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ID1010504800

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 10/105 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 105. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 29. November 1984 Inhalt: Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1985 (Haushaltsgesetz 1985) — Drucksachen 10/1800, 10/2250 — Beschlußempfehlungen und Bericht des Haushaltsausschusses Einzelplan 08 Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen — Drucksachen 10/2308, 10/2330 — in Verbindung mit Einzelplan 32 Bundesschuld — Drucksache 10/2323 — in Verbindung mit Einzelplan 60 Allgemeine Finanzverwaltung — Drucksache 10/2327 — in Verbindung mit Einzelplan 20 Bundesrechnungshof — Drucksachen 10/2317, 10/2330 — in Verbindung mit Beratung der Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Der Finanzplan des Bundes 1984 bis 1988 — Drucksachen 10/1801, 10/2251, 10/2387 — in Verbindung mit Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Finanzhilfen des Bundes nach Artikel 104 a Abs. 4 GG an das Saarland — Drucksache 10/2229 — Beschlußempfehlung und Bericht des Haushaltsausschusses — Drucksache 10/2503 — in Verbindung mit Zweite und dritte Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Finanzhilfen des Bundes nach Artikel 104 a Abs. 4 GG an die Freie Hansestadt Bremen — Drucksache 10/2141 — Beschlußempfehlung und Bericht des Haushaltsausschusses — Drucksache 10/2502 — in Verbindung mit Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über eine Ergänzungsabgabe zur Ein- II Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 105. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. November 1984 kommensteuer und zur Körperschaftsteuer (Ergänzungsabgabegesetz) — Drucksache 10/2460 — Dr. Apel SPD 7774 B Carstens (Emstek) CDU/CSU 7781 C Dr. Weng FDP 7786 B Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMF . 7789 C Wieczorek (Duisburg) SPD 7800 C Dr. Hackel CDU/CSU 7804 B Kleinert (Marburg) GRÜNE 7806 D Dr. Solms FDP 7810 A Dr. Wieczorek SPD 7811 D Krizsan GRÜNE 7814 B Austermann CDU/CSU 7815 B Waltemathe SPD 7816 D Dr. Knies, Minister des Landes Saarland 7817 D Erklärungen nach § 31 GO Matthöfer SPD 7818 C Stratmann GRÜNE 7818 D Namentliche Abstimmung 7820 B Einzelplan 09 Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft — Drucksachen 10/2309, 10/2330 — Glos CDU/CSU 7822 B Frau Simonis SPD 7827 C Dr. Weng FDP 7831 A Lattmann CDU/CSU 7832 D Dr. Bangemann, Bundesminister BMWi 7834 B Roth SPD 7839 B Burgmann GRÜNE 7843 A Urbaniak SPD (Erklärung nach § 31 GO) 7845A Einzelplan 10 Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten — Drucksachen 10/2310, 10/2330 — Frau Zutt SPD 7846 A Schmitz (Baesweiler) CDU/CSU . . . 7849 A Frau Dr. Vollmer GRÜNE 7852 A Kiechle, Bundesminister BML 7855 B Bredehorn FDP 7857 C Frau Reetz GRÜNE (Erklärung nach § 30 GO) 7860 C Einzelplan 12 Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr — Drucksachen 10/2312, 10/2330 — Metz CDU/CSU 7861 C Hoffmann (Saarbrücken) SPD 7864 B Hoffie FDP 7868 B Drabiniok GRÜNE 7871 B Dr. Dollinger, Bundesminister BMV . . 7874A Einzelplan 13 Geschäftsbereich des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen — Drucksachen 10/2313, 10/2330 — Paterna SPD 7878 B Dr. Friedmann CDU/CSU 7880 D Frau Reetz GRÜNE 7883 B Hoffie FDP 7885 D Dr. Schwarz-Schilling, Bundesminister BMP 7888 C Haushaltsgesetz 1985 — Drucksachen 10/2328, 10/2329 — Sieler SPD 7891A von Hammerstein CDU/CSU 7893 C Kleinert (Marburg) GRÜNE 7895 C Dr. Weng FDP 7898 C Strube CDU/CSU 7899 D Dr. Stoltenberg, Bundesminister BMF . 7900 C Nächste Sitzung 7902 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 7903*A Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Hinrichs (CDU/CSU) und Metz (CDU/CSU) zur Abstimmung über den von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurf eines Gesetzes über Finanzhilfen des Bundes nach Art. 104a Abs. 4 GG an die Freie Hansestadt Bremen — Drucksache 10/2141 — 7903* B Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 105. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. November 1984 7773 105. Sitzung Bonn, den 29. November 1984 Beginn: 9.00 Uhr
