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ID1006202800

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    Plenarprotokoll 10/62 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 62. Sitzung Bonn, Freitag, den 30. März 1984 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 4407 A Aktuelle Stunde betr. die aktuelle Menschenrechtslage in der Türkei angesichts der bedrohlichen Lage der Gefangenen in den türkischen Militärgefängnissen Schily GRÜNE 4407 B Dr. Pohlmeier CDU/CSU 4408 B Voigt (Frankfurt) SPD 4409 C Dr. Hirsch FDP 4410 B Genscher, Bundesminister AA 4411 A Frau Huber SPD 4411 D Graf Huyn CDU/CSU 4412 D Frau Luuk SPD 4413 D Frau Hoffmann (Soltau) CDU/CSU . . 4414 D Hoss GRÜNE 4415 D Schwarz CDU/CSU 4416 B Bindig SPD 4417A Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung Aufhebung der Immunität von Mitgliedern des Deutschen Bundestages — Drucksache 10/1201 — in Verbindung mit Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung Aufhebung der Immunität von Mitgliedern des Deutschen Bundestages — Drucksache 10/1202 — 4417 D Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Deutschen Richtergesetzes — Drucksache 10/1108 — in Verbindung mit Erste Beratung des von den Abgeordneten Fischer (Frankfurt), Dr. Jannsen, Frau Reetz, Schily und der Fraktion DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Deutschen Richtergesetzes — Drucksache 10/1184 — Engelhard, Bundesminister BMJ . . . 4418 B Fischer (Osthofen) SPD 4419 D Bohl CDU/CSU 4422 C Vogt (Kaiserslautern) GRÜNE 4424 D Kleinert (Hannover) FDP 4426 D Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP und der Fraktion DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes und des Körperschaftsteuergesetzes — Drucksache 10/1189 — Dr. Kreile CDU/CSU 4429 C Dr. Mertens (Bottrop) SPD 4430 D Gattermann FDP 4432 C Krizsan GRÜNE 4433 C Dr. Voss, Parl. Staatssekretär BMF . . 4434 C II Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 62. Sitzung. Bonn, Freitag, den 30. März 1984 Beratung des Jahresberichts 1983 des Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages — Drucksache 10/1061 — Frau Krone-Appuhn CDU/CSU 4435 B Heistermann SPD 4437 A Dr. Feldmann FDP 4438 C Vogt (Kaiserslautern) GRÜNE 4440 B Voigt (Sonthofen) fraktionslos 4442 C Nächste Sitzung 4444 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 4445 *A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 4445 *C Deutscher Bundestag — 10. Wahlperiode — 62. Sitzung. Bonn, Freitag, den 30. März 1984 4407 62. Sitzung Bonn, den 30. März 1984 Beginn: 8.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens* 30. 3. Austermann 30. 3. Bahr 30. 3. Dr. Becker (Frankfurt) 30. 3. Frau Beck-Oberdorf 30. 3. Breuer 30. 3. Brosi 30. 3. Buschbom 30. 3. Catenhusen 30. 3. Curdt 30. 3. Dörflinger 30. 3. Dr. Ehmke 30. 3. Engelsberger 30. 3. Frau Fischer 30. 3. Franke 30. 3. Gallus 30. 3. Dr. Götz 30. 3. Dr. Häfele 30. 3. Heyenn 30. 3. Jaunich 30. 3. Klein (München) 30. 3. Dr. Kübler 30. 3. Kuhlwein 30. 3. Lambinus 30. 3. Liedtke 30. 3. Link (Diepholz) 30. 3. Lutz 30. 3. Metz 30. 3. Dr. Müller* 30. 3. Nelle 30. 3. Niegel 30. 3. Offergeld 30. 3. Porzner 30. 3. Frau Reetz 30. 3. Reuschenbach 30. 3. Sauer (Stuttgart) 30. 3. Schmidt (Hamburg) 30. 3. Frau Schmidt (Nürnberg) 30. 3. Schmidt (Wattenscheid) 30. 3. Schmitz (Baesweiler) 30. 3. Frau Schoppe 30. 3. Schröder (Hannover) 30. 3. Dr. Stark (Nürtingen) 30. 3. Stücklen 30. 3. Tietjen 30. 3. Vahlberg 30. 3. Dr. Warnke 30. 3. Weiskirch (Olpe) 30. 3. Wischnewski 30. 3. Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Wissmann 30. 3. Würtz** 30. 3. Zander 30. 3. Dr. Zimmermann 30. 3. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Präsident hat gemäß § 80 Abs. 3 der Geschäftsordnung die nachstehenden Vorlagen überwiesen: Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung über die Nutzung der Solartechnik für die Niedertemperatur-Wärmeversorgung in der Bundesrepublik Deutschland (Drucksache 10/1090) zuständig: Ausschuß für Forschung und Technologie (federführend) Ausschuß für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau Unterrichtung durch die deutsche Delegation in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates über die Tagung der Parlamentarischen Versammlung des Europarates vom 30. Januar bis 2. Februar 1984 in Straßburg (Drucksache 10/1096) zuständig: Auswärtiger Ausschuß (federführend) Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Unterrichtung durch das Europäische Parlament Entschließung zur Konsolidierung und zum Ausbau des Europäischen Währungssystems im Rahmen der Vorschläge der Kommission der Europäischen Gemeinschaften vom März 1982 (Drucksache 10/1097) zuständig: Finanzausschuß (federführend) Ausschuß für Wirtschaft Haushaltsausschuß Unterrichtung durch die Bundesregierung Zusammenstellung der über- und außerplanmäßigen Ausgaben im 4. Vierteljahr des Haushaltsjahres 1983 (Drucksache 10/1113) zuständig: Haushaltsausschuß Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht über die Entwicklung der mit den Verkaufserlösen und Betriebsausgaben in der Land- und Forstwirtschaft anfallenden Mehrwertsteuer (Vorsteuerbelastung) (Drucksache 10/1122) zuständig: Finanzausschuß (federführend) Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Der Präsident hat gemäß § 92 der Geschäftsordnung die nachstehende Vorlage überwiesen: Zustimmungsbedürftige Verordnung zur Änderung des Deutschen Teil-Zolltarifs (Nr. 3/84 - Zollpräferenzen 1984 gegenüber Entwicklungsländern - EGKS) (Drucksache 10/1156) Überweisung an den Ausschuß für Wirtschaft mit der Bitte, den Bericht dem Plenum möglichst bis zum 3. Mai 1984 vorzulegen
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    Rede von Heinz Schwarz


