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ID1008203700

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    Plenarprotokoll 10/82 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 82. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 13. September 1984 Inhalt: Fortsetzung der ersten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1985 (Haushaltsgesetz 1985) — Drucksache 10/1800 — in Verbindung mit Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung Der Finanzplan des Bundes 1984 bis 1988 — Drucksache 10/1801 — Dr. Dregger CDU/CSU 5951 B Dr. Hauff SPD 5959 D Dr. Albrecht, Ministerpräsident des Landes Niedersachsen 5965 C Kleinert (Marburg) GRÜNE 5968 C Frau Seiler-Albring FDP 5972 B Handlos fraktionslos 5974 B Dr. Geißler, Bundesminister BMJFG . 5975 D Roth SPD 5984 C Kroll-Schlüter CDU/CSU 5990 B Frau Beck-Oberdorf GRÜNE 5993 B Eimer (Fürth) FDP 5995 D Dr. Bangemann, Bundesminister BMWi 5997 C Frau Simonis SPD 6006 C Niegel CDU/CSU 6010 C Drabiniok GRÜNE 6013 C Dr. Schmude SPD 6015 D Frau Dr. Wilms, Bundesminister BMBW 6019A Frau Fuchs (Köln) SPD 6022 A Cronenberg (Arnsberg) FDP 6027 B Hoss GRÜNE 6030 C Dr. Blüm, Bundesminister BMA . . . 6032 D Sieler SPD 6040 D Dr. Friedmann CDU/CSU 6044 A Glombig SPD 6047 B Schlatter SPD 6051 C Dr. von Wartenberg CDU/CSU 6054 B Dr. Jens SPD 6056 A Dr. Freiherr Spies von Büllesheim CDU/ CSU 6058 C Dr. Hauchler SPD 6060 D Vizepräsident Westphal 6014 C Nächste Sitzung 6063 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . 6065* A Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 82. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 13. September 1984 5951 82. Sitzung Bonn, den 13. September 1984 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens ** 13. 9. Antretter ** 14. 9. Büchner (Speyer) 14. 9. Eigen 14. 9. Haase (Fürth) ** 14. 9. Dr. Hackel ** 14. 9. Dr. Holtz ** 14. 9. Jaunich 14. 9. Junghans 14. 9. Dr. Klejdzinski ** 14. 9. Dr. Müller ** 14. 9. Reddemann ** 14. 9. Frau Renger 14. 9. Reuschenbach 14. 9. Dr. Rumpf ** 14. 9. Sauermilch 14. 9. Schäfer (Mainz) 14. 9. Schmidt (Hamburg) 14. 9. Schmidt (München) ** 14. 9. Frau Schoppe 14. 9. Schulte (Unna) ** 13. 9. Schwarz ** 14. 9. Dr. Stark (Nürtingen) 14. 9. Graf Stauffenberg * 14. 9. Weiskirch (Olpe) 14. 9. Dr. Unland ** 14. 9. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Hubert Kleinert


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE GRÜNEN/BÜNDNIS 90)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Von einem berühmten Wissenschaftler stammt die Beobachtung — jetzt zitiere ich —,
    daß jeder von uns sich an irgendeinem Punkt wie der Paranoiker benimmt, eine ihm unleidliche Seite der Welt durch eine Wunschbildung korrigiert und diesen Wahn in die Realität einprägt.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Da muß er die GRÜNEN gemeint haben!)

    — Warten Sie es ab. —
    Eine besondere Bedeutung beansprucht der Fall, daß eine größere Anzahl Menschen gemeinsam den Versuch unternimmt, sich Glücksversicherung und Leidensschutz durch wahnhafte Umbildung der Wirklichkeit zu schaffen.
    Diese Sätze stammen von Sigmund Freud. Sie sind mir eingefallen, als ich die Rede von Herrn Dregger heute morgen hörte. Ich glaube, daß diese Worte auch für große Teile von dem gelten, was der Herr Bundeskanzler gestern vorgetragen hat — zu Herrn Albrecht komme ich dann noch —; denn wenn man gehört hat, wie diese Bundesregierung einen wirtschaftlichen Aufschwung abfeiert, den es in der Wirklichkeit nicht gibt, und wie Sie hier Ihre eigene angeblich aktive Umweltpolitik bejubeln, die es ebensowenig gibt, dann muß man sich schon fragen, ob Sie noch mit beiden Beinen auf dem Boden der Realitäten stehen.

