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    Plenarprotokoll 10/119 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 119. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 6. Februar 1985 Inhalt: Fragestunde — Drucksache 10/2826 vom 1. Febr. 1985 — Beseitigung datenschutzrechtlicher Mängel im Btx-Rechenzentrum in Ulm MdlAnfr 2 01.02.85 Drs 10/2826 Frau Reetz GRÜNE Antw PStSekr Rawe BMP 8793 B ZusFr Frau Reetz GRÜNE 8793 C Vorlage eines „stadtökologischen Gesamtkonzepts" entsprechend der Forderung von Bundesminister Dr. Schneider; Auswirkungen auf die Bodenschutzkonzeption und das Baugesetzbuch MdlAnfr 4, 5 01.02.85 Drs 10/2826 Dr. Sperling SPD Antw PStSekr Dr. Jahn BMBau . . . . 8794A ZusFr Dr. Sperling SPD 8794 B ZusFr Dr. Klejdzinski SPD 8795A ZusFr Conradi SPD 8795 B Projekt der Weltbank zur Rodung des Gishwati-Urwalds in Nord-Ruanda und zur Anlage von Viehweiden und Kiefernwäldern zur Holzproduktion MdlAnfr 7, 8 01.02.85 Drs 10/2826 Toetemeyer SPD Antw PStSekr Dr. Köhler BMZ 8795 C ZusFr Toetemeyer SPD 8795 D ZusFr Dr. Sperling SPD 8796 C Ausländische Reaktion auf Äußerungen von Vertriebenen-Funktionären MdlAnfr 60 01.02.85 Drs 10/2826 Dr. Ehmke (Bonn) SPD Antw StMin Vogel BK 8797 A ZusFr Dr. Ehmke (Bonn) SPD 8797 B ZusFr Dr. Sperling SPD 8797 D ZusFr Sielaff SPD 8797 D ZusFr Schneider (Berlin) GRÜNE . . 8798A ZusFr Dr. Schmude SPD 8798 B ZusFr Jäger (Wangen) CDU/CSU . . . 8798 B ZusFr Dr. Klejdzinski SPD 8799A ZusFr Jungmann SPD 8799 A ZusFr Conradi SPD 8799 B ZusFr Dr. Penner SPD 8799 C ZusFr Horacek GRÜNE 8799 D ZusFr Menzel SPD 8799 D ZusFr Dr. Czaja CDU/CSU 8800 B ZusFr Peter (Kassel) SPD 8800 C ZusFr Werner CDU/CSU 8800 D ZusFr Dr. Jannsen GRÜNE 8801 A ZusFr Dr. Soell SPD 8801 A ZusFr Sauer (Salzgitter) CDU/CSU . . 8801 B Teilnahme des Bundeskanzlers am Schlesiertreffen; Charakter des Deutsch-Polnischen Vertrages MdlAnfr 61, 62 01.02.85 Drs 10/2826 Dr. Schmude SPD Antw StMin Vogel BK 8801 C ZusFr Dr. Schmude SPD 8801 D ZusFr Sielaff SPD 8802 A ZusFr Dr. Ehmke (Bonn) SPD 8802 C ZusFr Dr. Sperling SPD 8802 D ZusFr Schneider (Berlin) GRÜNE . . 8802 D II Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 119. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. Februar 1985 ZusFr Dr. Penner SPD 8803 A ZusFr Jäger (Wangen) CDU/CSU . . . 8803 A ZusFr Peter (Kassel) SPD 8803 B ZusFr Lowack CDU/CSU 8803 C ZusFr Jungmann SPD 8803 D ZusFr Dr. Klejdzinski SPD 8803 D ZusFr Jaunich SPD 8805 D ZusFr Sauer (Salzgitter) CDU/CSU . . 8805 D ZusFr Frau Reetz GRÜNE 8806 A ZusFr Voigt (Frankfurt) SPD 8806 B ZusFr Dr. Czaja CDU/CSU 8806 C Irritation westlicher Regierungen über die Diskussion um das Motto des Schlesiertreffens; Zuwendungen an Vertriebenenverbände 1983 und 1984 MdlAnfr 63, 64 01.02.85 Drs 10/2826 Becker (Nienberge) SPD Antw StMin Vogel BK 8807 A ZusFr Becker (Nienberge) SPD 8807 A ZusFr Dr. Sperling SPD 8807 B ZusFr Dr. Czaja CDU/CSU 8807 B ZusFr Bahr SPD 8807 D ZusFr Dr. Ehmke (Bonn) SPD 8807 D ZusFr Voigt (Frankfurt) SPD 8808 B ZusFr Frau Dr. Hamm-Brücher FDP . . 