauen, sondern um eine andere Organisation der Sozialgesetze.
    Ich stehe hier nicht als Sprecher und Lobbyist der Unternehmer, sondern ich schätze das Verhalten der Menschen realistischer ein. Wir wissen, daß wir nicht den neuen Menschen gestalten können, und wollen Gesetze so haben, daß sie auch mit dem



    Eimer (Fürth)

    vorhandenen, unvollkommenen Menschen vernünftig funktionieren.

    (Gilges [SPD]: Wenn man Sie so reden hört, hofft man auf den neuen Menschen!)

    Bei der geplanten Arbeitsplatzgarantie hat die FDP aber immerhin eine Reihe von Verbesserungen und Entschärfungen erreicht, die die unvermeidlich negativen Auswirkungen für die Frauen mildern, wenn auch nicht ganz verhindern. Wegen der noch vorgenommenen Verbesserungen zur Chancengleichheit von Frauen und Männern, vor allem wenn sie sich um die Einstellung in Kleinbetrieben bewerben, werden wir dem Gesetz zustimmen. Dieses Gesetz ist — und das meine ich nicht in finanzieller Hinsicht, sondern in bezug auf die Arbeitsplatzchancen der Frauen — ein — wie ich meine — teures Abschiedsgeschenk von Heiner Geißler. Weitaus schwerer wiegt aber für mich der Rattenschwanz an Bürokratie, der mit diesem Gesetz verbunden werden soll. So haben wir zur Zeit neun wesentliche Einkommensgrenzen. Eine zehnte soll beim Erziehungsgeld hinzukommen. Alle haben unterschiedliche Höhen- und Einkommensbegriffe. Diese sind u. a. verfügbares Einkommen, Nettoeinkommen, modifiziertes Nettoeinkommen, modifiziertes verfügbares Einkommen, zu versteuerndes Einkommen, modifiziertes Bruttoeinkommen. Das alles bedeutet mehr Bürokratie und mehr Undurchsichtigkeit für den Bürger. Aber es bedeutet auch, daß jemand, der sich mehr anstrengt, zwar mehr Bruttolohn bekommt, aber weniger netto erhält, das heißt, die Mehranstrengung wird bestraft. Aber, so fürchte ich, in diesem Punkt rennen wir zur Zeit noch gegen die Uneinsichtigkeit der Mehrheit.
    Ich komme auf das zurück, was ich schon mehrmals vorgeschlagen habe und was auch unser Bundesvorsitzender Bangemann verschiedentlich aufgegriffen hat: Besser wäre der Wegfall der Einkommensgrenzen und eine Besteuerung der Sozialleistungen. Das würde bedeuten, daß derjenige, der ein hohes Einkommen hat, nur minimal von den Sozialleistungen profitiert und der, der wenig oder gar kein Einkommen hat, sehr viel davon hat. Die Argumente, die bisher gegen diese Vorschläge gebracht wurden, sind mehr als schwach, und die Beispiele, die von seiten der Sozialdemokraten aufgeführt wurden, sind völlig am Thema und an unseren Vorschlägen vorbeigegangen. Unsere Vorschläge sind weitaus transparenter und unbürokratischer als alles das, was bisher in der Sozialgesetzgebung gang und gäbe ist.
    Widerstand gegen die organisatorische Abwicklung des Erziehungsgeldgesetzes kommt auch aus Bayern. Unbestritten ist, daß die Bayern eine effektive Verwaltung haben. Aber unumstritten ist wohl auch, daß die Bayerische Staatsregierung nicht gerade ein Ausbund an Liberalität ist. Wenn also die Bayern meinen, daß dieses Gesetz auch aus zeitlichen Gründen vom Verwaltungsaufwand noch verbesserungsfähig ist, so sollten wir diese bayerischen Vorschläge zumindest sehr genau prüfen und uns gemeinsam im Ausschuß um Verbesserungen bemühen.