    (Beifall bei den GRÜNEN — Lachen bei der CDU/CSU)

    Von welcher Wirklichkeit, meine Damen und Herren, wird hier eigentlich geredet, während doch selbst die Leib- und Magenblätter dieser Bundesregierung über ihr umweltpolitisches Nichtstun Klage führen? Da brauchen Sie nur „Quick" oder „Die Bunte" aufzuschlagen. Das ist doch ansonsten die Lieblingslektüre der Herren hier vorne rechts. Während fast keine Woche mehr vergeht, in der nicht ein neuer Umweltskandal die Medienlandschaft beherrscht und während Sie gerade eben durch die Gerichtsentscheidung in Sachen Buschhaus eine schallende Ohrfeige kassiert haben, stellen Sie sich



    Kleinert (Marburg)

    hierhin und verkünden, die Belange der Umwelt seien bei Ihnen in besten Händen.
    Wie gut sie da wirklich aufgehoben sind, zeigt am besten ein Beispiel. Ich will dazu das Beispiel des Waldsterbens nehmen, ein Drama in fünf Akten.
    Der erste Akt begann, als Mitte der 70er Jahre — damals waren die Sozialdemokraten noch in der Regierung — Forstleute festgestellt hatten, daß das Absterben von Tannen sich auffällig häufte. Als sie dann Alarm schlagen wollten, wurden sie von den Politikern erst einmal nicht ernst genommen. Doch Forstleute und Umweltschutzverbände gaben keine Ruhe. 1980 häuften sich Presseberichte über das Tannensterben. 1981 wies eine Arbeitsgemeinschaft der Waldbesitzerverbände darauf hin, daß durch die ständigen SO2-Emissionen eine weiträumige Vernichtung von Nadelwäldern befürchtet werden müsse. Die damalige Bundesregierung wollte davon aber immer noch nichts wissen. Sie erklärte, sie habe die S02-Emissionen im Griff. Der damalige Landwirtschaftsminister Ertl sprach von — ich zitiere — einem gewissen Krankheitsbild, das etwas voreilig Sterben genannt werde. Die Devise hieß: ignorieren, bagatellisieren, herunterspielen.
    Ende 1982 begann der zweite Akt. Da waren die Schäden so offensichtlich geworden, daß es nichts mehr zu vertuschen gab. Nun aber hieß es, man müsse erst einmal sorgfältige Ursachenforschung betreiben, bevor es ans Handeln gehe. Die Ursachen des Waldsterbens lägen im dunkeln, erklärte Minister Zimmermann zu einer Zeit, als kein Umweltexperte mehr bestritt, daß Schwefeldioxid und Stickoxide die Hauptverursacher des Waldsterbens sind. Und daß in der Nähe von Industrieschornsteinen Bäume absterben, weiß jeder Waldarbeiter seit Jahrzehnten.
    Nicht, daß wir etwas gegen sorgfältige Untersuchungen von biologischen und chemischen Abläufen hätten. Im Gegenteil. Die Sorgfalt, die hier an den Tag gelegt werden sollte, hätten wir uns gern auch in anderen Stellen in der Umweltpolitik gewünscht, z. B. bei der Reaktorsicherheit oder bei der Produktion und Lagerung toxischer Stoffe. Vielleicht wären uns dann viele Umweltgefährdungen erspart geblieben.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    So, wie Sie dieses Argument damals gebracht haben, muß man das einfach als Schutzbehauptung für eigene Untätigkeit bezeichnen. Und daß Sie nicht bereit waren, selber etwas zu tun, das haben wir an dieser Stelle 1983 erleben müssen. Oder weshalb sonst haben Sie unsere Forderungen nach wirksamen Entschwefelungsprogrammen einfach zurückgewiesen?

    (Zuruf der Abg. Frau Berger [Berlin] [CDU/CSU])

    Erst als 1983 — und damit bin ich beim dritten Akt — Ihre eigenen Veröffentlichungen eine Verdreifachung der Waldschäden innerhalb eines Jahres auswiesen, begann sich Ihr Tonfall zu ändern. Da sprach der Minister Zimmermann selber von einer dramatischen Entwicklung.
    Doch wer geglaubt hatte, jetzt werde etwas getan, sah sich wiederum getäuscht. Die TA Luft wurde geändert. Aber wie! Die zulässigen Höchstwerte von Schwefeldioxiden und anderen Giftstoffen wurden eben nicht drastisch heruntergesetzt; und für den Umbau entsprechender Anlagen wurden Zeitspannen eingeräumt, die den notwendigen Zeitbedarf weit übersteigen.
    Die bisherige Spitzenleistung dieser Art Bekämpfung der Luftverschmutzung haben wir neulich erlebt: Buschhaus. Damit bin ich beim vierten Akt. Da beschließt der Deutsche Bundestag mit großer Mehrheit, daß das nagelneue Kraftwerk Buschhaus nicht ohne Filter ans Netz gehen dürfe. Dann stellt die Bundesregierung fest, daß diese Entscheidung auf den energischen Widerstand der Kraftwerkindustrie, der IG Bergbau und Energie und der niedersächsischen Landesregierung trifft. Und was passiert? In aller Eile werden Abgeordnete aus den Ferien zusammengetrommelt, um diesen Beschluß zu kassieren und um einen neue n Beschluß über eine Betriebsgenehmigung für eine sogenannte Altanlage in Buschhaus zu fassen, die gar keine Altanlage ist. Sie selber — das hat dieses Beispiel gezeigt — halten sich nicht einmal an Ihre eigenen, viel zu großzügigen Gesetze;

    (Beifall bei der GRÜNEN und des Abg. Dr. Hauff [SPD])

    und Sie leisten sich dabei obendrein die Absurdität, Hunderttausende DM Steuergelder dafür aufzuwenden, daß die Abgeordneten aus dem Urlaub zusammengeholt werden, um im Deutschen Bundestag über eine Altanlage Buschhaus abzustimmen, die gar keine Altanlage ist.

