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ID1008511900

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    6. Skarpelis-Sperk.: 1
    7. Bitte: 1
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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 10/85 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 85. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 20. September 1984 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 6147A Begrüßung des Präsidenten der Nationalversammlung des Staates Kuwait und einer Delegation 6158 D Begrüßung einer Delegation des Althing der Republik Island 6225 B Aktuelle Stunde betr. Haltung der Bundesregierung zum Beschluß des deutschen Bundestages vom 9. Februar 1984, ab 1. Januar 1986 nur noch abgasentgiftete Kraftfahrzeuge neu zuzulassen Dr. Vogel SPD 6147 B Schmidbauer CDU/CSU 6148 B Dr. Ehmke (Ettlingen) GRÜNE 6149 C Hoffie FDP 6150 D Schäfer (Offenburg) SPD 6151C Hanz (Dahlen) CDU/CSU 6152 C Baum FDP 6153B Dr. Zimmermann, Bundesminister BMI . 6154A Dr. Hauff SPD 6155A Dr. Lippold CDU/CSU 6156A Dr. Bangemann, Bundesminister BMWi . 6157 A Duve SPD 6158 D Fellner CDU/CSU 6159 D Lennartz SPD 6160 D Jung (Lörrach) CDU/CSU 6161C Erste Beratung des von den Abgeordneten Schäfer (Offenburg), Tietjen, Bernrath, Duve, Frau Dr. Hartenstein, Jansen, Kiehm, Dr. Nöbel, Dr. Penner, Reuter, Schröer (Mülheim), Wartenberg (Berlin), Dr. Wernitz, Paterna, Dr. Vogel und der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Vierten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über Personalausweise — Drucksache 10/1115 — in Verbindung mit Erste Beratung des von der Fraktion DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über Personalausweise — Drucksache 10/1316 — in Verbindung mit Beratung der Großen Anfrage der Fraktion DIE GRÜNEN zum Gesetz über Personalausweise — Drucksache 10/1016 — Schäfer (Offenburg) SPD 6162 C Dr. Miltner CDU/CSU 6166 B Dr. Hirsch FDP 6169 D Fischer (Frankfurt) GRÜNE 6171 D Dr. Zimmermann, Bundesminister BMI 6175 D Wartenberg (Berlin) SPD 6179A Clemens CDU/CSU 6180 C Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes — Drucksache 10/1180 — II Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 85. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 20. September 1984 in Verbindung mit Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Innenausschusses zu der Unterrichtung durch den Bundesbeauftragten für den Datenschutz Fünfter Tätigkeitsbericht des Bundesbeauftragten für den Datenschutz gemäß § 19 Abs. 2 Satz 2 des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) — Drucksachen 9/2386, 10/1719 — in Verbindung mit Beratung des Sechsten Tätigkeitsberichts des Bundesbeauftragten für den Datenschutz gemäß § 19 Abs. 2 Satz 2 des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) — Drucksache 10/877 — Dr. Wernitz SPD 6182 D Dr. Laufs CDU/CSU 6186 B Dr. Hirsch FDP 6189 D Dr. Waffenschmidt, Parl. Staatssekretär BMI 6191 D Dr. Schnoor, Minister des Landes