8808 C ZusFr Horacek GRÜNE 8808 D ZusFr Stockhausen CDU/CSU 8809 C ZusFr Sielaff SPD 8809 C Diskussion über die Teilnahme des Bundeskanzlers am Schlesiertreffen MdlAnfr 65 01.02.85 Drs 10/2826 Jaunich SPD Antw StMin Vogel BK 8809 D ZusFr Jaunich SPD 8809 D Verwendung des Begriffes „Verzichtspolitiker" in Presseorganen im Zusammenhang mit dem Verlust der ehemaligen deutschen Ostgebiete MdlAnfr 66, 67 01.02.85 Drs 10/2826 Polkehn SPD Antw StMin Vogel BK 8810A ZusFr Jäger (Wangen) CDU/CSU . . . 8810C Zur Geschäftsordnung Becker (Nienberge) SPD 8810 D Aktuelle Stunde betr. Schlesiertreffen Dr. Schmude SPD 8810 D Rühe CDU/CSU 8811 D Schneider (Berlin) GRÜNE 8812 D Schäfer (Mainz) FDP 8813 C Dr. Soell SPD 8814C Windelen CDU/CSU 8815 B Jungmann SPD 8816A Dr. Kohl, Bundeskanzler 8817A Dr. Vogel SPD 8819A Mischnick FDP 8820 D Frau Dr. Vollmer GRÜNE 8822 A Dr. Ehmke (Bonn) SPD 8823 A Klein (München) CDU/CSU 8825 A Bahr SPD 8826 C Nächste Sitzung 8827 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 8828* A Anlage 2 Wettbewerbsnachteile der deutschen Landwirtschaft durch Verfütterung von Hormonen in Frankreich MdlAnfr 1 01.02.85 Drs 10/2826 Eigen CDU/CSU SchrAntw PStSekr Frau Karwatzki BMJFG 8828* B Anlage 3 Handel mit Studienplätzen, insbesondere an der Universität Münster MdlAnfr 6 01.02.85 Drs 10/2826 Daweke CDU/CSU SchrAntw PStSekr Pfeifer BMBW . . . 8828* D Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 119. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 6. Februar 1985 8793 119. Sitzung Bonn, den 6. Februar 1985 Beginn: 13.00 Uhr
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    Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens * 8. 2. Dr. Apel 8. 2. Berger 6. 2. Büchner (Speyer) 8. 2. Conrad (Riegelsberg) 8. 2. Dr. Dollinger 8. 2. Glombig 8. 2. Dr. Hauff 6. 2. Frau Hürland 8. 2. Kalisch 8. 2. Kastning 6. 2. Dr. Graf Lambsdorff 8. 2. Dr. Marx 8. 2. Milz 8. 2. Frau Schoppe 8. 2. Schröer (Mülheim) 6. 2. Dr. Stark (Nürtingen) 8. 2. Frau Terborg 7. 2. Voigt (Sonthofen) 6. 2. Wischnewski 8. 2. Wissmann 6. 2. * Präs.-Aufgaben der Beratenden Versammlung des Europarates Anlage 2 Antwort des Parl. Staatssekretärs Frau Karwatzki auf die Frage des Abgeordneten Eigen (CDU/CSU) (Drucksache 10/2826 Frage 1): Was gedenkt die Bundesregierung für den Fall, daß die französische Regierung die Verfütterung von Hormonen weiterhin gestattet, zu unternehmen, um die Verbraucher zu schützen und von der deutschen Landwirtschaft großen Schaden durch Wettbewerbsnachteile fernzuhalten'? Bei den Beratungen des dem Ministerrat der Europäischen Gemeinschaft derzeit vorliegenden Vorschlags für eine Richtlinie zur Änderung der Richtlinie 81/602/EWG über ein Verbot von bestimmten Stoffen mit hormonaler Wirkung und von Stoffen mit thyreostatischer Wirkung setzt sich die Bundesregierung nachdrücklich für ein Verbot von Hormonen zu Mastzwecken ein. Im Hinblick auf die derzeit geltenden EG-Vorschriften legt die Bundesregierung ganz besonderen Wert auf eine