    (Fischer [Frankfurt] [GRÜNE]: Sehr gut!)

    Doch damit nicht genug. Wie sich inzwischen gezeigt hat — das haben Sie verschwiegen, Herr Albrecht —, ist selbst der Beschluß, den Sie hier am 31. Juli gefaßt haben, längst Makulatur geworden. Herr Albrecht, Sie denken nämlich gar nicht daran, auch nur die Auflagen, die mit dem damaligen Beschluß verbunden sind, in die Tat umzusetzen. Denn bis zum heutigen Tag ist kein Auftrag an irgendein Unternehmen ergangen, das die Filter herstellt, die laut Bundestagsbeschluß bis Mitte 1987 eingebaut sein sollen. Und die angekündigte Stillegung von Offleben I wird ebenfalls nicht erfolgen. Statt dessen wollen Sie das Kraftwerk als Kaltreserve weiter betreiben. Die vorgesehene Entschwefelung von Offleben II wird ebenfalls nicht stattfinden; von den drei Blöcken soll nämlich nur einer entschwefelt werden, und die anderen beiden sollen bis zur Stillegung 1993 ohne Entschwefelung weiterlaufen. Schließlich nehmen Sie es auch mit dem Arbeitsplatzargument offenbar nicht so genau, wenn es darauf ankommt; denn in Buschhaus sollen, wie man hört, 100 Arbeitskräfte entlassen werden.
    Meine Damen und Herren, man könnte das Ganze schon fast als kurios bezeichnen, wenn das Thema nicht so ernst wäre, denn der Wald stirbt weiter, und deshalb ist das Ganze auch eher ein Drama. Aber da ist ja noch der Abgaskatalysator, werden Sie sagen, wenn es um die Umweltbilanz dieser Regierung geht; da tun wir doch was. Sie



    Kleinert (Marburg)

    merken, ich bin beim fünften und damit vorläufig letzten Akt. Tatsächlich hat der Innenminister mit großem Theaterdonner im letzten Winter sein umweltpolitisches Kaninchen aus dem Zylinder gezogen. Da erlebten wir dann einen Zimmermann in der Pose des starken Mannes, der an dieser Stelle keine Kompromisse machen wollte und der mit fester Stimme erklärte, ab Januar 1986 würden nur noch Katalysatorenautos zugelassen.

    (Fischer [Frankfur] [GRÜNE]: Der Minister war das Karnickel selbst!)

    Manch einer war verwundert, als er einen Minister aus einer industrie- und kapitalfreundlichen Partei markig von der Automobilindustrie einen Beitrag zur Bekämpfung von Umweltschäden fordern hörte. Zog da nicht einer gegen Bösewichte und Umweltfeinde zu Felde, von dem man das am wenigsten erwartet hatte?
    Doch inzwischen ist längst klar, daß von den großen Worten des starken Friedrich in der Praxis wenig übriggeblieben ist.

    (Fischer [Frankfurt] [GRÜNE]: Nur noch die langen Ohren!)

    Der gleiche Innenminister, der noch vor wenigen Monaten lauthals verkündet hat, diese Umstellung auf Abgaskatalysatoren sei technisch kein Problem, läßt jetzt erklären, die Industrie habe technische Schwierigkeiten, über die sich die Bundsregierung bei der Umstellung nicht hinwegsetzen könne. Deshalb könne die Umstellung eben nur schrittweise erfolgen.

    (Frau Dr. Hickel [GRÜNE]: Sie müßten Entwicklungshilfe leisten!)

    Was jetzt herausgekommen ist, ist noch weniger als ein lauer Kompromiß. Wer bleifrei und mit Abgaskatalysator fahren will, der wird das mit ein paar Mark staatlicher Unterstützung ab 1986 tun, und wer das nicht will, der läßt es erst einmal bleiben.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Der Herr Zimmermann, der immer dann so stark ist, wenn es gegen Ausländer und angebliche Verfassungsfeinde geht, der hat vor den Interessen der Automobilindustrie jämmerlich kapituliert.

    (Beifall bei den GRÜNEN — Fischer [Frankfurt] [GRÜNE]: Die Hosen voll!)

    Das „Handelsblatt" — das ist nicht gerade das Zentralorgan der GRÜNEN, wie Sie wissen — hat diesen Vorgang treffend als „Posse" bezeichnet. Es gibt das schöne Sprichwort: Es kreißte der Berg und gebar eine Maus. So etwa ist das zu kennzeichnen, was Sie in diesem Punkt als Beitrag zu einer aktiven Umweltpolitik vorgelegt haben. Nur in einem sind Sie fix: in Ihrer Imagepflege. Während Sie selbst noch herumdoktern, welche der verwässerten Lösungen nun beim Katalysator beschlossen werden soll, hat das Innenministerium längst gehandelt und in Hunderttausender-Auflage ein Blatt zur Luftverschmutzung herausgegeben, das den schönen Titel trägt: „Andere reden, wir handeln".

