Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Verteidigungsausschuß des Deutschen Bundestages hat die Anteilnahme am Tod dreier amerikanischer Soldaten und am Schicksal der Verletzten bereits ausgesprochen. Die Sprecher des heutigen Morgens haben es wiederholt. Schon aus diesem Zusammenhang ergibt sich, daß es hier und heute nicht um eine Bagatellisierung irdendeines Unfalles gehen kann, daß es nicht darum gehen kann, irgend etwas zu vertuschen. Genau dies, Kollege Vogt, ist bisher weder hier heute morgen noch im Verteidigungsausschuß geschehen.
Herr Kollege Vogt, Sie haben hier gesagt, es seien Fragen abgewürgt worden. Ich bin in der Sitzung des Verteidigungsausschusses gewesen. Ich kann Ihnen sagen: Dies war nicht der Fall.
Und ich kann Ihnen darüber hinaus sagen: Wir haben vier Stunden über diesen Vorgang debattiert, und wir haben exakte Informationen aus dem gegenwärtigen Wissensstand heraus bekommen. Natürlich ist die Untersuchung, die im Gange ist, noch nicht abgeschlossen. Die Untersuchungskommission ist an der Arbeit. Ein deutscher Offizier ist beteiligt; er ist nicht nur beteiligt, sondern er wird über alle Details bis ins letzte informiert. Uns ist der Abschlußbericht dieser Untersuchungskommission im Verteidigungsausschuß bereits angekündigt worden.
Kollege Vogt, lassen Sie mich jedoch genauso deutlich sagen: Genau das, was heute morgen hier vermieden werden sollte, nämlich ein Aufputschen von Emotionen, ein Darstellen möglicher Gefahren, von denen wir nach dem exakten Ablauf dieses Hergangs wissen, das sie nicht bestanden haben, haben Sie heute morgen versucht. Ebensowenig ist hier heute morgen irgendeine Äußerung gefallen, die die Friedensbewegung diffamiert hätte. Wir sollten zu der Sachlichkeit zurückkehren, die in den ersten Wortmeldungen des heutigen Tages erkennbar war.
Dazu ist zu sagen, daß bisher bei den Untersuchungen über die Pershing II und die bisherigen Unfälle nicht das erkennbar war, was als eine Serie von Unfällen bezeichnet werden könnte, denn dieser Ausdruck wäre ja nur dann gerechtfertigt, wenn man etwa eine gemeinsame, in einem grundsätzlichen technischen Fehler des Systems liegende Ursache für bisherge Unfälle nachweisen könnte. Genau dies ist bisher eben nicht der Fall. Deswegen bin ich dafür, daß wir mit aller Sachlichkeit und mit aller Energie darauf drängen, daß diese Untersuchungen angestellt werden.
Ich füge hinzu: Sollte das Ergebnis der Untersuchungen tatsächlich ein Systemfehler sein oder — ich gehe noch einen Schritt weiter — sollte es nur einen begründeten Verdacht auf einen Systemfehler geben, dann müßten natürlich Konsequenzen gezogen werden. Das ist überhaupt außerhalb jeder Diskussion.
Von Krieg aus Versehen ist die Rede gewesen. Ich will die technischen Einzelheiten hier in der Kürze der Zeit nicht wiedergeben. Ein solcher Krieg konnte nach aller Schilderung nicht ausgelöst werden, und zwar deshalb, weil doch wohl darauf hinzuweisen ist, daß ein unbeabsichtigter Start, Herr Kollege Vogt, nach der Schilderung über den Ablauf rein technisch nicht möglich war.
Lassen Sie mich eines hinzufügen. Welche Veranlassung haben wir eigentlich, anzunehmen, daß irgend jemand in der Welt oder auch in der Sowjetunion auf einen Unfall dieser Art hektischer reagieren sollte, als es die NATO getan hat und als es Norwegen getan hat, als ein sowjetischer Flugkörper sowjetisches und NATO-Gebiet überflogen hat? Wir wissen doch, daß auf beiden Seiten Sicherheitsvorkehrungen in diesem Sinne getroffen sind.
Deswegen spielt hier auch die Frage keine Rolle, ob der Beginn der Durchführung des Doppelbeschlusses richtig war. Die Frage danach in diesem Zusammenhang zu stellen, halte ich für völlig falsch, denn die Frage nach der politischen Richtigkeit des Beginns der Stationierung von Mittelstrekkenwaffen auf westlicher Seite kann nur mit einem Blick auf Genf, mit einem Blick auf die Ergebnisse der Außenministergespräche Anfang Januar
und mit einem Blick auf die Hoffnungen gestellt werden — Kollege Jungmann —, die sich auf den Wiederbeginn dieser Verhandlungen stützen.
Uns braucht niemand aufzufordern, für den Abbau von Waffen einzutreten. Wir versuchen es auf eine Weise, die unsere Sicherheit und die Sicherheit des Friedens nicht gefährdet.