    (Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU)

    Jedes Gesetz verläßt normalerweise den Bundestag anders, als es eingebracht wurde. Die Beratungen sind deshalb nicht nur da, um politische Richtungen abzustecken, sondern auch, um die Gesetze noch vor ihrer Verabschiedung zu verbessern. Es gibt auch in diesem Gesetz noch einige Punkte, die nur unzureichend geklärt sind, politisch aber sicherlich keine unüberwindlichen Probleme darstellen. Das Gesetz sieht vor, daß während des Erziehungsurlaubs Teilzeitarbeit geleistet werden kann. Jemand, der bisher privat versichert ist, würde dadurch in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig. Die Frage ist: Ist das zweckmäßig? Ist das die Absicht des Gesetzgebers?
    Ein weiterer Punkt sind die Beiträge zur Krankenversicherung. Wer soll sie zahlen? Eine Beitragsfreiheit würde bedeuten, daß die ohnehin schwache Finanzlage der Krankenkasse weiter strapaziert würde.
    Ein anderer noch ungeklärter Punkt betrifft Paare, die ohne Trauschein zusammenleben, aber gemeinsame Kinder erziehen. Auch hier müssen wir prüfen, ob der Erziehungsurlaub unter ganz bestimmten Voraussetzungen nicht auch auf die unverheirateten Väter ausgedehnt werden sollte. Ich möchte nicht, daß das Gesetz zum Schluß noch an einer Verfassungsklage scheitert.
    Der letzte Punkt betrifft die Versorgungsleistungen für Beamtinnen. Hier muß geklärt werden, ob durch das geplante Gesetz Beamte bei ihrer späteren Pension nicht gegenüber Arbeitern und Angestellten benachteiligt werden. Ich kann diese Punkte noch nicht im einzelnen überblicken, aber ich glaube, daß es notwendig sein wird, Unklarheiten vorher, d. h. noch während der Beratungen zu diesem Gesetz, zu beseitigen.
    Ich habe meine und unsere Bedenken hier ausgesprochen, und ich möchte daher die grundsätzliche Bereitschaft der Freien Demokraten zum Familienlastenausgleich, zum Erziehungsgeld und zum Erziehungsurlaub unterstreichen.

    (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Es ist aus unserer Sicht nicht ohne Mängel, aber die positiven Seiten überwiegen bei weitem. Ich muß dies zum Schluß betonen, damit nicht durch die Aufzählung von kritischen Punkten in der Öffentlichkeit und auch hier im Plenum ein falsches Bild über unsere Meinung zu diesem Gesetz entsteht. Das Gesetz ist notwendig und entspricht im großen und ganzen der Programmatik und den Vorstellungen der FDP. Wir werden uns an die Abmachungen mit unserem Koalitionspartner halten. Wir wollen, daß das Gesetz zügig, aber auch mit aller Sorgfalt beraten wird.
    Zum Schluß möchte ich einige Bemerkungen zur Bundesstiftung „Mutter und Kind" machen. Die Union weiß, die FDP läßt am § 218 nicht rütteln.



    Eimer (Fürth)

    Dies ist ein Punkt, der sich menschlicher Beurteilung entzieht. Aber wir Liberale wissen auch, daß wir in der Pflicht und in der Verantwortung sind, alles zu tun, um die Ursachen zur Abtreibung abzubauen. Dieses Gefühl für die Verantwortung, die wir da auf uns laden, konnte ich bei dem Beitrag der GRÜNEN nicht feststellen. Die Erhöhung der Finanzmittel für die Stiftung um 10 Millionen DM ist von der Sache und vom Erfolg der Stiftung her nötig und berechtigt. Mit dem Koalitionspartner werden wir beide Gesetze, Erziehungsgeld und Stiftung, verwirklichen und verbessern.
    Vielen Dank.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)



Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat Frau Abgeordnete Dr. Lepsius.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Renate Lepsius