    (Fischer [Frankfurt] [GRÜNE]: Balsam!)

    Anmaßender hätte das kaum noch lauten können. Wind machen, Staub aufwirbeln, das Ganze mit verteilten Rollen, und dabei so tun, als ob etwas passieren würde, das ist die umweltpolitische Praxis dieser Regierung.
    Die Reihe der Beispiele dafür ließe sich leicht fortsetzen; denn die ökologischen Zerstörungen, um die es geht, sind längst nicht mehr bloß Teilprobleme, sie begleiten uns praktisch den ganzen Tag. Laut Umweltbundesamt gibt es inzwischen 3 000 bis 6 000 chemischer Substanzen, die für den Menschen gefährlich sind. Eine DGB-Studie hat gezeigt, daß es mindestens 150 krebsverdächtige Stoffe gibt, mit denen 10 Millionen Arbeitnehmer in Berührung kommen. Das besonders Gefährliche daran ist die Unberechenbarkeit dieser Stoffe; denn es kann sein, daß ihre Gefährlichkeit erst dann offensichtlich wird, wenn sie bereits in großen Mengen und über Jahre in Umlauf sind, und sie können als Verbindung von an sich ungefährlichen Stoffen auftreten. Die Neuartigkeit dieser Gefahrenpotentiale ist durch die jüngsten Ereignisse um die Stoffe Dioxin und Formaldehyd ebenso offensichtlich geworden wie die Verantwortlichkeit der Privatwirtschaft und die Nebelwerfermentalität bei den meisten Politikern.
    So umfassend, wie die ökologische Krise inzwischen ist, müssen auch die Antworten darauf angelegt sein. Sie müssen das Übel an der Wurzel greifen, denn Verschmutzung und Vergiftung von Luft, Wasser und Boden greifen ineinander und vervielfachen auf diese Weise ihre Wirkung.
    Wer solche umfassenden Antworten in dem vorgelegten Haushaltsentwurf sucht, wird sie nicht finden, nicht einmal Spurenelemente davon. Statt dessen findet er die Fortsetzung der alten, der falschen Prioritätensetzungen mit all der Verschwendung und den ökologischen Wahnsinnsprojekten, die Sie seit Jahren finanzieren. Abgesehen von den Umweltausgaben im ERP-Sondervermögen beläuft sich der Gesamtumfang der Umweltausgaben in diesem Haushalt gerade auf 982 Millionen DM; das sind ganze 0,4 % des Gesamtetats. Dieser Betrag würde nicht einmal für das reichen, was ein mehrjähriges Programm zur Sanierung des Schwarzwaldes jährlich kosten würde.
    Wie auch dieser Haushaltsentwurf wieder zeigt, ist das Vertrauen dieser Bundesregierung in die Kräfte des Marktes auch in der Umweltpolitik durch nichts zu erschüttern. Während der von allen Seiten ständig von neuem mit Giftspritzen heimgesuchte Patient Umwelt weiter dahinsiecht, wollen Sie ihm unter der Parole „marktwirtschaftliche Steuerung" offenbar einen Sanierungsakt à la Münchhausen zumuten. Die Politiker aus den Regierungsfraktionen, sie sitzen derweil in gemütlicher Oggersheimer Runde den Hintern platt, und sie schauen darauf, was hinten herauskommt.

    (Zuruf von den GRÜNEN: Das ist richtig! — Dr.-Ing. Kansy [CDU/CSU]: Bei Ihnen kommt das vorne raus!)

    Meine Damen und Herren, statt großer Ankündigungen und weniger Oberflächenreparaturen wären umfangreiche Maßnahmen notwendig, wenn



    Kleinert (Marburg)

    auch nur die dringendsten Gefährdungen von Mensch und Natur abgewendet werden sollten. Wir haben dazu eine ganze Reihe von Vorschlägen gemacht, die zum großen Teil auch den Haushalt betreffen. Wir haben Maßnahmen zur Entgiftung der Luft und zur Rettung des Waldes, zur Lösung des Giftmüllproblems und zur Umstellung der Landwirtschaft auf biologischen Anbau gefordert. Wir haben ein Sonderprogramm zur Untersuchung giftiger Stoffe am Arbeitsplatz und vieles andere mehr vorgeschlagen; der Kollege Verheyen hat gestern ausführlich dazu gesprochen.
    Daß das alles Geld kostet, bestreiten wir nicht. Aber dieses Geld ist da, wenn Sie bei Ihren ökologischen Verschwendungsprojekten, die der Kollege Verheyen gestern an Beispielen aufgezeigt hat, sparen, wenn Sie an Ihrem Rüstungshaushalt sparen und wenn Sie an anderen Stellen sparen. Denn wer ausgerechnet in der Umweltpolitik sparen will, spart nun wirklich an der falschen Stelle. Hier geht es nämlich um die Sicherung des Fundaments für unsere Existenz, hier geht es um die Sicherung der Zukunft für künftige Generationen.

