Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich als Metallarbeiter für die GRÜNEN auf den Grund hinweisen, warum wir die Aktuelle Stunde beantragt haben: Es ist der massive Eingriff von Seiten der Regierungskoalition und der Bundesregierung und Vertretern der CDU wie Herrn Barzel, der unmittelbar vor der Urabstimmung gesagt hat, daß die Tarifforderung nach der 35-Stunden-Woche den Staat in Frage stelle.
Das ist ein massiver Eingriff in die Tarifautonomie.
Wenn ich das im Zusammenhang mit dem gestern vorgestellten Gesetzentwurf über eine Amnestie für die Parteispender aus der Industrie bringe, dann weiß ich jetzt, warum Sie sich der Industrie in dieser Weise verpflichtet fühlen.
Das Problem besteht darin: Die Mittel, die die Regierung bis zum Tag der Urabstimmung aufgeboten hat, um die Massenarbeitslosigkeit zu beseitigen, reichen nicht aus, um der Sache Herr zu werden. Der Vorruhestand, der jetzt Gesetz geworden ist und der nach Ihren eigenen optimistischsten Darstellungen höchstens 200 000 Arbeitsplätze neu besetzt, bringt uns in die Situation, daß immer noch über 2,2 Millionen Arbeitslose vorhanden sind. Auch das Wirtschaftswachstum, das Sie betreiben, führt nicht dazu, die Massenarbeitslosigkeit zu beseitigen.
Ich möchte Ihnen, Herr Lambsdorff, noch ein Musterbeispiel aus der Automobilindustrie zeigen, daß Ihre Politik des Wachstums nicht zur Schaffung von Arbeitsplätzen führt. Bei Daimler-Benz sind im März in der Aufsichtsratssitzung Investitionsprogramme über 10,8 Milliarden DM bis 1988 mit dem Ziel beschlossen worden, bei gleicher Belegschaft 100 000 Pkws mehr zu produzieren.
Das geschieht in einer Branche, in der wir von höchstem Wachstum sprechen. Die anderen hängen dabei hinten nach.
Deshalb ist Ihre Politik, Herr Blüm, wenn Sie sagen, Sie stünden auf der Seite der Arbeitslosen, mit dieser Wachstumspolitik nicht zu rechtfertigen.
Sie stehen nicht auf der Seite der Arbeitslosen, sondern auf der Seite dieses Wachstumskurses. Der ist allerdings so geartet, daß er nicht dahin führt, die Massenarbeitslosigkeit zu bekämpfen. Das ist die Politik, die Frau Thatcher in den letzten Jahren in England durchgeführt hat. Sie haben kein anderes Konzept. Deshalb sind Sie daran interessiert, mit Ihren Äußerungen die Gewerkschaften zwar nicht kaputtzumachen, sie aber etwas kleiner, schwächer zu machen, damit sie nicht mehr genügend Kraft haben, gegen Ihren Wachstumskurs anzugehen. Denn Sie brauchen die Gewerkschaft auch noch als Ordnungsfaktor. Das will ich Ihnen gerne konzedieren.