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Frau Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, es ist hier deutlich geworden, daß Menschenrechte nicht teilbar sind, daß Menschenrechte in der ganzen Welt unteilbar sind. Ich halte dies für wichtig. Folter ist nie entschuldbar. Folter ist nie ein Mittel, irgendwelche politischen oder anderen Ziele zu erreichen.

    (Beifall bei allen Fraktionen)

    Der Herr Kollege Schily hat einen dramatischen Bericht über die Situation in der Türkei gegeben. Niemand von uns kann prüfen, ob die Zahl stimmt. Aber ich finde, es ist auch unerheblich, ob fünfzig Menschen gefoltert werden oder ob ein Mensch gefoltert wird.

    (Beifall bei allen Fraktionen) Folter ist nie ein Mittel eines Rechtsstaates.

    Ich glaube, daß wir, die wir Freunde der Türkei sind — ich glaube nicht, daß alle hier Freunde der Türkei sind auch, wenn sie es sagen —, aus dieser Freundschaft heraus die Legitimation haben, ein offenes Wort zu sagen. Ein offenes Wort, in Freundschaft ausgesprochen, soll nicht verletzen, soll helfen. Ich glaube, wer es wirklich ernst meint um die Menschen, die in der Türkei Menschenrechtsverletzungen unterliegen, der sollte nicht verletzend reden, sondern der sollte freundschaftlich reden. Die türkische Regierung tut gut daran, wenn sie ihren Beitrag dazu leistet, daß es nicht möglich ist, irgendwelche Geschichten zu erzählen, wie das so aussieht. Es wäre im Interesse der türkischen Politik nützlich, im Interesse der türkischen Regierung, der Türkei selbst, wenn sie mehr Offenheit in dem zeigen könnte, was in ihrem Land geschieht.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Ich will zwei Vorschläge machen. Der türkische Halbmond sollte sich mit dem Internationalen Roten Kreuz in Verbindung setzen, um von dort Möglichkeiten zu bieten, objektive Informationen über die Zustände in türkischen Gefängnissen zu erreichen. Das wäre der eine Vorschlag.
    Vielleicht können wir auch, Herr Bundesaußenminister, Ihren Vorschlag unterstützen, daß der frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Herr Benda, die Möglichkeit bekommt, sich die Situation in der Türkei zu betrachten.
    Vielleicht sind dies Möglichkeiten, etwas zu tun.

    (Schneider [Berlin] [GRÜNE]: Die Fakten sind doch klar!)

    — Ich rechne Sie nicht zu den Freunden der Türkei, die nun wirklich etwas wollen. Das beweist der Zwischenruf.
    Der Rechtsausschuß des Europarats wird Ende dieses Monats mit einer internationalen Delegation in die Türkei reisen, um die Menschenrechtslage zu überprüfen. Der Deutsche Bundestag wird dies tun.
    Ich möchte auf eines aufmerksam machen. Ich weiß nicht, ob die vielen Parlamentarier-Delegationsreisen — wir sagen ja zu dem Vorschlag — mittelfristig gesehen hilfreich sind oder ob nicht andere Möglichkeiten, die Zustände und die Bedingungen in türkischen Gefängnissen objektiv zu kontrollieren, wirkungsvoller sind.