    (Beifall bei den GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

    Meine Damen und Herren, Ökologie und Ökonomie bilden einen unauflösbaren Zusammenhang. Das wissen wir mindestens so gut wie die, die ständig einen Gegensatz zwischen ökologischen und Arbeitsplatzinteressen beschwören, und das wissen wir, auch wenn Sie, Herr Hauff, meinen, daß Sie mit Ihrem Stichwort „ökologische Modernisierung" auf ein Defizit bei uns hingewiesen hätten.
    Gerade weil es diesen Zusammenhang gibt, kann wirklich ökologische Politik auch nicht bloß Reparaturarbeit bedeuten.

    (Beifall bei den GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

    Kranke Strukturen können auch durch die beste Reparaturarbeit nicht wirklich dauerhaft saniert werden. Wirkliche Gesundung wird nur dann möglich sein, wenn wir auch vor Eingriffen in die bestehenden Strukturen der Wirtschaft nicht zurückschrecken. Gerade die letzten Umweltskandale haben nämlich überaus deutlich gezeigt, daß die privatwirtschaftliche Selbstkontrolle in diesem Bereich eben nicht funktioniert.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Ein wirklich ökologisches Wirtschaften hat einen Umbau der Wirtschaft zur Voraussetzung. „Umbau" heißt in erster Linie: Umbau und auch Abbau von besonders umweltgefährdeten Industriezweigen. Ein solcher Zweig ist die chemische Industrie. In ihr werden bei enormem Verbrauch von Energie und Rohstoffen viele der gefährlichen Stoffe hergestellt. Die chemische Industrie zählt zu den ärgsten Verschmutzern von Luft und Wasser, und sie ist dabei eine jener Branchen, in denen in den letzten Jahren enorme Gewinnsteigerungen erzielt werden konnten. Hier müssen gesetzliche Auflagen, hier müssen steuerliche Instrumente, hier müssen staatliche Konversionshilfen gezielt eingesetzt werden,
    um unter Einbeziehung der Belegschaften Produktionsumstellungen zu ermöglichen, um zu ermöglichen, daß hier endlich ökologisch verträglich produziert wird. Es muß endlich eine umfassende Deklarations- und Registrierungspflicht für gefährliche chemische Substanzen her. Es muß eine Umweltverträglichkeitsprüfung her. Es muß eine Umweltverträglichkeitsprüfung für jedes neue Produkt und für jedes neue Produktionsverfahren her, und es müssen auch, wenn es nicht anders geht, schlicht und einfach Produktionsverbote her.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Ich weiß, daß immer dann, wenn wir solche Überlegungen vortragen, lauthals gerufen wird: Die GRÜNEN gefährden die Arbeitsplätze,

    (Zurufe von der CDU/CSU: Das tut ihr auch! — Ganz bewußt!)

    die GRÜNEN wollen in die Steinzeit zurück. Nichts davon wollen wir. Aber wir wollen eines, wir wollen einen Zustand beenden, in dem einige wenige auf Kosten der Allgemeinheit unsere Lebenswelt gefährden dürfen und dabei noch ordentlich abkassieren können. Das wollen wir beenden.

    (Beifall bei den GRÜNEN — Zuruf von der CDU/CSU: Da müßt Ihr Euch auflösen!)

    Die Maßnahmen, die wir dazu vorschlagen, müssen nicht die Folge haben, daß Arbeitsplätze vernichtet werden. Im Gegenteil, sie können sogar Arbeitsplätze schaffen, an denen ökologisch nützliche Produkte unter ökologisch zumutbaren Arbeitsbedingungen hergestellt werden. Es gibt viele Studien, die das beweisen.

    (Frau Nickels [GRÜNE]: Die werden aber alle nicht gelesen!)

    Das alles hat nichts zu tun mit dem Marsch in die Steinzeit oder auch nur mit der Fortschrittsfeindlichkeit, die Sie uns so gerne anhängen wollen. Im Gegenteil, die Entwicklung von umweit- und lebensfreundlicher Technologie wird noch viel staatliche Forschungsgelder kosten müssen. Vielleicht merken auch Sie das eines Tages noch. Man soll die Hoffnung nie aufgeben.

    (Jung [Lörrach] [CDU/CSU]: Sagen Sie mal was über Ihr Auto, Herr Kleinert!)

    Zum Schluß noch eine Bemerkung zu einigen Äußerungen aus den letzten Wochen aus dem Regierungslager. Seit neuestem haben Sie in den GRÜNEN Ihren Hauptgegner ausgemacht. Der Herr Geißler meint sogar, wir seien inzwischen die eigentliche Opposition, die die SPD längst im Schlepptau halte.

    (Beifall bei den GRÜNEN Dr.-Ing. Kansy [CDU/CSU]: Das ist leider wahr!)

