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ID1008511200

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    Plenarprotokoll 10/85 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 85. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 20. September 1984 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 6147A Begrüßung des Präsidenten der Nationalversammlung des Staates Kuwait und einer Delegation 6158 D Begrüßung einer Delegation des Althing der Republik Island 6225 B Aktuelle Stunde betr. Haltung der Bundesregierung zum Beschluß des deutschen Bundestages vom 9. Februar 1984, ab 1. Januar 1986 nur noch abgasentgiftete Kraftfahrzeuge neu zuzulassen Dr. Vogel SPD 6147 B Schmidbauer CDU/CSU 6148 B Dr. Ehmke (Ettlingen) GRÜNE 6149 C Hoffie FDP 6150 D Schäfer (Offenburg) SPD 6151C Hanz (Dahlen) CDU/CSU 6152 C Baum FDP 6153B Dr. Zimmermann, Bundesminister BMI . 6154A Dr. Hauff SPD 6155A Dr. Lippold CDU/CSU 6156A Dr. Bangemann, Bundesminister BMWi . 6157 A Duve SPD 6158 D Fellner CDU/CSU 6159 D Lennartz SPD 6160 D Jung (Lörrach) CDU/CSU 6161C Erste Beratung des von den Abgeordneten Schäfer (Offenburg), Tietjen, Bernrath, Duve, Frau Dr. Hartenstein, Jansen, Kiehm, Dr. Nöbel, Dr. Penner, Reuter, Schröer (Mülheim), Wartenberg (Berlin), Dr. Wernitz, Paterna, Dr. Vogel und der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Vierten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über Personalausweise — Drucksache 10/1115 — in Verbindung mit Erste Beratung des von der Fraktion DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über Personalausweise — Drucksache 10/1316 — in Verbindung mit Beratung der Großen Anfrage der Fraktion DIE GRÜNEN zum Gesetz über Personalausweise — Drucksache 10/1016 — Schäfer (Offenburg) SPD 6162 C Dr. Miltner CDU/CSU 6166 B Dr. Hirsch FDP 6169 D Fischer (Frankfurt) GRÜNE 6171 D Dr. Zimmermann, Bundesminister BMI 6175 D Wartenberg (Berlin) SPD 6179A Clemens CDU/CSU 6180 C Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes — Drucksache 10/1180 — II Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 85. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 20. September 1984 in Verbindung mit Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Innenausschusses zu der Unterrichtung durch den Bundesbeauftragten für den Datenschutz Fünfter Tätigkeitsbericht des Bundesbeauftragten für den Datenschutz gemäß § 19 Abs. 2 Satz 2 des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) — Drucksachen 9/2386, 10/1719 — in Verbindung mit Beratung des Sechsten Tätigkeitsberichts des Bundesbeauftragten für den Datenschutz gemäß § 19 Abs. 2 Satz 2 des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) — Drucksache 10/877 — Dr. Wernitz SPD 6182 D Dr. Laufs CDU/CSU 6186 B Dr. Hirsch FDP 6189 D Dr. Waffenschmidt, Parl. Staatssekretär BMI 6191 D Dr. Schnoor, Minister des Landes Nordrhein-Westfalen 6193 D Fellner CDU/CSU 6197 D Baum FDP 6198 A Dr. Blank CDU/CSU 6200 B Stellung und Arbeit des Deutschen Bundestages Dr. Barzel CDU/CSU 6202 A Frau Dr. Hamm-Brücher FDP 6204 C Waltemathe SPD 6206 C Dr. Langner CDU/CSU 6208 B Frau Nickels GRÜNE 6210A Frau Geiger CDU/CSU 6211 B Dr. Vogel SPD 6213 A Dr. Lammert CDU/CSU 6215A Frau Dr. Skarpelis-Sperk SPD 6216D Kleinert (Hannover) FDP 6218 D Stratmann GRÜNE 6220 B Klein (München) CDU/CSU 6222 C Conradi SPD 6223 D Ertl FDP 6225 C Dr. Daniels CDU/CSU 6227 A Kuhlwein SPD 6228 B Werner CDU/CSU 6230 A Frau Dr. Hartenstein SPD 6231 D Dr. Czaja CDU/CSU 6233 D Dr. Schöfberger SPD 6235 C Frau Dr. Hellwig CDU/CSU 6236 D Bamberg SPD 6238 C Dr. Blank CDU/CSU 6239 D Burgmann GRÜNE 6240 D Mischnick FDP 6242 D Buschbom CDU/CSU 6244 B Sielaff SPD 6246 A Schwarz CDU/CSU 6247 C Reimann SPD 6248 B Dr. Feldmann FDP 6249 D Vogt (Kaiserslautern) GRÜNE 6250 D Eylmann CDU/CSU 6251 D Bindig SPD 6252 D Reddemann CDU/CSU 6253 C Frau Schmidt (Nürnberg) SPD 6254 B Dr. Warrikoff CDU/CSU 6255 B Stiegler SPD 6256A Lowack CDU/CSU 6256 D Schreiner SPD 6257 D Frau Roitzsch (Quickborn) CDU/CSU . 6258 C Toetemeyer SPD 6259 C Dr. Müller CDU/CSU 6259 D Dr. Hornhues CDU/CSU 6260 D Schulte (Unna) SPD 6261 B Gansel SPD 6262 B Vizepräsident Stücklen 6222 C Nächste Sitzung 6263 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 6265* Anlage 2 Einstellung von Ingenieuren bei der Bundespost vor und ab 1984; Verzicht auf die Absenkung des Eingangsamtes MdlAnfr 5, 6 14.09.84 Drs 10/1979 Broll CDU/CSU SchrAntw PStSekr Rawe BMP 6265* B Anlage 3 Stärkung des Zonenrandgebietes durch Verlagerung von Behörden MdlAnfr 7 14.09.84 Drs 10/1979 Hinsken CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. Jahn BMBau . . 6265* C Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 85. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 20. September 1984 6147 85. Sitzung Bonn, den 20. September 1984 Beginn: 8.00 Uhr