Nordrhein-Westfalen 6193 D Fellner CDU/CSU 6197 D Baum FDP 6198 A Dr. Blank CDU/CSU 6200 B Stellung und Arbeit des Deutschen Bundestages Dr. Barzel CDU/CSU 6202 A Frau Dr. Hamm-Brücher FDP 6204 C Waltemathe SPD 6206 C Dr. Langner CDU/CSU 6208 B Frau Nickels GRÜNE 6210A Frau Geiger CDU/CSU 6211 B Dr. Vogel SPD 6213 A Dr. Lammert CDU/CSU 6215A Frau Dr. Skarpelis-Sperk SPD 6216D Kleinert (Hannover) FDP 6218 D Stratmann GRÜNE 6220 B Klein (München) CDU/CSU 6222 C Conradi SPD 6223 D Ertl FDP 6225 C Dr. Daniels CDU/CSU 6227 A Kuhlwein SPD 6228 B Werner CDU/CSU 6230 A Frau Dr. Hartenstein SPD 6231 D Dr. Czaja CDU/CSU 6233 D Dr. Schöfberger SPD 6235 C Frau Dr. Hellwig CDU/CSU 6236 D Bamberg SPD 6238 C Dr. Blank CDU/CSU 6239 D Burgmann GRÜNE 6240 D Mischnick FDP 6242 D Buschbom CDU/CSU 6244 B Sielaff SPD 6246 A Schwarz CDU/CSU 6247 C Reimann SPD 6248 B Dr. Feldmann FDP 6249 D Vogt (Kaiserslautern) GRÜNE 6250 D Eylmann CDU/CSU 6251 D Bindig SPD 6252 D Reddemann CDU/CSU 6253 C Frau Schmidt (Nürnberg) SPD 6254 B Dr. Warrikoff CDU/CSU 6255 B Stiegler SPD 6256A Lowack CDU/CSU 6256 D Schreiner SPD 6257 D Frau Roitzsch (Quickborn) CDU/CSU . 6258 C Toetemeyer SPD 6259 C Dr. Müller CDU/CSU 6259 D Dr. Hornhues CDU/CSU 6260 D Schulte (Unna) SPD 6261 B Gansel SPD 6262 B Vizepräsident Stücklen 6222 C Nächste Sitzung 6263 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 6265* Anlage 2 Einstellung von Ingenieuren bei der Bundespost vor und ab 1984; Verzicht auf die Absenkung des Eingangsamtes MdlAnfr 5, 6 14.09.84 Drs 10/1979 Broll CDU/CSU SchrAntw PStSekr Rawe BMP 6265* B Anlage 3 Stärkung des Zonenrandgebietes durch Verlagerung von Behörden MdlAnfr 7 14.09.84 Drs 10/1979 Hinsken CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. Jahn BMBau . . 6265* C Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 85. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 20. September 1984 6147 85. Sitzung Bonn, den 20. September 1984 Beginn: 8.00 Uhr
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    Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens* 21. 9. Buckpesch 21. 9. Büchner (Speyer) 21. 9. Dr. Göhner 20. 9. Haase (Fürth)** 20. 9. Dr. Häfele 21. 9. Jaunich 21. 9. Keller 21. 9. Dr. Kreile 21. 9. Frau Renger 21. 9. Reuschenbach 21. 9. Schmidt (Hamburg) 21. 9. von Schmude 21. 9. Frau Schoppe 21. 9. Frau Simonis 21. 9. Dr. Stark (Nürtingen) 21. 9. Dr. Stoltenberg 21. 9. Tietjen 21. 9. Dr. Voigt (Northeim) 21. 9. Weiskirch (Olpe) 21. 9. Frau Dr. Wex 20. 9. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Antwort des Parl. Staatssekretärs Rawe auf die Fragen des Abgeordneten Broll (CDU/CSU) (Drucksache 10/1979 Fragen 5 und 6): Wie entwickelt sich die Zahl der Einstellungen von Ingenieuren bei der Deutschen Bundespost im Jahre 1984 im Vergleich zu den vergangenen Jahren? Sieht die Bundesregierung eine Notwendigkeit, von der im Haushaltbegleitgesetz 1984 vorgesehenen Ermächtigung Gebrauch zu machen und auf die Absenkung des Eingangsamtes zu verzichten? Zu Frage 5: Im Jahre 