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    Berichtigung 104. Sitzung, Seite 7738 A: In der 23. Zeile ist statt „ISRF" zu lesen: „ESRF". Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Antretter * 30. 11. Dr. Barzel 30. 11. Bayha 30. 11. Frau Beck-Oberdorf 30. 11. Dr. Bugl 29. 11. Erhard (Bad Schwalbach) 30. 11. Gerlach (Obernau) 29. 11. Dr. Glotz 30. 11. Dr. Haack 29. 11. Dr. Hauff 29. 11. Frau Hoffmann (Soltau) 30. 11. Jung (Düsseldorf) 30. 11. Kittelmann 29. 11. Dr. Kreile 30. 11. Lenzer * 30. 11. Frau Dr. Martiny-Glotz 29. 11. Dr. Müller * 30. 11. Polkehn 30. 11. Frau Renger 30. 11. Frau Schmidt (Nürnberg) 30. 11. Schmidt (Wattenscheid) 30. 11. Frau Dr. Skarpelis-Sperk 30. 11. Dr. Spöri 30. 11. Dr. Sprung 30. 11. Dr. Stark (Nürtingen) 30. 11. Stobbe 29. 11. Vahlberg 30. 11. Voigt (Sonthofen) 30. 11. Vosen 30. 11. Weiskirch (Olpe) 30. 11. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Hinrichs (CDU/CSU) und Metz (CDU/CSU) zur Abstimmung über den von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurf eines Gesetzes über Finanzhilfen des Bundes nach Art. 104 a Abs. 4 GG an die Freie Hansestadt Bremen (Drucksache 10/2141) Wir halten die Bremer Verhältnisse angesichts der Konzentration vieler Problembranchen und der Anlagen zum Stenographischen Bericht vorliegenden Wirtschaftsdaten mit denen des Saarlandes für vergleichbar, wenn auch nicht für identisch. Bremen leidet unter den vielfältigen Wettbewerbsverzerrungen in der Schiffahrt, beim Schiffbau und beim Hinterlandverkehr der norddeutschen Häfen sowie unter den EG-Beschränkungen für die Hochseefischerei und die Stahlproduktion. Dadurch wurde und wird die Finanzkraft des kleinsten Bundeslandes stark belastet. Ferner muß Bremen als Stadtstaat durch die Finanzreform 1969 bei Pendlern (etwa jeder vierte Arbeitnehmer) Einnahmeverluste in Höhe von mehreren 100 Millionen DM hinnehmen. Wir sind der Auffassung, daß statt einer einmaligen Zahlung in einer umstrittenen Höhe der Freien Hansestadt Bremen mit dem Abbau oder Ausgleich von internationalen Wettbewerbsverzerrungen, mit gezielten Hilfen zur Selbsthilfe, wie zum Beispiel mit Infrastrukturmaßnahmen und durch eine dringend notwendige Verbesserung des Länderfinanzausgleichs sehr viel wirksamer geholfen werden könnte. Bremen erhält als einziges der nehmenden Länder im horizontalen Länderfinanzausgleich keine Bundesergänzungszuweisung. Die Bedingung für diesen Anspruch, nämlich finanzielle Leistungsschwäche, liegt vor. Ferner müßte die jährliche Entschädigung für die Hafenlasten, die seit 1956 unverändert 25 Millionen DM beträgt, den heutigen Verhältnissen angepaßt werden. Bremen nimmt in diesem Zusammenhang zugleich nationale Aufgaben für die Bundesrepublik Deutschland, das zweitgrößte Welthandelsland, wahr. Wir glauben, daß der Freien Hansestadt Bremen in dieser Situation geholfen werden muß. Wir haben aber zugleich feststellen müssen, daß der von der SPD eingeschlagene Weg auf keiner politischen Ebene durchsetzbar war. Der Bundesrat hat das bremische Begehren eindeutig abgelehnt. In den Ausschüssen des Bundestages war keine Mehrheit zu bekommen. Die Bundesregierung war in dieser Frage nicht zu überzeugen, zumal sie vor kurzer Zeit 80 Millionen DM für Bremen zur Verfügung gestellt hat. In dieser Situation halten wir es für klüger, uns auf die Durchsetzung der von uns genannten, für Bremen notwendigen Maßnahmen zu konzentrieren, als einer gescheiterten Initiative zuzustimmen. Da wir die Auffassung unserer Fraktion in diesem Punkt aus den genannten Gründen nicht teilen, werden wir uns bei der Abstimmung über den SPD-Gesetzentwurf der Stimme enthalten.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Helmut Wieczorek