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsidentin! Liebe Kollegen! Liebe Kolleginnen! Als ich vor mehr als sechs Jahren für meine Fraktion, die SPD-Bundestagsfraktion, das Vergnügen hatte, den Mutterschaftsurlaub über die parlamentarischen Klippen zu bringen, übrigens mit diesem sehr persönlichen Glücksgefühl, daß endlich auch die erwerbstätigen Frauen die Chance erhalten, ihr Baby ein halbes Jahr selbst zu erziehen,

    (Frau Dr. Däubler-Gmelin [SPD]: Sehr richtig!)

    da hätte ich mir wirklich nicht träumen lassen, daß eine von der Union geführte Bundesregierung diesen Mutterschaftsurlaub einfach kassieren

    (Beifall bei der SPD)

    und durch ein gleichmacherisches und nivellierendes Erziehungsgeld ersetzen könnte.

    (Frau Verhülsdonk [CDU/CSU]: Die Hausfrauen stellen wir jetzt gleich!)

    Heute sind Sie nun angetreten, das Mutterschaftsurlaubsgesetz zu beerdigen, das für Millionen erwerbstätiger Frauen in der Bundesrepublik mehr Freiheit, Familie und Beruf miteinander zu vereinbaren, ermöglicht hat.

    (Frau Karwatzki [CDU/CSU]: Wo bleiben die Hausfrauen?)

    — Ich will das gleich sagen. Sie wissen ganz genau, daß wir hier im Haus gemeinsam eine Entschließung gefaßt und gesagt haben: Dies ist der erste Schritt,

    (Frau Karwatzki [CDU/CSU]: Wir haben den zweiten gemacht!)

    dem ein Elternurlaub folgen soll. Die CDU/CSU — Frau Männle, ich möchte auf Ihre Wohltaten zu sprechen kommen, Sie waren damals noch nicht im Haus — hat damals einen Familiengesetzentwurf vorgelegt. Das war ein Milliardending. Es sollte 11 Milliarden kosten. Gott sei Dank, sind Sie von diesem Ding inzwischen abgerückt. Aber die Tatsache bleibt: Handstreichartig soll nun der Mutterschaftsurlaub kassiert werden.

    (Beifall bei der SPD — Pfeffermann [CDU/ CSU]: Was heißt hier „handstreichartig"?! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    Damit soll der ideologische Wendecharakter zurück ins Patriarchat im Grunde genommen zementiert werden.

    (Beifall bei der SPD — Zurufe von der CDU/CSU)

    — Ja, was machen Sie denn? Zwar loben Sie sich selbst, aber tatsächlich sind es die Frauen in der Bundesrepublik, die die Zeche Ihrer dreijährigen Sparpolitik gezahlt haben. Es sind die Hausfrauen, die von der Union aus der Invaliditätsversicherung und -sicherung herausgeschmissen wurden

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das ist auch Quatsch!)

    — aber ich bitte Sie, so ist es doch! —, und es sind die erwerbstätigen Frauen, denen die Union ein volles Babyjahr in der Rentenversicherung nicht zubilligt. Viele der erwerbstätigen Frauen werden sogar keine müde Mark vom Babyjahr sehen.
    Es sind auch die erwerbstätigen Frauen, die die Neuordnung der Hinterbliebenenversorgung bezahlen müssen, denn die Erwerbstätigkeit von Ehepaaren wird durch die Anrechnung ihrer Rentenansprüche oder gar durch eine völlige Streichung bestraft. Da ist ja wirklich eine Steigerung gar nicht mehr möglich.

    (Beifall bei der SPD)

    Es sind auch die erwerbstätigen Frauen, deren Arbeitsplätze die Union durch das sogenannte Beschäftigungsförderungsgesetz ironischerweise unsicherer statt sicherer gemacht hat;

    (Beifall bei der SPD)

    die unterschiedlichen Formen der Teilzeitarbeit hat sie der sozialen Sicherung beraubt.
    Dieser für die Frauen verheerend negativen Bilanz fügen Sie nun zynischerweise ein Erziehungsgeld hinzu, bei dem erwerbstätige Frauen gegen Hausfrauen kalt ausgespielt werden — Herr Geißler hat dies ja heute wiederum deutlich gemacht — und bei dem teilzeitbeschäftigte Väter und Mütter durch Ihre 19-Stunden-Regelung

    (Zuruf von der SPD: Unglaublich!)

    noch den Schutz der Arbeitslosenversicherung verlieren. Das tun Sie doch nicht etwa unüberlegt, sondern sehr überlegt.
    Ihre Bilanz ist erschreckend.