1984 konnten bei der Deutschen Bundespost bisher 374 Diplomingenieure der Fachhochschulen als Nachwuchskräfte für die Laufbahnen des gehobenen fernmeldetechnischen, posttechnischen und hochbautechnischen Dienstes eingestellt werden. Mit weiteren 200 Einstellungen wird 1984 gerechnet, so daß sich die Gesamtzahl der Einstellungen des Jahres 1984 auf rund 580 Nachwuchskräfte belaufen wird. Die Vergleichszahlen der vergangenen Jahre lauten: 1980: 929 Einstellungen, 1981: 1 033 Einstellungen, 1982: 1 043 Einstellungen und 1983: 904 Einstellungen. In die entsprechenden Laufbahnen des höheren technischen Dienstes der Deutschen Bundespost wurden im Jahre 1984 bisher 45 Diplomingenieure der Technischen Hochschulen und Universitäten eingestellt. Im Jahr 1984 wird mit weiteren 10 bis 15 Einstellungen gerechnet. Die Vergleichszahlen der vergangenen Jahre lauten: 1980: 56 Einstellungen, 1981: 88 Einstellungen, 1982: 66 Einstellungen und 1983: 63 Einstellungen. Zu Frage 6: Die Bundesregierung prüft zur Zeit, ob besoldungsrechtliche Maßnahmen ergriffen werden. Anlage 3 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Jahn auf die Frage des Abgeordneten Hinsken (CDU/CSU) (Drucksache 10/1979 Frage 7): Sieht die Bundesregierung eine Möglichkeit, das Zonenrandgebiet durch Verlagerung von wenig publikumsintensiven Behörden dorthin zu stärken, und wenn ja, was käme dafür in Frage? Die Verwaltungsstruktur in der Bundesrepublik Deutschland ist auf eine ausreichende und bürgernahe Versorgung der Bevölkerung mit öffentlichen Dienstleistungen ausgerichtet. Der förderative Aufbau der Bundesrepublik Deutschland hat dazu geführt, daß sich die Behörden nicht in einzelnen Gebieten konzentrieren. Für eine umfassende Verlagerung von Behörden besteht daher keine Veranlassung. Die Bundesregierung wird jedoch bei etwaigen Standortveränderungen darum bemüht bleiben, Bundesbehörden bzw. -einrichtungen in strukturschwache Gebiete, insbesondere in das Zonenrandgebiet zu legen, soweit keine aufgabenbezogenen Gesichtspunkte entgegenstehen. Bei Neugründungen von Bundesbehörden bzw. -einrichtungen ist Standorten im Zonenrandgebiet aufgrund des Raumordnungsgesetzes und des Zonenrandförderungsgesetzes Vorrang einzuräumen. Wie eine Umfrage bei den Bundesressorts gezeigt hat, werden neue Behörden nur noch in Ausnahmefällen errichtet. Deshalb kommt es derzeit besonders darauf an, Behörden und sonstige öffentliche Einrichtungen und damit Arbeitsplätze im Zonenrandgebiet zu erhalten. Falls ein Behördenabzug aus gewichtigeren betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten für unumgänglich erachtet wird, sind nach Möglichkeit durch flankierende Maßnahmen negative Folgen für den Arbeitsmarkt zu vermeiden. Der für die Raumordnung zuständige Bundesminister wirkt im Rahmen der Abstimmung von Standortentscheidungen für Bundesbehörden bzw. -einrichtungen nach § 4 Abs. 1 des Raumordnungsgesetzes auf diese Zielsetzungen hin.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Richard Stücklen


