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ID1010512800

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    Plenarprotokoll 10/105 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 105. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 29. November 1984 Inhalt: Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1985 (Haushaltsgesetz 1985) — Drucksachen 10/1800, 10/2250 — Beschlußempfehlungen und Bericht des Haushaltsausschusses Einzelplan 08 Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen — Drucksachen 10/2308, 10/2330 — in Verbindung mit Einzelplan 32 Bundesschuld — Drucksache 10/2323 — in Verbindung mit Einzelplan 60 Allgemeine Finanzverwaltung — Drucksache 10/2327 — in Verbindung mit Einzelplan 20 Bundesrechnungshof — Drucksachen 10/2317, 10/2330 — in Verbindung mit Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Der Finanzplan des Bundes 1984 bis 1988 — Drucksachen 10/1801, 10/2251, 10/2387 — in Verbindung mit Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Finanzhilfen des Bundes nach Artikel 104 a Abs. 4 GG an das Saarland — Drucksache 10/2229 — Beschlußempfehlung und Bericht des Haushaltsausschusses — Drucksache 10/2503 — in Verbindung mit Zweite und dritte Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Finanzhilfen des Bundes nach Artikel 104 a Abs. 4 GG an die Freie Hansestadt Bremen — Drucksache 10/2141 — Beschlußempfehlung und Bericht des Haushaltsausschusses — Drucksache 10/2502 — in Verbindung mit Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über eine Ergänzungsabgabe zur Ein- II Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 105. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. November 1984 kommensteuer und zur Körperschaftsteuer (Ergänzungsabgabegesetz) — Drucksache 10/2460 — Dr. Apel SPD 7774 B Carstens (Emstek) CDU/CSU 7781 C Dr. Weng FDP 7786 B Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMF . 7789 C Wieczorek (Duisburg) SPD 7800 C Dr. Hackel CDU/CSU 7804 B Kleinert (Marburg) GRÜNE 7806 D Dr. Solms FDP 7810 A Dr. Wieczorek SPD 7811 D Krizsan GRÜNE 7814 B Austermann CDU/CSU 7815 B Waltemathe SPD 7816 D Dr. Knies, Minister des Landes Saarland 7817 D Erklärungen nach § 31 GO Matthöfer SPD 7818 C Stratmann GRÜNE 7818 D Namentliche Abstimmung 7820 B Einzelplan 09 Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft — Drucksachen 10/2309, 10/2330 — Glos CDU/CSU 7822 B Frau Simonis SPD 7827 C Dr. Weng FDP 7831 A Lattmann CDU/CSU 7832 D Dr. Bangemann, Bundesminister BMWi 7834 B Roth SPD 7839 B Burgmann GRÜNE 7843 A Urbaniak SPD (Erklärung nach § 31 GO) 7845A Einzelplan 10 Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten — Drucksachen 10/2310, 10/2330 — Frau Zutt SPD 7846 A Schmitz (Baesweiler) CDU/CSU . . . 7849 A Frau Dr. Vollmer GRÜNE 7852 A Kiechle, Bundesminister BML 7855 B Bredehorn FDP 7857 C Frau Reetz GRÜNE (Erklärung nach § 30 GO) 7860 C Einzelplan 12 Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr — Drucksachen 10/2312, 10/2330 — Metz CDU/CSU 7861 C Hoffmann (Saarbrücken) SPD 7864 B Hoffie FDP 7868 B Drabiniok GRÜNE 7871 B Dr. Dollinger, Bundesminister BMV . . 7874A Einzelplan 13 Geschäftsbereich des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen — Drucksachen 10/2313, 10/2330 — Paterna SPD 7878 B Dr. Friedmann CDU/CSU 7880 D Frau Reetz GRÜNE 7883 B Hoffie FDP 7885 D Dr. Schwarz-Schilling, Bundesminister BMP 7888 C Haushaltsgesetz 1985 — Drucksachen 10/2328, 10/2329 — Sieler SPD 7891A von Hammerstein CDU/CSU 7893 C Kleinert (Marburg) GRÜNE 7895 C Dr. Weng FDP 7898 C Strube CDU/CSU 7899 D Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMF . 7900 C Nächste Sitzung 7902 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 7903*A Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Hinrichs (CDU/CSU) und Metz (CDU/CSU) zur Abstimmung über den von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurf eines Gesetzes über Finanzhilfen des Bundes nach Art. 104a Abs. 4 GG an die Freie Hansestadt Bremen — Drucksache 10/2141 — 7903* B Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 105. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. November 1984 7773 105. Sitzung Bonn, den 29. November 1984 Beginn: 9.00 Uhr