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    Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens* 21. 9. Buckpesch 21. 9. Büchner (Speyer) 21. 9. Dr. Göhner 20. 9. Haase (Fürth)** 20. 9. Dr. Häfele 21. 9. Jaunich 21. 9. Keller 21. 9. Dr. Kreile 21. 9. Frau Renger 21. 9. Reuschenbach 21. 9. Schmidt (Hamburg) 21. 9. von Schmude 21. 9. Frau Schoppe 21. 9. Frau Simonis 21. 9. Dr. Stark (Nürtingen) 21. 9. Dr. Stoltenberg 21. 9. Tietjen 21. 9. Dr. Voigt (Northeim) 21. 9. Weiskirch (Olpe) 21. 9. Frau Dr. Wex 20. 9. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Antwort des Parl. Staatssekretärs Rawe auf die Fragen des Abgeordneten Broll (CDU/CSU) (Drucksache 10/1979 Fragen 5 und 6): Wie entwickelt sich die Zahl der Einstellungen von Ingenieuren bei der Deutschen Bundespost im Jahre 1984 im Vergleich zu den vergangenen Jahren? Sieht die Bundesregierung eine Notwendigkeit, von der im Haushaltbegleitgesetz 1984 vorgesehenen Ermächtigung Gebrauch zu machen und auf die Absenkung des Eingangsamtes zu verzichten? Zu Frage 5: Im Jahre 1984 konnten bei der Deutschen Bundespost bisher 374 Diplomingenieure der Fachhochschulen als Nachwuchskräfte für die Laufbahnen des gehobenen fernmeldetechnischen, posttechnischen und hochbautechnischen Dienstes eingestellt werden. Mit weiteren 200 Einstellungen wird 1984 gerechnet, so daß sich die Gesamtzahl der Einstellungen des Jahres 1984 auf rund 580 Nachwuchskräfte belaufen wird. Die Vergleichszahlen der vergangenen Jahre lauten: 1980: 929 Einstellungen, 1981: 1 033 Einstellungen, 1982: 1 043 Einstellungen und 1983: 904 Einstellungen. In die entsprechenden Laufbahnen des höheren technischen Dienstes der Deutschen Bundespost wurden im Jahre 1984 bisher 45 Diplomingenieure der Technischen Hochschulen und Universitäten eingestellt. Im Jahr 1984 wird mit weiteren 10 bis 15 Einstellungen gerechnet. Die Vergleichszahlen der vergangenen Jahre lauten: 1980: 56 Einstellungen, 1981: 88 Einstellungen, 1982: 66 Einstellungen und 1983: 63 Einstellungen. Zu Frage 6: Die Bundesregierung prüft zur Zeit, ob besoldungsrechtliche Maßnahmen ergriffen werden. Anlage 3 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Jahn auf die Frage des Abgeordneten Hinsken (CDU/CSU) (Drucksache 10/1979 Frage 7): Sieht die Bundesregierung eine Möglichkeit, das Zonenrandgebiet durch Verlagerung von wenig publikumsintensiven Behörden dorthin zu stärken, und wenn ja, was käme dafür in Frage? Die Verwaltungsstruktur in der Bundesrepublik Deutschland ist auf eine ausreichende und bürgernahe Versorgung der Bevölkerung mit öffentlichen Dienstleistungen ausgerichtet. Der förderative Aufbau der Bundesrepublik Deutschland hat dazu geführt, daß sich die Behörden nicht in einzelnen Gebieten konzentrieren. Für eine umfassende Verlagerung von Behörden besteht daher keine Veranlassung. Die Bundesregierung wird jedoch bei etwaigen Standortveränderungen darum bemüht bleiben, Bundesbehörden bzw. -einrichtungen in strukturschwache Gebiete, insbesondere in das Zonenrandgebiet zu legen, soweit keine aufgabenbezogenen Gesichtspunkte entgegenstehen. Bei Neugründungen von Bundesbehörden bzw. -einrichtungen ist Standorten im Zonenrandgebiet aufgrund des Raumordnungsgesetzes und des Zonenrandförderungsgesetzes Vorrang einzuräumen. Wie eine Umfrage bei den Bundesressorts gezeigt hat, werden neue Behörden nur noch in Ausnahmefällen errichtet. Deshalb kommt es derzeit besonders darauf an, Behörden und sonstige öffentliche Einrichtungen und damit Arbeitsplätze im Zonenrandgebiet zu erhalten. Falls ein Behördenabzug aus gewichtigeren betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten für unumgänglich erachtet wird, sind nach Möglichkeit durch flankierende Maßnahmen negative Folgen für den Arbeitsmarkt zu vermeiden. Der für die Raumordnung zuständige Bundesminister wirkt im Rahmen der Abstimmung von Standortentscheidungen für Bundesbehörden bzw. -einrichtungen nach § 4 Abs. 1 des Raumordnungsgesetzes auf diese Zielsetzungen hin.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Manfred Langner