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Das Wort hat Herr Abgeordneter Lammert.
    Dr. Lammert (CDU/CSU) (vom Platz aus sprechend): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Saal ist zwar in der Tat völlig ungeeignet, von diesem Platz aus zu sprechen, aber ich denke, bei einer „Betriebsversammlung", wie es der Kollege Langner vorhin zu Recht charakterisiert hat, sollten wir schon einmal den Versuch unternehmen, nicht vom Podium aus zueinander zu reden.

    (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)

    Diese Debatte findet statt, weil die große Mehrheit aller Kollegen in diesem Haus von der Notwendigkeit überzeugt ist, über eine Verbesserung der Arbeitsweise und auch der öffentlichen Wirksamkeit des Deutschen Bundestages nachzudenken. Dabei wollen wir den Parlamentarismus weder neu erfinden, noch wollen wir ihn überwinden. Er ist für uns die selbstverständliche Grundlage und auch das verfassungsrechtliche Fundament unserer Arbeit, für das es nach unserer festen Überzeugung keine vernünftige Alternative gibt. Wer selber ein gebrochenes Verhältnis zum Parlamentarismus hat, braucht für noch so weitreichende Reformvorschläge keine besondere Glaubwürdigkeit und Ernsthaftigkeit zu erwarten.

    (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)

    Systemüberwindung ist keine Parlamentsreform.
    Wenn wir uns hier Mühe geben wollen, über eine Verbesserung der Arbeitsweise nachzudenken, dann kann im Zentrum dieser Überlegungen nicht die Erstellung eines möglichst umfangreichen Kataloges von Änderungen unserer Geschäftsordnung stehen. Diese ist erst in der vorletzten Legislaturperiode völlig neu formuliert worden. Alle die Kollegen, die im 1. Ausschuß ständig mit ihrer Anwendung zu tun haben, werden eindrucksvolle Belege für die Grenzen der Regelungsfähigkeit einer Geschäftsordnung vortragen können. Parlamentarische Indianerspiele lassen sich auch durch eine Geschäftsordnung nicht ausschließen. Umgekehrt läßt unsere Geschäftsordnung jeden sinnvollen Vorschlag für eine Verbesserung und Verlebendigung unserer parlamentarischen Praxis zu. Darum kann es im Kern also ganz sicher nicht gehen.
    Ich will eine Reihe von knappen Anmerkungen und Anregungen machen, in welcher Richtung Veränderungen und hoffentlich Verbesserungen vielleicht möglich sind.
    Hier ist mehrfach das Stichwort „Präsenz im Plenum" angesprochen worden. Die Präsenz im Plenum entscheidet ganz sicher nicht über die Leistungsfähigkeit und den Wirkungsgrad einer parlamentarischen Demokratie. Aber wir müssen zur Kenntnis nehmen, daß sie ganz offensichtlich und erheblich über das Ansehen des Parlamentarismus und der Parlamentarier entscheidet. Dies ist übrigens einer der Punkte, die sich durch Geschäftsordnung offensichtlich nicht regeln lassen, sondern im wesentlichen durch unsere eigene Selbstdisziplin — wenn sie denn da ist, sonst eben nicht —, vielleicht aber auch durch eine gezielte Neuorganisation der Parlamentsdebatten. Insofern halte ich die Anregung für ausgesprochen erwägenswert, vielleicht statt ganztägiger Mammutdebatten Vormittagsdebatten hier im Plenum vorzusehen.

    (Zuruf der Abg. Frau Dr. Hamm-Brücher [FDP])

    Das würde im übrigen, Frau Hamm-Brücher, neben unseren Kollegen vielleicht auch manchen Journalisten die persönliche Teilnahme an den Debatten erleichtern, über die sie anschließend Berichte und kraftvolle Kommentare verfassen.

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)

    Zweite Anregung. Die Redezeiten und ihre übertriebene Inanspruchnahme

    (Duve [SPD]: Durch die Regierung!)

    lähmen den Debattenverlauf weit mehr als die oft beklagte Strukturierung durch die Geschäftsführer.

    (Beifall des Abg. Löffler [SPD])

    Das Rederecht von Bundesregierung und Bundesrat ist, ob man das schön oder weniger schön findet, verfassungsrechtlich verankert. Seine exzessive Inanspruchnahme bleibt ein Ärgernis,

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP sowie bei der SPD)

    zumal wenn in der Praxis durch diese Inanspruchnahme die parlamentarischen Beiträge einfacher Abgeordneter in die wenig faszinierende Rolle des Pausenfüllers in der Elefantenschau geraten.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der FDP)

    Hier sollte man einmal ernsthaft darüber nachdenken, ob nicht eine Vereinbarung, auch mit der Bundesregierung, möglich ist, die analog der Praxis in unserer Aktuellen Stunde dann, wenn eine bestimmte Redezeit überschritten ist, die man festlegen müßte, eine allgemeine Aussprache und damit eine Aufhebung der ursprünglich vereinbarten Redezeiten zur Folge hätte.
    Dritte Anregung. Zur Entlastung knapper Debattenzeiten könnte auch eine stärkere Inanspruch-



    Dr. Lammert
    nahme der Geschäftsordnungsmöglichkeit beitragen, Reden zu Protokoll zu geben.

    (Frau Dr. Hamm-Brücher [FDP]: Das gibt es nicht mehr!)