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    Berichtigung 104. Sitzung, Seite 7738 A: In der 23. Zeile ist statt „ISRF" zu lesen: „ESRF". Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Antretter * 30. 11. Dr. Barzel 30. 11. Bayha 30. 11. Frau Beck-Oberdorf 30. 11. Dr. Bugl 29. 11. Erhard (Bad Schwalbach) 30. 11. Gerlach (Obernau) 29. 11. Dr. Glotz 30. 11. Dr. Haack 29. 11. Dr. Hauff 29. 11. Frau Hoffmann (Soltau) 30. 11. Jung (Düsseldorf) 30. 11. Kittelmann 29. 11. Dr. Kreile 30. 11. Lenzer * 30. 11. Frau Dr. Martiny-Glotz 29. 11. Dr. Müller * 30. 11. Polkehn 30. 11. Frau Renger 30. 11. Frau Schmidt (Nürnberg) 30. 11. Schmidt (Wattenscheid) 30. 11. Frau Dr. Skarpelis-Sperk 30. 11. Dr. Spöri 30. 11. Dr. Sprung 30. 11. Dr. Stark (Nürtingen) 30. 11. Stobbe 29. 11. Vahlberg 30. 11. Voigt (Sonthofen) 30. 11. Vosen 30. 11. Weiskirch (Olpe) 30. 11. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Hinrichs (CDU/CSU) und Metz (CDU/CSU) zur Abstimmung über den von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurf eines Gesetzes über Finanzhilfen des Bundes nach Art. 104 a Abs. 4 GG an die Freie Hansestadt Bremen (Drucksache 10/2141) Wir halten die Bremer Verhältnisse angesichts der Konzentration vieler Problembranchen und der Anlagen zum Stenographischen Bericht vorliegenden Wirtschaftsdaten mit denen des Saarlandes für vergleichbar, wenn auch nicht für identisch. Bremen leidet unter den vielfältigen Wettbewerbsverzerrungen in der Schiffahrt, beim Schiffbau und beim Hinterlandverkehr der norddeutschen Häfen sowie unter den EG-Beschränkungen für die Hochseefischerei und die Stahlproduktion. Dadurch wurde und wird die Finanzkraft des kleinsten Bundeslandes stark belastet. Ferner muß Bremen als Stadtstaat durch die Finanzreform 1969 bei Pendlern (etwa jeder vierte Arbeitnehmer) Einnahmeverluste in Höhe von mehreren 100 Millionen DM hinnehmen. Wir sind der Auffassung, daß statt einer einmaligen Zahlung in einer umstrittenen Höhe der Freien Hansestadt Bremen mit dem Abbau oder Ausgleich von internationalen Wettbewerbsverzerrungen, mit gezielten Hilfen zur Selbsthilfe, wie zum Beispiel mit Infrastrukturmaßnahmen und durch eine dringend notwendige Verbesserung des Länderfinanzausgleichs sehr viel wirksamer geholfen werden könnte. Bremen erhält als einziges der nehmenden Länder im horizontalen Länderfinanzausgleich keine Bundesergänzungszuweisung. Die Bedingung für diesen Anspruch, nämlich finanzielle Leistungsschwäche, liegt vor. Ferner müßte die jährliche Entschädigung für die Hafenlasten, die seit 1956 unverändert 25 Millionen DM beträgt, den heutigen Verhältnissen angepaßt werden. Bremen nimmt in diesem Zusammenhang zugleich nationale Aufgaben für die Bundesrepublik Deutschland, das zweitgrößte Welthandelsland, wahr. Wir glauben, daß der Freien Hansestadt Bremen in dieser Situation geholfen werden muß. Wir haben aber zugleich feststellen müssen, daß der von der SPD eingeschlagene Weg auf keiner politischen Ebene durchsetzbar war. Der Bundesrat hat das bremische Begehren eindeutig abgelehnt. In den Ausschüssen des Bundestages war keine Mehrheit zu bekommen. Die Bundesregierung war in dieser Frage nicht zu überzeugen, zumal sie vor kurzer Zeit 80 Millionen DM für Bremen zur Verfügung gestellt hat. In dieser Situation halten wir es für klüger, uns auf die Durchsetzung der von uns genannten, für Bremen notwendigen Maßnahmen zu konzentrieren, als einer gescheiterten Initiative zuzustimmen. Da wir die Auffassung unserer Fraktion in diesem Punkt aus den genannten Gründen nicht teilen, werden wir uns bei der Abstimmung über den SPD-Gesetzentwurf der Stimme enthalten.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Wolfgang Roth


