Rede von
Dr.
Wolfgang
Weng
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! „Eine Wirtschaftsordnung ist um so erfolgreicher, je mehr sich der Staat zurückhält und dem einzelnen seine Freiheit läßt." Diese Ausführungen des Herrn Bundeskanzlers in seiner Regierungserklärung vom 4. Mai 1983 konnten nur so verstanden werden, daß die Bundesregierung entsprechend der Regierungserklärung von 1982 eine Erneuerung der Marktwirtschaft in Angriff nehmen würde.
Das bedeutet, daß der Bereich öffentlicher Beteiligungen und Dienstleistungen privatisiert werden sollte, für den es keinen Handlungsbedarf des Staates aus hoheitlichen Gründen gibt.
Meine Fraktion befindet sich in vollster Übereinstimmung mit der Gruppe der CSU, daß ein geschlossenes und zügiges Gesamtkonzept der Privatisierung wünschenswert ist und bleibt.
Nichtsdestotrotz aber wollen wir mit der Privatisierung beginnen und fortfahren, auch ehe ein solches Gesamtkonzept vorliegt. Denn, meine Damen und Herren, die Erstellung eines solchen Konzepts dauert uns zu lange.
Heute, zur Hälfte der Wahlperiode, begrüßen wir einen zweiten konkreten Schritt bei der Privatisierung. Nach einer Teilveräußerung von VEBA-Aktien hat das Kabinett in seiner gestrigen Sitzung ein weiteres Teilkonzept verabschiedet. Es ist zu begrüßen, daß, vielleicht unter dem Eindruck unserer mündlichen Anfrage von heute, das Kabinett die Vorlage des Finanzministers endlich behandelt hat. Ich will aber keinen Zweifel daran lassen, daß die Bewertung des Ergebnisses das ausdrückt, was ich
Dr. Weng
selbst vor einiger Zeit gegenüber dem Deutschen Fernsehen in dieser Frage geäußert habe. Ich erklärte: Ich hoffe nicht, daß der Berg kreiße und ein Mäuslein gebäre. Nun hat er — ich übernehme eine Bewertung aus der Presse, nämlich der „Stuttgarter Zeitung" von heute — eine Schnecke geboren.
Meine Damen und Herren, meine Fraktion kann in dieser Entscheidung des Kabinetts aus ordnungspolitischen Gründen nur einen Startschuß für wesentlich weitergehende Bemühungen sehen, wenn der politische Wille des Bundeskanzlers aus der Regierungserklärung umgesetzt werden soll.
Es wird sich hierbei nicht nur um die Veräußerung einiger Anteile von Bundesbeteiligungen handeln können, sondern es müssen selbstverständlich alle im Bundesbesitz befindlichen Beteiligungen auf den Prüfstand. Dazu gehören auch Beteiligungen und Dienstleistungen im Bereich der Sondervermögen von Bahn und Post.
Meine Damen und Herren, ich will auch nicht verhehlen, daß in der Frage der Privatisierung mein persönlicher Glaube an die Durchsetzungsfähigkeit des Herrn Bundesfinanzministers ein ganz klein wenig ins Wanken gekommen ist.
Meine Fraktion wird in Sachen Privatisierung nicht ruhen. Wenn es hier nur in kleinen Schritten vorangeht, so werden wir viele kleine Schritte fordern.
Niemand soll denken, daß die Liberalen im Deutschen Bundestag in diesem Politikbereich mit wenig zufriedenzustellen sein werden.