Rede von
Dr.
Burkhard
Hirsch
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Herr Dr. Schäuble, ich möchte vorschlagen, daß sich die Geschäftsführer über diesen Punkt direkt unterhalten. Ich komme sonst etwas in zeitliche Probleme.
Ich möchte mich gerne noch mit dem Gesetzentwurf der GRÜNEN auseinandersetzen. Die GRÜNEN leugnen einen Sicherheitsgewinn überhaupt. Zu diesem Sicherheitsgewinn muß man sagen, daß man nicht gegen ein Höchstmaß an Fälschungssicherheit sein kann, wenn man überhaupt einen Personalausweis haben will.
Wenn man einen Personalausweis haben will, muß man auch wollen, daß er fälschungssicher ist. Es ist auch unbestreitbar, Herr Kollege Fischer, daß der gegenwärtige Ausweis keineswegs dem Stand der Technik entspricht. Er kann leichter als jede Kreditkarte ge- und verfälscht werden.
Es sind — das hat Herr Kollege Miltner gesagt — zur Zeit über 12 000 Formulare als gestohlen gemeldet worden, und in jedem Jahr werden in der Tat mehrere tausend Betrugsfälle mit Hilfe verfälschter Ausweise begangen.
Das Kernproblem liegt nicht in der Maschinenlesbarkeit allein, und zwar deswegen nicht, weil es Datenverarbeitungsgeräte gibt, die jede maschinengeschriebene Schrift lesen können. Der Bürger muß wissen, daß natürlich auch der jetzige Personalausweis mit Hilfe solcher Anlagen maschinengelesen werden könnte.
Die entscheidende Frage ist also, ob es uns gelingt, bei der Einführung eines fälschungssicheren Personalausweises gesetzliche Regeln über die Grenzen seiner zulässigen Verwendung und die entsprechende Datenverarbeitung so zu formulieren, daß die Anforderungen des Verfassungsgerichts erfüllt werden, und ob es uns gelingt, das Datenschutzumfeld so zu regeln, daß die Einführung der fälschungssicheren Ausweise tatsächlich ein Sicherheitsgewinn wird, nicht etwa ein Ansatzpunkt für eine maßlose Kampagne insbesondere gegen die deutsche Polizei.
Einen Teil dieser Probleme zu lösen hat der Innenausschuß bereits in seinem Beschluß zum 5. Datenschutzbericht des Bundesbeauftragten der Bundesregierung aufgetragen. Dazu gehört die Frage, wie weit das Auskunftsverhalten der Sicherheitsbehörden nach den jetzt geltenden sogenannten KPSRichtlinien verrechtlicht werden sollte und welche Regelungen für die polizeilichen Beobachtungen im
Sinne der §§ 161 und 163 StPO — einschließlich der sogenannten Rasterfahndung — gelten sollten.
Wir haben auch die gemeinsame Auffassung formuliert, daß die Rechtsfragen der Datenverarbeitung beim Bundesnachrichtendienst und beim Militärischen Abschirmdienst sowie bei der Amtshilfe zwischen Polizei und Nachrichtendiensten so bald wie möglich einer Klärung zugeführt werden müssen. Die FDP hält dazu eine gesetzliche Regelung für unerläßlich.
Ich habe also den Eindruck, daß in diesen Fragen
— ich sage das ja, Kollege Wernitz — eine Übereinstimmung zwischen der Koalition auf der einen und der Opposition auf der anderen Seite besteht, weil wir uns im Innenausschuß über die Klärungsbedürftigkeit dieser Fragen zwischen allen Fraktionen einig waren.
Andere Probleme können vom Bund nicht allein gelöst werden. Wir haben z. B. für das Meldewesen der Länder nur eine Rahmenkompetenz. Auch die gesetzliche Regelung der Informationsverarbeitung der Polizei, die der frühere BKA-Präsident Herold in seinem schon erwähnten Vorschlag nach meiner Auffassung zu Recht gefordert hat, ist nur im Zusammenwirken zwischen Bund und Ländern möglich. Seit März dieses Jahres beschäftigt man sich im Rahmen der Innenministerkonferenz mit diesen Problemen. Die Aufgaben sind noch nicht gelöst, und jeder von Ihnen weiß, daß die Lösung auch sehr schwierig ist.
Ich empfinde es daher nicht als ein politisches Problem, hier offen zu sagen, daß die Verhandlungen in der Koalition noch nicht abgeschlossen sind. Wir wollen solide arbeiten. Die Regelungen, die wir vorschlagen wollen, sollen jeder Kritik standhalten. Das ist auch der Grund, warum wir mit unserem Gesetzentwurf — .und zwar mit dem, den wir eben besprochen haben, Herr Kollege Schmude — ebenfalls beantragen, das Personalausweisgesetz nicht am 1. November in Kraft treten zu lassen. Wir sind aber nach dem bisherigen Verlauf unserer Beratungen in der Koalition der Überzeugung, daß die Koalition dem Deutschen Bundestag in absehbarer Zeit einen Gesetzentwurf vorlegen kann, der die mit dem fälschungssicheren Personalausweis unmittelbar verbundenen datenschutzrechtlichen Probleme sachgerecht löst.
Wir werden dementsprechend den Überweisungsanträgen zu den vorliegenden Gesetzentwürfen zustimmen, um eine weitere sachgerechte Beratung zu ermöglichen.