    Wer sich die große Mühe macht, eine Rede im Wortlaut auszuformulieren, sollte vielleicht in Zukunft häufiger als in der Vergangenheit sich und uns die Freude machen, sie zu Protokoll zu geben, zumal dies den Vorzug hat, daß sie dann auch unbeschädigt von Zwischenrufen und Zwischenfragen im Protokoll wie vorgesehen erscheint.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Vierte Anregung. Die parlamentarische Arbeit vollzieht sich nun mal nicht nur im Plenum, vielleicht nicht einmal wirklich zentral. Sie vollzieht sich auch und gerade in den Ausschüssen. Alle Ausschüsse klagen mit guten Argumenten darüber, daß ihnen immer weniger effektive Arbeitszeit für die konkrete Gesetzesarbeit und die Bearbeitung von Anliegen, Initiativen und Resolutionen und die Berichterstattung über laufende politische Ereignisse verbleibt. Auch hier müssen wir darüber nachdenken, wie sich vielleicht das Verhältnis des Zeitaufwandes zueinander neu gestalten läßt.
    Ich möchte in diesem Punkt noch einen anderen Aspekt unterbringen, den ich als eine Diskriminierung der Abgeordneten des Parlaments empfinde. Die Abgeordneten haben im Unterschied zur Regierung nicht die Möglichkeit, zu Sitzungen ihres Parlaments und ihrer Ausschüsse eigene Mitarbeiter mitzubringen, während die Regierung ganz selbstverständlich in der Stärke einer halben Kompanie aufmarschiert.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)

    weil der Sachverstand jedes Fachministers im Einzelfall natürlich und aus guten Gründen überfordert wird. Hier lassen sich sicher praktikable Mittelwege finden, die jedenfalls die bisherige — wie ich finde: zweifelhafte — Praxis verbessern könnten.
    Fünfter Punkt. Eine der sicher zentralen parlamentarischen Kontroll- und Wirkungsmöglichkeiten ist das Institut der Untersuchungsausschüsse. Für Untersuchungsausschüsse haben wir bisher, bis zum 10. Deutschen Bundestag, noch immer keine verbindliche solide gesetzliche Grundlage. Ich persönlich empfinde das Mißverhältnis zwischen der notwendigen Akrobatik in der Auslegung analoger Verfahrensregeln und dem meist kümmerlichen Ergebnis dieser Untersuchungsausschüsse geradezu als peinlich und meine, wir sollten endlich schleunigst das nachholen, was hier seit Legislaturperioden zwar immer wieder als Problem empfunden, aber nicht erledigt worden ist: für eine entsprechende solide gesetzliche Grundlage zu sorgen.

    (Beifall bei der SPD)

    Sechster Punkt. Die oft, wie ich meine, vordergründig kritisierte Fraktionsdisziplin steht nach meinen persönlichen Erfahrungen der verfassungsrechtlichen Stellung und der Weisungsgebunden-
    heit der Abgeordneten nicht im Wege — nicht im Wege! Kalkulierbar und rechtfertigungsfähig werden parlamentarische Entscheidungsprozesse nur durch identifizierbare Verantwortlichkeiten. Es mangelt uns in der Regel ja nicht an Selbstbewußtsein. Aber wir sollten die Bedeutung der eigenen Person auch nicht überschätzen. Wenn jeder Abgeordnete zu jedem einzelnen Sachverhalt seine sicher immer interessante, aber eben nicht immer maßgebende persönliche Meinung zum besten geben wollte, dann verkäme der Parlamentarismus zum unverbindlichen Palaverismus.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Ist das jetzt Selbsterkenntnis?)

