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ID1008510400

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    Vokabeln: 6
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    4. Frau: 1
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    6. Hamm-Brücher.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 10/85 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 85. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 20. September 1984 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 6147A Begrüßung des Präsidenten der Nationalversammlung des Staates Kuwait und einer Delegation 6158 D Begrüßung einer Delegation des Althing der Republik Island 6225 B Aktuelle Stunde betr. Haltung der Bundesregierung zum Beschluß des deutschen Bundestages vom 9. Februar 1984, ab 1. Januar 1986 nur noch abgasentgiftete Kraftfahrzeuge neu zuzulassen Dr. Vogel SPD 6147 B Schmidbauer CDU/CSU 6148 B Dr. Ehmke (Ettlingen) GRÜNE 6149 C Hoffie FDP 6150 D Schäfer (Offenburg) SPD 6151C Hanz (Dahlen) CDU/CSU 6152 C Baum FDP 6153B Dr. Zimmermann, Bundesminister BMI . 6154A Dr. Hauff SPD 6155A Dr. Lippold CDU/CSU 6156A Dr. Bangemann, Bundesminister BMWi . 6157 A Duve SPD 6158 D Fellner CDU/CSU 6159 D Lennartz SPD 6160 D Jung (Lörrach) CDU/CSU 6161C Erste Beratung des von den Abgeordneten Schäfer (Offenburg), Tietjen, Bernrath, Duve, Frau Dr. Hartenstein, Jansen, Kiehm, Dr. Nöbel, Dr. Penner, Reuter, Schröer (Mülheim), Wartenberg (Berlin), Dr. Wernitz, Paterna, Dr. Vogel und der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Vierten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über Personalausweise — Drucksache 10/1115 — in Verbindung mit Erste Beratung des von der Fraktion DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über Personalausweise — Drucksache 10/1316 — in Verbindung mit Beratung der Großen Anfrage der Fraktion DIE GRÜNEN zum Gesetz über Personalausweise — Drucksache 10/1016 — Schäfer (Offenburg) SPD 6162 C Dr. Miltner CDU/CSU 6166 B Dr. Hirsch FDP 6169 D Fischer (Frankfurt) GRÜNE 6171 D Dr. Zimmermann, Bundesminister BMI 6175 D Wartenberg (Berlin) SPD 6179A Clemens CDU/CSU 6180 C Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes — Drucksache 10/1180 — II Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 85. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 20. September 1984 in Verbindung mit Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Innenausschusses zu der Unterrichtung durch den Bundesbeauftragten für den Datenschutz Fünfter Tätigkeitsbericht des Bundesbeauftragten für den Datenschutz gemäß § 19 Abs. 2 Satz 2 des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) — Drucksachen 9/2386, 10/1719 — in Verbindung mit Beratung des Sechsten Tätigkeitsberichts des Bundesbeauftragten für den Datenschutz gemäß § 19 Abs. 2 Satz 2 des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) — Drucksache 10/877 — Dr. Wernitz SPD 6182 D Dr. Laufs CDU/CSU 6186 B Dr. Hirsch FDP 6189 D Dr. Waffenschmidt, Parl. Staatssekretär BMI 6191 D Dr. Schnoor, Minister des Landes Nordrhein-Westfalen 6193 D Fellner CDU/CSU 6197 D Baum FDP 6198 A Dr. Blank CDU/CSU 6200 B Stellung und Arbeit des Deutschen Bundestages Dr. Barzel CDU/CSU 6202 A Frau Dr. Hamm-Brücher FDP 6204 C Waltemathe SPD 6206 C Dr. Langner CDU/CSU 6208 B Frau Nickels GRÜNE 6210A Frau Geiger CDU/CSU 6211 B Dr. Vogel SPD 6213 A Dr. Lammert CDU/CSU 6215A Frau Dr. Skarpelis-Sperk SPD 6216D Kleinert (Hannover) FDP 6218 D Stratmann GRÜNE 6220 B Klein (München) CDU/CSU 6222 C Conradi SPD 6223 D Ertl FDP 6225 C Dr. Daniels CDU/CSU 6227 A Kuhlwein SPD 6228 B Werner CDU/CSU 6230 A Frau Dr. Hartenstein SPD 6231 D Dr. Czaja CDU/CSU 6233 D Dr. Schöfberger SPD 6235 C Frau Dr. Hellwig CDU/CSU 6236 D Bamberg SPD 6238 C Dr. Blank CDU/CSU 6239 D Burgmann GRÜNE 6240 D Mischnick FDP 6242 D Buschbom CDU/CSU 6244 B Sielaff SPD 6246 A Schwarz CDU/CSU 6247 C Reimann SPD 6248 B Dr. Feldmann FDP 6249 D Vogt (Kaiserslautern) GRÜNE 6250 D Eylmann CDU/CSU 6251 D Bindig SPD 6252 D Reddemann CDU/CSU 6253 C Frau Schmidt (Nürnberg) SPD 6254 B Dr. Warrikoff CDU/CSU 6255 B Stiegler SPD 6256A Lowack CDU/CSU 6256 D Schreiner SPD 6257 D Frau Roitzsch (Quickborn) CDU/CSU . 