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Sie wissen, daß die Vereinbarung so eng ist, daß meine Redezeit sehr knapp geworden ist.
    Noch nie hat es eine konjunkturelle Erholung gegeben, ohne daß Arbeitslosigkeit abgebaut wurde. Das ist die neue Lage. Zu dieser neuen Lage sagte der Herr Wirtschaftsminister in seiner Rede kein einziges Wort.

    (Beifall bei der SPD — Kolb [CDU/CSU]: Welche Auswirkung hat denn die Arbeitszeitverkürzung, Herr Kollege?)

    Nun füge ich hinzu: Ich bedaure allerdings, daß der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Situation in seiner Mehrheit — vier von fünf — diese Verharmlosung des Arbeitsmarktes mit betreibt.

    (Beifall bei der SPD)

    Ich jedenfalls empfinde es so, und ich weiß, daß das eine schroffe Kritik ist.
    Der Auftrag des Sachverständigenrates, zu allen Zielen Empfehlungen zu geben, ist in diesem Gutachten nicht erfüllt worden. Zur Arbeitslosigkeit gibt es keine Antworten.

    (Beifall bei der SPD — Wissmann [CDU/ CSU]: Haben Sie die Zahlen denn gelesen? — Zander [SPD]: Bei den fünf Weisen sind ja auch vier Schwarze!)




    Roth
    Zurück zu dieser Politik der Bundesregierung! Was der Zeitungsleser tagtäglich lesen kann, was wir hier in Bonn erleben, ist keine wirtschaftspolitische Konzeption, sondern sind weitgehend Chaos und Widersprüche. Ich nenne nur ein paar Beispiele.
    Erstens. Da findet jetzt seit exakt zwei Jahren eine steuerpolitische Diskussion statt, und niemand in der Wirtschaft weiß, wann, in welchem Umfang und in welchen Stufen die Steuerreform erfolgt. Das ist doch wohl Verunsicherung, oder was ist es?

    (Beifall bei der SPD)

    Zweitens. Seit zehn Jahren und mehr wird von Ihnen, von der CDU/CSU, von Subventionsabbau gesprochen: fünf Prozent jährlich, zehn Prozent jährlich. Und was ist das Ergebnis? Im Jahr 1985 4 Milliarden DM Steuersubvention mehr an eine Gruppe der Bevölkerung.
    Drittens. Da werden Erhöhungen der Investitionsquote angekündigt. Anschließend kürzt man, und im Bauwesen gibt es eine neue Pleitewelle.
    Viertens. Da wird die Verbesserung der Angebotsbedingungen der Wirtschaft gefordert und gleichzeitig jeder Vorschlag zur Verbesserung der Angebotsbedingungen in Richtung auf das Jahr 1990 vertagt.

    (Kolb [CDU/CSU]: Subventionen, Subventionen!)

    Fünftens. Da wird ein Baufinanzierungsprogramm 1982 beschlossen. Investitionen flackern vorübergehend auf, und jetzt kommt die größte Pleitewelle im Baugewerbe auf uns zu.
    Sechstens. Seit mehr als acht Monaten diskutieren Sie jetzt über Steuerpolitik im Zusammenhang mit den Katalysatoren. Seit acht Monaten! Ergebnis ist, daß nun die Autokäufer total verunsichert sind, der ADAC zum Abwarten rät und wir wegen Ihrer Unfähigkeit eine Rezession in der Automobilindustrie bekommen. Das ist die Wahrheit.

    (Beifall bei der SPD — Kolb [CDU/CSU]: Weil ihr seit 1972 nichts gemacht habt, euer großer Hauff!)

    Sie sprechen immer von stetigen und verläßlichen Rahmenbedingungen in der Volkswirtschaft. Verlassen kann man sich in der Wirtschaft nur auf eines: auf die ständige Produktion von Ankündigungen, die dann anschließend wieder zurückgenommen werden. Das ist die Tatsache.

    (Beifall bei der SPD)

    Führend auf diesem Gebiet ist der Bundeswirtschaftsminister.

    (Dr. Lammert [CDU/CSU]: Gestern habt ihr behauptet, der Innenminister sei es!)

    Es ist ja schon wahr, was das konservative „Handelsblatt" in einem Kommentar über den Stil der Politik Bangemanns geschrieben hat. Zitat:
    Der 42-Tage-Minister Martin Bangemann hält
    es für angebracht, sich ohne Not als großer
    Konjunktur-Zampano zu versuchen. Also veranstaltet er erst einmal einen Reihenabwurf von Interviews. Nach dem Motto „Neue Besen kehren gut" gibt er darin allerlei Schönes, Gutes und Teures zum besten.
    Das konservative Blatt fährt fort:
    Kühn behauptet der Ministernachwuchs, auf diese Weise Vertrauen zu verbreiten und keinen Attentismus zu schüren. Wie das funktionieren soll, wird sein Geheimnis bleiben.

    (Beifall bei der SPD)

    Meine Damen und Herren, ich sage das auch deshalb, weil das Bundeswirtschaftsministerium kein Ressort ist, das so viele unmittelbare Instrumente und so viel Macht hätte wie das Innenministerium, wie das Justizministerium, wie das Finanzministerium. Der Wirtschaftsminister lebt aus seiner Glaubwürdigkeit und Kompetenz.

    (Glos [CDU/CSU]: Deswegen dürfen Sie niemals Wirtschaftsminister werden!)