    — Sicher auch, Herr Kollege.
    Siebtens. Die Wirksamkeit und das Ansehen des Parlaments hängen nicht nur von unserem Engagement ab, sondern ganz sicher zu einem erheblichen Teil von unserer Selbstdisziplin. Ich bin persönlich sehr skeptisch, Frau Hamm-Brücher, gegenüber der Anregung, die Möglichkeit persönlicher Erklärungen, die unsere Geschäftsordnung vorsieht, auszudehnen, gerade nach den Erfahrungen der vergangenen Monate. Wenn dieses wichtige Instrument zur kleinen Münze persönlicher Eitelkeiten oder der Verschleppung von Abstimmungen verkommt,

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU)

    dann zerstören wir seinen Rang als Dokumentation der Unabhängigkeit frei gewählter Abgeordneter, statt es zu stärken.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)

    Letzte Anregung oder Überlegung: Gewissensentscheidungen, die diesen Namen verdienen, gibt es sehr selten. Aber an Gelegenheiten zu Zivilcourage mangelt es eigentlich nicht. Rückgrat ist aber keine Frage der Geschäftsordnung. Das muß schon jeder für sich selbst erledigen und dabei möglichst selbstkritisch überprüfen, ob er im Einzelfall nicht vielleicht dickes Fell mit stabilem Rückgrat verwechselt. Jedenfalls bin ich persönlich fest davon überzeugt, daß diese Frage über das Ansehen des Parlaments weit mehr entscheidet als die technischen und organisatorischen Verbesserungen, über die wir heute nachmittag mit guten Gründen und zu Recht reden. Insofern entscheidet sich die Frage, ob aus dieser Debatte eigentlich etwas zurückbleibt, am Ende und ständig durch unser eigenes Verhalten.
    Danke schön.

    (Beifall bei der CDU/CSU, der FDP und der SPD sowie bei Abgeordneten der GRÜNEN)



Rede von Richard Stücklen
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat Frau Abgeordnete Skarpelis-Sperk. Bitte sehr.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Unsere heutige öffentliche Diskussion zum Selbstverständnis des Deutschen Bundestages war im Grunde überfällig, wenn man der Öffentlichkeit redlich Antwort auf eine Fülle von Kri-