    (Sielaff [SPD]: Zusätzlich!)




    Schwarz
    Was wir tun können und was wir tun sollen, ist, die Bemühungen der jetzigen türkischen Regierung zu unterstützen; es ist hier darauf hingewiesen worden. Die Wahl des nationalen Parlaments war sicherlich nicht das, was wir nach unserem Verständnis demokratisch nennen. Es unterliegt keinem Zweifel, daß sowohl die Vorbereitung als auch die Durchführung der Kommunalwahlen am vergangenen Wochenende unseren kritischen Vorstellungen über eine demokratische Wahl entsprechen und daß die Türkei auf einem guten Weg ist. Wer Freund der Türkei sein will, der sollte aus Sorge um die Menschen dort helfen.
    Ich möchte zum Schluß den Appell des Kollegen Voigt an die Hungernden unterstreichen: Hört auf mit dem Hungerstreik! Wir haben euch gehört. Wir werden Ihnen helfen.

    (Beifall bei der CDU/CSU, der FDP und der SPD)



Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Bindig.

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    Rede von Rudolf Bindig


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Was aus den Mauern türkischer Gefängnisse über die Lage der Gefangenen zu uns dringt, löst Empörung aus. Es betrifft Zivilgefängnisse wie Militärgefängnisse. Erschütternd ist bereits die menschenverachtende und -unwürdige Behandlung bei dem, was dort wohl normaler Gefängnisalltag ist. Noch Erschreckenderes wird über die Lage der Gefangenen in den türkischen Militärgefängnissen berichtet. Direkt Betroffene, Angehörige oder Zeugen berichten, wie die Gefangenen dahinvegetieren, in überfüllten Räumen ohne ausreichende Schlafgelegenheit, bei Hitze und Kälte, unappetitlicher und mangelhafter Verpflegung, bei Gestank von Abfällen und Fäkalien. Es wird berichtet, daß Menschen mit Fäusten geschlagen, mit Fußtritten mißhandelt, mit Ketten geknebelt und mit Gewehrkolben traktiert werden. Es gibt Berichte über Folterungen durch Schläge mit Plastikschläuchen, Bewerfen und Belasten mit schweren Sandsäcken, Aufhängen an den Händen, Elektroschocks an Zunge, Körper und Genitalien, Schläge mit Holz- und Gummiknüppeln auf Hände und Fußsohlen, Bastonaden, Zwangslaufen auf Glasscherben, Eintauchen verwundeter Füße in Salzwasser und Scheinhinrichtungen. Besondere Brutalität zur Unterdrückung der ethnischen Minderheit der Kurden herrscht im Gefängnis von Diyarbakir. Dort soll erst in jüngster Zeit eine neue Folterzentrale eingerichtet worden sein.
    Es ist unsere Aufgabe — wir haben es hier heute getan —, der Stimme der Gefangenen, die im Getriebe der Folter gegen den Tod kämpfen, Gehör zu verschaffen.

    (Beifall bei der SPD, der FDP und den GRÜNEN)

    Internationale Proteste und Besuchergruppen haben bei aller Verhärtung der türkischen Strukturen dennoch in begrenztem Maß für die politischen Gefangenen eine Schutzwirkung. Einige — meist bekanntere — Betroffene haben ihr Überleben den
    zahlreichen Interventionen aus dem Ausland zu verdanken. Aber auch die vielen leidenden Namenlosen brauchen unsere Fürsprache.
    Proteste dürfen nicht zur diplomatischen Routine oder gar zu Pflichtübungen am Rande von deutschtürkischen Regierungskontakten werden, sondern das Drängen auf die Achtung der Menschenrechte und die Abschaffung der Folter muß ein zentrales Anliegen unserer Politik gegenüber der Türkei sein und bleiben.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Bei seinem Besuch in der Türkei im letzten Jahr hätte Innenminister Zimmermann zu Beginn fast jedes seiner Gespräche weniger die alte deutschtürkische Waffenbrüderschaft beschwören sollen, sondern er hätte die moralischen Werte betonen sollen, denen sich die Länder der EG verpflichtet fühlen. Wirtschaftliche Stabilisierung und eventuell auch der Aufbau demokratischer Strukturen mögen als Prozeß zu begreifen sein. Der Schutz der Menschenrechte, insbesondere die Abschaffung der Folter in den Gefängnissen, kann unmittelbar erfolgen. Es muß von der türkischen Regierung nur wirklich gewollt werden.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Demokratie kann nicht herbeigefoltert werden. Niemand hat eine Entschuldigung, Menschen durch Folter zu quälen.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)