    Kein Zweifel, meine Damen und Herren: Im Wirtschaftsministerium gibt es besonders fähige und erfahrene Beamte, und zwar Beamte, die dort seit langer Zeit verschiedene Wirtschaftsminister — übrigens aus verschiedenen Lagern — beraten haben.

    (Zander [SPD]: Nur bis B 9!)

    Aber es hat in der Bundesrepublik Deutschland bisher kein Wirtschaftsminister so gegen sein Amt regiert und entgegen den Ratschlägen freihändig Sprüche gemacht wie dieser. Er hat die Wirtschaft verunsichert!

    (Beifall bei der SPD — Kolb [CDU/CSU]: Die gelobten Beamten schütteln erstaunt den Kopf! — Weitere Zurufe von der CDU/ CSU: Drehen Sie sich einmal um! — Die Beamten lachen Sie aus! — Zander [SPD]: Bei dem Minister haben sie auch was zu lachen!)

    Meine Damen und Herren, ohne Zweifel ist es so, daß wir hier heute keinen blutleeren Dogmenstreit und nicht nur Auseinandersetzungen brauchen. Ich glaube, wir brauchen in der Wirtschaftspolitik neue Ideen, und ich will in sieben Punkten ein Diskussionsangebot — auch für den weiteren Verlauf der Debatte — machen.

    (Kolb [CDU/CSU]: Herr Roth, das sind Ihre uralten Rezepte!)

    Erster Punkt: Kein Konjunkturprogramm — das ist nicht unser Problem —, sondern ein mittelfristiges qualitatives Wachstumsprogramm, das die Umweltfrage zusammen mit der Beschäftigungsfrage löst. Das ist die Aufgabe!

    (Beifall bei der SPD — Kolb [CDU/CSU]: Und wer finanziert es?)

    Es ist Aufgabe des Staates, dabei mitzuhelfen, neue Wachstumsfelder zu erschließen. Eines dieser Felder, und zwar das wichtigste, scheint mir in der Zukunft der Umweltschutz zu sein. Hier ist auch und besonders der Staat gefordert, denn Umwelt-



    Roth
    Schutz gibt es nur jenseits der rein privaten Nachfrage und des rein privaten Angebots.
    Meine Damen und Herren, das heißt natürlich trotzdem, daß die meisten Umweltleistungen in privaten Unternehmen erbracht werden. Es heißt aber auch, daß Umweltverbesserungen nicht naturwüchsig über den Markt kommen, sondern staatliche Vorgaben — Gebote, Anreize, im Einzelfall Verbote — notwendig sind. Wir sollten diese Chance, über Anreize usw. zu investieren und gleichzeitig Arbeitsplätze zu schaffen, durch ein Sondervermögen Arbeit und Umwelt nutzen.

    (Kolb [CDU/CSU]: Aha, jetzt kommt's!)

    Meine Damen und Herren, ich bitte Sie, diese Chance, 1 bis 2 % zusätzliches Sozialprodukt und 400 000 Arbeitsplätze jährlich zu schaffen, zu nutzen und Ihre Blockadepolitik gegen eine investitionsortientierte Umweltpolitik aufzugeben.

    (Beifall bei der SPD — Kolb [CDU/CSU]: Dadurch werden Sie andere Arbeitsplätze gefährden, Herr Kollege!)

    — Rufen Sie doch nicht dazwischen! Der Herr Zimmermann hat doch unser Sondervermögen Arbeit und Umwelt im Kleinbildformat bereits abgekupfert, und zwar bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau. Das ist doch die Wahrheit.

    (Zustimmung bei der SPD)

    Ein zweites Diskussionsangebot: Denken Sie doch noch einmal über die Haushaltspolitik nach. Ihre Steuererhöhungen für 1985, die heimlichen nämlich, sind doppelt so hoch wie die Ausgabenerhöhungen für das nächste Jahr. Das muß doch Arbeitsplätze zerstören.

    (Kolb [CDU/CSU]: Ihre Schulden müssen wir bezahlen!)

    Beschließen Sie doch einem wachstums- und stabilitätsorientierten Haushalt, nicht einen Haushalt, der Arbeitsplätze vernichtet!

    (Beifall bei der SPD)

    Der dritte Punkt ist ein Punkt, bei dem ich zutiefst davon überzeugt bin, daß wir, insbesondere die großen Parteien, das Problem nur gemeinsam lösen können. Wir brauchen eine Antwort auf die Frage, warum der Dienstleistungssektor nicht — wie früher — als Schwamm am Arbeitsmarkt wirkt, d. h. expandiert. Dabei gibt es gerade im Dienstleistungssektor im Grunde noch genügend Beschäftigungschancen.

    (Glos [CDU/CSU]: Das ist richtig!)

    Wir müßten nur in der Lage sein, diese Dienstleistungen zu bezahlen.

    (Kolb [CDU/CSU]: Ja, wenn man sie verkaufen könnte! Schwarzarbeit, Herr Kollege!)