    (Beifall bei der SPD)

    Sie haben sich mit der Parole von der Gleichberechtigung der Frauen im Grunde genommen nur eine Maske vorgehalten.

    (Beifall bei der SPD)

    Sie haben erst bei den erwerbstätigen Frauen und
    bei den Hausfrauen Milliarden eingesammelt, und
    dann haben Sie durch Kürzungen bei der Ausbil-



    Frau Dr. Lepsius
    dungsförderung und beim Familienlastenausgleich von unten nach oben verteilt und haben damit vor allem und in erster Linie die Frauen getroffen. Den mühsamen, wirklich mühsamen Weg zu mehr Partnerschaft von Mann und Frau, zu mehr Vereinbarkeit von Familie und Beruf und damit zu mehr Gleichberechtigung haben Sie verlassen. Das ist Ihr Markenzeichen, und darum laufen Ihnen übrigens auch die Wählerinnen in Scharen weg. Das tun sie immer noch!

    (Beifall bei der SPD)

    Mit Ihrer gleichmacherischen und nivellierenden Erziehungsgeldlösung wollen Sie die Frauen täuschen, denn Sie halten sich an Ihre alte Gesamtstrategie: Sie wollen den Frauen ihr Teilnahme am Erwerbsleben so versauern, daß sie wieder an den heimischen Herd zurückkehren;

    (Beifall bei der SPD)

    Erwerbstätigkeit soll sich für Frauen letztlich nicht mehr lohnen.
    Erstens. In den drei Jahren Ihrer Regierungsverantwortung haben Sie bei Hausfrauen, berufstätigen Frauen und Familien mehr Geld eingesammelt, als Frauen und Familien ab 1. Januar 1986 durch Ihre familien- und finanzpolitischen Maßnahmen jemals wieder erhalten werden. Diese Aussage stammt nicht von mir. Die Maßnahmen der Union werden, so heißt es in einer katholischen Stellungnahme, zusammengenommen nicht einmal annähernd die Leistungen für Frauen und Familien der sozialliberalen Koalition aus dem Jahre 1982 erreichen.

    (Beifall bei der SPD — Frau Fuchs [Köln] [SPD]: So ist es!)

    Zweitens. Zynisch und unverblümt haben Sie von unten nach oben umverteilt, aber klammheimlich und mit Geißlerischer — nicht gleisnerischer — Arroganz

    (Zustimmung bei der SPD)

    hat die Union den erwerbstätigen Frauen erst etwas genommen, und den nicht erwerbstätigen Frauen will sie jetzt das geben, was sie im Grunde allen Frauen genommen hat.

    (Schlottmann [CDU/CSU]: Alle ohne Ausnahme bekommen das Erziehungsgeld! Erzählen Sie doch nichts Verkehrtes!)

    Das nennen Sie jetzt auch noch Fortschritt. Es wäre in der Tat fortschrittlich gewesen, wenn Sie das alte Mutterschaftsurlaubsgesetz mit seinem leistungsrechtlichen, arbeitsrechtlichen und sozialrechtlichen Teil in der ursprünglichen Fassung von 1979 wiederhergestellt hätten. Sie hätten auch das Mutterschaftsgeld dynamisieren können und tatsächlich zu einem Elternschaftsgeld ausbauen können. Das haben Sie aber nicht getan. Weder haben Sie in Ihrem Erziehungsgeldentwurf das alte Mutterschaftsgeld wiederhergestellt, noch haben Sie für die erwerbstätigen Mütter die uneingeschränkte Arbeitsplatzgarantie aus dem Mutterschaftsurlaub übernommen, noch erwerbstätigen Frauen das Babyjahr zur Rente zugeschlagen.
    Ich habe mich immer gefragt: Was hält Sie davon ab, ein so bewährtes Leistungsgesetz, das von 95 % der erwerbstätigen Mütter angenommen wurde, schlicht und einfach einzusammeln? Es muß dafür doch einen Grund geben.

