Rede von
Marieluise
Beck-Oberdorf
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Wir haben heute morgen schon von Herrn Dregger eine Lektion über die Familie und über die Kinder bekommen und wie schön Kinder sind. Aber es ist doch interessant, daß er, wenn er von Kindern als dem kostbarsten Gut spricht, diese gleich im Zusammenhang mit Investitionsbegriffen nennt. Das ist ein durch und durch materieller Begriff, und oft reduziert sich das, was in unserer Umwelt mit Kindern gemacht wird, wirklich auf diesen materiellen Gehalt.
Ich finde es geradezu ungeheuerlich, daß gerade in Richtung auf die alternative, bunte und grüne Szene so getan wird, als ob dort die Kinder- und Menschenfresser säßen, wo man doch wirklich beobachten kann, daß dort tatsächlich im Sinne von sprießendem Leben Politik gemacht wird.
Ich will nicht verhehlen, daß es oft keinen großen Spaß macht, Zeitung zu lesen. So verging mir diese Lust am Zeitungslesen auch gleich, als ich dieses Jahr aus dem Urlaub heimkehrte und als erstes Herrn Geißlers Weisheiten über das vernehmen mußte, was die Frau wirklich will.
Es ist schon eine Pikanterie für sich, daß bei uns die Frauenpolitik von Männern vertreten wird. Nach Meinung der Regierung sind wir wohl noch nicht so weit, daß wir uns selbst vertreten können, und deswegen ist es auch folgerichtig, daß zu der Weltfrauenkonferenz in Nairobi die deutsche Frauendelegation wieder von Herrn Geißler angeführt werden wird.
In Stuttgart auf dem CDU-Parteitag verkündete nun dieser Minister, daß Hausfrauen mit dieser selbst gewählten Aufgabe zufrieden seien und daß es gelte, sich gegen das Diktat verklemmter Feministinnen in den öffentlich-rechtlichen Medien zu wehren.
„Feministin" als Schimpfwort und „verklemmt" dazu, das ist so eine Ungeheuerlichkeit, so eine Unverschämtheit, daß wir Frauen eigentlich jede Auseinandersetzung mit diesem Herrn Minister verweigern sollten und auch mit einer Regierung, die es wagt, uns so einen Minister als Frauen- und Familienminister zu präsentieren.