    Frau Dr. Skarpelis-Sperk
    tikpunkten geben und die Reformbemühungen vieler Abgeordneter quer durch die Fraktionen dieses Hauses nicht von vornherein zur Unwirksamkeit verdammen will.
    Zwei Fragen sollten dabei meines Erachtens heute im Vordergrund stehen. Erstens. Ist das Parlament überhaupt noch Forum der politischen Willensbildung, auf dem unterschiedliche politische Meinungen und echte Alternativen vorgetragen, sorgfältig bewertet, abgewogen und dann gemeinsam entschieden werden?
    Die zweite Frage aber ist meines Erachtens ebenso wichtig wie die erste: Ist das Parlament bzw. der einzelne Abgeordnete seinen Aufgaben noch gewachsen? Während wir zum ersten Fragenkomplex in der Therapie nicht ganz einig sind, ist die zweite Frage ernsthaft nicht umstritten: In wichtigen Funktionen erfüllt der Deutsche Bundestag seine Aufgaben nicht so, wie er es nach dem Selbstverständnis seiner Mitglieder und nach den uns von der Verfassung auferlegten Pflichten tun sollte; denn unsere Pflichten und das, was tägliche Realität ist, klaffen weit auseinander.
    Die Ansprüche, die Bürger, organisierte Gruppen und Öffentlichkeit an uns stellen, nehmen gerade in wirtschaftlichen Krisenzeiten deutlich zu, während die Arbeitsmöglichkeiten der Abgeordneten und des gesamten Parlaments dem nicht Schritt gehalten haben. Das klingt für viele in der Öffentlichkeit erstaunlich: „Haben die denn nicht ihre Büros und Assistentinnen, Dienstwagen, Diensttelefone, Freifahrtscheine? Stehen ihnen denn nicht auf den kleinsten Wink hin Ministerien, ja allwöchentlich leibhaftige Staatssekretäre zur Verfügung, um ihnen jede gestellte Frage zu beantworten? Bekommen sie denn nicht alles, was sie wollen, auf den Tisch'?" Da wären wir schon bei einem Problem, bei dem sich die gewaltige Distanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit gut zeigen läßt; zwischen dem Ideal des wohlinformierten Abgeordneten und der Wirklichkeit des gehetzten, der über zuviel an irrelevanten und zuwenig an relevanten Informationen verfügt.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Dabei stellen sich uns in der Praxis drei Probleme. Erstens: Wie kommen wir überhaupt an uns interessierende Informationen heran? Zweitens: Wie können wir aus der Flut der Informationen die für uns notwendigen heraussuchen? Und drittens: Wie können wir sie in der uns zur Verfügung stehenden, stets knappen Zeit zu sinnvollen Stellungnahmen, Entscheidungen und Gesetzen verarbeiten? Wie können wir Regierung und Verwaltung wirksam kontrollieren?
    Zur ersten Frage: Exekutive und Wirtschaft haben sich im Laufe der Jahre eine Reihe von Datenbanken aufgebaut und sind im Begriff, sie zu imponierenden Datenimperien auszubauen, zu denen sie ohne Zeitverzögerung unmittelbaren Zugriff haben. Aus dieser Datenfülle erhalten wir das für uns herausgefiltert, was Regierung, Verwaltung und Wirtschaft für richtig halten, und das meist erst nach einer Frageprozedur, die Wochen dauern kann und
    bei der unvollständige und nichtssagende Antworten einen erheblichen Anteil bilden.
    Warum lassen wir uns so viele glatte Leerformeln oder sogar bewußt irreführende Informationen gefallen? Nun, das ist nicht nur eine Frage des Selbstbewußtseins, sondern das ist auch deswegen der Fall, weil wir entweder die Information nicht haben, um nachstoßen oder die Antwort falsifizieren zu können, oder weil wir die Arbeitskapazität nicht haben, um Konflikte in der Ausübung unseres Informations- und Kontrollrechts auch wirklich durchhalten zu können. Darauf, daß wir im Vergleich zur Verwaltung weder die Zeit noch genug Mitarbeiter haben, um in mehr als einigen Fällen nachzustoßen, verlassen sich auch die macht- und selbstbewußten Bürokratien.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Ich rechne dabei gar nicht die Summe aller Arbeitskapazitäten, über die das Parlament verfügt, gegen die Arbeitskapazität von Regierung und Verwaltung auf. Nein, viel bescheidener bitte ich Sie einmal, die „Kampffähigkeit" eines Abgeordneten mit der eines schlichten Referatsleiters — wir haben im Verlaufe unserer Arbeit mit vielen zu tun — zu vergleichen. Dort, selbst in kleinen Referaten, drei Mitarbeiter, hier, beim Abgeordneten, höchstens anderthalb. Dort ein relativ kleines, überschaubares Sachgebiet und die Möglichkeiten des Zugriffs zu einer umfassenden technisch-organisatorischen Infrastruktur des jeweiligen Hauses, hier ein Abgeordneter, der von den Ansprüchen her eine „eierlegende Wollmilchsau" sein soll, hin- und hergerissen zwischen Bonn und dem Wahlkreis, dessen technisch-organisatorische Infrastruktur teils den frühen 60er, teils den frühen 70er Jahren entspricht.
    Der bittere Witz dabei ist, daß die von uns zu Kontrollierenden in der Regel Inhalt und Ausmaß der Information bestimmen, mittels derer wir sie kontrollieren sollen.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)

    Damit wären wir beim zweiten Problem: Wie wählen wir die geeigneten Informationen aus? Regierung, Ministerialbürokratie und organisierte Interessen geben in der Regel eine Menge gezielter Informationen ab, die zum Teil die Grenze zur Desinformation bewußt überschreiten, um unsere Entscheidungen in ihrem Sinn zu beeinflussen. Das tun sie entweder dadurch, daß sie uns zuwenig Informationen geben, oder, wenn man hartnäckig und fleißig ist, dadurch, daß sie uns mit zuviel Informationen überschütten. Das Schlimme ist, daß man im ersten Fall wenigstens noch weiß, daß man nichts weiß; im zweiten Fall aber ist man so eingedeckt, daß man gar nicht merkt, zu welchen Zwecken die Papierfluten gesteuert werden.

    (Dr. Hornhues [CDU/CSU]: Frau Kollegin, wenn das so ist, würde ich zurücktreten!)