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Dann wird die Redezeit entsprechend verlängert. Dieses Problem ist sicherlich dabei auch zu bedenken.
    Warum sage ich das? Wichtig wäre nämlich, daß wir hier im Plenum bildschnittfähige Szenen entstehen lassen, die nach draußen gehen. Ich meine natürlich Szenen der Rede und Gegenrede, ich meine nicht Happenings. Wenn Happenings von der Kamera aufgefangen und gesendet werden, ist das eigentlich Agenturpropaganda und nicht Chronistenpflicht. Ich meine Szenen in Rede und Gegenrede.

    (Zurufe von den GRÜNEN)

    Fernsehen meine sehr verehrten Damen und Herren, ist überhaupt ein Problem, weil nur Ausschnitte gesendet werden.

    (Zustimmung bei der FDP)

    Oftmals ist man versucht zu überspitzen, um mit einer Überspitzung in den Ausschnitt zu kommen. Der Bildausschnitt oder die Schlagzeile mag ein kleiner Vorteil sein. Die dann oft vergiftete Debattenatmosphäre hier im Haus gleicht das keineswegs aus.
    Ein gewisses Gleichgewicht könnte geschaffen werden, wenn die Debatten generell übertragen werden. Eine generelle Fernsehübertragung ist aber nur im Vormittagsprogramm möglich. Wir sollten deshalb — auch aus anderen Gründen — überlegen, ob wir nicht vom derzeitigen Debattenrhythmus abkommen sollten. Drei- bis viermal in der Woche drei bis höchstens vier Stunden am Vormittag, das würde die öffentliche Wirksamkeit des Bundestages nach draußen sehr verbessern.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

    Ich weiß, daß viel Praxis hinter der Einteilung Montag Vorstand bis Freitag mittags Plenarsitzung steckt. Ich weiß, daß auch europaweite Terminabstimmungen darin stecken. Aber unter dem Gesichtspunkt der öffentlichen Wirksamkeit des Bundestages ist eine Debatte am Donnerstag von 9 Uhr bis nachts 22 Uhr oder 23 Uhr keineswegs optimal.

