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ID1015700300

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    Plenarprotokoll 10/157 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 157. Sitzung Bonn, Freitag, den 13. September 1985 Inhalt: Nachruf auf den Abg. Conrad (Riegelsberg) 11771A Erweiterung der Tagesordnung 11771 B Aktuelle Stunde betr. Maßnahmen zur gewaltfreien Lösung der Konflikte in Südafrika Schmidt (Hamburg-Neustadt) GRÜNE 11771 C Klein (München) CDU/CSU 11772 C Roth SPD 11773C Schäfer (Mainz) FDP 11774C Genscher, Bundesminister AA 11775 B Verheugen SPD 11776 D Graf von Waldburg-Zeil CDU/CSU . . 11777C Frau Dr. Hamm-Brücher FDP 11778 B Dr. Hauchler SPD 11779 B Repnik CDU/CSU 11780 B Schwarz CDU/CSU 11781 B Toetemeyer SPD 11782 B Dr. Hornhues CDU/CSU 11783 B Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Gewährung von Erziehungsgeld und Erziehungsurlaub (Bundeserziehungsgeldgesetz) — Drucksache 10/3792 — in Verbindung mit Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Förderung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf (Elternurlaubsgesetz) — Drucksache 10/3806 — in Verbindung mit Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Errichtung einer Stiftung „Mutter und Kind — Schutz des ungeborenen Lebens" — Drucksache 10/3805 — Dr. Geißler, Bundesminister BMJFG . 11784 C Frau Schmidt (Nürnberg) SPD 11792 A Frau Männle CDU/CSU 11796C Frau Wagner GRÜNE 11799 C Eimer (Fürth) FDP 11802C Frau Dr. Lepsius SPD 11805A Frau Verhülsdonk CDU/CSU 11807A Rapp (Göppingen) SPD 11808B Schlottmann CDU/CSU 11810A Frau Matthäus-Maier SPD 11813A Frau Dr. Adam-Schwaetzer FDP . . . 11815C Schreiner SPD 11817A Nächste Sitzung 11818 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten 11819* A Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 157. Sitzung. Bonn, Freitag, den 13. September 1985 11771 157. Sitzung Bonn, den 13. September 1985 Beginn: 8.01 Uhr
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    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Ahrens* 13. 9. Antretter** 13. 9. Bastian 13. 9. Berschkeit 13.9. Dr. Enders* 13. 9. Eigen 13. 9. Ertl 13. 9. Eylmann 13. 9. Dr. Faltlhauser 13. 9. Dr. Götz 13. 9. Götzer 13. 9. Haase (Fürth) * 13. 9. Dr. Hüsch 13. 9. Hoffie 13. 9. Ibbrügger*** 13. 9. Frau Hönes 13. 9. Frau Kelly 13. 9. Kohn 13. 9. Dr. Kreile 13. 9. Frau Krone-Appuhn 13. 9. Dr. Kunz (Weiden) 13. 9. Lemmrich* 13. 9. Lenzer* 13. 9. Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Löffler 13. 9. Lowack 13. 9. Menzel 13. 9. Dr. Müller* 13. 9. Dr. Müller (Bremen) 13. 9. Poß 13. 9. Reuschenbach 13. 9. Schmidt (Hamburg) 13. 9. Schmidt (Wattenscheid) 13. 9. Schmitz (Baesweiler) 13. 9. Dr. Schneider (Nürnberg) 13. 9. Dr. Sperling 13. 9. Stockhausen 13. 9. Dr. Unland** 13. 9. Voigt (Frankfurt) 13.9. Voigt (Sonthofen) 13. 9. Volmer 13. 9. Wilz 13. 9. Wischnewski 13. 9. Wissmann 13. 9. Zander 13. 9. Zierer 13. 9. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union *** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung
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    Rede von Hans Klein


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit polemisch-aggressiven Redensarten wie diesen stiftet man keinen Frieden.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Feilcke [CDU/CSU]: So ist es!)

    In Südafrika geht es für Millionen von Menschen um Leben oder Tod.

    (Mann [GRÜNE]: Jetzt sind wir aber mal gespannt!)

    Die ganze westliche Welt lädt schwere Verantwortung auf sich, wenn sie in dieser dramatischen Situation das Falsche tut, wenn sie ihre moralische Kraft, ihre wirtschaftlichen Möglichkeiten und ihren politischen Einfluß nicht rückhaltlos für die Betroffenen einsetzt.

    (Ströbele [GRÜNE]: Für welche?)

    Wir alle in diesem Hohen Hause wollen, daß die menschenunwürdige Apartheid so rasch wie irgend möglich beseitigt wird.

    (Ströbele [GRÜNE]: Dann tun Sie was!)