Gemeinschaftsregelung, weil ohne eine solche in der Europäischen Gemeinschaft weder den Erfordernissen des Verbraucherschutzes Rechnung getragen werden kann noch Wettbewerbsverzerrungen auszuschließen sind. Nach Artikel 5 der derzeit geltenden Hormonrichtlinie dürfen die Mitgliedstaaten bis zu einer Gemeinschaftsregelung nicht die Verwendung neuer Stoffe zu Mastzwecken zulassen. In Frankreich wurde trotzdem kürzlich eine Regelung getroffen, die die Implantation bestimmter Hormone zu Mastzwecken gestattet und damit gegen die Stillhalteklausel des Artikels 5 der Richtlinie verstößt. Die Vertreter der Bundesregierung haben deswegen in Brüssel darauf gedrungen, daß die französische Regelung zurückgenommen wird. Die Kommission hat dazu mitgeteilt, daß sie gegen Frankreich ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet hat. Eine Schließung der Grenzen ist innerhalb der Europäischen Gemeinschaft nicht ohne weiteres möglich. Insbesondere sind absolute Importverbote Maßnahmen, die sich aus der Zielsetzung des EWG-Vertrages und nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht rechtfertigen lassen. Ganz generell werden solche Importverbote von der EG-Kommission und vom Europäischen Gerichtshof sehr kritisch beurteilt. Hierzu verweise sich auf die Beantwortung der Frage des Herrn Abgeordneten Hornung in der Fragestunde am 24. Januar 1985. Auch die Einhaltung der Vorschriften zum Verbraucherschutz können bei einer EG-Regelung besser kontrolliert werden. Dabei ist darauf hinzuweisen, daß nach den fleischbeschaurechtlichen Vorschriften bereits jetzt die Einfuhr von Fleisch von Tieren, die mit Hormonen zu Wachstumszwecken behandelt worden sind, verboten ist. Die Versandstaaten müssen bescheinigen, daß dieses Verbot eingehalten worden ist; darüber hinaus werden die eingeführten Fleischsendungen stichprobenweise untersucht. Anlage 3 Antwort des Parl. Staatssekretärs Pfeifer auf die Frage des Abgeordneten Daweke (CDU/CSU) (Drucksache 10/2826 Frage 6): Sind der Bundesregierung neben dem an der Universität Münster aufgedeckten Handel mit Studienplätzen, wo Bewerbungsunterlagen bei der Zulassung von ausländischen Studenten für Numerus-clausus-Fächer manipuliert worden sind, weitere derartige Fälle an anderen deutschen Universitäten bekannt? Der von Ihnen angesprochene Fall betrifft die Durchführung der Studienplatzvergabe, für die die Länder zuständig sind. Diese haben mit der Ausländerzulassung die Hochschulen beauftragt. Der Bundesregierung sind aus der letzten Zeit keine weitere Fälle bekannt, in denen im Rahmen der Studienplatzvergabe in Numerus-clausus-Studiengängen an den Hochschulen Unregelmäßigkeiten aufgetreten sind.
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    Rede von Helmut Schäfer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Rühe hat in seinen Ausführungen in unmißverständlicher Weise klargemacht, was Kurs dieser Bundesregierung ist, und wir danken ihm dafür ausdrücklich.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Zurufe von der SPD)