    Und der Bundeskanzler hat sich so ähnlich geäußert. Der Herr Geißler hat das noch mit der Feststellung verbunden, das sei eine Gefahr für die Demokratie, denn wir wollten ja eine andere Republik.
    Nun wissen wir, was der Herr Geißler meint, wenn er von Republik und wenn er von der Vertei-



    Kleinert (Marburg)

    digung der Republik spricht. Er meint in erster Linie den Schutz bestehender Industriestrukturen und bestehender wirtschaftlicher Macht, die Bewahrung wirtschaftlicher und sozialer Privilegien. Das ist Ihre Republik. Gemessen daran wollen wir wirklich etwas anderes.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Wir wollen den Umbau der Wirtschaft, jenes Öffnen eines Weges zu einer ökologischen Wirtschaftsweise, den ich anzudeuten versucht habe. Insofern wollen wir auch den Umbau dieser Republik. Wir wollen einen Umbau, durch den die Natur und die Menschen wieder Zukunftschancen bekommen und der künftigen Generationen eine lebenswerte Umwelt hinterläßt.

    (Weiß [CDU/CSU]: Geprägt von Gehässigkeit!)

    Was aber soll daran eine Gefahr für die Demokratie sein? Was soll Schreckliches daran sein, wenn wir andere Wege, wenn wir neue Wege vorschlagen. Sie sind es doch, die oft genug gezeigt haben, daß Sie nicht bereit sind, solche neuen Wege zu gehen, und Sie sind es doch, die schon längst nichts mehr anzubieten haben als steigende Umweltgefährdung, schlechte Verwaltung von Dauerarbeitslosigkeit und organisierte Untätigkeit.

    (Beifall bei den GRÜNEN)

    Wir freuen uns auf die angekündigte verschärfte Auseinandersetzung mit uns. Ich will Ihnen dazu zum Schluß nur noch einen guten Ratschlag geben: Machen Sie es nicht so platt wie jener Staatssekretär aus dem innerdeutschen Ministerium, der letzte Woche ein Papier von beispielloser intellektueller Dürftigkeit verfaßt hat,

    (Fischer [Frankfurt] [GRÜNE]: Wie heißt er denn?)

    das er dann „Analyse grüner Programmatik" genannt hat und das so originelle Aussagen enthält wie die, daß eine Machtbeteiligung der GRÜNEN den Einmarsch der Roten Armee sofort zur unvermeidlichen Konsequenz haben würde.

    (Heiterkeit bei den GRÜNEN)

    Versuchen Sie es doch einmal mit einer wirklich effektiven Umweltpolitik! Dann hätten wenigstens die Menschen in diesem Lande etwas davon.
    Ich bedanke mich.

    (Beifall bei den GRÜNEN)



Rede von Dr. Rainer Barzel
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat Frau Abgeordnete Seiler-Albring.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Ursula Seiler-Albring


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kleinert, die schöne Welt, die Sie in Ihren letzten Ausführungen geschildert haben, wollen wir alle. Ich glaube, Ihre Schilderung war die einer schönen Welt. Nur, Herr Kleinert, wenn man sich Ihre wirtschaftspolitischen Überlegungen ansieht, dann fragt man sich: Wie, um Himmels willen, wollen Sie denn dieses jemals finanzieren können?

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Zuruf von der CDU/CSU: Mit Papiergeld!)

    Ich habe mit Interesse Ihren Ausflug in die Geschichte verfolgt, Herr Kleinert. Auch ich möchte gern mit einem kurzen Rückblick beginnen und als Berichterstatter zum Einzelplan 06 einen kleinen Beitrag zur historischen Wahrheit leisten.
    Nach dem umweltpolitischen Trommelfeuer der Sommerpause reibt sich der erstaunte Zeitgenosse die Augen und denkt darüber nach, ob der Umweltschutz in diesem Lande tatsächlich erst am 17. September 1982 erfunden wurde, als die sozialliberale Koalition zu Ende ging. Tun Sie doch nicht so, meine Damen und Herren von der Opposition, als wäre das Wort Umweltschutz in diesem Hause erst mit dem Eintritt der Sozialdemokraten in die Opposition und mit dem Einzug der GRÜNEN in das Parlament zum erstenmal formuliert worden.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Auch wenn Sie es heute nicht mehr wahrhaben wollen, erinnere ich Sie daran, daß es die Liberalen waren, die zu Beginn der 70er Jahre unter dem damaligen Bundesinnenminister Genscher die Grundlagen für die Umweltpolitik in der Bundesrepublik Deutschland gelegt haben.

    (Beifall bei der FDP — Schäfer [Offenburg] [SPD]: Ganz allein?)

    Wir haben schon die Aufnahme des Umweltschutzes als Staatsziel in das Grundgesetz gefordert, als viele von den jungen Kollegen aus der Fraktion der GRÜNEN auf der Schulbank noch das Buchstabieren dieses Wortes lernten.

    (Beifall bei der FDP — Fischer [Frankfurt] [GRÜNE]: Na, na, na, Frau Kollegin, Sie sind doch noch keine Großmutter!)