6258 C Toetemeyer SPD 6259 C Dr. Müller CDU/CSU 6259 D Dr. Hornhues CDU/CSU 6260 D Schulte (Unna) SPD 6261 B Gansel SPD 6262 B Vizepräsident Stücklen 6222 C Nächste Sitzung 6263 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 6265* Anlage 2 Einstellung von Ingenieuren bei der Bundespost vor und ab 1984; Verzicht auf die Absenkung des Eingangsamtes MdlAnfr 5, 6 14.09.84 Drs 10/1979 Broll CDU/CSU SchrAntw PStSekr Rawe BMP 6265* B Anlage 3 Stärkung des Zonenrandgebietes durch Verlagerung von Behörden MdlAnfr 7 14.09.84 Drs 10/1979 Hinsken CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. Jahn BMBau . . 6265* C Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 85. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 20. September 1984 6147 85. Sitzung Bonn, den 20. September 1984 Beginn: 8.00 Uhr
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    Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens* 21. 9. Buckpesch 21. 9. Büchner (Speyer) 21. 9. Dr. Göhner 20. 9. Haase (Fürth)** 20. 9. Dr. Häfele 21. 9. Jaunich 21. 9. Keller 21. 9. Dr. Kreile 21. 9. Frau Renger 21. 9. Reuschenbach 21. 9. Schmidt (Hamburg) 21. 9. von Schmude 21. 9. Frau Schoppe 21. 9. Frau Simonis 21. 9. Dr. Stark (Nürtingen) 21. 9. Dr. Stoltenberg 21. 9. Tietjen 21. 9. Dr. Voigt (Northeim) 21. 9. Weiskirch (Olpe) 21. 9. Frau Dr. Wex 20. 9. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Antwort des Parl. Staatssekretärs Rawe auf die Fragen des Abgeordneten Broll (CDU/CSU) (Drucksache 10/1979 Fragen 5 und 6): Wie entwickelt sich die Zahl der Einstellungen von Ingenieuren bei der Deutschen Bundespost im Jahre 1984 im Vergleich zu den vergangenen Jahren? Sieht die Bundesregierung eine Notwendigkeit, von der im Haushaltbegleitgesetz 1984 vorgesehenen Ermächtigung Gebrauch zu machen und auf die Absenkung des Eingangsamtes zu verzichten? Zu Frage 5: Im Jahre 1984 konnten bei der Deutschen Bundespost bisher 374 Diplomingenieure der Fachhochschulen als Nachwuchskräfte für die Laufbahnen des gehobenen fernmeldetechnischen, posttechnischen und hochbautechnischen Dienstes eingestellt werden. Mit weiteren 200 Einstellungen wird 1984 gerechnet, so daß sich die Gesamtzahl der Einstellungen des Jahres 1984 auf rund 580 Nachwuchskräfte belaufen wird. Die Vergleichszahlen der vergangenen Jahre lauten: 1980: 929 Einstellungen, 1981: 1 033 Einstellungen, 1982: 1 043 Einstellungen und 1983: 904 Einstellungen. In die entsprechenden Laufbahnen des höheren technischen Dienstes der Deutschen Bundespost wurden im Jahre 1984 bisher 45 Diplomingenieure der Technischen Hochschulen und Universitäten eingestellt. Im Jahr 1984 wird mit weiteren 10 bis 15 Einstellungen gerechnet. Die Vergleichszahlen der vergangenen Jahre lauten: 1980: 56 Einstellungen, 1981: 88 Einstellungen, 1982: 66 Einstellungen und 1983: 63 Einstellungen. Zu Frage 6: Die Bundesregierung prüft zur Zeit, ob besoldungsrechtliche Maßnahmen ergriffen werden. Anlage 3 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Jahn auf die Frage des Abgeordneten Hinsken (CDU/CSU) (Drucksache 10/1979 Frage 7): Sieht die Bundesregierung eine Möglichkeit, das Zonenrandgebiet durch Verlagerung von wenig publikumsintensiven Behörden dorthin zu stärken, und wenn ja, was käme dafür in Frage? Die Verwaltungsstruktur in der