Rede von
Bernd
Wilz
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! CDU/CSU und FDP sind fest entschlossen, den uns als Erblast von der SPD hinterlassenen Verwendungsstau in der Bundeswehr zu lösen. Ich wiederhole noch einmal die entscheidenden Gründe, die uns zum Handeln zwingen.
Personalkegel entfalten Wellenbewegungen. Wo Berge sind, da folgen Täler. Behalten wir den Verwendungsstau, so werden wir in den 90er Jahren ein Personalloch haben. Die dann wegen der geburtenschwachen Jahrgänge fehlenden, aber dringend benötigten Offiziere können jetzt nicht in den Dienst übernommen werden, weil die vorhandenen Planstellen blockiert sind. Schon deshalb muß der Verwendungsstau gelöst werden.
Der zweite Grund ist bundeswehrspezifisch. Verwendungswechsel und Versetzungen sind ein besonderes Kennzeichen des Offiziersberufs. Ein Offizier, der nicht verschiedene Funktionen und Truppenteile kennt, ist wie ein Reiter ohne Pferd. Die Schlagkraft einer Armee steht und fällt mit der Beweglichkeit ihres Führerkorps und der Einheitlichkeit ihrer Führung. Für beides ist eine umfassende Verwendungsbreite erforderlich; denn nur bei regelmäßig wechselnden Verwendungen, bei ständig neuen Aufgaben und Anforderungen bleibt der einzelne beweglich. Und nur wo möglichst viele mit Führungsaufgaben betraute Offiziere möglichst viele Teile des Ganzen kennen, entsteht einheitliche Führung.
Drittens: Der Verwendungsstau bringt es mit sich, daß Kompaniechefs und Kommandeure der Bundeswehr heute mit Abstand die ältesten in der NATO sind. Das ist deshalb so brisant, weil das Lebensalter in militärischen Verwendungen eine unvergleichlich viel größere Rolle spielt als in jedem anderen Beruf; denn, meine Damen und Herren, wie steht denn ein Kompaniechef da, der härteste Anforderungen an seine Soldaten bei der Ausbildung stellt, aber selbst nicht mehr in der Lage ist, diese zu erfüllen?
Der Einsatz im Gelände, auf See und in der Luft — hören Sie gut zu — fordert schnelles Reaktionsvermögen, energisches Handeln und höchste körperliche Verwendungsfähigkeit.
Dies gilt heute so wie früher.
Meine Damen und Herren, bei allen Mißverständnissen, die das Beispiel hervorrufen mag: Hannibal war 28, als er als Feldherr die Alpen überquerte.
— Der Wilz ist 42.
Heute sind sogar schon viele der Kompaniechefs über 40 Jahre alt.
Daß das Problem des Verwendungsstaus dringend gelöst werden muß, ist also im Grunde genommen selbstverständlich.
Solange Sie, meine Damen und Herren von der SPD, in der Regierungsverantwortung standen, war das für Sie ebenfalls selbstverständlich. Es waren die von Ihnen gestellten Verteidigungsminister, die seit 1970 von Weißbuch zu Weißbuch jedesmal wieder klar und deutlich feststellten, daß der Verwendungsstau immer stärker auf die Bundeswehr zukommt und dringend gelöst werden muß. Daß Sie es bei dieser Feststellung bewenden ließen und im übrigen die Hände falteten, ist eigentlich gar nicht so überraschend; unangenehme Gesetzentwürfe haben Sie im Grunde immer gern auf die lange Bank geschoben.
Daß Sie dann, kaum hatten wir die Regierungsverantwortung übernommen, eine rasche Lösung genau der Probleme forderten,
bei denen Sie selbst die Hände in den Schoß gelegt hatten,
mag man noch als legitimen politischen Opportunismus ansehen.