    Ich erinnere Sie daran, daß in diesen Tagen das Umweltbundesamt in Berlin zehn Jahre existiert, eine Anregung und Forderung meiner Partei. Ich erinnere Sie daran, daß wir es waren, die im Bundesinnenministerium die Abteilung Umwelt eingerichtet haben.

    (Anhaltende Zurufe von den GRÜNEN)

    — Herr Fischer, da wir schon über Schule reden, wäre es vielleicht angebracht, zu sagen, daß Sie dort vielleicht gelernt hätten, daß man auch einmal zuhören kann.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Ich erinnere Sie daran, daß nicht zuletzt auf Initiative der FDP die Bundesrepublik Deutschland der Vorreiter bei der Begrenzung des Bleigehalts im Vergaserkraftstoff ist. So haben wir 1971 dafür Sorge getragen, daß der Bleigehalt im Benzin

    (Dr. Hauff [SPD]: Was ist mit Buschhaus?)




    Frau Seiler-Albring
    von seinerzeit 0,70 g/l über 0,40 g/l auf heute, immerhin seit acht Jahren, nur noch 0,15 g/1 gesenkt wurde. Unsere Vorreiterrolle wird deutlich

    (Dr. Hauff [SPD]: Vorreiterrolle bei Buschhaus?)

    — zu Buschhaus komme ich gleich —, wenn man bedenkt, daß die Mehrzahl unserer europäischen Nachbarn heute noch ein Vielfaches von diesem Bleigehalt in ihrem Benzin fahren.

    (Vorsitz: Vizepräsident Wurbs)

    Sie wissen, meine Damen und Herren von der Opposition, vor allen Dingen von der SPD, daß sich die Liste der umweltpolitischen Maßnahmen der letzten 15 Jahre auf einen stattlichen Umfang verlängern ließe. Es steht natürlich außer Frage, daß die Liste der Maßnahmen, die weiter in Angriff zu nehmen sind, ebenfalls sehr lang ist und höchste Priorität erhalten muß. Aber, meine Damen und Herren, ich halte es für unverantwortlich, daß wider besseres Wissen insbesondere die SPD, die ja von 1969 bis 1982 Regierungsverantwortung trug

    (Dr.-Ing. Kansy [CDU/CSU] und Abgeordnete der SPD: Von 1966!)

    und durch Ihren Kanzler die Richtlinien in der Politik bestimmen konnte, heute den Eindruck zu erwecken sucht, daß nichts Wesentliches geschehen sei.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Dr. Weng [FDP]: Das ist der Punkt: wider besseres Wissen!)

    Ich bedaure, daß es Ihnen nicht darum geht, die Bevölkerung über das Geschaffene aufzuklären, sondern offensichtlich darum, zu verunsichern und Angst zu erzeugen. Es nützt niemandem, meine Damen und Herren, am wenigsten der Umwelt, wenn, geboren aus einem Klima der Angst und Panik — Stichwort: Schadstoff des Monats —, hektischer Aktionismus zielgerichtetes Handeln überlagert. Unsere Umwelt ist in großer Gefahr. Das steht außer Zweifel. Jeder hier im Raum und draußen ist herzlich eingeladen, an der Minimierung dieser Gefahren mitzuarbeiten, und zwar nicht durch öffentliches Schaulaufen und Vorschläge, die die Arbeitsplätze ganzer Branchen mutwillig und beliebig aufs Spiel setzen.
    Wenn man sich, meine Kollegen von den GRÜNEN, Ihre Überlegungen zur Kommunalwahl in Nordrhein-Westfalen ansieht, kann man nur noch den Dichter zitieren: Und treiben mit Entsetzen Scherz.
    Wenn es um die Frage geht, Herr Kleinert, wer mit den Beinen auf dem Boden steht, liegt die Antwort nach dieser Lektüre auf der Hand: Sie zumindest haben den Kopf in den Wolken.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU — Dr.Ing. Kansy [CDU/CSU]: Fragen Sie einmal Herrn Kleinert, wieviel Schadstoff sein 280er Mercedes ausstößt!)

    Letztes Beispiel für Ihre Verwirrung in der Umweltpolitik, meine Damen und Herren von der SPD, ist Ihre Interpretierung der Sondersitzung Buschhaus. Ich weiß wie jede andere in diesem Haus, daß die Erteilung oder Nichterteilung der Betriebsgenehmigung nicht im Vordergrund der Überlegungen stand. Denn diese Genehmigung unterliegt ausschließlich der Entscheidung der niedersächsischen Landesregierung. Unser Anliegen war es, politischen Einfluß geltend zu machen, um den mit der Betriebsgenehmigung zu erwartenden Schadstoffausstoß so niedrig wie möglich zu halten. Unser Ziel war es, den Stickoxidausstoß so weit wie vertretbar zu begrenzen und die Entschwefelungsanlage schneller als vorgesehen zu bauen, des weiteren sicherzustellen, daß bis zum Bau dieser Entschwefelungsanlage das Kraftwerk nicht mit der giftigen Salzkohle betrieben wird. Mit unserem Vorgehen wollten wir erreichen, daß insgesamt die Umweltbelastung in diesem Raum gegenüber dem Jetztzustand unmittelbar verringert wird.
    Sie dagegen wollten mit dem Kopf durch die Wand und haben auf unrealistische Konzepte gesetzt. Für mich interessant ist hier die Tatsache, daß die Forderung des damaligen Innenministers Maihofer nach einem frühestmöglichen Einbau einer Entschwefelungsanlage bei den Kollegen der SPD keinerlei Würdigung gefunden hat.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