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herzlichen Dank, Herr Präsident.
    Ich möchte trotzdem versuchen, meine Damen und Herren, mit der diesem Thema angemessenen Sachlichkeit unsere Vorstellungen hier deutlich zu machen. Als wir bei der ersten Lesung unsere Meinung gesagt haben, haben wir Ihnen, Herr Dr. Stoltenberg, unsere Kritik in drei Punkten vorgehalten: Erstens. Dieser Haushaltsentwurf schafft keine zusätzliche Arbeit. Dafür ist das Ausgabenvolumen zu niedrig, dazu ist die Investitionstätigkeit des Bundes zu gering. Zweitens. Dieser Haushaltsentwurf enthält keine zusätzlichen Ansätze zur Verbesserung der Umweltsituation. Drittens. Dieser Haushalt dokumentiert die Fortsetzung der unsozialen Kürzungspolitik.

    (Beifall bei der SPD — Zander [SPD]: Das ist leider wahr!)




    Wieczorek (Duisburg)

    Meine Damen und Herren, Arbeit, Umwelt, soziale Gerechtigkeit — das sind die Themen, denen sich ein Haushaltsminister nicht entziehen kann und nicht entziehen darf, Herr Dr. Stoltenberg. Das sind Themenbereiche, in denen wir unsere Alternativen vorgelegt haben.
    Wer jedoch von den Beratungen im Haushaltsausschuß eine Verbesserung in diesen Bereichen erwartet hatte, muß bitter enttäuscht sein. Der Haushalt 1985 ist nun erst recht beschäftigungsfeindlich. Der Haushalt 1985 enthält immer noch keine zusätzlichen Initiativen zur Bewältigung der Umweltkrise. Der Haushalt 1985 hat nach der Beratung im Ausschuß mit sozialer Gerechtigkeit, meine Damen und Herren, überhaupt nichts mehr zu tun.

    (Zustimmung bei der SPD)

    Wir Sozialdemokraten — das gestehen wir offen, aber sehr traurig ein — haben unser Ziel nicht erreicht.

    (Dr. Probst [CDU/CSU]: Das ist richtig!)

    Wir haben uns mit unseren Vorschlägen im Ausschuß nicht durchsetzen können.

    (Glos [CDU/CSU]: Weil sie schlecht waren!)

    Die Kollegen von der Regierungskoalition sind unbeweglich wie nie.
    Das Recht des Parlaments, meine Damen und Herren, den Haushalt zu gestalten, steht in meinen Augen nur noch auf dem Papier. Ich habe den Eindruck, daß hier nur noch Regierungsvorgaben durchgepaukt werden.

    (Glos [CDU/CSU]: Das ist überhaupt nicht wahr!)