Bundesrepublik Deutschland ist auf eine ausreichende und bürgernahe Versorgung der Bevölkerung mit öffentlichen Dienstleistungen ausgerichtet. Der förderative Aufbau der Bundesrepublik Deutschland hat dazu geführt, daß sich die Behörden nicht in einzelnen Gebieten konzentrieren. Für eine umfassende Verlagerung von Behörden besteht daher keine Veranlassung. Die Bundesregierung wird jedoch bei etwaigen Standortveränderungen darum bemüht bleiben, Bundesbehörden bzw. -einrichtungen in strukturschwache Gebiete, insbesondere in das Zonenrandgebiet zu legen, soweit keine aufgabenbezogenen Gesichtspunkte entgegenstehen. Bei Neugründungen von Bundesbehörden bzw. -einrichtungen ist Standorten im Zonenrandgebiet aufgrund des Raumordnungsgesetzes und des Zonenrandförderungsgesetzes Vorrang einzuräumen. Wie eine Umfrage bei den Bundesressorts gezeigt hat, werden neue Behörden nur noch in Ausnahmefällen errichtet. Deshalb kommt es derzeit besonders darauf an, Behörden und sonstige öffentliche Einrichtungen und damit Arbeitsplätze im Zonenrandgebiet zu erhalten. Falls ein Behördenabzug aus gewichtigeren betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten für unumgänglich erachtet wird, sind nach Möglichkeit durch flankierende Maßnahmen negative Folgen für den Arbeitsmarkt zu vermeiden. Der für die Raumordnung zuständige Bundesminister wirkt im Rahmen der Abstimmung von Standortentscheidungen für Bundesbehörden bzw. -einrichtungen nach § 4 Abs. 1 des Raumordnungsgesetzes auf diese Zielsetzungen hin.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Rainer Barzel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Am 6. Dezember 1983 habe ich vom Vorsitzendenstuhl aus angeregt, eine Debatte zu führen, wie sie heute stattfindet, in der nicht die politische Kontroverse nach Mehrheit und Minderheit im Vordergrund stehen sollte, sondern die Debatte über uns selbst. Ich schulde herzlichen Dank, vor allen Dingen den Fraktionen, daß diese Debatte nun heute stattfindet.
    Es ist an der Zeit, wie ich glaube, daß der Deutsche Bundestag nicht nur über andere und anderes kritisch berät, sondern auch, und zwar ebenso, auch kritisch über sich selbst. Dies kann und soll, wie ich vorschlage, ohne Tabus und ohne falsche Rücksicht geschehen. Damit dies wirklich geschehen kann, spreche ich von hier aus und nicht von oben. Ich bedauere dabei ausdrücklich, daß ich etwas mehr als Notizen dafür brauche, wegen der Verbindung von Funktionen, die nicht geleugnet werden kann.
    Wir haben hier, meine Damen, meine Herren, nichts zu verbergen. Unsere Arbeit ist jedermann einsichtig, sie braucht aber — wie alles Menschenwerk — den immer wieder erneuerten Willen, besser zu werden. Wir brauchen auch die Einsicht wie die kritische Begleitung durch Öffentlichkeit und Medien. Wir brauchen das. Freilich: Auch Verständnis und Respekt sind erlaubt.
    Parlament und Medien sind aufeinander angewiesen. Nur deren faires Zusammenwirken macht die parlamentarische Demokratie möglich, belebt und erhält zugleich diese schwierige, aber, wie ich glaube, einzig menschenwürdige Staatsform. So soll auch diese Debatte unserem Gemeinwesen — und nicht uns selbst — dienen.
    Unser Ansehen ist, ausweislich der Demoskopie, gut, mit Ausnahme der Frage von Diäten und Präsenz im Plenum. Über die Diäten habe ich mich amtlich, dem Gesetz folgend, geäußert. Die Präsenz
    hier im Plenum — bei einer vom Bundesverfassungsgericht festgestellten wöchentlichen Arbeitszeit der Mitglieder des Deutschen Bundestages von etwa 80 Stunden — hängt auch zusammen — ich wiederhole: auch — mit diesem Saal, mit Planung, Art und Struktur unserer Debatten, deren Themen wohl etwas früher, wenn das geht, festgelegt sein sollten, damit man sich besser einrichten kann.

