Damit man einmal sieht, welches der Ausgangspunkt unserer Politik ist und welches derjenige ist, den Sie bei Ihrer Politik zugrunde gelegt haben. Nicht mehr Sie persönlich. Ich habe gesagt: Mitte der 70er Jahre. Sie sind etwas später Bildungsminister gewesen.
Ich finde, man sollte sich auch zu seiner politischen Vergangenheit bekennen. Auch das gehört zum Geschäft.
Die Attraktivität der betrieblichen Ausbildung nimmt bei den jungen Menschen ohne Zweifel zu. Wir haben in diesem Jahr mit einem erneuten Anstieg der Nachfrage zu rechnen. Wir sehen, daß diese Nachfrage nicht mehr nur demographisch zu erklären ist. Hinter dieser gestiegenen Nachfrage nach betrieblichen Ausbildungsplätzen stehen auch — ich bekenne mich dazu — begrüßenswerte Änderungen im Bildungsverhalten. Eine zunehmende Zahl von Abiturienten strebt heute eine betriebliche Ausbildung an, weil sie als Akademiker für sich keine Berufschancen mehr sehen. Das muß man auch als eine nüchterne Tatsache festhalten.
Auch immer mehr Mädchen sehen Berufschancen in der betrieblichen Ausbildung, was ich nur begrüßen kann. Ebenso begrüße ich, daß die Zahl der Jugendlichen, die keine Ausbildung anstreben, erfreulicherweise immer weiter sinkt.
Aber auch eins muß erwähnt werden: Hinter dieser Nachfragesteigerung verbergen sich auch Arbeitsmarktprobleme. Jugendliche, die jetzt keinen Arbeitsplatz finden, wollen sich zusätzlich qualifizieren, also Bildung statt Arbeit.
Alle diese Entwicklungen verstärken das aktuelle Lehrstellenproblem vor allem in Gebieten mit schwacher Wirtschaftsstruktur wie etwa in Nordrhein-Westfalen. In Süddeutschland gibt es kaum Lehrstellenprobleme. Auch das muß einmal festgehalten werden.
Die Lehrstellenproblematik zeigt nämlich die enge Verzahnung von erfolgreicher Wirtschaftspolitik, realistischer Bildungspolitik und von Arbeitsmarkt-und Ausbildungsmarktsituation.
Herr Kollege Schmude, Sie haben jetzt wieder mit den Bewerberzahlen hantiert. Ich muß Ihnen sagen — das tue ich in aller Deutlichkeit —, daß die Zahlen der Bundesanstalt für Arbeit im August einen Rückgang an unversorgten Bewerbern um 83 000 ausweisen, d. h. der Ausbildungsmarkt ist in voller Bewegung. Wir haben jetzt schon, in diesen Tagen, einen weiteren rapiden Rückgang zu verzeichnen. Die Zahlen der Bundesanstalt für Arbeit zeigen weiterhin, daß es über 32 000 unbesetzte
Ausbildungsstellen gibt. Wir wissen, daß sich längst nicht alle Ausbildungsbetriebe bei der Bundesanstalt melden — im Gegensatz zu den Jugendlichen, die sich dort fast alle melden.
Die Kammerorganisationen melden gerade in diesen Tagen deutliche Zuwachsraten,
die jetzt im September höher liegen als im September des Vorjahres. Offensichtlich macht sich jetzt bemerkbar, daß es auf Grund des Streiks im Mai und Juni eine abwartende Haltung gab, die jetzt allmählich ausgeglichen wird.
Ich muß hier etwas korrigieren. Der Kollege Roth hat heute morgen gesagt, ihm seien aus dem Einzelhandel rückläufige Zahlen bekannt. Uns sind diese Zahlen nicht bekannt. Ich habe extra recherchieren lassen.
— Dann habe ich Sie mißverstanden. Ich bitte um Entschuldigung. Dann möchte ich das korrigieren.
Meine Damen und Herren, ich möchte hier also festhalten — dies ist der entscheidende Punkt —, daß der Ausbildungsmarkt in diesen Tagen in voller Bewegung ist. Herr Kollege Schmude, Sie lesen wie ich Zeitung. Wie kommt es denn, daß in einer Stadt wie Köln, meiner Heimatstadt, mit — leider — hoher Arbeitslosigkeit die Zeitungen jetzt mehrfach in der Woche ganze Listen von offenen Lehrstellen veröffentlichen?
Wie kommt es denn, daß dicke Artikel des Arbeitsamtes in Köln erscheinen, in denen man darauf hinweist, daß täglich Vermittlungen erfolgen und daß täglich ein rapider Abbau der Zahl von Bewerbungen zu verzeichnen ist? Wer angesichts solcher Artikel und der Erfahrungen, die jeder von uns täglich in seiner Heimatstadt macht, noch eine Katastrophenstimmung verbreitet und, wie es leider von Gewerkschaftsseite erfolgt ist, die Verelendung der Jugend als die neue Prophetie verkündet, der schadet der Jugend und hilft ihr nicht. Er verunsichert sie, anstatt ihr tatkräftig zu helfen.