    Das Problem ist, daß Verbraucher von Dienstleistungen offensichtlich nicht bereit sind, das vorhandene Angebot zu den geforderten Preisen zu akzeptieren.

    (Zustimmung des Abg. Kolb [CDU/CSU])

    Konsequenz dieses Widerspruches ist — da sollte keiner wegsehen — zum Teil auch die Schwarzarbeit.
    Was ist also zu tun? Ganz falsch wäre es, das zu tun, was Blüm einmal versucht hat, nämlich mit der Polizei an die Schattenwirtschaft heranzugehen. Das wird nicht erfolgreich sein. In personal- und damit lohnintensiven Bereichen führt kein Weg daran vorbei, an den Gesamtarbeitskosten der Menschen anzusetzen.

    (Zustimmung bei Abgeordneten der SPD)

    Zur Zeit werden auf die Löhne unter Einschluß aller Aspekte 70 % Lohnnebenkosten aufgeschlagen.

    (Kolb [CDU/CSU]: 76% ist der unterste, 110% der oberste Satz!)

    Gelänge es, bei Wahrung des allgemeinen Lohnniveaus in der Bundesrepublik Deutschland diese Zuschläge zu reduzieren oder anders zu finanzieren, würden Dienstleistungen billiger. Es würde mehr nachgefragt, und es entstünden somit neue Arbeitsplätze.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Jetzt kommt es!)

    Wer vernünftig ist, wird natürlich kein Sozialleistungsniveau kürzen wollen. Das ist kein Weg. Es ist zwar ein Weg, wie ihn manche von Ihnen vorschlagen, aber unser Weg wird es nicht sein. Wir sollten die Finanzierung der sozialen Sicherung überprüfen, und zwar gemeinsam. Anstatt die Finanzierung unseres Rentensystems, unseres Krankenversicherungssystems, unseres Arbeitslosenversicherungssystems an der Lohnsumme zu orientieren, sollten wir die Finanzierung über die Wertschöpfung versuchen,

    (Beifall bei der SPD)

    d. h., wir sollten bei der Finanzierung des Systems der sozialen Sicherung Gewinne, Mieten, Zinsen und Löhne zusammenfassen. Die Einführung einer Wertschöpfungsabgabe, vielleicht in Form einer dritten Säule im Finanzierungssystem unserer sozialen Sicherung, muß meines Erachtens nicht nur überprüft, sondern auch angepackt werden.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Es entstünden mehr Arbeitsplätze, weil die Arbeitsplätze im lohnintensiven, im arbeitsintensiven Bereich billiger würden.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Meine Damen und Herren, damit würde die Handwerkerstunde billiger. Sie würde mehr nachgefragt. Damit würden die kulturellen Leistungen billiger. Sie würden mehr nachgefragt. In vielen Bereichen des Handels hätte der Preis wieder eine Chance, einen Absatz zu finden.

    (Beifall bei der SPD)

    Darüber sollten wir diskutieren. Ich hätte erwartet, daß dieser Wirtschaftsminister ein bißchen über den Zaun hinwegguckt, auch in Richtung auf die sozialpolitischen Fragen der nächsten Jahre.



    Roth
    Viertens. Es ist notwendig, die private Investitionstätigkeit zu stärken.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Richtig!)

    Auch dazu lade ich zur Debatte ein. Dies geht nicht durch pauschale Steuersenkungen für Unternehmen. Da trifft es Gerechte und Ungerechte. Dies geht nur durch steuerliche Anreize für die Investitionen selbst, für die Aktivität selbst. Nicht pauschale Gewinnsteigerung ist nötig, sondern ein Anreiz für die Investition.
    Um die Eigenkapitalausstattung der deutschen Unternehmen zu verbessern, ist es vor allem notwendig, die Kapitalströme in der Bundesrepublik umzulenken — weg von Geldvermögensanlagen, weg von Abschreibungsmodellen, insbesondere dem absurden Bauherrenmodell, weg von Immobilienanlagen und hinein in Beteiligungen bei Unternehmen. Das erfordert steuerliche Änderungen. Wir sollten die steuerliche Vorzugsbehandlung von Kapitalanlagen in Geldvermögen, Abschreibungsprojekte und Immobilien abbauen.
    Meine These ist: Es gibt genügend Kapital in der Bundesrepublik Deutschland, nur wird es zumeist in falsche Anlageformen gelenkt. Es kommt darauf an — das ist Aufgabe der Steuerpolitik der nächsten Jahre —, sie in produktive Anlagen, also in Arbeitsplätze, umzulenken. Das ist die Aufgabe.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Richtig bleibt dann immer noch, was von den Gewerkschaften eingewandt wird: daß manche Sachkapitalbildung zur Zerstörung von Arbeitsplätzen führt. Um so mehr müssen wir versuchen, unser Steuersystem auch daraufhin zu überprüfen, wo eine Förderung der Arbeitsplatzschaffung verstärkt werden kann. Könnte es nicht Sonderabschreibungen für die Unternehmen geben, die besonders arbeitsplatzintensiv für die Zukunft investieren? Könnte das nicht ein Weg sein?