    (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)

    Die Arbeit, die wir hier leisten — das muß einmal ausgesprochen werden — steht außerhalb des Erfahrungsschatzes, welche die große Mehrheit unserer Mitbürgerinnen und Mitbürger an der Werkbank oder am Schreibtisch oder sonst in ihrer Arbeitswelt machen. Reisen ist hier Pflicht, Zeitungslesen Dienst, unerläßliche Arbeit wie Briefeschreiben, Telefonieren, Kontaktpflege, Sprechstunden, Diskussionen, Interviews, Aktenstudium, Berichte schreiben. Das meiste davon bleibt dem Außenstehenden verborgen.
    Mich belastet, meine Damen und Herren, daß unser Verfassungsrecht und unsere Verfassungswirklichkeit nicht voll übereinstimmen. Der Deutsche Bundestag ist nach unserer Verfassung das Herz unserer Demokratie, weil er das deutsche Volk vertritt, das höchste Verfassungsorgan, das uns das Mandat gab und dem wir Rechenschaft schulden. Unser Staat erwächst immer wieder aus der Selbstbestimmung unseres Volkes. Dieses wählt sich sein Parlament, welches für das Volk handelt. Das ist, wie mir scheint, noch nicht überall hinreichend ins Bewußtsein gedrungen.
    In Großbritannien sagt man — ich zitiere —: „Von jedem Engländer wird angenommen, daß er dort" — im Parlament — „anwesend ist, in Person oder durch Vertretung ... Die Zustimmung des Parlamentes gilt als die Zustimmung von jedermann."
    Unsere öffentliche Meinung ist noch nicht überall und immer so weit. Für viele ist hier der Staat immer noch zuerst die Behörde, das Gericht, die Regierung. Das kann man aus unserer Verfassungsgeschichte verstehen, aber es ist nun, nachdem sich die parlamentarische Demokratie bewährt hat, an der Zeit, die Konsequenzen zu ziehen. Denn auch heute noch sehen viele im Staat zuerst die Regierung — Sie wissen, ich bin ihr freundschaftlich verbunden —, mehr die Regierung als das Parlament. Wer das aber so sieht, meine Damen und meine Herren, der fühlt sich eben leicht ausgeschlossen, von oben regiert und fern von Mitwirkungsrechten.

    (Beifall bei allen Fraktionen)

    An dieser Situation ist nun der Deutsche Bundestag nicht ganz unschuldig, ich auch nicht; ich gehöre ihm lange genug an. Wir nehmen immer noch hin, daß unser Haushalt nicht von uns vorgelegt wird, sondern von der Bundesregierung; daß der Präsident des Bundesrechnungshofes nicht von uns ausgesucht wird, sondern von der Bundesregierung;

    (Sehr gut! bei der SPD)




    Dr. Barzel
    daß die — ich betone: achtenswerte — Zeitschrift „Das Parlament" nicht von uns herausgegeben wird, sondern von der Bundesregierung, konkret: von der Bundeszentrale für politische Bildung; daß unsere Besucher aus der heimischen Kommunalpolitik nicht von uns betreut werden, sondern von der Bundesregierung;

    (Zustimmung bei Abgeordneten der SPD)

    daß die aktuelle Information des Deutschen Bundestages über Kabinettsitzungen — wir haben einmal einen Versuch gemacht, der an uns allen gescheitert ist — selbst dann entfällt, wenn der Deutsche Bundestag versammelt ist; daß unser anerkannter wissenschaftlicher Dienst nicht über genügend Fachleute für Umwelt, Gesundheit und Medien verfügt,

    (Beifall bei allen Fraktionen — Dr. Marx [CDU/CSU]: Leider wahr!)

    während wir vernünftigerweise und völlig zu Recht der Bundesregierung für neue Fragen auch solche neuen Stellen zur Verfügung stellen; daß die Personalstruktur unserer Verwaltung hinter der Wirklichkeit von Bundesministerien zurückbleibt und daß — auch dies gehört dazu — der strafrechtliche Schutz von Abgeordneten bei Dienstreisen im Ausland nicht dem der Mitglieder und Vertreter der Bundesregierung entspricht. — Das ist weder vollständig, noch etwa eine Rangfolge.
    Die Erörterung dieser Fragen — auch mit dem Bundesrat — ist im Gange. Ich bin, wenn Sie damit einverstanden sind, bereit, einige dieser Fragen zweckmäßigerweise der Konferenz der europäischen Parlamentspräsidenten vorzulegen. Das betrifft vor allem die Immunität im Ausland. Über unsere Öffentlichkeitsarbeit beraten wir uns mit unabhängigen Fachleuten; ich hoffe, bald die Konsequenzen vortragen zu können.
    Dies alles, meine Damen und Herren, beansprucht nicht das anspruchsvolle Wort „Reform", sondern ist ein pragmatisches Bemühen, nicht durch gute Vorsätze, sondern durch konkretes Tun das mögliche Bessere schrittweise zu erreichen. Ich sage es ganz schlicht: Ein selbstbewußtes Parlament sollte sich nehmen, was ihm rechtlich wie politisch zukommt.