    Diese Anregung des Innenministers ist, wenn ich mich recht erinnere, vom damaligen Finanzminister, der von der SPD gestellt wurde und der für Bundesbeteiligungen zuständig ist, nicht aufgenommen worden.
    Es gibt zur Zeit kein Thema, das angesichts des Waldsterbens bei der Umweltschutzdiskussion eine solche Priorität besitzt wie die Einführung des abgasarmen Autos. Bei aller Notwendigkeit, hier in naher Zukunft zu einer drastischen Begrenzung des Schadstoffausstoßes zu gelangen, darf nicht der Eindruck entstehen, als würde erst jetzt gehandelt und als habe man das Problem in der Vergangenheit einfach verdrängt. Seit 1971 haben wir die Schadstoffemissionen durch kontinuierliche Verschärfungen der ECE-Richtlinien verschärft. Die deutsche Automobilindustrie hat freiwillig ab dem Modelljahr 1983 die ECE-Richtlinie 15 04 erfüllt, die für 1986 vorgesehen war. Grundsätzlich kann festgehalten werden, daß die vom Kraftverkehr ausgehende Gesamtmenge des Schadstoffausstoßes seit Jahren rückläufig ist, obwohl der Fahrzeugbestand in der Bundesrepublik ständig zugenommen hat. Beim Kohlenmonoxid ist ein Rückgang seit 1975 feststellbar, bei Kohlenwasserstoffen seit 1978 und bei Stickoxiden seit 1983.
    Trotzdem — da sind wir uns alle sicher einig — reicht das nicht aus. Die FDP hat deshalb als Sofortmaßnahme eine Änderung der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung angeregt und hat dafür die Mehrheit im Verkehrsausschuß gefunden. Diese Änderung sieht vor, daß alle Pkw jährlich zu einer Abgaskontrolle in Werkstätten bzw. beim TÜV vorgeführt werden müssen. Untersuchungen des TÜV Rheinland haben ergeben, daß diese Kontrollen sofort eine Reduzierung der Schadstoffemission von 30 % ergeben würden. Am 1. Januar 1985 ist es soweit.



    Frau Seiler-Albring
    Darüber hinaus halten wir an der Einführung des schadstoffarmen Autos fest. Die Bundesregierung hat dies in ihrem Kabinettsbeschluß deutlich gemacht. Wir halten daran fest, daß die obligatorische Einführung des abgasarmen Kfz in der Bundesrepublik keinen weiteren Aufschub erfahren darf. Die steuerlichen Anreize zum Kauf dieser Kfz — über Art und Umfang wird man sich einigen — sollen nach Möglichkeit bereits vor dem 1. Januar 1986 wirksam werden. Die Kraftfahrzeugsteuer ist, wie wir alle wissen, Ländersache. Ich bin zuversichtlich, daß wir in nächster Zeit hier zu einem Konsens mit den Ländern kommen werden.
    Meine Damen und Herren, ich wollte mit meinen Ausführungen darstellen, daß entgegen dem Eindruck, den Sie in der Öffentlichkeit gern vermitteln wollen, wir auf allen Gebieten des Umweltschutzes Schritte in die richtige Richtung machen.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Trotzdem gebe ich denjenigen recht, die sagen, daß noch mehr getan werden muß. Diese Bundesregierung ist, wenn Sie sich den Haushalt daraufhin ansehen, dazu bereit. Ich erinnere daran, Herr Kleinert, daß es nicht 900 Millionen DM, sondern ingesamt mehr als 1,5 Milliarden DM sind.

    (Kleinert [Marburg] [GRÜNE]: Das ist auch nicht viel mehr; aber ich bin froh, daß es wenigstens das ist!)

    Der Mittelansatz in der Finanzplanung wird steigen. Allein das Umweltschutzprogramm der Kreditanstalt für Wiederaufbau von 3,5 Milliarden DM wird ein Auslöser für Investitionen von 10 Milliarden DM in diesem Bereich sein. Die ökologische Modernisierung, die Sie, Herr Hauff, anmahnen, marschiert bereits.
    Meine Damen und Herren, lassen Sie — das ist mein herzlicher Appell an Sie — das öffentliche Kriegsgeschrei über Tunix-usw.-Regierung! Das bringt uns nicht weiter. Setzen wir uns zusammen und entwickeln wir vernünftige und realistische Strategien für einen Kampf für eine auch morgen lebenswerte Umwelt!
    Ich danke Ihnen.