    (Beifall bei allen Fraktionen)

    Das kann nicht nach draußen dringen, und da können wir auch nicht alle die 8, 10, 12, 14 Stunden hier drinsitzen, nicht einmal den größten Teil. Das hält man nicht nur physisch nicht aus, sondern das ist auch mit unseren anderen Pflichten überhaupt



    Dr. Langner
    nicht vereinbar. Auch unter diesem Gesichtspunkt — Präsenz ist ja eines unserer Probleme im Ansehen draußen — wäre dies eine Verbesserung.
    Letzter Gedanke: Zu vielen Vorschlägen gehört auch manche Selbstkritik. Mir wäre manchmal bei meinem kritischen Blick auf die Regierungsbank oder die Pressetribüne wohler, wenn wir alle miteinander oder wenigstens die meisten von uns — ich jedenfalls schließe mich da ein — etwas besser wären, als wir tatsächlich sind. Aber das können wir j a anpacken, und dem soll j a unsere Debatte heute dienen.
    Schönen Dank für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei der CDU/CSU, FDP und SPD)



Rede von Richard Stücklen
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat Frau Abgeordnete Nickels.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Liebes Wahlvolk! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Hamm-Brücher, zuerst möchte ich sagen, daß auch die GRÜNEN Ihre Vorschläge unterstützen, weil dadurch bestimmt eine ganze Menge mehr Demokratie in dieses Parlament kommt und die Abgeordneten mehr Möglichkeit erhalten, ihre Rechte wahrzunehmen.
    Aber vielleicht haben Sie gemerkt, daß der Funke eben nicht übersgesprungen ist. Das hat mir so leid getan, weil darin lange Arbeit steckt.
    Woran mag das liegen? Die Debatten sind wohl weniger deshalb so langweilig, weil die Reden so fad sind — das ist manchmal freilich auch der Fall —; sondern es liegt wahrscheinlich daran,

    (Klein [München] [CDU/CSU]: Im System?)

    daß die Abgeordneten hier nichts zu sagen haben. Denn die meisten Abgeordneten hier haben sich schon lang ein imperatives Mandat überstülpen lassen.

    (Widerspruch bei der CDU/CSU und der FDP)

    Sie haben sich aber nicht an die vielen kleinen Leute, an das Wahlvolk gebunden, sondern sie haben sich an wenige Mächtige binden lassen.
    Ich belege das. Wir haben in diesem Sommer zwei hervorragende Beispiele erlebt. Das erste ist Buschhaus.

    (Widerspruch bei der CDU/CSU und der FDP)

    Die Abgeordneten haben Ende Juni gesagt: Buschhaus darf nicht ohne Rauchgasentschwefelung ans Netz; der Wald stirbt; da muß etwas getan werden. Vier Wochen später erklären dieselben Abgeordneten alle einstimmig

    (Zurufe von der CDU/CSU: Fast!)

    — fast einstimmig; gut —: Ja, wir haben uns geirrt; wir wollen jetzt, daß alles zurückgenommen wird.
    Wie kommt das denn? Es liegt nicht daran, daß die nicht schlau genug sind oder zu wenig Grips haben; hier sitzen eine ganze Menge studierter Leute, viel mehr als andere, und die haben sehr wohl den Durchblick.

    (Lachen bei der CDU/CSU und der FDP)

    Daß die so entscheiden und so schnell ihre Meinung ändern, liegt daran, daß da z. B. stromerzeugende Betriebe, Kohlebergbau, Chemielobby und in der Frage des Katalysators Autolobby ihr Vetorecht eingelegt und sie unter Druck gesetzt haben und das imperative Mandat hier funktioniert hat.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Die Debatten hier sind deshalb so langweilig und die Bürger sind deshalb so sauer, weil dieses Parlament, Herr Barzel, eben nicht mehr ein Instrument des ganzen Volkes ist, weil es die Überlebensfragen — Luft, Wasser, Boden, Wald, Gesundheit sind extrem gefährdet — nicht sieht und sie wirtschaftlichen Interessen opfert. Es ist doch wirklich ein Stück weit pervers, daß die Bürger sich zum Teil gegen das Parlament diese Überlebensgrundlagen erkämpfen müssen.

    (Beifall bei den GRÜNEN — Weiß [CDU/ CSU]: Sie erweisen dem Parlament keinen Dienst!)

    Indem Sie das zugelassen haben, ist diese Verbindung zwischen dem Parlament und den Wahlbürgern ein Stück weit aufgehoben. Man hat das Gefühl: Das hier ist ein Raumschiff Bonn. Die Leute kommen mit Petitionen — vor der Nachrüstung war wirklich die Mehrheit der Bevölkerung dagegen —, rennen gegen eine Gummiwand, fliegen in ihr Wählerdasein zurück und dürfen nur alle vier Jahre ihren Stimmzettel abgeben. Bei den Leuten bleibt ein ganz fader Nachgeschmack. Sie sagen: Unsere Interessen vertreten die nicht; was machen die denn da überhaupt? Und dann sagen sie: Na gut; das ist also ein Selbstbedienungsladen, die machen sich die Taschen voll, die nehmen Parteispenden, und dann stellen die sich selber auch noch einen Persil-Schein aus und machen ein Amnestiegesetz. Das sagen die Leute; und sie sind unheimlich böse.
    Ich will Ihnen sagen, daß uns GRÜNEN das sehr leid tut. Denn dieses Parlament ist ein ganz großer Fortschritt zu allem, was wir früher jemals hatten; es ist schade, daß es so auf den Hund gekommen ist.

    (Beifall bei den GRÜNEN — Lachen bei der CDU/CSU und der FDP)

    Wissen Sie, was ebenfalls sehr schade ist? Daß Sie ganz allein den GRÜNEN, den Schmuddelkindern des Parlaments, die Arbeit überlassen, zu versuchen, eine Bresche in die Wand zwischen der Wahlbevölkerung und diesem Parlament zu schlagen. Wir haben versucht, eine Bresche zu schlagen, indem wir offene Mandate haben. Wir lassen Vertreter von Bürgerinitiativen in dieses Parlament. Wir sind da großzügig. Wir haben gesagt: Wir verzichten ein Stück weit auf Macht, wir rotieren, wir geben Diäten ab, damit viele an der Mitgestaltung teilhaben können. Wir haben paritätisch besetzte Listen, damit 50 % der Bevölkerung, die Frauen, auch endlich einmal etwas zu sagen haben.

    (Beifall bei den GRÜNEN)




    Frau Nickels
    Wir haben eine absolute Öffentlichkeit eingeführt, weil jeder — wir auch — nur ein Mensch ist. Sie haben Kritik an uns geübt. Wir fangen ja auch schon an, den Versuchungen der Macht zu erliegen. Darum haben wir gesagt: Unsere Sitzungen sind alle öffentlich, damit Sie uns kritisieren und wieder auf den Boden herunterholen können. Das ist richtig so.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Wir haben uns diese Strukturen gegeben. Wir wären wirklich froh, wenn uns die anderen Fraktionen auf diesem Gebiet überholen würden, indem sie mehr Demokratie wollen, indem sie dem Souverän wieder zu seiner Würde verhelfen. Wir wären wirklich froh, wenn Sie alle mit daran arbeiten würden, daß das, was die Verfassung will, was in Art. 20 steht, daß nämlich alle Staatsgewalt vom Volke ausgeht, wieder zurechtgerückt wird.
    Aber was passiert denn jetzt? Wenn man die Diskussion der letzten Wochen anschaut, wenn ich mir anschaue, was der Herr Geißler heute morgen auf der Pressekonferenz und Herr Hennig sowie die stellvertretenden Geschäftsführer oder Vorsitzenden in Nordrhein-Westfalen gesagt haben, dann sehe ich, daß Sie uns, anstatt uns GRÜNE zu überholen und zu zeigen, wie man es wirklich gut macht — vielleicht können Sie es auch besser machen —, in die Ecke der Verfassungsfeinde stellen. Wissen Sie, woran mich das erinnert? Im alten Orient

    (Zuruf von der CDU/CSU: Sind Sie schon einmal dagewesen?)

    war es üblich, daß man den Boten, der die Nachricht von der verlorenen Schlacht überbrachte, umgebracht hat. Die Feldherren haben, anstatt darüber nachzudenken, warum die Schlacht verlorengegangen ist, den Boten verantwortlich gemacht. Das machen Sie jetzt ebenfalls.

    (Widerspruch bei der CDU/CSU)

    Die GRÜNEN gäbe es nicht im Parlament, wenn Sie nicht so vieles falsch gemacht hätten.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Wir sind die Überbringer der Nachricht, daß die grundsätzlichen Lebensinteressen der Bevölkerung überhaupt nicht wahrgenommen werden. Anstatt diese Nachricht aufzunehmen, versuchen Sie jetzt, den Boten rauszuschmeißen und beiseite zu schaffen.

    (Beifall bei den GRÜNEN — Zurufe von der CDU/CSU)