    Wir alle wollen, daß die 24 Millionen Schwarzen in fairer Weise an der politischen Macht teilhaben, die heute von 5 Millionen Weißen und seit kurzem in begrenztem Umfange auch von 3 Millionen Mischlingen und 1 Million Asiaten ausgeübt wird.

    (Dr. Schierholz [GRÜNE]: Und was fair ist, bestimmen Sie?)

    Wir alle wollen, daß die bislang Benachteiligten gerechte Chancen zu schulischer und beruflicher Ausbildung, zu wirtschaftlicher und kultureller Entfaltung erhalten. Wir wollen, daß alle Bewohner Südafrikas ihren Lebensstandard weiter erhöhen und die Wirtschaftskraft des Landes auch zum Nutzen ihrer Nachbarn einsetzen können.
    Also drängen wir die südafrikanische Regierung,

    (Zuruf von den GRÜNEN: Wie denn?)

    den Reformkurs beschleunigt fortzusetzen, den sie mit der Aufhebung des Verbots zwischenrassiger Eheschließungen, mit dem Verbot der Lohndiskriminierung und der Rassentrennung im Sport und mit der Wiederzuerkennung der Staatsbürgerschaft für Schwarze aus den sogenannten Homelands eingeschlagen hat! Helfen wir den schwarzen Millionenvölkern der Zulu, Xhosa, Sotho, Tswana und Shangaan — um nur die größten zu nennen —, aber



    Klein (München)

    auch den Millionen städtischer Schwarzer, den Mischlingen, den Indern und den Chinesen,

    (Zuruf von den GRÜNEN: Schöne Worte!)

    den holländisch-, englisch-, deutsch- oder jüdischstämmigen Weißen, gemeinsam eine staatliche Struktur zu entwickeln, die demokratischen Fortschritt ermöglicht und primitive Schwarzweißvorstellungen überwindet!

    (Zuruf von der SPD: Wer hat die denn?)

    Werfen wir, Europäer und Amerikaner, unsere Ressourcen zusammen, und bauen wir Schulen, bauen wir Ausbildungsstätten in Südafrika, unterstützen wir die Heranbildung eines bäuerlichen, handwerklichen und kleinindustriellen Mittelstands aller Rassen und Bevölkerungsgruppen!
    Dies setzt freilich voraus,

    (Duve [SPD]: Daß man nicht zu spät kommt!)

    daß wir jene weißen südafrikanischen Politiker, die den Weg zur Überwindung der Rassentrennung angetreten haben, ermutigen, nicht beschimpfen.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP — Zurufe von den GRÜNEN)

    Für die Schaffung eines Staatswesens, das allen Südafrikanern Heimat ist, Gleichheit vor dem Gesetz garantiert und die vollen Menschenrechte gewährleistet, ist in diesem Stadium — wovon bis jetzt auch die Mehrheit der Schwarzen überzeugt ist — die Formel „One man, one vote" ebenso untauglich wie etwa bei uns bei den Europawahlen.

    (Hört! Hört! bei den GRÜNEN)

    Da haben die Bewohner kleiner Staaten auch relativ mehr Stimmen als die größerer Staaten.

    (Lachen bei der SPD und den GRÜNEN)

    — Es tut mir leid, meine Damen und Herren, wenn Sie die Wahlgesetze in Europa nicht kennen; Sie werden das schon noch lernen.
    Die friedliche Evolution voranzubringen erfordert aber die sichtbare und spürbare Unterstützung der friedlichen, kooperationsbereiten Kräfte, nicht die internationale Aufwertung der radikalen Revolutionsprediger.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Hier hat sich die südafrikanische Regierung allerdings gefährlicher Kurzsichtigkeit schuldig gemacht, weil sie anerkannten moderaten Führern wie etwa Gathsa Buthelezi das verweigerte, was sie unter dem Druck gewalttätiger Demonstrationen teilweise zugestand.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Es fällt mir schwer,

    (Zuruf von der SPD: Das merkt man!)

    meinen Abscheu vor jenen zu unterdrücken, die vor
    dem Hintergrund des vorrevolutionären Szenarios
    in Südafrika bei uns oder anderswo politisches Showgeschäft betreiben.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe von den GRÜNEN)

    Sanktionsforderungen aufstellen heißt in diesem Falle moralisch posieren — ohne Rücksicht auf die tödliche Zwangsläufigkeit der Folgen.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU — Widerspruch bei der SPD und den GRÜNEN)

    Oder haben wir schon vergessen, wie erregt die Proteste gegen den Schah und wie flau die Reaktionen auf das Blutregime seines Nachfolgers waren?

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Zum Schluß möchte ich die eindringliche Bitte an die Bundesregierung richten, den Bericht über das Treffen der EG-Außenminister sehr sorgfältig zu prüfen, insbesondere auch die Auswirkungen der geplanten Maßnahmen auf die schwarze Bevölkerung. Denn wir wollen friedliche Reform und nicht blutige Revolution.