    Nur dann, wenn der Problemdruck so groß wird,
    daß wir es von unten spüren, daß uns die Basis und
    die Bürger beuteln, schieben wir die Stöße beiseite



    Frau Dr. Skarpelis-Sperk
    und fragen nach anderen Informationen als jenen, die uns auf die Schreibtische geladen werden. — Herr Kollege, wenn Sie in Arbeits-Ausschüssen mit ihrer Fülle von 20 bis 30 Tagesordnungspunkten mit kompliziertesten Inhalten säßen, würden Sie wissen, daß die Zahl der gezielten Informationen, die Fülle der Informationen nicht mehr zu vernünftigen Entscheidungen zu verarbeiten sind.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)

    Deswegen geht im Regelfall der Kampf des Abgeordneten um Informationen so aus wie das Rennen des Hasen mit dem Igel. Der Hase kann so viel laufen, wie er will, sich anstrengen, so viel er will, unter den heutigen Bedingungen wird er überall einen ausgeschlafenen Igel vorfinden, der ihm höflich oder arrogant sagt: Setzen S' sich, Herr oder Frau Abgeordnete, schnaufen S' mal kurz durch, ich bin nämlich schon da.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU und der FDP)

    Und wenn man nun kein heuriger Hase ist, merkt man schnell, daß es unter den Igeln auch einzelne Fraktionen, abweichende Meinungen, ja, sogar wohlmeinende Exemplare gibt, die uns schon einmal den einen oder anderen Lauf ersparen — nur am System ändert sich nichts: Der Hase bleibt erschöpft und der Igel Sieger.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Und ausgeschlafen!)

    Angesichts dieser Laufereien um relevante Informationen bleibt auch der Lösungsansatz für das dritte Problem, wie wir Informationen in der uns zur Verfügung stehenden knappen Zeit zu sinnvollen Stellungnahmen, Entscheidungen und Gesetzen verarbeiten und — warum nicht? — sogar konstruktiv kontrollieren können, unbefriedigend. Wenn wir erkennen, was wir für eine unglaubliche Zeit für die Beschaffung, das Hin- und Hertransportieren von Informationen und Material zwischen Bonn und dem Wahlkreis vergeuden, wie viele Wälder für Papier geschlachtet werden, das wir, ohne es je gelesen zu haben, in den Papierkorb befördern,

    (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)

    während für die gezielte Auswahl und Verarbeitung von Informationen für eine wirkliche Kontrolle oder gar die Erarbeitung von Alternativen kaum noch Zeit bleibt, ist es kein Wunder, daß sich viele bei der Fülle von Einzelentscheidungen und Kontrollen, die wir uns selbst aufgebürdet haben, zu politischen Rechnungshöfen oder, vielleicht besser noch: zu Schiedsrichtern zwischen streitenden Mannschaften von Verwaltungen und Verbänden degradiert fühlen.
    Ein Teil unserer Probleme ließe sich sicher durch mehr Selbstbewußtsein und weise Beschränkungen auf weniger Entscheidungen und Kontrollen reduzieren. Der größere Teil aber bleibt ungelöst, wenn wir nicht unsere Arbeitsmöglichkeiten als Abgeordnete deutlich verbessern können. Verbesserte organisatorische Lösungen unter Nutzung der neuen Informations- und Kommunikationstechniken, der unmittelbare Zugang zu relevanten Datenbanken und eine gleichzeitige Verdoppelung des Mitarbeiterfonds sind im Grunde genommen überfällig.
    Ich komme zum letzten Satz: Wir bieten als Bundestag und als Abgeordnete schon ein merkwürdiges Bild, wie wir in der Postkutsche nach Informationen jagen, während der Kommunikations-Jet-set von Regierung, Verwaltung, Medien und Verbänden über unsere Köpfe hinwegdonnert.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)

    Das ist nicht bloß ein Problem von Würde und Ansehen der höchsten gesetzgebenden Körperschaft, auch unsere Funktionsfähigkeit als Organ der politischen Willensbildung und Kontrolle steht auf dem Spiel, wenn wir zu Kostgängern von Informationen und Dienstleistungen bei Regierung, Verwaltung und Verbänden werden. Es liegt an uns selbst, das zu ändern.

    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)