    Das hat nichts mit der menschlichen Harmonie im Ausschuß zu tun.
    Sehen wir uns trotzdem einmal die Ergebnisse der Ausschußberatungen an. Die Gesamtausgaben sind gegenüber dem Entwurf um rund 1 Milliarde DM gekürzt worden. Damit bleibt gegenüber dem Soll 1984 ein Ausgabenzuwachs von 0,9 %, gegenüber dem Ist ein solcher von 2 % bis 3%.
    Die Kürzungen gingen fast ausschließlich zu Lasten der investiven Ausgaben im Bundeshaushalt. Sie wurden um weitere 500 Millionen DM zusammengestrichen und betragen nur noch 35,3 Milliarden DM. Das ist noch weniger, als für dieses Jahr angesetzt war. Herr Dr. Stoltenberg, das liegt nicht an der Auflösung der Mischfinanzierung. Sie geben 1 Milliarde DM Investitionen für die Krankenhausfinanzierung an die Länder zurück und übernehmen dafür aber 500 Millionen DM Investitionen aus dem Wohnungsbau. Hier wird wiederum das, was ich Ihnen als intellektuell unredlich vorgeworfen habe, deutlich.

    (Beifall bei der SPD)

    Gesamtwirtschaftliche und beschäftigungspolitische Impulse kann man von diesem Haushalt nicht erwarten. Arbeit, Umwelt, soziale Gerechtigkeit — das sind unsere Forderungen an die Haushaltspolitik. Wir haben deshalb versucht, Initiativen im Umweltbereich zu fördern und gleichzeitig Arbeit zu schaffen. Das ging von der Verbrennungstechnologie über den Schallschutz bis zu zusätzlichen Mitteln für die Kreditanstalt für Wiederaufbau, damit sie in die Lage versetzt wird, zinsgünstige Darlehen zu geben. Alles das blieb ohne Erfolg.

    (Austermann [CDU/CSU]: Das war ein Schuß in den Ofen!)

    — Es war ein Schuß in den Ofen, Herr Kollege. Das will ich gern zugestehen. Trotzdem bin ich traurig, weil Sie sachgerechten Argumenten nicht zugänglich sind.

    (Beifall bei der SPD)

    Wir hätten es sehr gern gehabt, wenn Sie sich etwas stärker den Elementen der sozialen Gerechtigkeit zugewandt hätten, denn diese findet man nach den Beratungen im Ausschuß im jetzt vorgelegten Haushalt überhaupt nicht mehr.
    Vor den Ausschußberatungen dokumentierte sich die soziale Ungerechtigkeit der Politik dieser Regierung in der massiven Kürzung des Sozialetats. Nach den Ausschußberatungen ist mit der Streichung der Mittel für die Zwangsanleihe auch das allerletzte soziale Feigenblatt gefallen.

    (Beifall bei der SPD)

    Ersatzlösungen verweigern Sie sich, meine Damen und Herren von der Koalition, beharrlich, und unsere Forderung nach einer Ergänzungsabgabe haben Sie rundweg abgelehnt. Auch diejenigen, die in Ihren eigenen Reihen nach wie vor einen solchen Solidarbeitrag für erforderlich halten, werden vom FDP-Vorsitzenden als Erfinder von Neidsteuern beschimpft und diffamiert. Wir geben Ihnen Gelegenheit, heute mittag in namentlicher Abstimmung Ihre persönliche Haltung zu einem Solidarbeitrag zu dokumentieren.

    (Beifall bei der SPD)

    Nach den Beratungen im Haushaltsausschuß muß das Fazit lauten: Sie haben zwar die Nettokreditaufnahme um eine Milliarde DM erhöht — ein Vorgang, der in den letzten 15 Jahren im Haushaltsausschuß noch nie zu erkennen war — und beim Bundesbankgewinn zwei Milliarden DM draufgelegt; Sie haben aber keinen Pfennig für zusätzliche Arbeit, keinen Pfennig für zusätzliche Umweltinvestitionen und erst recht keinen Pfennig für soziale Gerechtigkeit.
    Herr Bundesfinanzminister, nachdem Sie nun Ihren dritten Haushalt vorgelegt haben, ist dies Anlaß für mich, den Versuch einer Zwischenbilanz Ihrer Politik zu ziehen. Ich scheue dabei nicht den Blick in die Vergangenheit. Wir haben zusammen mit der FDP, die hier immer wieder begeistert klatscht, wenn ihre eigene Vergangenheit kritisiert wird, in den drei Haushalten 1980, 1981 und 1982 eine Finanzierungslücke, Herr Kollege Hoppe, von insgesamt 115 Milliarden DM gehabt. Dabei rechne ich immer, wie von der CDU ständig gefordert, die Nettokreditaufnahme von 15 Milliarden DM schon mit ein. Das ist eine durchschnittliche Finanzierungslücke von 38 Milliarden DM pro Jahr — viel zuviel, wie ich zugebe. Wir haben diese Mittel eingesetzt, um zu-
    7802 Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 105. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 29. November 1984
    Wieczorek (Duisburg)