    (Beifall bei der CDU/CSU und bei Abgeordneten der FDP)



Rede von Heinz Westphal
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Roth.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Wolfgang Roth


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eine Bemerkung zum persönlichen Engagement vorweg. Ich habe sechs Jahre die Beziehungen der Sozialdemokratischen Partei zu Organisationen im südlichen Afrika koordiniert. Nur in einer Frage stimme ich mit meinem Vorredner überein: Die Verhältnisse sind etwas komplizierter, als sie sich in der Presse und in der Medienwirklichkeit Europas darstellen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wir Sozialdemokraten haben uns die Auseinandersetzung, beispielsweise über die Frage von Sanktionen, nie leichtgemacht. Aber eines kann ich von uns sagen: Wir haben die Beziehungen zu Südafrika und zur Situation dort nie zum billigen Medienspektakel mißbraucht. Ich halte den Politklamauk, den die GRÜNEN in der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland eine Woche lang jetzt aufführen, für lächerlich, widerlich und unerträglich.

    (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP — Horacek [GRÜNE]: Und wenn es auch nur eine symbolische Aktion war!)

    Ich sagte schon: Wir haben es uns nicht leichtgemacht. Wir haben in den letzten Jahren die Wirtschaftssanktionen nicht unterstützt, weil wir fest davon überzeugt waren, daß eine positive wirtschaftliche Entwicklung in der Republik Südafrika den Widerspruch zwischen moderner Wirtschaft auf der einen Seite und reaktionärer politischer und gesellschaftlicher Struktur auf der anderen Seite verschärfen und somit von innen heraus schrittweise eine grundlegende Reform erzwungen werden würde. Vor allem könnte, so haben wir analysiert, eine schnell wachsende Elite von schwarzen



    Roth
    Arbeitnehmern den Veränderungsprozeß aus dem schwarzen Lager heraus reformorientiert tragen.

    (Frau Dr. Hamm-Brücher [FDP]: Sehr wahr!)

    Meine Damen und Herren, aber die südafrikanische Regierung hat exakt diese Chance vertan, und zwar von oben.

    (Beifall bei der SPD)

    Es wurden zwar kosmetische Reförmchen eingeleitet. Sie sollten das Ausland beruhigen. Nach innen wurde aber gerade in den letzten Jahren der Polizeistaat perfektioniert.
    Ich sage das auch sehr konkret: Gerade unsere ständigen Gesprächs- und Kooperationspartner aus der freien Gewerkschaftsbewegung, jene Partner, die die demokratische Front organisiert haben, freiheitliche Organisationen, wurden gerade im letzten Jahr in Massen ins Gefängnis geworfen. Sie sind in den Gefängnissen verschwunden. Das heißt, die Reformkräfte wurden isoliert und gefoltert, nicht etwa jene, die außerhalb des Landes in Aktion waren.

    (Mann [GRÜNE]: Was haben Sie dagegen getan, Herr Kollege Roth? — Schöne Reden gehalten! — Ströbele [GRÜNE]: Ein wichtiges Gesicht gemacht!)

    Meine Damen und Herren, wer angesichts dieser Lage die südafrikanische Regierung stützt — wie Teile dieser Regierung oder beispielsweise der bayerische Ministerpräsident —, verrät nach meiner Meinung den Gleichheits- und Freiheitsgrundsatz, der gerade in unserem Grundgesetz auch für die Außenpolitik postuliert wird,

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    oder er scheint Südafrika nur aus der Kumpanei in burischen Zirkeln oder aus Großwildjagden zu kennen.

    (Mann [GRÜNE]: Ein Schönschwätzer!)

    Heute möchten wir endlich einmal erfahren, was die Koalition nun tatsächlich will. Es ist erstaunlich gewesen, wie diffus die Willensbildung im Auswärtigen Ausschuß war. Wie steht die Koalition beispielsweise zu der Gegenhaltung von Mitgliedern der CSU zu den Vorschlägen der EG? Das frage ich den Herrn Außenminister.
    Meine Damen und Herren, lassen Sie mich ganz kurz unsere Alternativen zusammenfassen:
    Erstens. Das Apartheidsregime muß politisch isoliert sein.
    Zweitens. Die demokratische Bewegung auch im weißen Lager muß entschieden unterstützt werden.
    Drittens. Es ist notwendig, konkrete, nachvollziehbare, auch wirtschaftliche Sanktionen, die die Entschlossenheit des Westens demonstrieren, jetzt durchzusetzen.

    (Beifall des Abg. Werner [Westerland] [GRÜNE])

    Ich bin zutiefst überzeugt, daß demokratische Kräfte, die es in der nationalen Partei genau gibt wie in der liberalen Partei in Südafrika, gestärkt werden, wenn wir entschlossenen Druck aus Europa gegen Südafrika durchsetzen.

    (Beifall bei der SPD)