Rede von
Julius H.
Krizsan
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (GRÜNE)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei dieser Petition, die wir hier verhandeln — Herr Reuter hat darauf schon hingewiesen —, geht es um ein Berufsverbot, also um einen sehr dunklen Fleck auf dem geflickten Hemd unserer Demokratie.
„Berufsverbot" ist ein deutsches Wort, das bisher in keine andere Sprache übersetzt wurde und doch in den Sprachschatz vieler Nachbarländer übernommen wurde. Berufsverbote gibt es merkwürdigerweise, Herr Dr. Göhner, nur bei uns.
Dieses Wort kennzeichnet die üble Methode, mit der Androhung eines Berufsverbotes politische Gesinnung abzutöten, Herr Kollege. Das ist nämlich der einzige Zweck und das einzige Ziel dieser Maßnahmen.
Was wirft der Bundesfinanzminister, Dr. Stoltenberg, nun dem Petenten Uwe Scheer, seit mehr als zwanzig Jahren im Zolldienst tätig, an dienstlichen
— das muß ich betonen — Verfehlungen vor, die eine Entfernung aus dem Staatsdienst rechtfertigen könnten?
— Er untersteht dem Finanzminister, logischerweise.
Nichts wird diesem Zollsekretär vorgeworfen. Der
Petent ist sogar wegen seines Einsatzes bei
der Flutkatastrophe 1962 mit einer Verdienstmedaille geehrt, sein dienstliches Verhalten nie mißbilligt worden.
Der einzige Vorwurf besteht darin, daß er zweimal für eine zugelassene Partei zu Wahlen für die Bezirksversammlung Hamburg-Wandsbek kandidiert hat. Sicher, er hat sich für die Deutsche Kommunistische Partei um ein Mandat beworben. Diese Partei ist zugegebenermaßen nicht jedermanns oder jederfraus Sache.
— Herr Kollege, sie ist nicht vom Bundesverfassungsgericht für staats- und verfassungswidrig erklärt worden
— ich würde nicht so laut brüllen; dann können Sie nämlich nicht zuhören — und folglich eine legale Partei wie die im Bundestag vertretenen auch. Solange eine Partei als legal anerkannt ist, darf sie und dürfen ihre Mitglieder keine Beschränkungen in der politischen Tätigkeit erfahren.
Das ist der Tenor unserer Verfassung.
Wie schwach muß ein Staat sein, der einige wenige Kommunisten im Staatsdienst nicht ertragen kann, sondern sie durch jahrelange Überprüfungen und Verhöre fertigmacht und ihnen ihre Lebensgrundlage entzieht?
Es stände der Finanzverwaltung und dem Finanzminister, Herr Kollege, wenn er sich denn als überzeugter Demokrat versteht, gut an, diese Praktiken einzustellen und den Petenten Uwe Scheer an seinem Arbeitsplatz zu belassen. Wir GRÜNEN meinen, daß diese Petition wirklich zur verstärkten Berücksichtigung dem Finanzminister überwiesen werden sollte.