    sätzlich Arbeit zu schaffen, was man an den damaligen niedrigeren Arbeitslosenzahlen deutlich ablesen konnte.
    Ihre Bilanz, Herr Dr. Stoltenberg, sieht so aus. Sie haben 1983 eine Nettokreditaufnahme von 31,5 Milliarden DM und einen Bundesbankgewinn von 11 Milliarden gehabt. Sie haben 1984 eine Nettokreditaufnahme von 31 Milliarden — es wird wahrscheinlich etwas weniger — und einen Bundesbankgewinn von 11,4 Milliarden DM — geplant. Für 1985 erwarten Sie eine Nettokreditaufnahme von rund 25 Milliarden DM und schätzen Sie den Bundesbankgewinn — wie immer sehr vorsichtig — auf 12,5 Milliarden.
    Wenn ich nun immer schön nach Ihrem eigenen alten Rezept zusammenzähle, dann weisen die drei Haushalte, für die Sie Verantwortung tragen, 40 Milliarden DM durchschnittliche Fehlbeträge auf.

    (Dr. Schwörer [CDU/CSU]: Sie Rechenkünstler!)

    Von 38 Milliarden DM, die wir gehabt haben, auf 40 Milliarden DM, die Sie jetzt haben, das feiern Sie als einen Erfolg, als ob es heute besser wäre als früher, und Sie wollen dem deutschen Volk vermitteln, Sie würden die Nettokreditaufnahme herunterführen. In Wirklichkeit geht sie rauf.

    (Beifall bei der SPD — Austermann [CDU/ CSU]: Wo denn? — Dr. Schwörer [CDU/ CSU]: Und die Zinsen, die wir zahlen! — Zurufe von der CDU/CSU: Das ist die neue Mengenlehre! — Taschenspielertricks! — Peinlich für jedes Milchmädchen! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    — Wenn Sie Ihre Zwischenrufe, meine Herren Kollegen, so konzentriert machen, daß ich sie verstehen kann, würde ich sie gern auch den Zuschauern am Fernsehschirm übersetzen. Aber leider ist es nur ein Gemurmel. Aber ich habe von Ihnen auch noch nie etwas anderes gehört.

    (Dr. Schwörer [CDU/CSU]: Sagen Sie doch etwas zu den Zinsen, die wir in der Zeit bezahlt haben!)

    — Nein: Die nicht Sie bezahlt haben, sondern die wir alle, Herr Kollege, bezahlt haben.

    (Dr. Stavenhagen [CDU/CSU]: Wir zahlen die Zinsen für Ihre Schulden!)

    — Wenn Sie zugehört hätten, hätten Sie bemerkt: Ich habe von Anfang an für meinen Teil die Verantwortung übernommen. Davor scheue ich mich nicht. Ich habe Ihnen von vornherein gesagt: Die Konsolidierung ist nicht nur nicht abgeschlossen, sondern sie hat noch nicht begonnen. Das wollte ich Ihnen hiermit beweisen. Ich hoffe, Sie gehen da weiter mit.
    Ich will Ihnen auch sagen, wie es im Grund gekommen ist. In den vergangenen drei Jahren, Herr Stoltenberg — jetzt sehe ich Sie direkt; da kann ich Sie besser ansprechen —, haben Sie eine Ausgabensteigerung von 6 % gehabt. Das ist eine beachtliche Senkung, wenn man die anderen Haushalte ansieht. Nur: Wie kommt es dazu? Die 6 % — im Durchschnitt 2 % pro Jahr — sind gekommen, weil Sie ganz massive Einschnitte bei den Sozialausgaben vorgenommen haben, weil Sie die beschäftigungswirksamen Investitionen gekürzt haben, weil Sie Lasten auf die Länder und Gemeinden und auf die Sozialversicherung verschoben haben. Das ist die soziale Gerechtigkeit, die für die Beschäftigung in unserem Land sehr schlimm ist.