    (Zurufe von der CDU/CSU: Was machen die Hausfrauen? Die zählen nicht! — Alle aus dem Haus jagen!)

    Mit unserem Elternurlaubsgesetz gehen wir Sozialdemokraten von der grundlegenden Konzeption aus, daß Ungleiches nicht gleichbehandelt werden kann, also für ungleiche soziale Tatbestände auch entsprechende differenzierte strukturelle Ansätze gesucht werden müssen.

    (Beifall bei der SPD)

    Eine Gießkannenlösung — das ist j a Ihr altes Übel; das war bei Heck so, und das ist jetzt bei Ihnen genauso geblieben —

    (Frau Karwatzki [CDU/CSU]: Und unter Huber noch schlimmer!)

    behandelt eben Ungleiches gleich und schafft damit in Wahrheit erst ein Zweiklassenrecht für erwerbstätige Mütter und Familienmütter.

    (Beifall bei der SPD — Zuruf von der CDU/ CSU: Wer hat das Kindergeld für die Armen gekürzt?)

    Es ist zu komisch,

    (Zuruf von der CDU/CSU: Traurig!)

    — es ist wirklich traurig; ich nehme Ihr Wort auf —: Eher bringt man einen Alkoholiker von der Flasche als die Union von der Gießkanne! Daran hat sich nichts geändert.

    (Beifall bei der SPD — Zuruf von der CDU/ CSU: Das ist aber lustig, sehr lustig!)

    Dabei sieht der typische Lebenslauf einer Frau so aus, daß sich Phasen einer überwiegenden Erwerbstätigkeit und der Erziehung und Betreuung von Kindern in der Familie überschneiden. Frau Schmidt hat das sehr überzeugend dargelegt. Es gibt also den von der UNION aufgeworfenen Graben zwischen Hausfrauen und erwerbstätigen Frauen überhaupt nicht. Der vorliegende Gesetzentwurf der SPD-Bundestagsfraktion wird mit der Wiederherstellung des Mutterschaftsurlaubs und der Einführung des Elternurlaubs für Väter und Mütter den unterschiedlichen Phasenübergängen tatsächlich gerecht.
    Ich muß zum Schluß kommen.

    (Dr. Rose [CDU/CSU]: Das ist der schönste Satz!)

    Unser Entwurf hat eine Funktion nicht, die hat der Mutterschaftsurlaub auch nie gehabt: daß die Erziehung eines Kindes von Staats wegen honoriert werden soll. Beim Mutterschaftsurlaub handelt es sich um einen teilweisen Lohnersatz, eine Entschädigung für die vorübergehend aufgegebene Erwerbstätigkeit. Der Elternurlaub ist konzeptionell anders angelegt. Ich möchte das noch einmal ganz klar machen. Sie können nicht beides zugleich machen.



    Frau Dr. Lepsius
    Sie können nicht durch ein einheitliches, über einen Kamm geschorenes Erziehungsgeld

    (Frau Fuchs [Köln] [SPD]: Gleichmacherei!)

    den erwerbstätigen Müttern den Lohnausfall ersetzen und es gleichzeitig als Lohn für Hausfrauen und Familienmütter einsetzen und sie damit abhängig machen. Das sehen auch die DGB-Frauen nicht anders.

    (Dolata [CDU/CSU]: Natürlich versuchen wir Ungerechtigkeiten zu beseitigen!)

    Ich muß hier leider aufhören. Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

    (Beifall bei der SPD)