    (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)

    Ich freue mich darüber, daß die Bundesregierung, soweit sie von diesen Punkten betroffen ist, einen konstruktiven Dialog mit uns aufgenommen hat, und ich weiß es auch zu schätzen, daß wir bei dieser Debatte eine recht gut, j a, sehr gut besetzte Regierungsbank haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Wir brauchen — um dies deutlich zu sagen — die Rechte, die unsere Pflichten erst erfüllbar machen, denn unser Ansehen hängt von unserer Arbeit ab. Diese Arbeit muß man unverstellt und unbehindert sehen können, damit die Verantwortlichkeiten unmißverständlich sind.
    Ich sage deshalb: Wer das Parlament, das die Bürgerinnen und Bürger sich wählen, sichtbar in den
    Mittelpunkt rückt, gibt dem höchsten Staatsorgan, unserem Volk, besser das Bewußtsein, selbst gestalten, mitwirken, entscheiden zu können. Dieser letzte Gedanke leitet mich bei dieser Arbeit allem voran! Wer nicht der Gefahr der Entfernung, ja Entfremdung zwischen Wählern und Gewählten erliegen will, wer Rumoren an der vielzitierten Basis wahrzunehmen imstande ist, der wird das Parlament stärken und deutlich machen: Der Deutsche Bundestag ist das Instrument des deutschen Volkes, durch das es einwirkt, regelt und bestimmt.

    (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)

    Meine Damen und Herren, etwa anwachsende oder verbreitete Ohnmachtsgefühle in der Bevölkerung sind Warnzeichen für die parlamentarische Demokratie!
    Ich bemühe mich — auch das gehört dazu —, durch Verabredungen zu erreichen, daß die jederzeitigen und zeitlich nicht begrenzten Rederechte der Mitglieder der Bundesregierung und des Bundesrates so gehandhabt werden, daß lebhafte Debatten auch mit den und durch die Mitglieder des Bundestages im Bundestag möglich bleiben; daß nicht durch das Erscheinungsbild dieser Debatten das Parlament selbst als weniger wichtig erscheint;

    (Zustimmung des Abg. Schulte [Unna] [SPD])

    daß neue Talente wie unabhängige Meinungen mehr Chancen haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)

    Es gibt, meine Damen, meine Herren — ich sage dies mit Bedacht —, nicht nur diese Sonder-Rederechte, sondern es gibt auch die Pflicht des jeweils amtierenden Präsidenten, Wort und Widerwort wie den Rang des Parlaments in der Struktur der Debatte sicherzustellen.
    Wir alle — und da schließe ich mich nicht aus — können, glaube ich, kürzer reden. Ich möchte uns in Erinnerung rufen, was ein Berliner Theaterkritiker den Autoren riet: „Was gestrichen ist, kann nicht durchfallen."

    (Heiterkeit — Zuruf von der SPD) — Das hat natürlich Grenzen.

    Es ist, meine Damen und Herren, kein Geheimnis, daß die Lebendigkeit der Debatten und die Chance, das Wort auch für einen Kurzbeitrag zu erhalten, die Anwesenheit hier im Plenum fördern.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Aber auch die Gestalt dieses Raumes ist wesentlich. Dies hier ist doch wohl mehr ein Vortrags- als ein Parlamentssaal. Wer da ganz hinten sitzt, hat es schwer, der Beratung zu folgen. Da wir hier aus bau- und feuerpolizeilichen Gründen renovieren müssen, haben wir — Präsidium und Ältestenrat gemeinsam — empfohlen, die Gestalt des Plenarsaals — ausgenommen die traditionsreiche Rückwand — zu verändern. Ich danke für Rat, Hilfe und Zustimmung in dieser Sache. Wir sind bemüht, den



    Dr. Barzel
    erfreulich breiten Strom unserer Besucher auch während der Renovierung und Beengung zu erhalten.
    Wir werden bei den Neuerungen auch bemüht sein — wir bitten da um Anregungen —, die Möglichkeiten für spontane Kontakte, kleine Besprechungen, Zeitungskauf usw. zu fördern. Das Zentrum des Bundestages muß der Plenarsaal sein, und da müssen das Drum und Dran so sein, daß man dort gern hingeht, weil man weiß, man trifft einander auch, meine Damen, meine Herren.

    (Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP)

    Wir denken dabei natürlich auch an unsere Mitarbeiter. Ich möchte nicht erleben, daß nun etwa auch noch gewerbepolizeiliche Beanstandungen wegen der oft unzulänglichen Arbeitsplätze unserer Mitarbeiter ins Haus stehen.

    (Beifall bei der CDU/CSU, der FDP und der SPD)

    Unsere Planungen sehen deshalb Arbeitsplätze vor, die der gerechten Forderung nach Humanität der Arbeitswelt auch im Deutschen Bundestag entsprechen.