    (Beifall bei der SPD)

    Sie können das an der Arbeitslosigkeit ablesen. Ich will Sie jetzt mit einer Folge Ihrer Politik konfrontieren: Im Jahre 1982 — für Sie ja immer Bezugsjahr für negative Kritik an Sozialdemokraten — haben wir 1,8 Millionen Arbeitslose gehabt; auch das war damals schon zu viel. Sie sind jetzt bei 2,2 Millionen Arbeitslose und gehen davon aus, daß sich diese Zahl nicht besonders ändert.

    (Austermann [CDU/CSU]: Davon gehen wir nicht aus! Wir gehen davon aus, daß die Zahl nach unten geht! — Zuruf von der CDU/CSU: Sie wollen wohl 3 Millionen haben?)

    Ich muß Ihnen ehrlich sagen: Ich bin ganz betrübt darüber, daß Sie diese Zahl von rund 2 Millionen Arbeitslosen als eine Sockelarbeitslosigkeit ansehen, hinsichtlich der Sie nichts tun, um sie in irgendeiner Form zu beseitigen.

    (Beifall bei der SPD)

    Das ist schon schlimm, wenn man sich nämlich ansieht, wie Sie sich, Herr Dr. Stoltenberg, in der Zwischenzeit beim Steuerzahler bedient haben. In den letzten drei Jahren, in denen Sie hier die Verantwortung tragen, sind die Steuereinnahmen des Bundes — ohne eine Steueränderung — um 14 % gestiegen. Wenn ich dann noch das gegenrechne — das muß man ja redlicherweise auch tun —, was Sie an Steuervergünstigungen an Unternehmen und Großbauern verteilt haben, dann komme ich sogar auf eine Steigerung der Steuereinnahmen von 15,5%. Allein der Bund hat in den letzten drei Jahren 29 Milliarden DM mehr aus zusätzlichen Steuereinnahmen kassiert. Wenn wir diese Mittel für eine sinnvolle Konsolidierung des Bundeshaushalts hätten einsetzen können, Herr Dr. Stoltenberg,

    (Austermann [CDU/CSU]: Wir haben sie eingesetzt, wir haben sie ja für den Abbau der Verschuldung eingesetzt!)

    hätten wir jetzt keine Schwierigkeiten, die Steuerreform in einem Rutsch zu finanzieren. Aber dazu hatten Sie nicht die innere Kraft.

    (Beifall bei der SPD — von Schmude [CDU/CSU]: Dazu haben Sie uns zu viel Schulden hinterlassen!)

    Das, was Sie im Augenblick als Konsolidierung verkaufen, ist keine Konsolidierung, sondern ist Umverteilungspolitik, die Sie in höchstem Maße vollziehen.
    Wenn Sie das bestreiten: Bei der Abstimmung über unsere Vorlage zur Ergänzungsabgabe können Sie j a beweisen, daß Sie eine andere Politik im



    Wieczorek (Duisburg)

    Auge haben. Sie, Herr Dr. Stoltenberg, haben allein die Nettokreditaufnahme im Auge und leugnen die gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen Ihrer Politik. Sie sind der Oberbuchhalter der Nation,

    (Lachen und Widerspruch bei der CDU/ CSU)

    aber nicht der Finanzminister dieses Landes. Sonst hätte Herr Dr. Stoltenberg bei seinem Lob über den Sachverständigenrat uns soeben doch sicherlich auch mitteilen müssen, daß der Sachverständigenrat für das nächste Jahr klar und deutlich gesagt hat, daß er mit einer wesentlich geringeren Nettokreditaufnahme der öffentlichen Hand insgesamt rechnet als der Bundesfinanzminister, und zwar mit 10 Milliarden DM weniger.
    Der Sachverständigenrat, Herr Dr. Stoltenberg, hat Ihnen aber auch noch etwas anderes ins Stammbuch geschrieben. Er hat Ihnen nämlich gesagt, daß Sie Ihre finanzpolitischen Ziele noch nicht richtig formuliert haben, daß sie noch nicht klar formuliert sind. Sie haben nämlich ein haushaltspolitisches und kein finanzpolitisches Ziel. Ich muß Sie einfach fragen, Herr Dr. Stoltenberg: Was verstehen Sie eigentlich unter Konsolidierung? Sozialabbau, Abbau des strukturellen Defizites — das wäre ja vernünftig —, Verminderung der Neuverschuldung durch Einstellung des Bundesbankgewinns in den Haushalt, Steuersenkung für Unternehmer, Steuersubventionen für die Landwirtschaft, und zwar für Großbauern,

    (Stockhausen [CDU/CSU]: Das ist doch billig!)

    Einsparen von Milliardenbeträgen bei den Sozialausgaben, und das Jahr für Jahr? Herr Dr. Stoltenberg, wieso fallen die Haushaltsansätze und die IstErgebnisse bei Gesamtausgaben, Investitionen und Bundesbankgewinn bei Ihnen immer so weit auseinander?

    (Austermann [CDU/CSU]: Positiv!)

    — Es gibt hier kein positives oder negatives Auseinanderfallen. Denn wenn Sie ein sogenanntes positives Auseinanderfallen haben, haben Sie der Wirtschaft irgendwo zu viel Geld entzogen, Herr Kollege, das Sie nicht in Arbeit umwandeln können, und da setzt unsere Kritik an. Es ist kein Positivum, wenn der Bundesfinanzminister eine bestimmte Ausgabenschwelle nicht erreicht, weil er der Wirtschaft damit möglicherweise große Mittel entzieht, die in Arbeit umgesetzt werden können. Genau das ist unser Kritikpunkt, den wir hier bei Ihnen insgesamt haben.

    (von Schmude [CDU/CSU]: Dann sagen Sie doch einmal, wem wir das Geld aus der Tasche ziehen!)

    Mir scheint es aber so zu sein, daß der Bundesfinanzminister in der Tat eine gewisse Strategie hat, nämlich eine Strategie, die mit der inneren Struktur dieser Regierung zusammenhängt. Er ist dazu gezwungen, sich arm zu rechnen, damit die Begehrlichkeiten seiner Kollegen im Kabinett nicht noch größer werden. Er muß es auch tun, damit er die eigentlich von vielen Kollegen in der CDU und in der CSU eingesehene Differenz bei der sozialen Gerechtigkeit nicht ausgleichen muß.
    Herr Bundesfinanzminister, Sie rechnen sich arm und setzen die Steuerannahmen und die Bundesbankgewinne zu niedrig an. Dann kann man ja zur Not dem eigenen Klientel noch einmal ein paar Milliarden drauflegen. Sie suchen durch Ihre falschen Zahlen gleichzeitig eine bessere Position bei den Verhandlungen mit den Ländern zu erreichen. Anders ist es nämlich nicht zu erklären, daß Sie für das nächste Jahr ein gesamtstaatliches Defizit von 39 Milliarden DM erwarten, während die Sachverständigen nur mit 29 Milliarden DM rechnen.
    Am Ende bleibt man unter der veranschlagten Neuverschuldung. Ihr haushaltspolitisches Ziel ist dann damit erfüllt. Arbeit, Umwelt und soziale Gerechtigkeit sind aber dabei auf der Strecke geblieben. Nur einen gemeinsamen Nenner haben alle Ihre Aktivitäten: Sie sind auf Umverteilung von unten nach oben ausgerichtet. Das ist der eigentliche Inhalt Ihrer Konsolidierungsvorstellungen.

    (Beifall bei der SPD)