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, ich bitte Sie jenseits von dem übrigen Konflikt, der uns immer noch teilen wird, auf dem Gebiet der Dienstleistungen und der Investitionen für Arbeitsplätze gemeinsame Anstrengungen zu starten. Den Bürgern in der Bundesrepublik Deutschland dient es nicht, wenn wir hier nur Schaukämpfe machen und nur Widersprüche austragen.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Ich hätte mir gewünscht, daß der Bundeswirtschaftsminister mit Ideen zur Investitionsförderung hier an diesen Tisch tritt und zu uns redet.

    (Zuruf von der SPD: Er hat das Buch noch nicht durchgelesen! — Dr.-Ing. Kansy [CDU/CSU]: Er hat das Buch von Bangemann doch gelesen!)

    Fünftens. Wir können die Industrieregion des großen Wiederaufbaus Stahl/Kohle nicht einfach ihrem Schicksal überlassen. Wir brauchen ein industriepolitisches Gesamtkonzept, das den Anpassungsprozeß erleichtert und verbessert.

    (Kolb [CDU/CSU]: Wie finanzieren Sie das?)

    Die Verweigerung eines nationalen Stahlkonzeptes durch die Bundesregierung ist zynisch und unerträglich, ich wiederhole das hier.

    (Beifall bei der SPD)

    Das Trauerspiel Arbed hat mit neuen Nachforderungen von 70 Millionen DM einen neuen Höhepunkt. Die Fusion Klöckner/Krupp führt zur Zerstörung eines mittelständischen Stahlunternehmens, das völlig gesund war, nämlich Wuppermann in Leverkusen.

    (Urbaniak [SPD]: Was tun die denn dagegen?)

    Meine Damen und Herren von der CDU/CSU, Sie greifen hier nicht ein, obgleich Sie 3 Milliarden DM ausgeben. Wo ist da Ihre Glaubwürdigkeit gegenüber der mittelständischen Klientel?

    (Beifall bei der SPD)

    Probleme aber haben wir nicht nur in den traditionellen Industriebranchen, Probleme haben wir auch bei der Sicherung unserer technischen Spitzenposition. Ich meine — hier besteht ein Unterschied zu der Fraktion, die anschließend redet —: Wir können uns einen Ausstieg aus dem internationalen Wettbewerb nicht leisten.

    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

    Wir sind der Meinung, wir müssen auch das Drittel der Arbeitsplätze im Industriesektor sichern, das vom internationalen Wettbewerb abhängig ist.
    Sechstens. Der Abstand zwischen Leistungsfähigkeit unserer Wirtschaft und Absatzmöglichkeiten ihrer Güter und Dienstleistungen muß auch durch eine forcierte Arbeitszeitverkürzung geschlossen werden. Diese Position besteht weiter.
    Ich komme zum letzten, zum siebten Punkt. Zur Überwindung der Beschäftigungskrise reicht es nicht, sich nur national zu orientieren. Wir brauchen einen europäischen Beschäftigungspakt, und wir brauchen eine gemeinsame Aktion Europas gegen Tendenzen aus Amerika nicht nur beim Stahl.

    (Beifall bei der SPD)

    Für die Arbeitsplätze in Deutschland ist die ständige indirekte Ausbeutung Europas über die internationalen Kapitalmärkte viel bedeutsamer. Das ist die Situation.

    (Beifall bei der SPD)

    Nehmen Sie doch, Herr Wirtschaftsminister, Herr Finanzminister, diesen Ball auf, den Helmut Schmidt gespielt hat, nämlich den schrittweisen Ausbau des Europäischen Währungssystems hin zu einer Währungseinheit, die dann Kraft genug hätte, dem Dollar standzuhalten. Das ist die Aufgabe der Zukunft.

    (Beifall bei der SPD)




    Roth
    Ich finde, diese Debatte wäre besser gelaufen, wenn der Wirtschaftsminister Perspektiven formuliert und beispielsweise die Opposition zu einem Wettstreit um sachliche Fragen eingeladen hätte.

    (Beifall bei der SPD)

    Ich fordere deshalb die CDU — die sicher noch einen Redner hat — mit großer Hoffnung auf, doch ein paar Worte konkret zu diesen Fragen zu sagen. Vielleicht kommen wir dann ein Stück weiter.
    Vielen Dank fürs Zuhören.

    (Beifall bei der SPD)



Rede von Heinz Westphal
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Burgmann.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dieter Burgmann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (GRÜNE)

    Meine Damen und Herren! Ich war, bevor diese Wirtschaftsdebatte begann, bei einem Treffen von Leuten aus Arbeitsloseninitiativen in der Fraktion der GRÜNEN. Ich muß sagen, ich habe dort in der halben, dreiviertel Stunde, die ich da beiwohnen konnte, mehr von den Problemen der Wirtschaft, von den Problemen der Betroffenen gehört, als in anderthalb Tagen hier in der Debatte über dieses Thema gesagt worden ist.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Ich habe das Gefühl, daß hier immer wieder versucht wird, mit Statistiken — die man so oder so auslegen kann — an den wirklichen Problemen vorbeizureden.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Wenn ich von Herrn Bangemanns Beitrag überhaupt etwas begriffen habe, dann das, daß die Schuld an der Arbeitslosigkeit wohl der Opposition mit ihrer ständigen Miesmacherei zukommt und daß die Schuld an dem Aufschwung der Regierung zuzuschreiben ist.
    Wenn wir uns einmal wirklich über die Gründe der Arbeitslosigkeit unterhalten, über die Tatsache, daß es trotz 2 bis 3% Wachstum keine Beschäftigungszunahme gibt, dann kommen wir zu dem Ergebnis, daß einerseits trotz steigender Gewinne kein Abbau der Arbeitslosigkeit erfolgt, weil durchaus ausreichende Kapazitäten vorhanden sind, um diese steigenden Gewinne mit zu erwirtschaften, daß die Investitionen, die getätigt werden, zu mehr als 50 % in die Rationalisierung laufen, und daß die Unternehmer wissen, daß es insofern eine gewisse Marktsättigung gibt, als dort, wo Geld ist, der Bedarf begrenzt ist, daß in vielen Bereichen wohl noch Bedarf besteht, aber nicht das Geld da ist, zu kaufen. Das gilt für die Privaten wie für die öffentliche Hand und insbesondere für die Dritte Welt.
    Ein weiterer ganz entscheidender Grund ist, daß sich die neuen Technologien, die von den Regierungsparteien und der Regierung so gefördert werden, grundsätzlich von anderen Technologien der Vergangenheit insofern unterscheiden, als diese neuen Technologien auf der einen Seite eine ganz gehörige Rationalisierungswirkung haben, im Unterschied zu früheren aber keinen neuen Bedarf auslösen, sondern lediglich Arbeitsplätze vernichten. Das ist der entscheidende Unterschied, aus dem die Arbeitslosigkeit nun trotz Wachstum weiter ansteigt.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Das Ergebnis: Dieser Aufschwung wird also keine entscheidende Verringerung der Arbeitslosigkeit bringen. Eine Sockelarbeitslosigkeit von deutlich über 2 Millionen wird uns auf absehbare Zeit begleiten, und das bedeutet, daß der nächste Konjunkturabschwung, der, wie selbst von Herrn Lambsdorff schon zugegeben wurde, in den nächsten Jahren kommen muß, von diesem höheren Sockel der Arbeitslosigkeit aus eine weitere Zunahme der Arbeitslosigkeit bringen wird.
    Was tut die Regierung in dieser Frage, wenn das so offensichtlich ist? Ich muß sagen, sie benutzt die Arbeitslosigkeit in Zusammenarbeit und Einigkeit mit dem Kapital, um die Arbeitsschutzbestimmungen zu reduzieren, um den Jugendarbeitsschutz zu reduzieren, um den Frauenarbeitsschutz zu reduzieren, um Sozialleistungen abzubauen, um die Löhne abzubauen. Auch im Zuge der Arbeitslosigkeit werden im Falle von Wiedereinstellungen gewöhnlich niedrigere Löhne angesetzt, so daß auch da ein permanenter Abbau von Löhnen stattfindet. Nun sollen auch Arbeitszeit und Arbeitsbedingungen an die Produktion angepaßt werden; der Mensch soll zu einem willkürlichen Instrument der Produktion werden. Wenn man die Arbeitslosigkeit nicht will, so ist sie doch auf jeden Fall ganz offensichtlich willkommen, um diese gesellschaftliche Rückentwicklung einzuleiten. Da weiß man dann auf einmal, warum Flick, Horten und andere die Millionen an diese Parteien zahlen. Dabei ist es ganz gleichgültig, ob Flick nun zahlt, damit diese Politik betrieben wird, oder ob er zahlt, weil diese Politik betrieben wird. Entscheidend ist, daß von dieser Regierung die Interessen des Großkapitals in einem Klassenkampf von oben vertreten werden, wie wir das in dieser Republik noch nicht erlebt haben.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Das Ganze wird dann als sogenannte freie Marktwirtschaft noch ideologisch verklärt.
    Wenn diese Regierung mit ihren Erfolgen der Konsolidierung und Inflationsbekämpfung hier wuchert, dann müssen wir Ihnen vorhalten: Sie haben diese Erfolge auf Kosten der Arbeitslosen, der Behinderten, der Rentner und Sozialhilfeempfänger erzielt, und insbesondere das Wachstum geht letzten Endes auf Kosten der Umwelt und der Lebensgrundlagen in diesem Lande.