    (Beifall bei der SPD)

    Ich schlage — nach dieser bewußt kurzen Rede — vor, den Inhalt dieser Debatte alsbald in einer Punktation zu ordnen, im Präsidium, im Ältestenrat und im ersten Ausschuß darüber zu beraten und dann — es gibt auch andere Vorschläge — nach Arbeitsteilung zu entscheiden und zu beschließen. Ich füge ausdrücklich hinzu, daß mich nach Kenntnis der Vorbereitungen ein Termin nicht schreckt. Denn entweder werden wir in einem halben Jahr entscheiden, oder wir werden es vertagen.
    Meine Damen und Herren, ausdrücklich und mit Dank begrüße ich die zahlreichen Anregungen, die sehr viele Mitglieder des Deutschen Bundestages zu unseren Themen eingebracht haben, nachdem diese Debatte angeregt war. Ich danke — und beziehe sie ausdrücklich ein — für die Anregungen aus der Wissenschaft, mit deren sachkundigen Vertretern wir im Gespräch sind. Ich danke für die Erwägungen der Enquête-Kommission zur Verfassungsreform, für die verdienstvolle Punktation des ersten Ausschusses, Herr Schulte, und nicht zuletzt für eine Reihe ermutigender Kommentare in der Presse; die anderen werden uns nicht abhalten.
    Meine Damen, meine Herren, wenn wir nun einander zuhören und aufeinander zugehen, wenn wir gemeinsam und konsequent handeln, dann wird dieser 10. Deutsche Bundestag das fertiggebracht haben, was die wenigsten von ihm erwartet haben: Er wird dann die parlamentarische Demokratie in Deutschland belebt und gefestigt haben. Diese Arbeit lohnt und ehrt. Machen wir uns ans Werk!
    Ich danke Ihnen.

    (Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU der SPD und der FDP)



Rede von Richard Stücklen
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat Frau Dr. Hamm-Brücher.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hildegard Hamm-Brücher


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Liebe Kollegen! 110 ihren Parteien und Fraktionen loyal verbundene Abgeordnete aus allen Fraktionen — das sind mehr als 20 % — haben nach Arbeitsbeginn Januar dieses Jahres im April Überlegungen und Vorschläge für eine ihrer Ansicht nach überfällige Parlamentsreform veröffentlicht und eine offene Debatte zu dieser Thematik vorgeschlagen. Wir begrüßen deshalb unser heutiges Vorhaben und danken allen, die es ermöglicht haben, vor allem dem Präsidenten des Deutschen Bundestages. Eine offene, selbstkritische Debatte und ein vertieftes Nachdenken über die gewissenhafte Erfüllung unseres Verfassungsauftrags sind unseres Erachtens 35 Jahre nach Inkrafttreten des Grundgesetzes überfällig.
    Was hat uns zu dieser Initiative und der Vorlage eines Entschließungsantrags — damit diese Debatte nicht wie das Hornberger Schießen ausgeht — bewogen? Es ist einmal, liebe Kollegen, die Sorge um die Funktionsfähigkeit des Parlaments als gewählte Kontroll-, Initiativ- und Repräsentativinstanz unseres Volkes gegenüber Exekutive und Regierung. Es ist zum anderen die Sorge um das Ansehen und die Glaubwürdigkeit der durch uns repräsentierten parlamentarischen Demokratie bei unseren Bürgern. Und es ist nicht zuletzt die spürbare Ohnmacht des einzelnen, noch so verantwortungsbewußten Abgeordneten, diesem Entfremdungsprozeß — Herr Präsident und Herr Abgeordneter, auch Sie haben dieses Wort eben benutzt —, der sich offenkundig zwischen Verfassungsauftrag und parlamentarischer Wirklichkeit, zwischen Parlament und Bürger, zwischen Wähler und Gewähltem angebahnt hat, aus eigener Kraft entgegenzuwirken.
    Vor allem diese Besorgnisse sind es, die uns veranlaßt haben, in einem kleinen und dann immer größer werdenden Kreis von Kollegen aus allen Fraktionen Überlegungen anzustellen und diese Vorschläge zu erarbeiten, wie solchen Gefährdungen unserer repräsentativen Demokratie entgegengewirkt werden kann.
    Unsere politische Zusammenarbeit über Fraktionsgrenzen und Fachgebiete hinweg hat uns menschlich nähergebracht — eine sehr schöne Erfahrung, liebe Kollegen. Zahlreiche weitere Kollegen haben Interesse und Sympathie bekundet.
    Wir alle stimmen überein, daß das Nachdenken über die innere Verfassung unserer parlamentarischen Wirklichkeit unsere gemeinsame, unsere überfraktionelle Aufgabe ist. Kraft Auftrags unseres Grundgesetzes ist jeder einzelne Abgeordnete als Vertreter des ganzen Volkes hierfür in die Pflicht und in die Mitverantwortung für das Ganze genommen. Diese Mitverantwortung läßt sich eben nicht an Fraktions- und Parteiräson abtreten.
    Meine Damen und Herren, wenn wir uns also bei dem Thema Parlamentsreform ad personam zu Wort melden, so berufen wir uns dabei ausdrücklich auf den ersten und obersten Satz desjenigen Artikels unseres Grundgesetzes, der von den Verfassungsvätern — übrigens expressis verbis — an den



