Rede von
Claus
Jäger
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zum Thema der Menschenrechte noch ein Wort für unsere Fraktion sagen.
Wir begrüßen es, daß sowohl der Kollege Mertes, der das übrigens schon schriftlich im März ganz deutlich und ausdrücklich getan hatte, als auch der Kollege Staatssekretär Köhler in der heutigen Aussprache ganz klar, ganz deutlich, ganz eindeutig die schweren und anhaltenden Menschenrechtsverletzungen in Guatemala kritisiert und verurteilt haben. Ich schließe mich den Kollegen an, die das hier auch namens unserer Fraktion getan haben, um damit klar und deutlich zu bekunden: Für uns gibt es in dieser Frage keine Doppelzüngigkeit und keine Doppelbödigkeit. Wir prangern Menschenrechtsverletzungen in jedem Teil der Welt an, wo auch immer sie geschehen, auch in Guatemala, meine Damen und Herren.
Allerdings füge ich hinzu: Wer den Bericht gelesen hat, den der Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen Lord Colville über seine Untersuchungen in Guatemala angestellt hat, muß zugeben, daß es falsch wäre, die Mordtaten, die Verschleppungen, die übrigen Menschenrechtsverletzungen ausschließlich und allein den Todesschwadronen, der Armee oder anderen von der Regierung gesteuerten Kräften zuzuschreiben, sondern daß sich auch Guerilleros linksextremistischer wie rechtsextremistischer Herkunft an diesen Taten beteiligt haben. Ich hätte erwartet, daß auch deren Schuld mit gleicher Deutlichkeit und mit gleicher Klarheit von den Sprechern der Opposition hier verurteilt worden wäre.
Meine Damen und Herren, uns scheint überhaupt, daß hier ein Defizit vorhanden ist. Ich habe noch nie gehört, daß Sie mit dem Eifer, und mit dem gleichen Nachdruck mit denen Sie jetzt dem Kollegen Warnke bei seiner Reise nach Guatemala gute Ratschläge zur klaren Verurteilung von Menschenrechtsverletzungen mitgeben, Ministern oder Regierungsmitgliedern ähnliche Ratschläge mitgegeben hätten, die etwa in die Sowjetunion oder nach Polen gereist sind. Wir, Herr Kollege Klose, hätten es z. B. begrüßt, wenn Ihr Fraktionsvorsitzender bei seinem Besuch in Polen ein genauso deutliches Bekenntnis zu den Kräften der dortigen Opposition gegeben hätte, wenn er das Grab des Märtyrers Popieluszko besucht hätte, wenn er mit den Vertretern der Solidarnosc gesprochen hätte. Das hätte Ihre Ausführungen viel glaubwürdiger gemacht, mit denen Sie hier uns und der Bundesregierung Aufforderungen auf diesem Gebiet mit auf den Weg geben.
Meine Damen und Herren, ich teile die Auffassung, daß der Besuch des Bundesministers Warnke keine Aufwertung eines Militärregimes, sondern die Aufwertung eines demokratischen Prozesses, j a die Förderung und die Unterstützung eines demokratischen Prozesses ist, der nach allem, was die Fachleute sagen, allein in der Lage ist, die schrecklichen Untaten und Menschenrechtsverletzungen zu stoppen, die in diesem Land begangen werden.
Meine Damen und Herren, auf die Scheuklappenargumente der Herren Vertreter der GRÜNEN brauche ich hier nicht einzugehen; sie sind von ideologischer Blindheit und nicht von objektiver Betrachtung der Situation gekennzeichnet. Ich setze mich mit dem auseinander, was die Opposition hier sagt, und wir sind uns darin einig, daß wir gemeinsam Menschenrechtsverletzungen verhindern müssen, wo wir das können, daß wir sie anprangern müssen, wo sie geschehen sind, und daß wir mit großer Deutlichkeit sagen müssen, wo die Grenzen unserer Zusammenarbeit liegen.
Aber dazu, Herr Kollege Klose, ein letzes Wort: Sie haben ein außerordentlich kühnes Wort gesprochen, als Sie sagten: Kontakte werden sich ja wohl nicht vermeiden lassen, aber Zusammenarbeit mit politischen Regierungen, die solche Taten hinnehmen, dulden oder gar aktiv fördern — nein. Ich bitte Sie, einmal darüber nachzudenken hinsichtlich, welcher Staaten auf der Welt ein solcher Satz, wenn er zur reinen Lehre erhoben würde, unsere Politik massiv beschränken würde. Die Hälfte der ganzen Ostpolitik könnten wir einstellen, wenn nach dieser von Ihnen liier postulierten Maxime verfahren würde. Ich kann nur sagen: Gott sei Dank verfährt die Bundesregierung nicht nach dieser Maxime, sondern nach der Maxime: überall mit Kontakten und mit Zusammenarbeit, gegen Verletzung der Menschenrechte, für Freiheit, für positive Entwicklung, für Demokratie kämpfen. Meine Damen und Herren, mit dieser Methode wird diese Regierung auch in Guatemala Erfolge erzielen, und wir wünschen sie ihr.