    Ich darf vielleicht mit einer kleinen kritischen Bemerkung hinzufügen: Das hätte man in dieser Form etwas früher genauso deutlich sagen können, und wir hätten etwas weniger Irritationen gehabt.

    (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der SPD)

    Meine Damen und Herren, ich glaube, daß diese Aktuelle Stunde zu einer notwendigen Klärung auch denen gegenüber beiträgt, denen es in diesem Hause damals schwergefallen ist, dem Warschauer Vertrag zuzustimmen. Ich kann diese plötzliche Diskussion um Rechtspositionen, wie sie hier aus heiterem Himmel ausgelöst worden ist, nur so verstehen, daß das ein Nachholgefecht war, das mit dem heutigen Tag endgültig beendet sein sollte.

    (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der SPD)

    Meine Damen und Herren, ich glaube, daß dieses ständige Sich-Zurückziehen auf Rechtsstandpunkte, die ja überhaupt nicht bestritten werden — von niemandem hier bestritten werden —, etwas nicht hervorbringen darf, nämlich gefährliche Illusionen, die den Boden für Artikel bilden könnten, wie sie im „Schlesier" bedauerlicherweise erschienen sind.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Das wollen wir alle nicht. Deshalb sollten wir auch die verantwortlichen Vertreter der Vertriebenenverbände bitten, bei ihrer Diskussion auch ihre Verantwortung für die Jugend ihrer Verbände zu bedenken.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Ich glaube, hier muß noch einiges klargestellt werden.



    Schäfer (Mainz)

    Ich darf in dem Zusammenhang, Herr Hupka und Herr Czaja — ich muß das hier sehr deutlich sagen —, ganz energisch das zurückweisen, was in den letzten Tagen — auch heute wieder in der „Frankfurter Rundschau" — an Äußerungen zu Bundesaußenminister Genscher gemacht worden ist. So können Sie mit dem Bundesaußenminister nicht verfahren!

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Wenn Sie einmal nachschauen, was der Bundesaußenminister in vielen Reden und Beiträgen zu den deutschen Vertriebenen gesagt hat, dann werden Sie feststellen, daß Sie ihm nicht ein einziges Wort nachsagen können, das die Verdienste der deutschen Vertriebenen schmälert. Das hat er nie getan.

    (Zuruf von der SPD: Wir auch nicht!)

    Ich habe mir andererseits gestern die Mühe gemacht, auch einmal Ihre Organe, Ihre verschiedenen Presseorgane — nicht nur den „Schlesier" — zu lesen. Das war mir alles ganz neu; denn ich habe mich vorher nie so sehr damit beschäftigt. Da gefällt mir vieles nicht. Wir sollten bitte mit Bezichtigungen aufhören, und wir sollten in diesem Hause auch nicht den Eindruck erwecken, als gebe es eine Partei, die für die Vertriebenen sei, während alle anderen gegen die Vertriebenen seien. Das ist ja schlicht nicht wahr.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Die großen Leistungen der Vertriebenen werden doch von niemandem hier bestritten. Ich meine allerdings, daß wir nicht jedes Jahr zu wiederholen brauchen, daß es eine große Leistung war, daß die Vertriebenen 1950 ihre Charta verabschiedet haben. Wir brauchen nicht jedes Jahr zu wiederholen, daß es eine große Leistung war, was sie zur Integration in diesem Staat beigetragen haben. Das ist so feststehend, daß man es nicht jedes Jahr zu wiederholen braucht. Deshalb sollten Sie uns bitte, wenn wir an einem unsinnigen Motto Kritik geübt haben, das ja auch zurückgenommen worden ist, nicht den Vorwurf machen, daß das bereits eine Kritik an den Vertriebenen sei; das ist einfach nicht der Fall.
    Meine Damen und Herren, zur Frage, ob der Bundeskanzler zum Treffen der Schlesier gehen soll oder nicht: Ich gebe ganz offen zu, auch bei uns hat es sehr intensive Diskussionen darüber gegeben, ob es klug war, diese Absicht zu bekunden, insbesondere nachdem das Motto bekanntgeworden war. Ich bin heute der Meinung: Der Bundeskanzler muß zu diesem Treffen gehen und muß genau die Klarheit herstellen, die Herr Rühe hergestellt hat.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Nur vielleicht ein Letztes noch. Ich hätte mir Ihr Motto so gewünscht: 40 Jahre nach Beendigung der Gewaltherrschaft und der Nazidiktatur und 46 Jahre nach Abschluß des Hitler-Stalin-Paktes gibt es für uns Vertriebene nur eine einzige Zielsetzung, und die heißt: Frieden, Frieden, Frieden.
    Vielen Dank.

    (Beifall bei der FDP und der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)



Rede von Richard Stücklen
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Soell.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hartmut Soell


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zentrale Ursache der heutigen Debatte ist, daß die CDU/CSU in der Frage der Oder-NeißeGrenze völlig zerstritten ist

    (Lachen bei der CDU/CSU)

    und die Auseinandersetzungen früherer Jahre noch einmal geführt werden müssen — eine wahrhaft gespenstische Situation.