    Meine Damen und Herren, wir haben in der ersten Lesung angekündigt, daß wir mit unseren Änderungsanträgen versuchen werden, Sie hinsichtlich der Themen Arbeit, Umwelt und soziale Gerechtigkeit umzustimmen. Wir haben dazu zur zweiten und dritten Beratung eine Reihe von Anträgen vorgelegt.
    Um Arbeit zu schaffen und um gleichzeitig die Umweltsituation zu verbessern, fordern wir eine deutliche Verstärkung der investiven Ausgaben im Bundeshaushalt. Dafür wollen wir beispielsweise eine Kapitalzuführung an die Kreditanstalt für Wiederaufbau in Höhe von 500 Millionen DM, um diese in die Lage zu versetzen, als Einstieg in ein künftiges Sondervermögen Arbeit und Umwelt zusätzliche Darlehen zu zinsgünstigen Konditionen zur Finanzierung von Umweltschutzinvestitionen zu gewähren.
    Wir wollen mehr Mittel für die Bundesbahn; wir wollen mehr Mittel für Bundesautobahnen, und zwar hier für Umweltschutzmaßnahmen an Verkehrswegen. Wir wollen mehr Mittel für verbesserte Forschung im Bereich der Umwelttechnologie und insbesondere der Verbrennungstechnologie.
    Wir wollen aber auch die Bundesanstalt für Arbeit durch einen Zuschuß von 2,7 Milliarden DM in die Lage versetzen, die Rücknahme der unsozialen Kürzungen der vergangenen Jahre zu finanzieren, damit mehr für aktive Beschäftigungsförderung getan werden kann.

    (Kroll-Schlüter [CDU/CSU]: Aber wie wollen Sie das alles bezahlen?)

    — Ich komme gleich darauf zu sprechen, wie wir es bezahlen wollen; keine Sorge, Herr Kollege.

    (Kroll-Schlüter [CDU/CSU]: Mit Schulden!)

    Zur Finanzierung haben wir nämlich sehr konkrete
    Vorschläge gemacht. Wenn Sie gleich der Ergän-



    Wieczorek (Duisburg)

    zungsabgabe zustimmen, dann haben wir eine wunderschöne Finanzierungsbasis für alles.

    (Beifall bei der SPD)

    Ich sage Ihnen aber noch einmal, was wir nicht wollen. Wir wollen keine Finanzierung durch Umverteilungspolitik. Wir wollen Umschichtungen im Haushalt. Das ist richtig. — Herr Präsident, meine Fraktion verlängert meine Redezeit sicherlich noch um zwei bis drei Minuten.

    (Lachen bei der CDU/CSU) — Das wird sie sicherlich tun.



Rede von Richard Wurbs
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Herr Abgeordneter, ich darf Sie darauf aufmerksam machen, daß diese Zeit dann den Rednern Ihrer Fraktion abgezogen wird.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Helmut Wieczorek


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Das weiß ich, Herr Präsident. Aber ich möchte meine Rede noch beenden dürfen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das ist auch eine Form der Umverteilung! — Heiterkeit bei der CDU/CSU)

    Ich würde gerne noch ein paar Sätze dazu sagen, wie wir das finanzieren wollen, denn ein Vortrag in dieser Form wäre unvollständig; er wäre unvollkommen, wenn ich den Finanzierungsvorschlag schuldig bliebe.
    Ich darf auf die Rede meiner Kollegin Frau Traupe vom Dienstag hinweisen. Sie hat am Verteidigungshaushalt sehr deutlich gemacht, wie unsere Vorstellungen haushaltspolitisch sauber und sicherheitspolitisch vertretbar realisiert werden können. Wenn wir im Verteidigungshaushalt nach strengster Prüfung 1,8 Milliarden DM freimachen können, ohne daß die Verteidigungsbereitschaft darunter leidet, dann ist es auch in anderen Bereichen möglich. Wenn Sie beispielsweise nur den Bundesbankgewinn von 12,5 Milliarden DM auf 13 Milliarden DM realistisch anheben — es werden wahrscheinlich 15 Milliarden DM werden —, dann haben Sie auch schon wieder einen erheblichen Beitrag zur Deckung.
    Ich kann Ihnen sagen: Die Arbeitsgruppe Haushalt der SPD-Fraktion hat in der Opposition noch keinen einzigen Antrag eingebracht, um die Nettokreditaufnahme weiter zu erhöhen.

    (Beifall bei der SPD)

    Wir sind immer in der Kontinuität unserer Konsolidierung geblieben, auch wenn Sie es nicht gern wahrhaben wollten.
    Um das Zeitkontingent meiner Kollegen jetzt nicht weiter zu belasten, will ich hiermit enden. Ich darf mich bei Ihnen für Ihr reges Mitgehen herzlich bedanken.

    (Beifall bei der SPD)