Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das, was heute morgen zu früher Stunde über den Krieg am Golf gesagt worden ist, ist sicher dazu angetan, deutlich zu machen, daß wir alle in diesem Bundestag der gleichen Auffassung sind, daß wir alle hoffen, daß es möglich sein wird, diesen Krieg zu beenden, vor allem aber auch, daß wir hoffen, daß der Krieg nicht noch weitere Auswirkungen auf Nachbarstaaten annehmen wird. Diese Gefahr ist ja täglich gegeben. Ich habe gerade heute morgen neben den innenpolitischen Nachrichten aus der Bundesrepublik gehört, daß wieder ein Tanker der Schweiz vom Irak angegriffen worden ist. Die Befürchtungen, daß der Höhepunkt dieses Krieges noch nicht erreicht worden ist, haben meine Vorredner j a schon zum Ausdruck gebracht.
Ich glaube, Herr Schily, daß Ihr Appell an Friedensbewegung, Bundestag, an die internationale Öffentlichkeit, von hier aus einen entscheidenden Einfluß auf die beiden Staaten zu nehmen, leider verpuffen wird. Denn dieser Krieg dauert schon dreieinhalb Jahre. Solche Versuche sind schon unternommen worden. Auch die Vereinten Nationen haben versucht, Wirkung auszuüben, damit der Waffenexport in diese Region unterbleibt. Wie Herr Repnik zu Recht ausgeführt hat, sind es keineswegs nur uns nahestehende Industriestaaten, die Waffen dorthin geliefert haben, sondern es ist erkennbar, daß z. B. die Sowjetunion und die Vereinigten Staaten sich in ihrer Unterstützung gemeinsam dem Irak etwas stärker zugewandt haben.
Insofern finde ich, daß unser Appell bei unseren guten Kontakten nach West und Ost vor allem dahin gehen sollte — eine bisher leider nicht aufgegriffene Möglichkeit —, daß in einem Konflikt, der ganz eindeutig nicht ost-west-orientiert ist, sich die beiden Großmächte einmal zusammensetzen könnten, um so etwas wie ein Krisenmanagement zu betreiben. Hier ist eine große Chance vertan worden. Ich glaube, hier kann keiner den anderen verdächtigen, er führe sozusagen Böses ins Spiel.
Ich halte die Absicht des Bundesaußenministers, noch im Verlauf dieses Jahres, wenn dazu die Möglichkeit gegeben ist, den Iran zu besuchen und den irakischen Außenminister hier zu empfangen, für richtig, weil ich glaube, daß Gespräche nach beiden Seiten notwendig sind.
So gering unser Einfluß auf diese Staaten ist, so gering vor allen Dingen unser Einfluß auf das ist, was Herr Repnik die irrationalen Kräfte in dieser Region genannt hat, so sehr, meine ich, sollten wir alle Register ziehen, unser Ansehen in diesem Raum auch dazu zu verwenden, mäßigend zu wirken. Ich glaube aber kaum, daß es gelingen kann — alle Erfahrungen sprechen dafür —, auf den Ayatollah Khomeini und auf die Vorstellungen seiner islamischen Revolution von uns aus ernsthaft Einfluß zu nehmen. Wir wissen, daß alle Versuche in diese Richtung gescheitert sind, daß man es sich in Teheran verbeten hat, in dieser Angelegenheit zu intervenieren.
Wenn wir auch alle erkennen, daß dieser Krieg grausame Folgen hat, so darf ich doch auch noch einmal auf ein Dilemma hinweisen, in dem wir uns alle befinden. Auf der einen Seite, Herr Schily, haben Sie zu Recht gefordert: keine Waffenlieferungen in diese Region. Wir erinnern uns an die Debatten, die wir über Waffenlieferungen an Saudi-Arabien geführt haben. Auf der anderen Seite, Herr Wischnewski, wird gesagt, wir müßten die Golfstaaten unterstützen. Die Golfstaaten wünschen keine direkte Intervention der Großmächte und lehnen wohl auch die Stationierung europäischer Truppen in diesem Gebiet ab.
Die Folgerung für uns muß dann sein: Wir sollten uns überlegen, wie wir diesen Staaten anderweitig helfen können. Dann sind wir genau in dem Dilemma, über das wir schon oft genug gesprochen haben: Wir müssen den gemäßigten Staaten Waffen geben — nicht unbedingt die Bundesrepublik, aber andere europäische Mächte —, damit sie sich selbst verteidigen können, oder aber die Alternative bleibt nur die Intervention der Großmächte.
Ich meine, wir müssen uns bei den Auseinandersetzungen, die wir führen, einmal ehrlich über die Analyse in dieser Gegend und über die Folgerungen, die wir zu treffen haben, klarwerden. Gemeinsame Appelle an die Menschlichkeit sind zwar sehr wichtig, aber reichen vermutlich nicht aus, um in dieser Region Frieden zu schaffen.
Vielen Dank.