Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich habe den
Eindruck, wir haben eine sehr muntere und zugleich auch inhaltsreiche Debatte gehabt. Ich bin eigentlich froh, daß so viele interessante Vorschläge gemacht worden sind, die allerdings zu einem ganz großen Teil keine Novitäten waren. Aber das ist ja auch kaum möglich.
Ich glaube, ich erlebe inzwischen den vierten oder fünften Anlauf, die Arbeitsbedingungen in diesem Hause zu verbessern, auch über den Status des Abgeordneten nachzudenken. Ich darf Ihnen sagen, insbesondere den jüngeren Kolleginnen und Kollegen: In jedem Fall war den Bemühungen Erfolg beschieden, wenn auch nicht der volle Erfolg. Aber wenn Sie einmal die Geschichte dieses Parlaments, gar nicht seit 35 Jahren, vielleicht seit 10, 15 oder 20 Jahren, wirklich verfolgen, werden Sie sehen, daß sich die Arbeitsbedingungen und die Situation im Grunde genommen gebessert haben. Es gibt ein Paar Schwierigkeiten und Probleme, auf die ich ganz kurz eingehen möchte.
Frau Kollegin Hamm-Brücher, Sie haben Fragen angesprochen, die Verfassungsfragen sind, die das Verfassungsverständnis, aber auch die geschriebene Verfassung berühren. Ich bitte alle, die sich über die Probleme, die wir heute miteinander diskutiert haben, Gedanken machen, darüber nachzudenken, daß die parlamentarische Demokratie ganz bestimmte Konsequenzen hat, die nicht abgeschafft werden können. Dies wird immer eine Illusion bleiben.
Wer hier eine Änderung will, muß zur präsidentiellen Demokratie wollen. Und davor warne ich. Wie oft werden wir von amerikanischen Kollegen nach unserem parlamentarischen System gefragt, weil man ganz offensichtlich dieses präsidentielle System nicht für der Weisheit letzten Schluß hält. Darüber müssen wir nachdenken. Das sind alles Konsequenzen, die zum Teil außerordentlich schwerwiegender Natur sind.
Lassen Sie mich nur noch eines herausgreifen. Es ist viel darüber geredet worden, daß sich das Parlament nicht in die Öffentlichkeit umsetzt. Ich sehe hier eines der gravierendsten Probleme überhaupt. Bitte lassen Sie uns die Fakten anschauen. Hinüber kommt eigentlich nur das, was aus diesem Hause direkt oder manchmal in ganz kleinen Ausschnitten in Nachrichtensendungen oder anderen Sendungen übertragen wird. Hier gibt es sehr gute Debatten und ausgezeichnete Beiträge, die vollständig untergehen und für die es überhaupt kein Transportmittel gibt.
Ich verfalle jetzt nicht der großen Versuchung, eine Presseschelte vorzunehmen.
Aber ich weise darauf hin, daß es in freien Demokratien eine ganze Reihe Parlamente gibt, denen in der Berichterstattung viel, viel größerer Raum eingeräumt wird. Und dies halte ich für notwendig.
6262 Deutscher Bundestag — 10.Wahlperiode — 85. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 20. September 1984
Schulte
Dies muß Thema eines unserer nächsten Gespräche sein.
Wahrscheinlich werde ich in irgendeiner Form damit zu tun haben, das aufzuarbeiten, was heute vorgetragen worden ist. Wir werden das mit aller Gründlichkeit machen. Zum Teil sind Probleme involviert, die den Haushaltsausschuß angehen. Aber ich glaube, eine Reihe entscheidender Fragen betrifft doch auch unsere Arbeitsweise und vielleicht die Änderung gewisser Bestimmungen. Überfordern Sie nicht die Kolleginnen und Kollegen, die sich dieser Aufgabe unterziehen werden! Dies alles ist nicht binnen weniger Wochen zu schaffen; denn es muß alles sorgfältig ausgelotet werden. Ich habe das schon zweimal verantwortlich getan.
Ich kann Ihnen versprechen, daß diese Debatte ihren Sinn gehabt haben soll und daß wir Ihnen ganz konkrete und — ich glaube — auch gute Vorschläge vortragen werden.