Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Kollege Petersen hat von der Hilflosigkeit gesprochen, in der wir uns, was die Situation am Golf angeht, befinden. Dies gilt teilweise auch für die Großmächte, aber eben auch nur zum Teil.
Ich möchte auf einen Aspekt aufmerksam machen, der häufig aus dem Horizont unserer Betrachtungen ausgeblendet bleibt. Ich hatte mit Kollegen der CDU und der FDP in der letzten Woche Gelegenheit, in Moskau mit der sowjetischen Seite zu sprechen. Gerade wenn wir der sowjetischen Seite vorhalten, daß sie, was ihre Rüstungen in Europa, atomar und konventionell, angeht, häufig überzieht, ist doch ein Vorwurf, den die sowjetische Seite uns gegenüber erhebt, immer wieder bedenkenswert. Sie sagt mit dem Blick auf den Golf, daß 1978, also lange vor Afghanistan, die amerikanisch-sowjetischen Gespräche über die Begrenzung der Rüstung im Indischen Ozean unterbrochen worden seien und daß diese Tatsache ihr, der Sowjetunion, sehr zu denken gegeben habe. Ich sehe da einen mittelbaren Zusammenhang mit dem, was sich am Golf abspielt, zumindest was die Einflußgrößen angeht. Wir sollten uns auch einmal in die Situation hineinversetzen, in der die Sowjetunion steht. Die amerikanische Seite, die jetzige Administration, tut dies leider weniger, wohl aber amerikanische Journalisten und Wissenschaftler, die über viele Jahre hinweg die Lage und die Entwicklung in diesem Raum verfolgt haben. Ich darf hier einmal einen der Mitherausgeber der „Washington Post" zitieren, Stephen Rosenfeld, der vor wenigen Tagen geschrieben hat: Wenn die amerikanische Öffentlichkeit einmal in den Blick nehme, daß die Amerikaner der Sowjetunion durch halbpermanente Basen beträchtlich näher seien als Mittelamerika den Vereinigten Staaten und dies außerdem eine Region betreffe, die in strategischer Hinsicht einen erheblich größeren Gewinn ausmache als etwa Mittelamerika, dann brauche man, wenn dies einmal umgekehrt so sei, wenn die Sowjetunion Machtprojektion in Mittelamerika in gleichem Umfang betreibe, nicht viel Phantasie, um sich vorzustellen, was dann in der amerikanischen Politik los sei.
Natürlich ist Kritik an den gerade in den letzten Wochen immens zunehmenden sowjetischen Waffenlieferungen an den Irak notwendig, genauso wie Kritik an den anderen Waffenlieferanten notwendig ist, zu denen j a auch Verbündete der Bundesrepublik, etwa Frankreich, gehören. Dennoch gibt es hinsichtlich des Golf-Krieges das Fazit, um noch einmal Rosenfeld zu zitieren, daß es der Sowjetunion hier weniger um einen strategischen Terraingewinn, sondern darum geht, strategische Verluste zu vermeiden.
Das, was wir brauchen, ist nicht eine Internationalisierung des Konfliktes — da stimme ich dem Außenminister zu; allerdings haben wir sie schon als Internationalisierung der Rüstungslieferungen und auch als Internationalisierung von Machtprojektion —, sondern wir brauchen eine Internationalisierung von Konfliktlösungen durch Politik und Diplomatie, aber auch durch flankierende Maßnahmen der Rüstungskontrolle, zu denen auch die Wiederaufnahme amerikanisch-sowjetischer Gespräche über den Indischen Ozean gehört. Insoweit stimme ich dem Kollegen Schäfer zu: Appelle, um dort Frieden oder zumindest Waffenruhe zu stiften, reichen nicht aus. Es braucht eine Reihe von Maßnahmen, zu denen auch solche gehören, von denen ich gerade gesprochen habe.