    (Beifall bei der SPD)

    Es kommt doch nicht von ungefähr, daß führende Kommentatoren im In- und Ausland von der jetzt regierenden Bonner Koalition als der Koalition Hupka/Kohl sprechen.

    (Lachen bei der CDU/CSU)

    Viele Stellungnahmen — gerade aus den jüngsten Tagen — aus Ihren Reihen zeigen, wie geschichtslos Sie denken und sprechen. Haben Sie völlig vergessen, welche geistigen Verheerungen solche Formeln wie „Schlesien ist unser", „Schlesien ist unsere Zukunft" bei unseren osteuropäischen Nachbarn, insbesondere bei den Polen, auslösen müssen?
    Hier geht es nicht um traditionelle Grenzlandprobleme, Volkstumskonflikte, Minderheitsfragen oder auch um formale Rechtspositionen wie etwa gegenüber dem Westen. Sie können sich auch nicht mit dem Hinweis herausreden, die Vertreibung der Deutschen aus den ehemaligen Ostgebieten sei die Fortsetzung der nationalsozialistischen Verbrechen, wie dies der Kollege Hupka gerade vor wenigen Tagen getan hat. Haben Sie denn vergessen, daß der Zweite Weltkrieg kein Krieg war wie jeder andere, daß er von Hitler, seinen Spießgesellen und Tausenden von Helfershelfern

    (Dr. Hupka [CDU/CSU]: Ist die Vertreibung gerechtfertigt?)

    nach Osten hin als Rassenkrieg, als Krieg der deutschen Herrenrasse gegen slawische und jüdische sogenannte Untermenschen geführt worden ist? Ich frage dies gerade gegenüber solchen, die solche Schicksale in ihrer eigenen Familie haben.
    Haben Sie vergessen, daß sich dadurch das Bild der Deutschen und dessen, was sie sagen und tun, in den Augen der Polen und anderer slawischer Völker seither fundamental verändert hat, daß dort nicht nur Millionen Opfer beklagt werden, sondern die Überlebenden die fortwährende seelische Demütigung, die versuchte Zerstörung ihrer Menschenwürde nicht vergessen können?

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Können Sie oder wollen Sie nicht begreifen, welche Assoziationen, welche bösen Erinnerungen an das Herrenmenschentum ein solches Motto bei den Menschen dort auslösen kann? Sie können sich nicht mit dem Hinweis entschuldigen, es sei alles



    Dr. Soell
    ganz anders gemeint und Sie seien ebenfalls an der friedlichen Zukunft Europas interessiert, wenn Sie diese elementaren Erfahrungen der Menschen in Polen ausblenden oder gar verdrängen. Deswegen sollte der Kanzler den Mut finden und von dieser Stelle aus deutlich machen, daß er aus seinen Erfahrungen in Israel gelernt hat und auf die Arroganz des Geburtsjahrganges diesmal verzichtet.

    (Beifall bei der SPD)

    Es war kein Geringerer als Fritz Erler, der nach einer lebhaften Diskussion mit Wenzel Jaksch die schizophrene Haltung der Deutschen zur eigenen Vergangenheit und die damit verbundene Selbstgerechtigkeit kritisiert hat. Obwohl er wie Wenzel Jaksch den Nationalsozialismus bekämpft und dafür viele Jahre in den Lagern und Zuchthäusern des Dritten Reiches gelitten hat, bekannte er sich mit dem Satz „In der Haftung stehen wir doch alle" zur Verantwortung aller Deutschen für das, was in ihrem Namen angerichtet worden ist.
    Nur diese Haltung kann uns in der Völkergemeinschaft in Ost und West die Achtung verschaffen, die eine der wichtigsten moralischen Grundlagen einer europäischen Friedensordnung ist.

    (Beifall bei der SPD)

    Wer diesen Maßstab anlegt, muß angesichts des bisherigen Verhaltens des Bundeskanzlers zu dem Schluß kommen, daß Sie Kanzler einer Regierung und Vorsitzender einer Partei sind, die aus geschichtslosen Gesellen besteht,

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    weil weder Sie noch Ihre Kollegen die geschichtliche Tiefendimension dieser Frage zureichend erkannt haben.

    (Beifall bei der SPD — Dr.-Ing. Kansy [CDU/CSU]: Sie sind auf dem Weg zur Splitterpartei!)

    CDU/CSU)