    (Kolb [CDU/CSU]: Zurück zur Natur!)

    Wenn diese Regierung sagt, einschneidende Maßnahmen seien nötig, d. h. die neue Verarmung, die sich dort entwickelt, ist nötig, um die Gewinnsteigerungen der Unternehmen, um die Vermögensteuer, die Steuerreform zugunsten der Großen möglich zu machen, dann muß ich sagen, das ist gerade das Unerträgliche, das Zerstörerische an dieser sogenannten freien Marktwirtschaft, daß sie nur blüht, wenn riesige, wenn Milliardengewinne erzielt werden, und das geht eben nur noch auf Kosten der



    Burgmann
    Verarmung in der Dritten Welt und bei uns und auf Kosten einer ständigen Zerstörung und Ausbeutung unserer Umwelt. Das Thema Umwelt kommt in der Argumentation der Bundesregierung im wirtschaftlichen Zusammenhang typischerweise gar nicht vor.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Das Thema wird auch von den fünf Weisen gar nicht thematisiert. Die Arbeitslosigkeit wird noch als Schönheitsfehler angesprochen, aber die Umweltentwicklung wird aus der Wirtschaft gern herausgehalten, als hätte sie nichts damit zu tun. Dabei wird sie doch hauptsächlich durch diese Wirtschaft verursacht. Wenn man vom Wachstum spricht, muß man auch vom Wachstum der Waldschäden sprechen, das im vergangenen Jahr um 50 % zugenommen hat — genauso wie die dramatische Entwicklung bei Böden, Wasser und Luft.

    (Krizsan [GRÜNE]: Das interessiert Herrn Bangemann nicht!)

    Wer heute in der hochindustrialisierten Bundesrepublik noch wirtschaftliche Probleme mit Wachstum zu lösen versucht — Herr Kollege Roth, auch das möchte ich zu Ihnen sagen —, versündigt sich nicht nur an der Natur, sondern wird auch zum Totengräber der kommenden Generation.

    (Beifall bei den GRÜNEN — Roth [SPD]: Nicht einmal zugehört!)

    Es macht keinen Sinn, wenn Herr Geißler hier für das ungeborene Leben plädiert, sich aber gleichzeitig daran beteiligt, daß die Grundlagen für das geborene Leben zerstört werden.
    Die Feststellung ist also, daß es zwei herausragende Probleme gibt — das ist die Arbeitslosigkeit, das ist die Umweltentwicklung — und daß dazu im Haushalt des Wirtschaftsministers überhaupt nichts ausgesagt, kein Pfennig investiert wird. Kein Pfennig wird gezielt gegen die Arbeitslosigkeit eingesetzt, und dem, was im Rahmen der umweltfreundlichen Energieversorgung angesetzt ist, 110 Millionen DM, wobei diese Maßnahmen in den nächsten Jahren auslaufen werden, stehen allein für Uran- und Mineralölversorgung 182 Millionen DM gegenüber. Kein Pfennig ist in diesem Einzelplan 09 für Recycling angesetzt, aber allein 8,6 Millionen DM für die Erforschung der Rohstoffausbeutung der Meere und der Antarktis. Ja, man will die letzten großen noch einigermaßen intakten Lebensräume auch noch ausbeuten und zerstören, ehe man auch nur einen Pfennig für Recycling, für die Einsparung von Rohstoffen ausgibt.
    Ich habe kürzlich in meinem Beitrag zur umweltfreundlichen Energieversorgung deutlich gemacht, wie man durch gezielte Investitionen in diesem Bereich sinnvolle Arbeitsplätze schaffen, die Abhängigkeit von Einfuhren und Ausfuhren verringern, die Umwelt entlasten und strukturelle Veränderungen der Wirtschaft hin zu arbeitsintensiven, dezentralen und demokratischen Wirtschaftsstrukturen einleiten kann. Darauf zielt auch unser Antrag, der heute zur Abstimmung steht. Das Seltsame ist, daß uns die SPD, die sich auf der einen Seite für ein
    Sondervermögen Arbeit und Umwelt einsetzt, dann, wenn wir einen Antrag stellen, im Bundeshaushalt hier konkret etwas zu tun, nicht unterstützen kann.
    Ich komme zu einem anderen wichtigen Antrag, der heute noch zur Abstimmung steht, dem Antrag auf Konversionshilfe für die Chemieindustrie. Bei diesem Antrag sind scheinbar die Leute auf beiden Seiten dieses Hauses vollkommen hilflos. Dem Kollegen Rappe wird es wahrscheinlich kalt den Rükken runterlaufen, wenn er hört, daß wir nun auch noch an diese gewinnträchtige Industrie heranwollen.

    (Kolb [CDU/CSU]: Daß Sie zurückwollen ins letzte Jahrhundert! — Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Wo haben Sie denn den Schlafanzug her, Herr Kollege?)