    Frau Dr. Hamm-Brücher
    Anfang des Abschnitts „Der Bundestag" gestellt wurde. Es handelt sich um Art. 38 Abs. 1 Satz 2. Wie aus den Protokollen des Parlamentarischen Rats eindeutig hervorgeht, ist das die redaktionelle Änderung folgender Langfassung:
    Die Abgeordneten sind Vertreter des ganzen Volkes. Jeder Abgeordnete folgt bei Reden, Handlungen, Abstimmungen und Wahlen seiner Überzeugung und seinem Gewissen.
    Das Protokoll vermerkt ausdrücklich, daß beide Fassungen, die jetzt im Grundgesetz stehende und die Langfassung, sachlich das gleiche bedeuteten, die am Ende beschlossene Fassung aber klinge sprachlich besser.
    Der FDP-Abgeordnete Thomas Dehler bezeichnete dieses Verfassungsgebot als eine wesentliche und daher unentbehrliche Grundlage unseres politischen Lebens. Der CDU-Abgeordnete Dr. Süsterhenn sowie der SPD-Abgeordnete Dr. Katz und andere wollten diese Bestimmung als eine Mahnung an alle Abgeordneten verstanden wissen, sich bei Reden, Handlungen, Abstimmungen und Wahlen — ich zitiere — nach ihrer persönlichen Entscheidung zu orientieren. Es besteht demnach kein Zweifel, daß die Verfassungsväter ausdrücklich und bewußt eine Aufwertung der persönlichen Verantwortung des einzelnen Abgeordneten beabsichtigt haben. Dies war übrigens eine Konsequenz aus den bitteren Erfahrungen des Scheiterns des Weimarer parlamentarischen Systems mit der Folge der totalen Gewissensunfreiheit im Dritten Reich.
    Deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen, muß heute, nach 35 Jahren, die Frage gestellt werden, wie wir es nun eigentlich mit dem uns betreffenden Verfassungsgebot halten, welche Ausdeutung wir ihm geben und welche Konsequenzen wir daraus für das Selbstverständnis des einzelnen Abgeordneten und für seine parlamentarische Tätigkeit ziehen. Ist dieses Verfassungsgebot zu einer wesentlichen und daher unentbehrlichen Grundlage unseres parlamentarischen Lebens geworden? — Unbequeme Fragen, gewiß, aber doch legitime Fragen, wenn wir das Grundgesetz in eigener Sache genauso gewissenhaft respektieren wollen, wie wir es ja von unseren Bürgern selbstverständlich erwarten! Gerade für uns ist die gleichwertige Achtung und Beachtung aller Grundgesetzbestimmungen verbindlich und eben nicht beliebig, wie dies im Parlamentsgeschehen als Folge der Überinterpretation des Art. 21 des Grundgesetzes — „Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung ... mit" — und in Konsequenz der Unterinterpretation des Art. 38 Abs. 1 hier in unserem Parlamentsgeschehen praktiziert wird. Das ist der eigentlich sensible Punkt. Es ist nicht nur die große Fraktionsräson, um die wir hier immer wieder ringen müssen. Es sind die ungezählten kleinen Zwänge und Tabus, die den Art. 38 im parlamentarischen Alltag nach Ansicht so vieler Kollegen zur Lyrik oder zur Leerformel degradieren.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Sicher, meine Damen und Herren, kann man und werden wir trefflich darüber streiten, welche Konsequenzen aus dem Art. 38 Abs. 1 für die parlamentarische Arbeit im allgemeinen und für das Selbstverständnis des einzelnen Abgeordneten im besonderen zu ziehen sind. Nicht streiten kann man aber darüber, daß bei gewissenhafter Beachtung und Güterabwägung beider Artikel ein fairer Ausgleich gefunden werden muß. Bisher jedenfalls hat das Verfassungsgebot in Reden und Handlungen seiner Überzeugung und seinem Gewissen zu folgen — sehen wir von der restriktiven Möglichkeit der persönlichen Erklärung ab —, für den Abgeordneten hier noch keinen ausreichenden Niederschlag in unseren Fraktions- und Parlamentsgeschäftsordnungen gefunden.
    So halte ich es beispielsweise für eine unzulässige Bevormundung des Gewissens, qua Beschluß des Ältestenrates zu entscheiden, ob eine Abstimmung gemäß Art. 38 Abs. 1 freigegeben wird oder nicht. Das muß doch jedem Abgeordneten in eigener gewissenhafter Abwägung selbst überlassen bleiben.

    (Beifall bei Abgeordneten der GRÜNEN)

    Meine sehr geehrten Damen und Herren, das doppelte Nachdenken über unseren Verfassungsauftrag als Abgeordnete einerseits und über die offenkundigen Defizite in der Funktionsfähigkeit des Parlaments andererseits hat mit der allen Abgeordneten noch einmal zugeleiteten Initiative der 110 zu konkreten Vorschlägen geführt, die nun im einzelnen zu prüfen sein werden.
    Diese Vorschläge zielen darauf ab, unsere Kontrollfunktion gegenüber der Exekutive wirksamer zu gestalten und Minister und Kanzler hierbei deutlich einzubeziehen, Informationen und Initiativen zu aktualisieren, Debatten lebendiger, spontaner und individueller zu gestalten. Unvorbereitete Fragestunden und individuelle Wortmeldungen sollen ermöglicht werden.

    (Beifall bei der SPD)

    Unsere Vorschläge zielen auch darauf ab, mehr Chancengerechtigkeit, liebe ältere Kollegen, für jüngere Abgeordnete und zwischen Regierung und Parlament herzustellen und auch — das ist sehr wichtig — den nicht beamteten Sachverstand in kleinen Anhörungen mehr als bisher zu Wort kommen zu lassen. Soweit unsere Vorschläge.
    Obgleich wir uns angesichts der realen Machtstrukturen hier in diesem Hause der mehr oder weniger schmerzlich empfundenen Ohnmacht des einzelnen Abgeordneten bewußt sind, werden wir uns im Ringen um ihre Verwirklichung den Schneid nicht abkaufen lassen. Wir werden sehr kritisch begleiten, was nun im Gefolge dieser Debatte geschieht. Wir hoffen dabei auf viele Bundesgenossen; denn wenn wir draußen, liebe Kolleginnen und Kollegen, in unseren Versammlungen das Hohelied von der persönlichen Verantwortung und Initiative des einzelnen Bürgers zur Stärkung der freiheitlichen Demokratie singen, dann sollten wir in unseren eigenen vier Wänden mit gutem Beispiel vorangehen. So wie wir wissen, daß der verplante, der reglementierte, der verbürokratisierte Bürger ein unfreier Bürger wird, so wissen wir auch, daß der verplante,



    Frau Dr. Hamm-Brücher
    der verbürokratisierte, reglementierte Abgeordnete ein unfreier Abgeordneter sein wird. Das wollen wir nicht zulassen.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN — Horacek [GRÜNE]: Das ist aber so!)

    Wir sind es, die einzelnen Abgeordneten, die für das Erscheinungsbild, für den politischen Stil und das Ansehen dieses Parlamentes mithaften. Deshalb müssen wir eine Parlamentsreform wagen — da weiche ich etwas von Ihrem Votum ab, Herr Kollege Barzel —, die sich nicht in technischen, organisatorischen und materiellen Verbesserungen erschöpft, sondern die das Parlament insgesamt funktionsfähiger macht. Das wird nur dann gelingen, wenn wir die Mitwirkungs- und die Gestaltungsmöglichkeit des Abgeordneten spürbar verbessern.

    (Dr.-Ing. Kansy [CDU/CSU]: Und uns in der freien Rede üben!)

    — Wenn ich nur zehn Minuten zur Verfügung habe, bleibt mir leider nichts anderes übrig, Herr Kollege. Ich hätte auch lieber frei gesprochen.
    Selbstverständlich wissen wir, daß wir keine heile parlamentarische Bilderbuchwelt herbeireformieren können. Hier wird weiter kontrovers und nicht zimperlich qua Fraktionen gegeneinander gestritten werden. Aber wir sitzen, verehrte Kolleginnen und Kollegen, nicht nur als abgeschottete Mannschaften in unseren Fraktionsbooten, um einander zu überrunden oder zum Kentern zu bringen. Letztlich sitzen wir alle in einem Boot, und dieses Boot trägt den Namen parlamentarisch verfaßte, repräsentative Demokratie.
    Dieses Boot ist leider nicht so seetüchtig, wie es notwendig wäre. Unser Verfassungsauftrag, Vertreter des ganzen Volkes zu sein, heißt j a nicht, es allen recht machen zu wollen oder derselben Meinung zu sein. Vertreter des ganzen Volkes zu sein heißt, immer wieder in uns und unter uns das Bewußtsein zu schärfen, daß wir in diesem Boot eben gemeinsam sitzen und für seine Seetüchtigkeit, für seinen Kurs nach bestem Wissen und Gewissen Mitverantwortung tragen. Dieses Bewußtsein in Möglichkeiten für konkretes Handeln und Verhalten umzusetzen muß das Ziel einer Parlamentsreform sein, die diesen Namen verdient. Damit schaffen wir, meine lieben Kolleginnen und Kollegen — wie unsere Verfassungsväter das vor 35 Jahren gefordert haben —, endlich und endgültig, wie wir hoffen, eine wesentliche und daher unentbehrliche Grundlage unseres politischen Lebens.
    Vielen Dank.

    (Beifall bei der FDP, der CDU/CSU, der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN)